Rohstofflage 1939

@Solwac: Hast Du Quellen dazu? Ich kenne es aus Lokbestands- bzw. Verlustlisten verschiedenen Baureihen so, dass der Abzug von Fahrzeugen in den Osten vor allem deshalb solche Ausmaße angenommen hat, weil die Koordination vor Ort (wie bei den Nazis allgemein) lausig war. Das Führerprinzip verträgt sich halt nicht mit den logistischen Notwendigkeiten, einen Zug nicht nur beladen an die Front zu lassen sondern auch zurückzuführen.
Das war aber auch logistisch nur schwer zu stemmen. Immerhin mussten die Hauptstrecken im Osten auch noch möglichst schnell von der russischen Breitspur auf deutsches Maß umgenagelt werden, auf dem russischen Rückzug gesprengte Anlagen repariert werden usw. usw. Da hat sich allerlei gestaut, was die Front dringend benötigte.
 
Ein wesentlicher Punkt ist auch gewesen, dass die Beutezahlen des russischen Rollenden Materials 1941 weit geringer waren als erwartet und verplant, geradezu geringfügige Bestände.

Ein großer Teil der Zerstörungen an den Knotenpunkten (zB Minsk) ist auf die deutsche Luftwaffe zurückzuführen, dazu zahlreiche Brückensprengungen, die pioniertechnischen Ausstattungen bzw. die Eisenbahnpioniere waren zu gering.

Bspw. mußte die gesamte Heeresgruppe Süd ab Oktober 1941 über eine einzige Eisenbahnbrücke über den Dnjepr nach Osten versorgt werden. Die Stauungen und Streckenüberlastungen kann man sich vorstellen (Sollwerte für die HG waren rd. 100 Züge am Tag, im Winter schaffte man zT nur 20-30).
 
Ich hab erfahren, dass bei den Grundnahrunsmitteln Brotgedreide, Kartoffeln, Fleisch und Zucker das Deutsche Reich 1939 zu 100% Selbstversorger war! Bei den Agrarprodukten insgesammt war das DR zu 83% Selbstversorger, also eine Hungersnotgefahr bestand nicht, denn die Grundnahrungsmittel waren ja das Wichtigste.
Ich bin auch der Meinung, dass Treibstoff am meisten fehlte.
Aber hatte das DR nicht genug eigene Reserven für ein paar Jahre und konnte diese durch synthetische Benzinproduktionssteigerung im Laufe der Zeit nicht ersetzen?
Denn immerhin förderte Deuztschland auch noch 1970 größere Mengen und im Österreichischen Marchfeld liegen immerhin noch immer Ölquellen.
 
Aber hatte das DR nicht genug eigene Reserven für ein paar Jahre und konnte diese durch synthetische Benzinproduktionssteigerung im Laufe der Zeit nicht ersetzen?

Reserven für ein paar Kriegsjahre, in denen Panzerdividisionen quer durch Europa rollen sollten? Nein, hatte es nicht.

Auch die Syntethisierung konnte den Treibstoffmangel allenfalls etwas lindern, so wie ich das verstanden habe.
 
Hallo,


Obwohl der Thread schon etwas älter ist, hoffe ich dennoch etwas ergänzen zu dürfen.

Reserven für ein paar Kriegsjahre, in denen Panzerdividisionen quer durch Europa rollen sollten? Nein, hatte es nicht.

Dazu ist vielleicht eine vom OKW angefertigte Expertenstudie aus dem Oktober 1940 von Interesse. Dort wird die Reichweite der deutschen Rohstoffversorgung nach den Erfahrungen des I. Halbjahres 1940 berechnet. Dem Punkt "Mineralöl u. Treibstoffe" prognostiziert man eine "fast unbegrenzte" Reichweite. Das deckt sich mit einer Einschätzung der Treibstofflage genau ein Jahr zuvor. Freilich waren diese Einschätzungen fern ab jeglicher Realität und ernste Einschränkungen waren vor allem bei der Luftwaffe schon ein Jahr nach der Feldzugseröffnung gegen die Sowjetunion unumgänglich. Insofern darf ich mich daher dem allgemeinen Tenor des Threads anschließen. Die Produktion und Bereitstellung von Betriebsstoffen gehörte zu den schwierigsten Aufgaben der deutschen Kriegswirtschaft.

Vgl. zum Komplex u.a. DRZW Bd. 5/1.



MfG
 
Dazu ist vielleicht eine vom OKW angefertigte Expertenstudie aus dem Oktober 1940 von Interesse. Dort wird die Reichweite der deutschen Rohstoffversorgung nach den Erfahrungen des I. Halbjahres 1940 berechnet. Dem Punkt "Mineralöl u. Treibstoffe" prognostiziert man eine "fast unbegrenzte" Reichweite.

Bitte dazu bedenken, dass sich erst mit dem Westfeldzug die Haltung Rumäniens, das zuvor den Abschluß des Wirtschafts- und Liefervertrages blockiert und verzögert hatte, klärte.

Ab Juni 1940 standen die rumänischen Ressourcen zur Verfügung, die in der Tat zusammen mit der Hydrierung reichten (Ausnahme: schweres Heizöl für die italienische und deutsche Marine, dort blieb der Engpaß)
 
Hallo,

@silesia

Nun ja, unter Berücksichtigung der deutschen Treibstofflage nach September 1940, fällt es mir schwer die Maßnahmen, zur Stabilisierung oder gar Steigerung der Treibstoffbasis, als ausreichend zu bezeichnen.

Ein Blick auf die Entwicklung der Bestände offenbart ein katastrophales Bild. So sank der Bestand von Oktober 1940 bis Juni 1941 von ca. 2,4 Millionen Tonnen auf ca. 1,6 Millionen Tonnen (vgl. DRZW Bd.4). Selbstverständlich wurden dabei die erheblichen Liefervolumina der Sowjetunion und Rumäniens bereits voll berücksichtigt. Des Weiteren waren die Offensivoperationen der Wehrmacht in diesem Zeitraum überschaubar, der Verbrauch somit nicht exorbitant. Solange man also zur Deckung des Bedarfs, zum Teil, in erheblichem Umfange auf die begrenzten Reserven zurückgreifen muss, verbietet es sich eigentlich von einer "fast unbegrenzten" Reichweite auszugehen.

MfG
 
Ja, das ist richtig und - wie ich meine - auch sehr interessant. Die rumänische Haltung habe ich in Andeutung auf den kriegswirtschaftlich "notwendigen" Westfeldzug angeführt, den "Sitzkrieg" konnte Deutschland schon aus rüstungswirtschaftlichen Aspekten wohl nicht fortführen.

Leider kenne ich dazu keine Literatur, die das näher untersucht. Als Hintergrund wäre nun zu prüfen, wie die rumänischen und sowjetischen Öllieferungen 1940/41 hochgefahren wurden. (Hillgruber: Hitler, König Carol und Marschall Antonescu, bringt die Tonnagen, daneben gibt es noch eine beachtliche Veröffentlichung zu den sowjetischen Lieferungen, Schwendemann, Die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen dem Deutschen Reich und der Sowjetunion 1939-41).


Die rumänischen Lieferungen erreichten tatsächlich nicht 1940, sondern erst im Verlauf der nächsten Jahre ihre volle Auswirkung. Das Absinken der Bestände wäre schon daraus zT erklärbar.

Wenn man nun die Bestände berücksichtigt, wäre dann nicht wichtig, die der Truppe zugeführten Treibstoffmengen und Einlagerungen (=Abgang der Bestände im Reich) speziell für den Ostfeldzug zu berücksichtigen? Das sind große Mengen. Bis Juni 1941 wurden die Frontbestände für den Rußlandfeldzug aufgebaut, zudem waren die italienischen Zuteilungen aus dem rumänischen Öl beachtlich (die Flotte verlangte Lieferungen für Afrika). MW, aber ich müßte das nachschlagen, gab es eine Tankerroute von Rumänien nach Italien, gegen die britische U-Boote 1941 operierten.
 
Hallo,


@silesia


Das Absinken der Bestände wäre schon daraus zT erklärbar.

Immerhin konnte man von einer Basismenge ausgehen und auf dieser die Berechnungen aufbauen. Das hat man ja in weiterer Folge auch getan und selbst unter Zuhilfenahme der recht erheblichen "unsicheren (Vertrags-)Mengen" musste noch 1942 am Bestand gezehrt werden. Das zeigt die Rohstoffplanung schon zu Kriegsbeginn recht deutlich.

Wenn man nun die Bestände berücksichtigt, wäre dann nicht wichtig, die der Truppe zugeführten Treibstoffmengen und Einlagerungen (=Abgang der Bestände im Reich) speziell für den Ostfeldzug zu berücksichtigen?

Sicherlich, dazu müsste man aber zunächst einmal klären ob die Beständeübersicht tatsächlich nur die Mengen im Reich berücksichtig, oder einen grundsätzlichen Überblick erlaubt.

Eine ernsthafte und zugleich auch ausführliche wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema bleibt leider aber auch weiterhin ein Desiderat der Forschung. Das ist für mich umso enttäuschender, als die Mineralölwirtschaft in Zeiten motorisierter Kriegführung zu einem elementaren Wirtschaftszweig innerhalb der Ökonomie aufgestiegen ist.


MfG
 
Sicherlich, dazu müsste man aber zunächst einmal klären ob die Beständeübersicht tatsächlich nur die Mengen im Reich berücksichtig, oder einen grundsätzlichen Überblick erlaubt.

Ich vermute stark, dass die gelisteten Reserve-Bestände und Produktionsmengen um "Auslieferungen" an die Truppe (die als verwendet anzusehen wären) bereinigt sind.

Aber ist jetzt das Problem jeder Statistik: die Grundlage.:D
 
Weil ich wissen möchte wie wichtig diese Rohstoffe für die Kriegsführung waren und wie abhängig Deutschland davon war. Bei Kupfer kann ich mir nur vorstellen, dass dies für Kabel gebraucht wurde, aber für was brauchte man Chrom im Krieg?
 
Bei Kupfer kann ich mir nur vorstellen, dass dies für Kabel gebraucht wurde, aber für was brauchte man Chrom im Krieg?

Kupfer, Chrom und Mangan sind für Legierungen besonders wichtig, als werkstoffverbessernde Eigenschaften in der Stahlindustrie, also für hochwertige=rüstungsrelevante Stähle und quasi nicht substituierbar. Einfach mal bei Wiki blättern. Wesentlicher Chromlieferant des Deutschen Reiches war die Türkei.

Meine Frage hast Du allerdings nicht beantwortet.
 
Nachtrag zum Kautschuk:
Produktion 1936 ("BUNA") 700 to.
Produktion 1938 ("BUNA") 5000 to.
Produktion 1942 ("BUNA") 96.000 to.

Einfuhr Kautschuk:
1933: 25.100 to.
1934: 42.300 to.
1935: 45.500 to.
1936: 66.200 to.

"Rohstoffe, in denen erhebliche oder vollständige Abhängigkeit vom Ausland besteht:
...
Gummi
..."
(VjH zur Konjunkturforschung 1936/37, S. 333).

Die Bevorratung dürfte somit 1939 im üblichen Rahmen von 1-2 Monaten (festgestellt für die Rüstungsindustrie) gelegen haben.

Quelle: Wirtschaft und Rüstung am Vorabend des Zweiten Weltkrieges, diverse Beiträge.


Für den besetzten "Grosswirtschaftsraum Mitteleuropa" wurde 1941 ein Importbedarf an Kautschuk von 130.000 bis 150.000 Jahrestonnen berechnet.
 
Einfuhr Kautschuk Deutsches Reich:
1938: 87.700 to.
1939: 74.900 to. (8 Monate)

in Relation dazu Weltreserven/Lagerbestände Juni 1939: ca. 435.000 to. (im wesentlichen USA + GB + Malaya + schwimmende Vorräte - letzteres 89.000 to.).
1-2 Monate Produktionsvorrat nur im Deutschen Reich kann daher kaum überschritten worden sein. Man sieht außerdem, dass die 1942er Produktion von synthetischem Kautschuk das 1939er Vorkriegsniveau wieder erreicht hat - wahrscheinlich noch mit Stützung der sorgfältigen Altgummi-Sammlungen, ähnlich wie beim Aluminium und dem Sammeln und Verwerten abgeschossener Flugzeuge.

Dazu passend Beschäftigtenindex Deutsches Reich für Kautschukindustrie 100 (1936) zu 129,9% (Juni 1939)

Stat. Jahrbuch Deutsches Reich 1939/40
 
Wie groß waren die deutschen Bauxitreserven 1939?
War die Sowjetunion total vom Außenhandel unabhängig?
Danke

Zur Bedeutung des Aluminium für die Rüstungsproduktion habe ich noch in anderem Zusammenhang folgendes entdeckt:

Im Juli-September 1941 führte die Sowjetunion Gespräche über kriegswichtige Lieferungen mit ihrem neuen Alliierten Großbritannien zzgl. Unterstützung durch die USA. Erste drei Forderungen: neben einigen Hundert Panzern und Flugzeugen auch 20.000 to. Aluminium monatlich (über Botschafter Maiski, bereits im Juli 1941).

Tatsächlich brachte eines der ersten Schiffe im Herbst 1941 6.000 to Aluminium nach Murmansk. Auch die Verschiffung über Wladiwostok war zunächst vorgesehen, zerschlug sich dann wegen des japanischen Kriegseintritts.

Woodman, Arctic Convoys 1941-1945.
 
Sowjetunion war abhängig auf Aussenhandel weil, er hätte nicht zum Beispiel Kautschuk.
Hallo Silesia!
Woher war 6.000 tons Aluminium, welche zufurte das Schiff nach Murmansk.
 
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