Römerforschung in der DDR

die ethnische Zuweisung der Hermunduren an Saale, Elster, Nordböhmens und Teile Unterfrankens wird von renomierten und studierten provinzialrömischen Archäologen wie Prof. Dr. Meller oder Dr. R. Schwarz (beide Halle) vertreten.

Was soll ich nun davon halten? Die Zuweisung der Funde von Kalkriese zur Varusschlacht wird auch von renommierten und studierten provizialrömischen Archäologen vertreten. Muss ich das nun auch glauben? Akademische Titel sind ja für sich noch kein Argument.

außer unserem Sepiola natürlich, der besser bescheid weiß.

Ich weiß es gar nicht besser. Ich möchte nur gern wissen, wie man eine einwandfreie Zuordnung von Keramikscherben zu Stammesnamen hinbekommt, die ausschließlich aus römischen Quellen bekannt sind. Gibt es denn ein solides Buch, in dem die wissenschaftliche Beweisführung für die Zuordnung zu finden ist? Schreib mir einfach Titel, Jahr und Herausgeber, dann lege ich mir das zu und mache mich schlau.

Das Gräberfelder wie Schkopau oder Großromstedt am Ende der Stufe B1a aufgelassen worden sind, das Material plötzlich auf der anderen Seite der Saale auftaucht und von Böhmen nach Unterfranken ebenfalls (Stratigraphie sei Dank), ist schon mehr als ein Zufall.
In Unterfranken sind keine Hermunduren nachzuweisen. Eventuell kommt Unterfranken als Heimat der Markomannen in Betracht, die sind ja nachweislich nach Böhmen gezogen. Auch da bin ich an soliden Informationen interessiert.



So wissen wir heute wo Tiberius seine Flotte angelegt hatte - bei Stendal (der genaue Ort wird noch nicht Preis gegeben) im einstigen Langobarden-Land. An besagtem Ort und näherer Umgebung wurden an die 5000 Funde gemacht (Auswertung steht noch aus). Der Platz war strategisch sehr gut gewählt worden. Er muss wohl noch so in bleibender Erinnerung für die Nachwelt geblieben sein, dass dieser und die nähere Umgebung in der gesamten römischen Kaiserzeit, Schlussmünze ist ein Solidus des Fl. Basiliscus (475/476 n. Chr.), immer wieder aufgesucht wurde (Lugdunum I As mit Gegenstempel VAR). Entscheidend ist aber, dass unter den Prägungen von Scheers 217 class. II auch ein verbleiter Typ (1,87 gr.) vorhanden war, welcher bisher nur in einem Hortfund von Haltern (100 St. nach P. Ilisch) vorkommt, sowie ein Pb-Sigillum des Töpfers RASINIVS (hier schon einmal vor etlichen Zeiten erwähnt). Seine Keramik wurde in Haltern, Nimwegen, Neuss und Mainz u.a. gefunden.
Das sind doch interessante Informationen. Dann müsste ja Velleius in der Gegend von Stendal die Elbe gesehen haben. Und am östlichen Ufer der Elbe die "Barbaren" - entweder Semnonen oder Hermunduren oder beide.
 
Die Zuordnung des Fundguts aus dem frühen 2. Jahrhundert wäre ja auch noch interessant.

Aus dieser Zeit stammt Ptolemaios' Handbuch der Geographie. Der listet die Stämme, die am linken Elbufer siedelten, folgendermaßen auf:

1. an der Ozeanküste zwischen Weser und Elbe die Großen Chauker
2. Angrivarier
3. Lakkobarden
4. südlich davon die Dulgubnier
5. an der Mitte der Elbe die Angilischen Sueben, eines der größten Völker im Innern des Landes (ihnen gegenüber auf der rechten Seite der Elbe saßen die Semnonischen Sueben, südlich davon die Silingen)
6. Südlich der Silingen die Kalukonen - von ihnen heißt es ausdrücklich, sie wohnten "zu beiden Seiten der Elbe".
7. Südlich der Kalukonen die Cherusker*und
8. die Chamaver "bis zum Melibocum-Gebirge" ("Gemeint sind wohl die Höhenzüge des Thüringer Waldes, des Erzgebirges und der Sudeten. Möglicherweise sind Melibocum- und Asciburgium-Gebirge identisch mit dem Sudeta-Gebirge.") Cherusker und Chamaver
Südlich der Chamaver wohnen
9. die Chatten und
10. Tubanter
11. nördlich des Sudeta-Gebirges die Teuriochämen.


Am rechten Elbufer haben wir
1. die Sachsen - jenseits der Großen Chauker, "am Hals der Kimbrischen Halbinsel"
2. Teutonoarier
3. Viruner
4. Semnonische Sueben (s. o.)
5. Südlich der Semnonischen Sueben die Silingen
6. Kalukonen (beidseits der Elbe, s. o.)
7. Bänochämen (Baginochämen), diese wohnen östlich der Cherusker und Chamaver "um die Elbe".


(Zitate aus "Klaudius Ptolemaios, Handbuch der Geographie", Hrsg. Alfred Stückelberger und Gerd Graßhoff, Basel 2006)
 
Ach, komm, die Liste bei Ptolemaios ist doch nicht zuverlässig, beruht teilweise auf älteren Verhältnissen. Und das mit Chamavern und Cheruskern ist eine topologische Unmöglichkeit. Überhaupt Cherusker! Die gab's nicht mehr, als der gute Claudius schrieb. Und bei den Sachsen sollte man darauf hinweisen, dass vielleicht eher Aviones zu lesen ist. Bei Angrivariern und Langobarden hat er offensichtlich die Reihenfolge vertauscht, zumal die Angrivarier schon ins Brukterer-Land gezogen sein dürften, u.s.w..

Ich habe gerade keine Lust und keine Zeit dazu, aber um diese Liste zu verwerten, muss man sie mit anderen Angaben abgleichen. Dann kann sie wertvolle Hinweise geben. Ich setze es auf meine Liste, und eröffne zu gegebener Zeit einen Thread, wenn dann noch nötig.

Aber wenn Du nur zeigen willst, dass vieles nicht so sicher ist, wie oft behauptet, habe ich nichts gesagt.
 
@ Sepiola,

ich zitiere zu Baldersheim (Unterfranken,BY):

"Bei den weitgehend erstmalig vorgelegten Gefäßresten ist die Beziehung zu mitteldeutschen Funden eindeutig."

und weiter

"Es lässt sich somit beweisen, dass das Gelände nordöstlich von Baldersheim gleich beim ersten Vordringen von Germanen aus Mitteldeutschland in spätaugusteischer Zeit besiedelt wurde."

Quelle: Studien aus Alteuropa II, 1965, Christian Pescheck

Wir wir mittlerweile wissen waren es nicht die mitteldeutschen Hermunduren, sondern die eingewanderte Gruppe aus Nordböhmen.

"Entlang der sächsischen Elbe fehlen im Gegensatz zum Gebiet zwischen unterer Mulde und unterer Saale sowie im Magdeburger Elbknie seit der Spätlatènezeit kontinuierlich belegte Friedhöfe. Die östlich anschließende Niederlausitz bleibt bis gegen Ende der Stufe B2 fundleer, d. h. es gibt keine Funde, die zwingend in diesen Abschnitt datiert werden müssen (Schuster 2005)."

Quelle: Mitteleuropa zur Zeit Marbods; 2009 Vladimir Salac, Jan Bemmann

Damit ist klar - es gibt keine Hermunduren, weder rechts, noch links der Elbe im Raum Dresden. Das sagte ich aber bereits.

Und Salac kommentiert für Böhmen wie folgt:

"Heute ist schon deutlich, dass es zum Untergang der Oppida, zum Zerfall der Latènekultur und auch zum Einzug der Germanen mit der Großromstedter Kultur schon einige Jahrzehnte vor dem Einzug der Markomannen kam, am häufigsten erwägt man heute die Mitte des 1. Jahrhunderts v. Chr. (cf. zusammenfassend Salacˇ 2009b)."

Salac behauptet auch in jenem Aufsatz, dass die Markomannen archäologisch nicht fassbar sind - das stimmt aber nicht. Die Markomannen werden erstmalig durch Julius Caesar mit den Sueben des Ariovist genannt. Die späte Keramik der Przeworsk-Kultur lässt sich von Polen wie beim Gräberfeld in Stupsk bis in das Rhein-Main-Gebiet und die Wetterau verfolgen (Siedlungsfunde der Przeworsk-Kultur aus Hanau-Mittelbuchen, Main-Kinzig-Kreis Hessen : ein Beitrag zu den spätlatènezeitlichen Kultur- und Bevölkerungsverhältnissen in der Wetterau / Mathias Seidel; 1999). Typische Formen sind u.a. sogenannte Terrinen und die Waffenbeigabe. Beides trifft man nach dem Abzug der Markomannen aus dem Rhein-Main Gebiet und der Wetterau im Gräberfeld von Dobrichov in Böhmen wieder an. Sie überlagern die Situla-Gruppe mit schmalem Fuß (Hermunduren) in dem Gräberfeld.

Vieles ist zwar schon archäologisch ausgewertet, wartet aber noch darauf in Schriftform festgehalten zu werden.

Und nicht jeder facettierte Rand gehört zum Großromstedter Horizont - er kann auch zur Przeworsk-Kultur gehören . . .

Grüße
 
Ach, komm, die Liste bei Ptolemaios ist doch nicht zuverlässig, beruht teilweise auf älteren Verhältnissen.

Schon klar, aber wo haben wir denn zuverlässige Beschreibungen? Waren nicht alle römischen Autoren auf Quellen zweiter Hand angewiesen - Augenzeugen wie Velleius mal ausgenommen?

Ich habe gerade keine Lust und keine Zeit dazu, aber um diese Liste zu verwerten, muss man sie mit anderen Angaben abgleichen. Dann kann sie wertvolle Hinweise geben. Ich setze es auf meine Liste, und eröffne zu gegebener Zeit einen Thread, wenn dann noch nötig.
Da bin ich interessiert. So Dinge wie die "(S)axones" können wir dann gern nochmal aufrollen. Vielleicht sind die Mods auch so nett und spalten die Ptolemaios-Thematik ab.
 
Salac behauptet auch in jenem Aufsatz, dass die Markomannen archäologisch nicht fassbar sind - das stimmt aber nicht.

Woran erinnert mich das jetzt?

... wird von renomierten und studierten provinzialrömischen Archäologen ...
... außer unserem Sepiola natürlich, der besser bescheid weiß.

Also der renommierte Fachspezialist Dr. Vladimír Salač, leitender Wissenschaftler im Archäologischen Institut der Akademie der Wissenschaften in Prag, warnt mit gutem Grund vor Zirkelschlüssen.
Aber unser Hermundure weiß es besser...


Meine Frage war:


Ich möchte nur gern wissen, wie man eine einwandfreie Zuordnung von Keramikscherben zu Stammesnamen hinbekommt, die ausschließlich aus römischen Quellen bekannt sind. Gibt es denn ein solides Buch, in dem die wissenschaftliche Beweisführung für die Zuordnung zu finden ist?


Vielen Dank für die Literaturtipps. Meine Frage, wie man eine einwandfreie Zuordnung von Keramikscherben zu Stammesnamen hinbekommt, ist damit aber nicht einmal im Ansatz beantwortet.


Quelle: Mitteleuropa zur Zeit Marbods; 2009 Vladimir Salac, Jan Bemmann
Was ich da (S. 119f) lese, deckt sich mit der Meinung, die ich die ganze Zeit vertrete:


Meines Erachtens ist eine Herangehensweise sehr problematisch, bei der am Anfang aufgrund nicht näher untermauerter Interpretationen schriftlicher Quellen eine Ethnizität/Stammeszugehörigkeit der Bevölkerung eines bestimmten Gebietes bezeichnet und der Weg ihrer Migration festgelegt wird und folglich dieser so entstandenen Ansicht die Deutung der archäologischen Quellen untergeordnet wird.
 
Schon klar, aber wo haben wir denn zuverlässige Beschreibungen? Waren nicht alle römischen Autoren auf Quellen zweiter Hand angewiesen - Augenzeugen wie Velleius mal ausgenommen?.

Welcher Historiker ist schon überall Augenzeuge? Schon Thukydides (und eigentlich auch Herodot) haben gezeigt, dass man diesen Mangel ausgleichen kann.

Wenn nur Augenzeugen zählen, können wir Illig und Co. einen Gefallen tun, und z.B. Einhard zum großen Teil ins Reich der Legende verbannen. Irgendwann behauptet dann einer, Germanicus sei nicht in Germanien gewesen. Tacitus war ja nicht selbst dabei...

Aber zugegeben, auch andere Schriftsteller muss man in dieser Hinsicht miteinander in Beziehung setzen. Nur ist eben Ptolemaios für seine eigene Zeit besonders veraltet und unzuverlässig.

Und ganz darf man auch die Archäologie nicht außen vor lassen. Sie liefert immerhin Siedlungsräume. Und mitunter lassen sich diese dank der Schriftquellen auch abgrenzen. Das Verfahren, von materiellen Hinterlassenschaften auf Ethnien zu schließen, kann daher nicht ganz verworfen werden. Es muss natürlich immer die Frage der Verbindung von Text und Befund beantwortet werden. Und oft, oder vielleicht eher meist, kommt eine solche nicht zustande.

Noch ein aber: Wenn die Quelle sagt, ungefähr da wohnen die, sagen wir, um nicht real zu bleiben, Norben. Und wenn die Archäologie ungefähr da eine materielle Abgrenzung vornehmen kann, dann ist es eine Ente. Äh- na ja, wenigstens ist die Übereinstimmung dann sehr wahrscheinlich. Ja, ich mag Einschätzungen nicht. Aber mitunter geht es nicht anders. Man muss sich dabei natürlich bewusst bleiben, dass eine Einschätzung kein Beweis ist und noch dazu oft sehr subjektiv.
 
Aber zugegeben, auch andere Schriftsteller muss man in dieser Hinsicht miteinander in Beziehung setzen. Nur ist eben Ptolemaios für seine eigene Zeit besonders veraltet und unzuverlässig.
Das liegt zu einem großen Teil daran, dass Ptolemaios die mit Abstand meisten Orts- und Stammesnamen hat und sich bemüht, diese auch alle irgendwie zu verorten. Da sind Fehler nicht zu vermeiden. Dabei zeigt sich Ptolemaios z. B. über die Flüsse ziemlich gut informiert, besser als Tacitus.
Was weiß Tacitus über die Elbe? Man kennt sie nur noch vom Hörensagen. Die Quelle sei aber im Gebiet der Hermunduren. Und die Hermunduren? Sind an der oberen Donau - unter den Germanenstämmen an der Donau der westlichste!

Was weiß Tacitus zur Lokalisierung der Sueben und ihrer Teilstämme, insbesondere zum bedeutendsten, den Semnonen, zu berichten? Eigentlich gar nichts. Und wo wohnen die Langobarden, Reudigner, die Avionen, Angeln, Warnen, Eudosen und Nuithonen? Sie "werden durch Flüsse oder Wälder geschützt". Gehts vielleicht noch ein bisschen genauer? Tacitus: "In secretiora Germaniae", irgendwo da draußen in den geheimnisvollen Weiten Germaniens.
Aha.


Es muss natürlich immer die Frage der Verbindung von Text und Befund beantwortet werden. Und oft, oder vielleicht eher meist, kommt eine solche nicht zustande.
Und einige dieser Verbindungen sind oft schon vor langer Zeit aufgrund von schmalen Befunden und vorschnellen Interpretationen zustande gekommen.
Wenn dann die weiteren Befunde einfach in das vorgefasste Schema eingepasst werden, landet man bei Zirkelschlüssen.
 
Guten Morgen,

@ Sepiola

Tacitus sagt, dass man die Elbe "jetzt" nur noch vom Hörensagen kennt. Sie war den Römern der augusteisch/tiberischen Zeit aber bekannt.

Außer Dr. Vladimir Salac gibt es aber auch andere Stimmen in Tschechien wie Dr. Eduard Droberjar die die Markomannen zu Recht im Rhein-Main-Gebiet lokalisieren bevor diese nach Böhmen auswanderten.

Wenn Cassius Dio sagt, dass die Elbe am Vandalischen Gebirge (Riesengebirge) entspringt und in deren Nähe mal die Hermunduren gewohnt haben (Tacitus Germ. 41), und wir dann auch noch Gräberfelder wie Dobrichov, Trebusice, Stary Vestec u.a. (alle an der Elbe) vorfinden wo das Material dem von Schkopau entspricht, auf der anderen Seite des Gebirges Gräberfelder der Lugier, einem vandalischen Stamm (siehe Gräberfelder um Liegnitz), vorfinden, dann ist die Beweisführung durch die Archäolgie erbracht - Punkt. Da kannst du machen was du willst.

Zudem war Cassius Dio einst Statthalter in Pannonien gewesen, wusste also bestens über das alte Siedlungsland der (böhmischen) Hermunduren bescheid.

Ptolemaeus lass ich außen vor, da er keine brauchbare Stütze ist.

Grüße
 

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Tacitus sagt, dass man die Elbe "jetzt" nur noch vom Hörensagen kennt. Sie war den Römern der augusteisch/tiberischen Zeit aber bekannt.
Weiß ich doch.
Du hast meine Beiträge in letzter Zeit doch gelesen?
http://www.geschichtsforum.de/763830-post34.html
http://www.geschichtsforum.de/764149-post61.html
http://www.geschichtsforum.de/764173-post65.html

Außer Dr. Vladimir Salac gibt es aber auch andere Stimmen in Tschechien wie Dr. Eduard Droberjar die die Markomannen zu Recht im Rhein-Main-Gebiet lokalisieren bevor diese nach Böhmen auswanderten.
Zu Recht oder zu Unrecht, das ist die Frage. Die Gelehrten sind sich nicht einig.
Und beweiskräftige Argumente hast Du immer noch nicht genannt.


Wenn Cassius Dio sagt, dass die Elbe am Vandalischen Gebirge (Riesengebirge) entspringt und in deren Nähe mal die Hermunduren gewohnt haben (Tacitus Germ. 41)
Tacitus sagt nicht, dass die Hermunduren da "mal gewohnt haben". Er sagt, dass (zu seiner Zeit) die Hermunduren an der Donau wohnen und in ihrem Gebiet die Elbe entspringt.
Und auch Cassius Dio schreibt nicht, dass die Hermunduren ursprünglich mal an der Elbe gewohnt haben. Er schreibt, dass Ahenobarbus die Hermunduren (die bereits ihre Heimat verlassen hatten) im Gebiet der Markomannen angesiedelt habe.
Und dann schreibt er, dass Ahenobarbus die Elbe überschritten habe. Falls zwischen beiden Aktionen ein direkter Zusammenhang bestanden haben sollte, dann muss er wohl die Elbe im Gebiet der Markomannen überschritten haben. (Manche nehmen an, dass die Moldau damals als Oberlauf der Elbe galt.)

Um mit irgendeiner Beweisführung anzufangen, sollte man erst einmal zur Kenntnis nehmen, was in den Quellen steht.

Ptolemaeus lass ich außen vor, da er keine brauchbare Stütze ist.
Soweit das die Hermunduren betrifft: Einverstanden. Die kommen bei Ptolemaios ja überhaupt nicht vor.
Zu vielen anderen Dingen - z. B. über zur Elbe oder zur Lokalisierung der Semnonen - finden wir bei Ptolemaios allerdings bessere Angaben als in Tacitus' Gemania.
 
(Manche nehmen an, dass die Moldau damals als Oberlauf der Elbe galt.)

Von dieser Vermutung bin ich zwar nicht wirklich überzeugt, aber:

Falls diese Vermutung richtig sein sollte, gäbe es kein Problem, Tacitus so zu nehmen, wie es dasteht: Die Hermunduren siedeln an der Donau; sie treiben am Donauufer und im Inneren der Provinz Rätien Handel mit den Römern, in ihrem Gebiet entspringt die Albis (=Moldau).
 

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Hallo zusammen,

@ Sepiola,

wenn die Hermunduren an der Grenze zu Raetien gewohnt hätten, müsste Tacitus nicht schreiben das man die Elbe nur noch vom "Hörensagen" kennt. Die Moldauquellen als Elbe können wir ausschließen. Raetien wäre quasi um die Ecke gewesen und für jeden Römer noch fassbar. Auch das archäologische Material fehlt in der Regensburger Ecke. Das sagen selbst die Bayern um Dr. Steidl.

Grüße
 
Wie gesagt, halte ich die Moldau-Elbe-Gleichung selber nicht für überzeugend.

Dann müssen wir eben mit dem Problem leben, dass wir nicht wissen, wo sich Tacitus die Quelle der Elbe vorstellt.

Über den Elbursprung hatten die Römer zu Tacitus' Zeiten offensichtlich sehr unklare Vorstellungen.

Wo die Provinz Raetia liegt, und wo die Donau fließt, das wussten die Römer zu Tacitus' Zeiten aber sehr genau.

Daher kann man die Aussage mit der Donaugrenze als verwertbare Information nehmen, die Aussage mit der Elbquelle hingegen nicht.
 
Interessant sind die Fundorte der Lugdunum I Asse mit dem VAR-Gegenstempel in Böhmen, und 2 Fundorte sogar in der Nähe des großen Gräberfeldes von Dobrichov:

* Trebestovice
* Kostomlady nad Labem
* Poceplice

Quelle: DIE FUNDE VON GRIECHISCHEN, RÖMISCHEN UND FRÜHBYZANTINISCHEN MÜNZEN IN BÖHMEN (vom 5. Jahrhundert vor Christus bis zum 7. Jahrhundert nach Christus) Ein kommentierter Katalog der Münzfunde; Jiří Militký Praha 2013

War es nicht so, dass ein Teil des ausgewerteten Zahnmaterials der sterblichen Überreste aus Haltern evtl. nach Böhmen wiesen ???

"Die Analyse der Skelette hat nun zweifelsfrei erwiesen, dass es sich um Germanen handelt", so LWL-Direktor Dr. Wolfgang Kirsch am letzten Mittwoch in Haltern. Sie stammten alle aus der gleichen Region, entweder aus dem Schwarzwald oder aus Böhmen, wie man an Ablagerungen im Zahnschmelz feststellte.

http://www.archaeologie-online.de/magazin/nachrichten/funde-in-haltern-untersucht-6500/

Ja - die Archäologie beweist.

Grüße
 
Und was? Dass hier in Sklaverei geratene Personen böhmischer Herkunft, die Römern gehörten oder gar Staatssklaven waren, Opfer des Konflikts wurden? Oder, dass es sich um junge Krieger handelte, die sich weit abseits der Wohnsitze ihres Stammes ihre ersten Lorbeeren verdienten? Oder dass ein Stamm aus Böhmen offiziell am Krieg teilnahm? Oder nur ein Adliger mit Gefolge, dass teilweise aus Böhmen stammte? Und auf welcher Seite?
 
War es nicht so, dass ein Teil des ausgewerteten Zahnmaterials der sterblichen Überreste aus Haltern evtl. nach Böhmen wiesen ???

"Die Analyse der Skelette hat nun zweifelsfrei erwiesen, dass es sich um Germanen handelt", so LWL-Direktor Dr. Wolfgang Kirsch am letzten Mittwoch in Haltern. Sie stammten alle aus der gleichen Region, entweder aus dem Schwarzwald oder aus Böhmen, wie man an Ablagerungen im Zahnschmelz feststellte.

Wobei ich da noch anzufügen wäre, dass sowohl im Schwarzwald wie auch in Böhmen nicht (nur) Germanen, sondern (auch) Kelten siedelten.


Ausführlicher steht es hier:

Die Untersuchung der 14 Proben aus Haltern am See durch die Staatssammlung für Anthropologie und Paläoanatomie, Abteilung Anthropologie, in München zeigt, dass sechs der zwischen 20 und 50 Jahre alten Männer sicher und zwei weitere wahrscheinlich aus der näheren Umgebung stammten. Vier der untersuchten Individuen hingegen sind eindeutig nicht lokalen Ursprungs (Abb. 4). Die Strontiumisotopien der »Ortsfremden« weisen eher auf Gebiete hin, die ältere Gesteine wie Granite und Gneise als Untergrund haben, z. B. der Schwarzwald oder Böhmen. Da die jeweiligen Isotopenzusammensetzungen nicht exklusiv auf eine Region beschränkt sind, kommen auch Norwegen oder Schottland als potentielle Herkunftsgebiete infrage.
Die zusätzliche Untersuchung der Sauerstoffisotope zeigt, dass die aufgrund ihrer Strontiumisotopie als ortsfremd eingestuften Individuen auch »ortsfremde« Sauerstoffwerte zeigen. Zum einen unterstützt dies die Strontiumergebnisse, zum anderen zeigt es auch, da alle »Fremden« ähnliche Sauerstoffund Strontiumwerte haben, dass diese Individuen aus der gleichen Gegend stammen müssen. Aus der Kombination der beiden Isotopensysteme geht hervor, dass das Gebiet des Bayerischen Waldes und Böhmens die wahrscheinlichste Herkunftsregion ist. Somit handelt es sich bei allen untersuchten Individuen um Germanen, und nicht um römische
Besatzer.
Hermundure schrieb:
Ja - die Archäologie beweist.
Was beweist sie denn nun in diesem Fall?
 
Guten Morgen,

@ Sepiola,

zur augusteischen Zeit waren die Oppida in Böhmen von der keltischen Bevölkerung schon lange verlassen (seit ca. 50 v. Chr.). In der Hinsicht sind sich die Tschechen mal einig (Droberjar, Salac als auch Militky).

@ Riothamus

Militky dazu:

"Jiným hypotetickým vysvětlením je, že by mince mohly signalizovat kořist po bitvě v Teutoburském lese, ani tuto možnost však nelze nijak doložit. Je všem pravda, že tyto ražby se ve středoevropském barbariku jinak téměř nevyskytují." (2013)

Militky sieht diese als evtl. Beutegut nach der Schlacht im Teutoburger Wald, findet aber keinen Zusammenhang. Schreibt aber, dass diese Gegenstempel im Zentral-Barbaricum bisher so nicht vorgefunden wurden. Eine andere Möglichkeit sieht er in dem Marbod-Feldzug des Jahres 6 AD - jedoch ist das seiner Meinung nach eine sehr gewagte These.

Grüße
 
Über Münzen hatte ich nichts geschrieben. :D Da reden wir aneinander vorbei. :)
Ich schrieb von "Personen", bezog mich also auf die Skelette.

Und Tschechisch -ich gehe davon aus, es handelt sich darum- beherrsche ich leider tatsächlich nicht. Bevor mir vorgeworfen wird, etwas überlesen zu haben. Nach Deiner Zusammenfassung (?) gehe ich davon aus, dass Militky alle Möglichkeiten zum Beutemachen aufzählt, die ihm einfallen. Abgesehen davon, dass unbedeutendere Gefechte unter den Tisch der Überlieferung gefallen sein mögen, lässt er die Möglichkeit des Handels beiseite.
 
zur augusteischen Zeit waren die Oppida in Böhmen von der keltischen Bevölkerung schon lange verlassen (seit ca. 50 v. Chr.).

Damit hat sich die keltische Bevölkerung weder in Luft aufgelöst noch ist sie restlos aus Böhmen ausgewandert.

Für die letzten Jahrzehnte vor Christus ist in Böhmen mit einer keltisch-germanischen Mischbevölkerung zu rechnen.

Wir sprechen im Fall Haltern von Männern, die ihre Kindheit irgendwann in der Zeit von 40 v. bis zur Zeitenwende in Böhmen (oder im Schwarzwald) verbracht haben.


EDIT: Fast hätte ich die eigentliche Frage vergessen:

Was beweist die Archäologie denn nun genau im Fall Haltern?
 
Zuletzt bearbeitet:
@ Sepiola,

seit wann zählen denn Elbgermanen zu "Mischvölkern" ? Die Oppida waren schon verlassen, als die Gruppe der Elbgermanen einwanderte. Es gibt keinen einzigen Hinweis einer Vermischung beider Bevölkerungsgruppen. Einzig im oberen Weichselraum gab es bis in die augusteische Zeit eine kelto-przeworske Bevölkerung (Tyniec-Gruppe). Für den mitteldeutschen Raum und Böhmen ist das jedoch nicht der Fall.
@ Riothamus,

den Handel können wir getrost beiseite lassen, denn dann hätten wir diese konzentrierten Fundorte mit den Gegenstempeln auch in anderen Gebieten des Zentral-Barbaricums. Das ist aber nicht der Fall - das schreibt Militky auch. Oder hattest du das oben "überlesen" ?
 
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