Sachsen-Anhalt - römische Lager, Funde, Interessantes

Fragt sich, wann man "vorher" definiert. Vor wann? Spätestens als Drusus oder Ahenobarbus an der Elbe waren, wird ihnen aufgefallen sein, dass hier eine Region war, die stärker landwirtschaftlich genutzt wurde, als andere. Bei späteren Kampagnen (etwa Maximinus Thrax - wenn der die Elbe erreichte) wird das bekannt gewesen sein. Aber schon bei Caesar kann man lesen, dass römische Händler in Germanien unterwegs waren, da wird das aufgefallen sein.

Warum Tacitus nichts darüber schreibt? Weiß ich nicht. Aber Argumenta e silentio müssen imho gut begründet sein, um belastbar zu sein. Und "er hätte sich das entgehen lassen" reicht mir nicht. Er schreibt auch nichts über den Bleiabbau im Mittelgebirge, den wir archäologisch und epigraphisch belegt haben.
 
@Opteryx meine Frage war:

und sie war im Zusammenhang mit der Information von @El Quijote

gestellt.

Ich habe nicht den Eindruck, dass die Römer mit der Zielsetzung "Hurra, wir erobern die zweitfruchtbarsten Lande Europas, vorwärts ihr Mannen, rüstet euch, ihr siegreichen Legionen" loszogen und ich habe nicht den Eindruck, dass diese zweitfruchtbarste Region aufgrund ihres Ertragsreichtums besonders dicht besiedelt gewesen wäre. Die immense Fruchtbarkeit der Lande an der Elbe taucht in keinen römischen Quellen auf (Tacitus, der über die einst wohlbekannte, heute nur noch dem Namen nach bekannte Elbe spottete, hätte sich das vermutlich nicht entgehen lassen)
Tacitus hatte schlechte Berichterstatter. Aber er hätte der Ernährung der Legionen ein paar Worte widmen können. Der Ertragsreichtum, insbesondere für Getreide, spielte sicherlich eine Rolle. Im Köthener Land reifte es wesentlich früher als im Umland. Natürlich hätte man sich auch von dem enormen Wildschweinbestand in den elbnahen Auenwäldern ernähren können.
Tacitus berichtet auch nicht über die Reste vorgeschichtlicher Hochkultur an der Mittelelbe (Ringheiligtum, südlichste Großsteingräber), aber das war strategisch ohne Interesse.
 
? Spätestens als Drusus oder Ahenobarbus an der Elbe waren, wird ihnen aufgefallen sein, dass hier eine Region war, die stärker landwirtschaftlich genutzt wurde, als andere.
...ich weiß nicht, ob wird ihnen aufgefallen sein sehr viel überzeugender als hätte sich nicht entgehen lassen ist. Mich wundert, dass in der stärker landwirtschaftlich genutzten Gegend - immerhin die zweitfruchtbarste Europas - kein bevölkerungsstarker mächtiger Gegner/Handelspartner mit berühmtem Namen siedelte, florierte, seinen Ruhm und Reichtum mehrere und, wie später bei berühmten Vandalen, Franken, Goten hohe römische Titel und gar Ansippung ans Kaiserhaus wollte. ;) salopp oder polemisch gesagt: die blühenden Landschaften an der Elbe bezweifle ich ein wenig.
 
Aber auch hier ist das argumentum e silentio ("Mich wundert, dass in der stärker landwirtschaftlich genutzten Gegend - immerhin die zweitfruchtbarste Europas - kein bevölkerungsstarker mächtiger Gegner/Handelspartner mit berühmtem Namen siedelte, florierte,...") m.E. nicht ganz griffig. Solange die Leute keine Gefahr für Rom darstellten, kommen sie nicht vor. Man kann doch davon ausgehen, dass über die Vorgänge in den römischen Provinzen viel mehr bekannt war, als außerhalb. Und dennoch haben wir in historiographischen Quellen kaum mehr Nachrichten als über das, was die Kaiser und Gegenkaiser und ggf. ihre Feldherren so taten. Was in den Provinzen passierte, müssen wir über epigraphische Quellen, die naturgemäß oft nicht so mitteilsam sind, wie historiographische Quellen, erschließen, solange nicht der Untergang Roms drohte oder das Kaiserhaus betroffen war.

Auch folgende Möglichkeit würde ich in Betracht ziehen: Arminius von der Weser kommend traf sich mit Marbod von der Moldau kommend zu einer Schlacht gegeneinander. In irgendeinem Herrschaftsgebiet müssen die sich getroffen haben. Da bleiben zwei Möglichkeiten:
  1. Es war das Herrschaftgebiet eines der beiden (vermutlich Marbod) oder
  2. keines der beiden.
Wenn es das Herrschaftsgebiet eines der beiden war, dann kennen wir denjenigen, dann haben wir den "mächtigen Gegner mit berühmten Namen".
Wenn es keiner der beiden war, s.o.: Wir wissen kaum, was jenseits des Kaiserhauses geschah, wenn wir keine epigraphischen Quellen heranziehen können, sofern ein Gegner Rom nicht (gefühlt) an den Rand seiner Existenz brachte.

Man denke mal an Moers-Asperg. Wir haben in den Quellen eine Schlacht bei Asciburgium während des Bataveraufstandes überliefert. In Moers-Asperg gibt es Bestattungen von Gefallenen aus einer Schlacht, die offenbar im so fortgeschrittenen Verwesungszustand, das es bereits ekelig war, schnell bestattet wurden (man machte sich die Mühe der Bestattung, aber recht schnell, gleichzeitig aber mit einem gewissen Maß an Pietät). Diese Bestattungen datieren ins - wenn ich mich korrekt erinnere - 3. Jhdt. In den historiographischen Quellen ist hierzu aber NICHTS überliefert. Ohne die archäologischen Funde wäre diese Schlacht von Asperg uns niemals zur Kenntnis gelangt.
 
Die zweitfruchtbarste Region Europas nach der Ukraine.
Die Römer haben auch nicht versucht, die Ukraine (bzw. wenigstens Teile von ihr) zu erobern. Sie haben nicht einmal das Bosporanische Reich (das die Krim und die Umgebung des Asowschen Meeres kontrollierte) in eine Provinz umgewandelt und sich auch mit einer nur losen Anbindung der sonstigen griechischen Kolonien am Nordufer des Schwarzen Meeres ans Reich begnügt. Die Fruchtbarkeit der Region war aber seit Jahrhunderten bekannt, schon Athen hatte einen Gutteil seines Getreides aus der Region bezogen. Dennoch unternahmen die Römer keine Anstrengungen, ihren Zugriff auf diese Region zu intensivieren. (Das galt übrigens auch für den wichtigen Getreidelieferanten Ägypten: Das Ptolemäerreich war seit dem 2. Jhdt. v. Chr. von Rom abhängig, und im 1. Jhdt. v. Chr. gab es mehrere Gelegenheiten, es ohne großen Aufwand in eine Provinz umzuwandeln, dennoch beließen sie ihm seine "Unabhängigkeit", bis Octavian in die Notwendigkeit versetzt wurde, es ohnehin im Rahmen seines Kampfes gegen Marcus Antonius und Kleopatra niederzuwerfen.)

Was ich damit sagen will: Selbst wenn den Römern die Fruchtbarkeit der genannten Region an der Elbe bekannt gewesen sein sollte, war das nicht unbedingt ein Grund für sie, sie unter unmittelbare Kontrolle bringen zu wollen.
 
Die hermundurischen Bauern weigerten sich vermutlich, statt ihres eigenen bewährten Saatguts völlig überzüchtetes teuer von den römischen Pharmakonzernen zu beziehen. Das ging lange gut. Erst 2000 Jahre später werden ihre Nachkommen dazu gezwungen.
 
Ging es vielleicht darum, das "Fluss-Autobahnkreuz" Saale / Elbe zu kontrollieren?

Mir fallen spontan einige römische Lager ein, die an Fluss-Kreuzungen liegen:

Xanten: Rhein / Lippe
Haltern: Lippe / Leine
Duisburg: Rhein / Ruhr
Koblenz: Rhein / Mosel
Lahnstein: Rhein / Lahn


Und nicht zuletzt: Kann es sein, dass zwischen Drusus und Varus tatsächlich Germanien bis zur Elbe eine Provinz war?
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Leine Stever ist nicht schiffbar.
Aus Duisburg hat man Einzelfunde (es wäre eher überraschend, wenn nicht), keine Strukturen. Das nächste Römerlager ist Moers-Asperg - Asciburgium, auf der anderen Rheinseite.
 
Die Römer haben auch nicht versucht, die Ukraine (bzw. wenigstens Teile von ihr) zu erobern. Sie haben nicht einmal das Bosporanische Reich (das die Krim und die Umgebung des Asowschen Meeres kontrollierte) in eine Provinz umgewandelt und sich auch mit einer nur losen Anbindung der sonstigen griechischen Kolonien am Nordufer des Schwarzen Meeres ans Reich begnügt. Die Fruchtbarkeit der Region war aber seit Jahrhunderten bekannt, schon Athen hatte einen Gutteil seines Getreides aus der Region bezogen. Dennoch unternahmen die Römer keine Anstrengungen, ihren Zugriff auf diese Region zu intensivieren. (Das galt übrigens auch für den wichtigen Getreidelieferanten Ägypten: Das Ptolemäerreich war seit dem 2. Jhdt. v. Chr. von Rom abhängig, und im 1. Jhdt. v. Chr. gab es mehrere Gelegenheiten, es ohne großen Aufwand in eine Provinz umzuwandeln, dennoch beließen sie ihm seine "Unabhängigkeit", bis Octavian in die Notwendigkeit versetzt wurde, es ohnehin im Rahmen seines Kampfes gegen Marcus Antonius und Kleopatra niederzuwerfen.)

Was ich damit sagen will: Selbst wenn den Römern die Fruchtbarkeit der genannten Region an der Elbe bekannt gewesen sein sollte, war das nicht unbedingt ein Grund für sie, sie unter unmittelbare Kontrolle bringen zu wollen.
Vielleicht waren die Schwarzerdegebiete in der Ukraine einfach zu weit weg, im Winter kaum kontrollierbar, weil die Seefahrt von November bis März praktisch eingestellt war, die Hauptschifffahrtssaison dauert von Mai bis September; die Schwarzerdegebiete an der Elbe hingegen waren nicht so weit vom Rhein entfernt, dass es unmöglich gewesen wäre, sie zu kontrollieren, hätte man nur einmal diese renitenten Germanen zur Raison gebracht. Ich sehe hier schon Unterschiede in Entfernung und Erreichbarkeit.
 
Die Leine Stever ist nicht schiffbar.
Stever, meinte ich natürlich.
Für moderne Schiffe ist die nicht schiffbar.
Für Pramen schon.
Der Begriff der Schiffbarkeit bezieht sich auf moderne Schiffahrt.
Auf der Ruhr fuhren auch Schiffe, als diese noch gar nicht als "schiffbar" definiert wurde.

In Duisburg wird einiges an militärischer und ziviler Römerpräsenz vermutet.
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Spielt aber keine Rolle: Eindeutig haben Römer gezielt Lager an Fluss-Knotenpunkten angelegt.

Da ist die These Lager in Aken wegen Zufluss Saale / Elbe nicht so einfach negierbar.
 
Ist es nicht so dass jedes römische Legions- wie Kohortenlager in Deutschland vorzugsweise Anschluss an Flußsysteme hatte? Selbst uns unscheinbar erscheinende Flüsse und Bäche waren ja oft treidelbar, Lager sind damit ausreichend gut zu versorgen.
 
Natürlich hätte man sich auch von dem enormen Wildschweinbestand in den elbnahen Auenwäldern ernähren können.
Wenn die Umgebung bewohnt war, dann wurden die Auenwälder sicherlich von der ansässigen Bevölkerung bejagt, und dann gab es für eine Legion darüber hinaus kaum mehr etwas zu holen.

Bei dem "enormen Wildschweinbestand" hast Du wahrscheinlich die streng gehüteten Hofjagdreviere aus Kaisers Zeiten im Hinterkopf, wo der Wildbestand künstlich hochgepäppelt wurde, damit die Hoheiten massenhaft Wild vor die Flinte bekamen. Hast Du diesen Beitrag mal gelesen?

 
...ich weiß nicht, ob wird ihnen aufgefallen sein sehr viel überzeugender als hätte sich nicht entgehen lassen ist. Mich wundert, dass in der stärker landwirtschaftlich genutzten Gegend - immerhin die zweitfruchtbarste Europas - kein bevölkerungsstarker mächtiger Gegner/Handelspartner mit berühmtem Namen siedelte, florierte, seinen Ruhm und Reichtum mehrere und, wie später bei berühmten Vandalen, Franken, Goten hohe römische Titel und gar Ansippung ans Kaiserhaus wollte. ;) salopp oder polemisch gesagt: die blühenden Landschaften an der Elbe bezweifle ich ein wenig.
Ich empfehle dazu die GERMANIA von Tacitus.


Nach Tacitus war die Elbe eine Grenze zwischen unterschiedlichen germanischen Stämmen. Östlich der Elbe lebten die Sueben, welche Tacitus in verschiedene Unersträmme aufteilt. Damit haben wir eine schriftliche Quelle.

Zudem haben wir aus unzähligen Ausgrabungen aus 150 Jahren Archäologie in Deutschland klare Unterscheidungen zwischen rhein-weser-germanischen Artefakten und die sich davon unterscheidenden elbgermanischen Artefakten. Man kann das auch - bei einigen progressiven Wissenschaftlern verhasst - als Kulturen bezeichnen.

Und dann machen verdächtige Subjekte - dies noch mehr verhasst bei progressiven Wissenschaftlern - ein Match. Tacitus bezeichnet die Bewohner östlich der Elbe als Sueben. Dort findet man eine andere materielle Kultur als in Ostfriesland oder in Westfalen. Voila, suebisches Match.
 
Ich empfehle dazu die GERMANIA von Tacitus.


Nach Tacitus war die Elbe eine Grenze zwischen unterschiedlichen germanischen Stämmen. Östlich der Elbe lebten die Sueben, welche Tacitus in verschiedene Unersträmme aufteilt. Damit haben wir eine schriftliche Quelle.

Wo genau bei Tacitus soll das stehen? Ich finde in der Germania keine Erwähnung der Elbe als Grenze. Da steht nur, dass sie im Gebiet der (an der Donau siedelnden) Hermunduren entspringt. Oder übersehe ich da etwas?

In einer anderen Schrift (Agricola 28) verortet Tacitus die Sueben an der Nordseeküste in der Nachbarschaft der Friesen, es geht da um die Meuterei einer Kohorte Usiper, die in Germanien ausgehoben und nach Britannien hinübergeschickt worden war. Diese kaperten drei Schiffe, dann "fuhren sie um Britannien herum, verloren ihre Schiffe aus Unkenntnis der Steuerung, wurden – für Seeräuber gehalten – erst von den Sueben, dann von den Friesen weggefangen." (Atque ita circumvecti Britanniam, amissis per inscitiam regendi navibus, pro praedonibus habiti, primum a Suebis, mox a Frisiis intercepti sunt.)
 
Zuletzt bearbeitet:
Vielleicht waren die Schwarzerdegebiete in der Ukraine einfach zu weit weg, im Winter kaum kontrollierbar, weil die Seefahrt von November bis März praktisch eingestellt war, die Hauptschifffahrtssaison dauert von Mai bis September; die Schwarzerdegebiete an der Elbe hingegen waren nicht so weit vom Rhein entfernt, dass es unmöglich gewesen wäre, sie zu kontrollieren, hätte man nur einmal diese renitenten Germanen zur Raison gebracht. Ich sehe hier schon Unterschiede in Entfernung und Erreichbarkeit.
Vielleicht waren die Schwarzmeergebiete in der Ukraine zu weit weg von Rom, aber das dortige Getreide wurde zur Versorgung der Menschen in Griechenland und Westkleinasien benötigt. Auch die Menschen in den Städten der östlichen Reichshälfte mussten versorgt werden - so wie es bei Athen bereits im 5./4. Jhdt. v. Chr. der Fall gewesen war.
Das Getreide aus den Schwarzerdegebieten an der Elbe hätte man wohl auch nicht bis nach Rom gebracht (die Elbe entlang und dann um Westeuropa herum - oder zuerst über die Elbe in die Nordsee, dann über den Rhein wieder nach Süden und schließlich durch Gallien und die Rhone zum Mittelmeer?), sondern allenfalls zur Versorgung Galliens oder der Donauprovinzen eingesetzt - zumindest wenn die Versorgung Roms aus Africa, Ägypten und Sizilien funktionierte.
 
Wo genau bei Tacitus soll das stehen? Ich finde in der Germania keine Erwähnung der Elbe als Grenze. Da steht nur, dass sie im Gebiet der (an der Donau siedelnden) Hermunduren entspringt. Oder übersehe ich da etwas?
Ich habe die GERMANIA in meiner Wohnung in Süddeutschland stehen., Dort stehen auch meine allermeisten Bücher. Da bin ich aber nur etwa 120 Tage im Jahr. Deshalb muss ich meist aus dem Gedächtnis Buchtexte wiedergeben. Was schreibt also Tacitus?

Sepiola, Du hast Recht. Das Wort ALBIS taucht nur im Bezug auf die Hermunduren auf. Wir können jedoch die Situation in Germanien aus einer Kombination verschiedener Texte ableiten. Schwierig ist natürlich die zeitliche Differenz zwischen den Quellen Gaius Julius Cäsar, Velleius Paterculus und Tacitus. Es gab in diesen 150 Jahre Bewegung in den Siedlungsgebieten. Versuchen wir es trotzdem mal:

„Vetustissimos se nobilissimosque Sueborum Semnones memorant; fides antiquitatis religione firmatur. Stato tempore in silvam auguriis patrum et prisca formidine sacram omnes eiusdem sanguinis populi legationibus coeunt caesoque publice homine celebrant barbari ritus horrenda primordia. Est et alia luco reverentia: nemo nisi vinculo ligatus ingreditur, ut minor et potestatem numinis prae se ferens. Si forte prolapsus est, attolli et insurgere haud licitum: per humum evolvuntur. Eoque omnis superstitio respicit, tamquam inde initia gentis, ibi regnator omnium deus, cetera subiecta atque parentia. Adicit auctoritatem fortuna Semnonum: centum pagi iis habitantur magnoque corpore efficitur ut se Sueborum caput credant.“

Als die ältesten und vornehmsten Sueben betrachten sich die Semnonen. Den Glauben an ihr hohes Alter bestätigt ein religiöser Brauch. Zu bestimmter Zeit treffen sich sämtliche Stämme desselben Geblüts, durch Abgesandte vertreten, in einem Haine, der durch die von den Vätern geschauten Vorzeichen und durch uralte Scheu geheiligt ist. Dort leiten sie mit öffentlichem Menschenopfer die schauderhafte Feier ihres rohen Brauches ein. Dem Hain wird auch sonst Verehrung gezeigt: niemand betritt ihn, es sei denn gefesselt, um seine Unterwürfigkeit und die Macht der Gottheit zu bekunden. Fällt jemand hin, so darf er sich nicht aufheben lassen oder selbst aufstehen; auf dem Erdboden wälzt e sich hinaus. Insgesamt gründet sich der Kultbrauch auf den Glauben, dass von dort der Stamm sich herleite, dort der allbeherrschende Gott wohne, dem alles unterworfen, gehorsam sei. Der Reichtum der Semnonen steigert ihr Ansehen: sie bewohnen hundert Gaue, und die Größe ihres Stammes veranlaßt sie, sich für den Hauptstamm der Sueben zu halten.“
– Tacitus, Germania, 39

Geklaut bei WIKI
Semnonen – Wikipedia


Und dann Velleius Paterculus

106 (1) Ihr guten Götter, wie viele Bücher könnte man damit füllen, was wir im folgenden Sommer unter der Führung des Tiberius Caesar alles vollbracht haben! Unsere Heere durchzogen ganz Germanien, Völker wurden besiegt, die kaum vom Namen her bekannt sind, und die Chauken wurden in die Obhut des römischen Volkes aufgenommen. Ihre gesamte Kriegsmannschaft, unermesslich an Zahl, von enormer Körpergröße, wohlgesichert durch die Natur ihres Landes, lieferte ihre Waffen aus, und alle fielen zusammen mit ihren Führern vor dem Tribunal des Feldherrn auf die Knie, rings umgeben von einem waffenblitzenden Ring unserer Soldaten. (2) Geschlagen wurden auch die Langobarden, ein Volk, dass sogar die Germanen an wildem Kriegsmut noch übertrifft. Ja, es geschah schließlich, was man niemals zuvor zu hoffen gewagt, geschweige denn versucht hatte: Ein römisches Heer wurde mit seinen Feldzeichen 400 Meilen vom Rhein bis zum Fluss Elbe geführt, der durch das Gebiet der Semnonen und Hermonduren fließt. (3) Und dem bewundernswerten Glück wie der Vorsorge des Feldherrn sowie seiner genauen Beobachtung der Jahreszeiten war es zu danken, dass sich ebendort die Flotte wieder mit Tiberius Caesar und seinem Heer vereinigte. Sie war die Meeresbuchten entlang gesegelt, war aus diesem zuvor völlig unbekannten Meer in den Elbefluss hinein und stromaufwärts gefahren und brachte außer Siegen über zahlreiche Volksstämme auch eine reiche Fülle von Lebensmitteln aller Art mit sich.

Velleius Paterculus

Also. Sepiola hat Recht. Mit Tacitus allein lässt sich das Gebiet der Sueben nicht feststellen, Aber die Kombination der Angaben der beiden oben genannten Autoren, gibt das Siedlungsgebiet des Teilstammes der Semnonen als auch das der Hermunduren wieder. Die Langobarden sind auch zu lokalisieren, diese habe ich jetzt aber als Zitate weggelassen.

Und auch - mea culpa maxima - diese Völker wohnten beidseits der Elbe. Was natürlich besser für die war. Denn die besten Böden Deutschlands befinden sich auf der linkselbischen Seite.
 
Wenn die Umgebung bewohnt war, dann wurden die Auenwälder sicherlich von der ansässigen Bevölkerung bejagt, und dann gab es für eine Legion darüber hinaus kaum mehr etwas zu holen.

Bei dem "enormen Wildschweinbestand" hast Du wahrscheinlich die streng gehüteten Hofjagdreviere aus Kaisers Zeiten im Hinterkopf, wo der Wildbestand künstlich hochgepäppelt wurde, damit die Hoheiten massenhaft Wild vor die Flinte bekamen. Hast Du diesen Beitrag mal gelesen?

Ein künstliches Hochpäppeln wäre nur örtlich erforderlich gewesen. Die eichelreichen Auenwälder boten eine ideale Nahrungsgrundlage, und, obwohl stark gelichtet, die Ursache für den derzeitigen Wildschweinüberbestand, den man auch durch die ausgesetzten Wölfe kaum in den Griff bekommt. Aber natürlich konnte man allein davon keine Legionen ernähren. Das trifft aber auch für die Landwirtschaft zu, denn die reichte gerade für den Eigenbedarf.
 
Vielleicht waren die Schwarzmeergebiete in der Ukraine zu weit weg von Rom, aber das dortige Getreide wurde zur Versorgung der Menschen in Griechenland und Westkleinasien benötigt. Auch die Menschen in den Städten der östlichen Reichshälfte mussten versorgt werden - so wie es bei Athen bereits im 5./4. Jhdt. v. Chr. der Fall gewesen war.
Das Getreide aus den Schwarzerdegebieten an der Elbe hätte man wohl auch nicht bis nach Rom gebracht (die Elbe entlang und dann um Westeuropa herum - oder zuerst über die Elbe in die Nordsee, dann über den Rhein wieder nach Süden und schließlich durch Gallien und die Rhone zum Mittelmeer?), sondern allenfalls zur Versorgung Galliens oder der Donauprovinzen eingesetzt - zumindest wenn die Versorgung Roms aus Africa, Ägypten und Sizilien funktionierte.
Ich meinte nicht zu weit weg, um die Gebiete als Getreidekammer zu nutzen, sondern zu weit weg, um sie unter Kontrolle zu halten.
 
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