Romische Dodekaeder

Interessant ist die Feststellung, dass die Löcher gebohrt und nicht durch Guss entstanden sind, was auf eine erforderliche Genauigkeit hindeutet. Die Wandung ist sehr dünn, und man könnte ohne Beschädigung nur kurz etwas einstecken. Gegen meine Hypothese spricht aber der erwähnte Beifund eines, leider vergangenen, langen beinernen Stabes von drei (!) Zentimetern Durchmesser, für den sehr großen "Würfel", als Spielgerät ziemlich unhandlich.
 
Wie stabil waren die Ecken und Kanten, auch die Kugeln?

Bei einem zeremoniellen oder kultischen Objekt müssen sie es nicht sein, bei einem geworfenen Würfel sehr wohl.
Wir wissen ja nicht, was die Idee dieser Dinger war, es stehen Vermessungstechnik, Spiel und Kultisches im Raum. Angenommen es handele sich um ein Würfelspiel: wo hätte man dieses gespielt? Auf einer gepflasterten Straße oder in einem Sandbecken?

Versuchen wir zu systematisieren!
Es sind ja mehrere von den Dingern bereits gefunden worden:
- geben uns die Fundumstände irgendeinen Aufschluss?
- ist das Material immer gleich oder variiert es?
 
Mich irritiert die Länge des "Beifundes". Für einen passenden "Schlüssel" genügte ein kurzes Stück mit dem richtigen Durchmesser. Aus Ton ließe sich eine Wandung von 1 bis 2 mm kaum realisieren. Vielleicht waren die tönernen Exemplare reine funktionslose Nachbildungen, wie bei der ominösen Sabu-Scheibe.
 
Es gibt sie aus Metall und gebranntem Ton, was die Variante Würfel wohl ausschließt.
Woher hast du das mit dem gebrannten Ton?

ich denke, die Stabthese ist zu verwerfen:

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Wir wissen ja nicht, was die Idee dieser Dinger war, es stehen Vermessungstechnik, Spiel und Kultisches im Raum. Angenommen es handele sich um ein Würfelspiel: wo hätte man dieses gespielt? Auf einer gepflasterten Straße oder in einem Sandbecken?
Beides gibt Probleme bei kleineren Würfeln. Festgestampfter Boden, insbesondere Lehmboden, gefliester natürlich auch, wären geeignet.
 
Leider finde ich die Zeichnung eines Objektes mit der Schlüsselloch-Öffnung nicht wieder. Sie war in einem kleinen populärwissenschftlichen Buch über Archäologie. Alle Fotos zeigen wohl nur runde Bohrungen
 
Zwei Ausnahmen seien hier noch genannt:
-es gibt ein Exemplar mit gleichgroßen Löchern
-bisher wurde ein einziges Exemplar aus Eisen gefunden
Ersteres spricht gegen die Würfelthese. Letzteres beweist den enormen Aufwand bei der Herstellung, da dünnwandiger Eisenguss weit schwieriger als Bronzeguss ist.
Es dürfte wohl nur ein Ritualgegenstand infrage kommen.
 
Im Timaios (Platon) ist der Dodekaeder Grundelement des Kosmos. Die 4 Elemente (F, L, W, E) entspringen anderen Körpern (Tetraeder, Würfel etc), der Kosmos ist der "5. Körper" als Dodekaeder und bildet dadurch größtmögliche Schönheit ab. (Timaios 55c). Doch das ist sicher nichts Neues, was ich da erzähle. Außerdem: die Löcher sind damit nicht erklärt.
Interessant finde ich übrigens auch die Kügelchen an den Ecken. Als ob man diese Figuren wie eine Kugel abrollen wollte, so wie bei einer Kugel beim Kegeln. Bei diesen Kugeln hat man ja auch Löcher.
 
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Im Timaios (Platon) ist der Dodekaeder Grundelement des Kosmos. Die 4 Elemente (F, L, W, E) entspringen anderen Körpern (Tetraeder, Würfel etc), der Kosmos ist der "5. Körper" als Dodekaeder und bildet dadurch größtmögliche Schönheit ab. (Timaios 55c).
Off Topic:
Es gibt die astronomische Hypothese, dass das Universum eine Hypersphäre darstellt, die topologisch aus Dodekaedern zusammengesetzt ist. Ist zu hoch für mich als das ich behaupten könnte, wirklich zu verstehen, was damit gemeint ist, wenn ich ehrlich bin. Witzig ist aber, dass in der Populärpresse das Konzept zusammen gefasst wurde als: "Das Universum hat die Form eines Fußballs!"; die Sache also eigentlich immer noch anhand kultisch verehrter Objekte beschrieben wird... ;)

 
Dann bliebe wohl tatsächlich nur ein wichtiger Kultgegenstand am Stiel, was die alleinige Verformung der Ränder der größten gegenüber liegenden Löcher bei einigen Exemplaren begründen würde. Der lange dicke beinerne Stiel würde dazu passen. Dann ist eine genormte Lochgröße nicht erforderlich.
 
Ist es bei Kultgegenständen nicht eher die Regel als die Ausnahme, dass sie profane Vorbilder, aber nicht mehr deren Funktion haben? Am Stab eines katholischen Bischofs wird man keine materiellen Spuren aus der Schafzucht finden und an seinem Brustkreuz keine Spuren einer Hinrichtung. Aus dem Neolithikum kennt man prächtige, aber stumpfe Messer und Beile, die offenbar ausschließlich als repräsentative Grabbeigaben gedacht waren. Daraus würde ja niemand schließen, dass die Funktion von Beilen und Messern grundsätzlich eine kultische war.
Das Argument der fehlenden Gebrauchsspuren an den Löchern der Dodekaeder besagt deshalb m.E. nicht viel.
Man müsste wissen, ob und wie sich die Exemplare aus Gräbern von solchen aus profaneren Fundzusammenhängen unterscheiden.
 
In der hier vorgestellten Übersichtsarbeit von Guggenheimer werden einige Dinge betont:
  • Gebrauchsspuren sind nur gering, tatsächlich meist nur an der größeren und der ihr gegenüber liegenden Öffnung: das legt eine Befestigung auf einem Stab nahe.
  • Die anderen 10 Öffnungen sind meist sehr gut erhalten, v.a. angesichts der geringen Materialstärke.
  • Der 1980 in Genf gefundene Dodekaeder ist mit Sternkreiszeichen versehen.
  • Das dünne Material schließt eine Nutzung als Spielzeug oder Gebrauchsgegenstand aus.
  • Für eine kultisch/ zeremonielle Bedeutung spricht wiederum das niedrige Gewicht.
  • Es handelt sich nicht um Gegenstände mit luxuriöser Ausarbeitung bzw. Schmuckgestaltung.

 
Lieber @El Quijote, der von Dir in Beitrag #27 vorgestellte geschlossene Körper ist allerdings kein Dodekaeder (12 Fünfecke, 20 Ecken = 20 Kugeln):
, sondern ist ein aus (gewölbten?) Dreiecken gebildeter Körper, ich glaube ein Ikosaeder (20 Dreiecke, 12 Ecken = 12 Kugeln):
Diese beiden platonische Körper sind aber dual zueinander.

Wikipedia versucht noch folgendes mir beizubringen:

"Somit hat das duale Polyeder genauso viele Ecken, wie das Ausgangspolyeder Flächen hat. Der Dualkörper hat zudem genauso viele Flächen, wie der Ausgangskörper Ecken hat."

Ich leiste Abbitte bei meinen lieben Mathe-, Latein- und Geschichtslehrern.
 
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Die andere Form unten rechts hat eine hohe Aussagekraft.
Zumal sie viele Theorien widerlegt:

-Stricken,
-Kerzenständer,
-Knauf eines Szepters,
-Verbindungsstück von Stangen,

alles nicht möglich.

Die Süddeutsche schreibt:
"Seither sind die geheimnisvollen Vielecke an den verschiedensten Orten, vor allem in Nordeuropa, gefunden worden, oft als Grabbeigaben, aber auch in Brunnen und Flussbetten, als seien sie verloren gegangen. Immer lag der Fundort in der Nähe antiker römischer Siedlungen."

Wilde Theorie: Die Dinger dienten der Haarpracht. Sie wurden fest ins Haar eingeflochten, um eine sehr hochstehende Kelten-Frisur zu erzielen.

Dabei fielen sie hin und wieder raus und landeten eben auch mal im Brunnen oder Flußbett.

Alternativ wurden sie nur beim Frisieren selbst benutzt. Vielleicht wurden die Objekte vor dem Frisieren sogar erhitzt.
 
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Auf jeden Fall gab es zumindest ein Exemplar mit einem zuordnungsfähigen beineren Stab. Was mit diesem "Eis am Stiel" getan wurde, bleibt offen. Gehalten, getragen oder geschwenkt. Hier sind wir auf zukünftige Fundstellen in der schriftlichen Überlieferung angewiesen.
 
Auf jeden Fall gab es zumindest ein Exemplar mit einem zuordnungsfähigen beineren Stab
Du meinst das bei Krefeld als Grabbeigabe gefundene Exemplar.

Quelle:
Hier ist eine Skizze des Grabs. Das Exemplar ist wohl die Nummer 10. Daneben liegt ein "Bein". Bein und Exemplar sind nicht miteinander verbunden.
Ich persönlich finde, der Fund hat wenig Aussagekraft. In dem Grab liegt alles ein Bisschen durcheinander, da kann sich Bein und Exemplar "zufällig" so angeordnet haben.
Insbesondere ist die Stab/Bein-Theorie auf Grund von dem Bild in Beitrag #26 wirklich ausgeschlossen(Oder hat das auffällige Exemplar auf der Rückseite wider Erwarten eine Staböffnung?).


Unbenannt.png


Bisschen nichtssagend finde ich die Formulierungen zum Material des "Stabes":
"Zweifellos am bemerkenswertesten ist die neu zu beurteilende Fundlage des Dodekaeders aus Grab
3040 von Krefeld-Gellep (Abb.4). Das Dodekaeder befand sich nämlich unmittelbar neben einem
stabförmigen Objekt aus Bein, was eine funktionale Verbindung beider Gegenstände nahelegt."


Das Material lautet also "Bein" oder wie?
Was soll das heissen? Beinknochen? Von einem Tier? Oder ist doch nur gemeint, dass der Stab ein "Bein" bildet?
Diese etwas seltsam anmutende Formulierung könnte allerdings daher kommen, dass diese Quelle aus Tirol stammt. Vielleicht forumliert man da solche Feinheiten anders. Ich werde jedenfalls nicht ganz schlau draus.
 
Das rechtsunten (Beitrag 26) abgebildete Objekt ist ein Ausnahmefall bezüglich Flächen und Verzierungen. Trotzdem scheint es eine größere Öffnung zu enthalten, die das Einführen eines dünnen Metall-Stabes möglich gemacht hätte.
Unter "Bein" verstehe ich Knochenmaterial aller Art. Leider blieb es nicht erhalten. Hätte es im Loch gesteckt, so wäre ein Konservierungseffekt durch Kupfersalze möglich gewesen.
 
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