Romische Dodekaeder

Ist das eine Archäologen-Art oder eine Jäger-Art oder so? Oder eine regionale Eigenart?
Eigentlich nicht. Schon das Grimmsche Wörterbuch (1853) hat als erste Bedeutung
"A. bein, os, knochen, die härtesten, festesten theile des menschlichen und thierischen leibs, im gegensatz zu fleisch und blut."
und kommt dann erst nach acht Unterpunkten unter B auf die Extremität.
Das muss aber nicht heißen, dass A damals die gängigere Bedeutung war. Adelungs Wörterbuch (1774-86) hat z.B. noch die umgekehrte Reihenfolge
 
Danke für die Erklärung - Habe ich so noch nie gehört.
Nur aus Neugier- Woher stammt diese Sprechart? Ist das eine Archäologen-Art oder eine Jäger-Art oder so? Oder eine regionale Eigenart?

Nein, das ist eigentlich überall üblich, wo mit diesem Material gearbeitet wird. Auch in etlichen Wortzusammensetzung und Redensarten ist die Bedeutung "Knochen" noch erhalten, z. B. "beinhart" (hart wie Knochen), "das geht durch Mark und Bein", "es friert Stein und Bein" usw.
 
Noch drei Gedanken:

1. Die Dodekaeder wurden gleichermaßen in Frauen-wie-Männergräbern gefunden. Die Nutzung war also genderneutral.

2. Die Dinger waren weit verbreitet und wohl in den meisten Häusern zu finden.

3. Im Jahre 380 wurden doch alle Religionen im Römerreich verboten(Ausser dem Christentum).
Gleichzeitig verschwanden die Dokaeder im 4ten Jahrhundert.
Also zeitgleich zum Religionsverbot.

Das wäre ein Indiz auf eine religiöse Nutzung.
 
2. Die Dinger waren weit verbreitet und wohl in den meisten Häusern zu finden.
So weit würde ich nicht gehen. Man hat bislang in ganz Europa 130 dieser Objekte gefunden. Das ist weit entfernt von "weit verbreitet" oder "in den meisten Häusern zu finden".
3. Im Jahre 380 wurden doch alle Religionen im Römerreich verboten(Ausser dem Christentum).
Gleichzeitig verschwanden die Dokaeder im 4ten Jahrhundert.
Also zeitgleich zum Religionsverbot.
Generell scheinen diese Gegenstände nur etwa 200 Jahre hergestellt wurden zu sein - vom 2. bis ins 4. Jahrhundert n. Chr. Laut dem Link von nationalgraphic werden sie alle der gallo-römischen Kultur zugeordnet. Ich weiß nicht genau, woran man diese Zuordnung festmacht. Ich vermute schlicht über die Fundorte.
Man sollte auch bedenken, dass im Zuge des Primats des Christentums in dieser Zeit auch Dinge ein Ende fanden, die eigentlich nichts oder nicht so viel mit Religion zu tun haben, wie z.B. Philosophenschulen, Gladiatorenkämpfe oder die Olympischen Spiele.
Ich bin immer noch skeptisch, was eine kultisch-religiöse Einordnung dieser Dodekaeder angeht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Nein, das ist eigentlich überall üblich, wo mit diesem Material gearbeitet wird. Auch in etlichen Wortzusammensetzung und Redensarten ist die Bedeutung "Knochen" noch erhalten, z. B. "beinhart" (hart wie Knochen), "das geht durch Mark und Bein", "es friert Stein und Bein" usw.
Außerdem Nasenbein, Zungenbein, Schienbein, Schlüsselbein, Schambein.
Vgl. auch engl. bone. Oder Ivar Ragnarsson, genannt „Ivar der Knochenlose“ (Ívarr inn beinlausi)
 
So weit würde ich nicht gehen. Man hat bislang in ganz Europa 130 dieser Objekte gefunden. Das ist weit entfernt von "weit verbreitet" oder "in den meisten Häusern zu finden".

Generell scheinen diese Gegenstände nur etwa 200 Jahre hergestellt wurden zu sein - vom 2. bis ins 4. Jahrhundert n. Chr. Laut dem Link von nationalgraphic werden sie alle der gallo-römischen Kultur zugeordnet. Ich weiß nicht genau, woran man diese Zuordnung festmacht. Ich vermute schlicht über die Fundorte.
Man sollte auch bedenken, dass im Zuge des Primats des Christentums in dieser Zeit auch Dinge ein Ende fanden, die eigentlich nichts oder nicht so viel mit Religion zu tun haben, wie z.B. Philosophenschulen, Gladiatorenkämpfe oder die Olympischen Spiele.
Ich bin immer noch skeptisch, was eine kultisch-religiöse Einordnung dieser Dodekaeder angeht.
Ich teile deine Skepsis bezgl. einer kultisch-religiösen Funktion durchaus, aber wenn zwei verschiedene platonische Körper, mal mit mal ohne Löcher, im selben Funktionszusammenhang auftauchen und die fünf PK den fünf "Elementen" zugeordnet wurden, dann ist der Gedanke an irgendwelche magischen Praktiken doch nicht ganz abwegig. Und von einer wenigsten ähnlichen Funktion bei Dodekaeder und Ikosaeder würde ich wegen der Kugeln schon ausgehen, wenn man sie nicht einfach mit dem "römische[n] Hang zur Verzierung von Ecken und anderen Vorsprüngen" (Guggenberger, S.70) erklären möchte.
Zu Mummius Picius Saftpresse ist mir noch dieses Ding eingefallen. Ich habe es vor einiger Zeit unverpackt bei einer Tombola gewonnen, keiner wusste, wozu es gut sein könnte, und erst der Name des Herstellers hat mich auf die richtige Spur gebracht. Hat jemand eine Idee, bei welchem Ritual es verwendet wurde? Die Maße sind 12 x 13 x 39 cm (in eingeklapptem Zustand).
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Außer einem Stab könnte auch ein Seil durch die Gusslöcher geführt worden sein. Beim Ikosaeder ein Faden. Man müsste mal probieren, ob beim Herumwirbeln Töne erzeugt werden.
 
Ich teile deine Skepsis bezgl. einer kultisch-religiösen Funktion durchaus, aber wenn zwei verschiedene platonische Körper, mal mit mal ohne Löcher, im selben Funktionszusammenhang auftauchen und die fünf PK den fünf "Elementen" zugeordnet wurden, dann ist der Gedanke an irgendwelche magischen Praktiken doch nicht ganz abwegig. Und von einer wenigsten ähnlichen Funktion bei Dodekaeder und Ikosaeder würde ich wegen der Kugeln schon ausgehen, wenn man sie nicht einfach mit dem "römische[n] Hang zur Verzierung von Ecken und anderen Vorsprüngen" (Guggenberger, S.70) erklären möchte.
Zu Mummius Picius Saftpresse ist mir noch dieses Ding eingefallen. Ich habe es vor einiger Zeit unverpackt bei einer Tombola gewonnen, keiner wusste, wozu es gut sein könnte, und erst der Name des Herstellers hat mich auf die richtige Spur gebracht. Hat jemand eine Idee, bei welchem Ritual es verwendet wurde? Die Maße sind 12 x 13 x 39 cm (in eingeklapptem Zustand).
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Korkenzieher?

Der Dodekaeder war ein Bananenbegradiger!
 
Wenn man eine Flamme (Öllämpchen oder Kerze) im Dodekaeder plaziert, wirkt das Licht sehr atmosphärisch.
Die Stövchen-Theorie finde ich da auch ganz gut.

Unter einer der Quellen wird von Wachs im Inneren eines einzelnen Fundobjektes berichtet. Allerdings wird dies auch runtergespielt, es habe keine Aussagekraft:

"
Mehr verwirrend als hilfreich sind die angeblichen Spuren von ,gelbem Wachs' im Inneren des vor
etwa hundert Jahren gefundenen Dodekaeders von Feldberg,
da die Angabe schon allein wegen
der hier extremen Unwahrscheinlichkeit der Konservierung von Wachs in Zweifel zu ziehen ist.
Sollte es sich dennoch um Wachs gehandelt haben, könnte dieses auch aus Gründen, die mit der ur-
sprünglichen Nutzung des Dodekaeders nichts zu tun hatten, hineingelangt sein."

Quelle:
 
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Wie römische Lämpchen aussahen, weiß man eigentlich, die hat man ja zu hunderttausenden gefunden.
Die Stövchen- oder Kerzenhalterhypothese kann man eigentlich nicht ernst nehmen.
 
Der Begriff BEIN für Knochen begegnet einem in der deutschen Sprache sehr häufig. Ich vermute, dass sich GEBEINE auch davon ableitet. Neben einer Sammelbezeichnung für die menschlichen Extremitäten ist GEBEINE auch eine Bezeichnung für die Knochen eines Toten.
Zudem gibt es auch das Beinhaus.
 
Manche der Vermutungen ignorieren die auffälligen und stets vorhandenen Kugelfüßchen, die das Dodekaeder von der Auflagefläche auf Abstand hielten. Der Grund dafür muss aber nicht unbedingt Hitze gewesen sein. Wie wär's mit einem Spiel um Münzen, wie etwa:
• Spieler A wählte eine Münze aus seiner Börse, die sich durch das größte Loch stecken ließ, und reichte das Dodekaeder seinem Gegner. (Das Spiel ließ sich bei größerem Risiko auch mit gleich großen kleineren Münzen spielen.)
• Spieler B würfelte in der Hoffnung, dass die Münze auf den Tisch fallen wird. In diesem Fall hätte sie ihm gehört. Ansonsten musste auch er ein weiteres Geldstück hineinstecken und das Dodekaeder zurückgeben.
• Spieler A durfte beide Münzen einsacken, wenn auch nur eine herausfiel. Und sonst musste er den Inhalt weiter erhöhen, usw. usf.
Bei vollem Dodekaeder erhielt der Wirt, der Besitzer des Dodekaeders den Inhalt, der eine Runde Wein ausgab, damit er nicht erschlagen und mit dem Ding begraben wurde…
Der Vorschlag müsste natürlich mit den damals üblichen Münzen ausprobiert werden, ob sie nicht zu leicht aus dem Dodekaeder fallen.

Beim Exemplar mit den winzigen Löchern könnte ich mir ein ähnliches Spiel um kleine Edelsteine vorstellen, wobei die Wahrscheinlichkeit, dass das Steinchen herauspurzelt, eher gering wäre.
 
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