...und Varus wird immer weiter geschlachtet

Davon würde ich jetzt auch nicht ausgehen.

Über die einzelnen Aktionen wird sich mehr über die Ebene der Anführer verständigt worden sein.
Dennoch wird man die Mannschaften erstmal grundsätzlich dazu bewegt haben müssen mitzuziehen. Das kann, in Form von Beuteversprechungen etc. natürlich relativ einfache Überzeugungsarbeit gewesen sein, aber ganz ohne mit den Leuten zu reden und dabei Informationen preiszugeben wird es nicht gegangen sein.


Vielleicht nicht, wenn man unter "Kriegsfreiwilligen" völlig unerfahrene Kader versteht.
Aber auch professionelle Krieger müssen ggf. erstmal überzeugt werden sich für eine Sache zu schlagen, im Besonderen dürfte professionellen Kriegern klar gewesen sein, dass ein Angriff auf eine römische Armee aus mehreren Legionen kein Spaziergang wird.


Für mich spricht das erstmal nur dafür, dass man Wert auf eine gewisse Einheitlichkeit legte, oder aber einfach die Vorteile einigermaßen standardisierter Fertigung erkannt hatte.

Warum genau müssen Waffen, nur weil sie einigermaßen homogen sind von irgendeiner Forn von Obrigkeit angeschafft und verwaltet worden sein?
Können wir uns außerdem sicher sein, dass die bei Opferungen dargebrachten Waffengaben tatsächlich Waffen waren, die für den praktischen Einsatz bestimmt waren (Gebrauchsspuren) und nicht eigens für die Darbringung als Opfergabe hergestellt wurden?
Möglicherweise von einem wohlhabenden Spender, der dann gleich 20 von jeder Sorte bestellte, ohne für die jeweilige Ausführung individuelle Wünsche zu äußern?
Ich kenne mich mit germanischen Stammesverfassungen wenig aus. Es gibt in Gallien zwar plebiszitäre Elemente, wie die waffentragende Versammlung aller Krieger, durch vielfältige Abhängigkeitsverhältnisse (familiär, ökonomisch, sozial, politisch) der Klientel sind diese stummen Zwänge jedoch Mittel zur Legitimation der Adelsherrschacht in Gallien durch die Zustimmung "von unten". Wollte man Teil der Familie bleiben, musste man sich mit dem Hausherrn (Kennom) gut stellen, Raimund Karl spricht von selbstähnlichen Systemen, und überträgt den patriarchalen Kennom auf den Toutorix ("König"), der einem toutā (Stamm) vorsteht (Raimund Karl, Altkeltische Sozialstrukturen, 2006).
Die "Adeligen"(*aryoks, *tegernos, *ulatis) Klientelherren waren vertraglich und gefolgschaftlich an den König gebunden (wobei sich im Spätlatène im Bereich der mittel- und westeuropäischen eisenzeitlichen Keltiké und darüber hinaus Adelsrepubliken ganz ohne oder bestenfalls mit einem sehr schwachen Königtum im Sinne eines „primus inter pares“ entwickeln), Karl vergleicht diese altkeltischen Verhältnisse mit frümittelalterlichen irischen Verfassungen, und hält sie für realistisch übertragbar:
Wenn wir davon ausgehen, daß, wie in Irland, der durchschnittliche Adelige nicht mehr als 15–20 Vasallen hatte, dann hätte Orgetorix bei jeder „Versammlung“ seines Gefolges zu einer Menge von fünf- bis sechshundertsechzig Zuhörern sprechen müssen, was nicht nur organisatorisch nicht sehr praktisch, sondern alleine schon aufgrund des gewaltigen Raumbedarfs für eine solche Menge an Leuten nicht besonders sinnvoll erscheint. Eine zusätzliche Strukturierung dieser Gruppe durch ein „mittleres Management“ erscheint also naheliegend, bei einer einfachen Rechnung könnte eine einzige solche Ebene von Adeligen, die jeder selbst über wieder 15–20 Vasallenadelige herrschen, die Gruppe, mit der Orgetorix direkte Klientelverträge hatte, auf eine dann durchaus überschaubare Gruppe von etwa fünfundzwanzig bis fünfzig Personen reduzieren – Zahlen, die dem „direkten Gefolge“ der verschiedenen Grade irischer Könige, 12 für den rí túaithe, den König einer túath, 24 für den rí túath, den König über 3–4 túatha, und 30 für den rí ruirech, den König, der über andere Könige herrscht."

Die germanischen Stämme waren wahrscheinlich nicht so komplex strukturiert. Aber: wenn die Sueben eine Kriegsverfassung hatten, so wie Cäsar berichtet, in der festgelegt ist, wer Waffendienst hat, und wer dessen Land mit bewirtschaftet, dann muss diese Ordnung jemand durchsetzen. Oder regelt alles das Thing? Tacitus lobt die Freiheitsliebe der Germanen hoch; doch wie frei waren sie wirklich?
 
Aber auch professionelle Krieger müssen ggf. erstmal überzeugt werden sich für eine Sache zu schlagen, im Besonderen dürfte professionellen Kriegern klar gewesen sein, dass ein Angriff auf eine römische Armee aus mehreren Legionen kein Spaziergang wird.
Zumindest die Gefolge mächtiger Adliger aus zumindest halbwegs professionellen Kriegern sollten wohl leicht (ohne viel Verhandeln und Überzeugen und ohne große Vorankündigung) mobilisierbar gewesen sein. Sie wurden ja unterhalten, um im Bedarfsfall eine Kriegertruppe verfügbar zu haben.
 
Können wir uns außerdem sicher sein, dass die bei Opferungen dargebrachten Waffengaben tatsächlich Waffen waren, die für den praktischen Einsatz bestimmt waren (Gebrauchsspuren) und nicht eigens für die Darbringung als Opfergabe hergestellt wurden?
Möglicherweise von einem wohlhabenden Spender, der dann gleich 20 von jeder Sorte bestellte, ohne für die jeweilige Ausführung individuelle Wünsche zu äußern?

Was hältst Du eigentlich davon, mal selber grundlegende Informationen zu einem Thema einzuholen, über das Du diskutieren willst, bevor Du Dich in immer neue ad-hoc-Hypothesen verrennst?

Sollen wir jetzt ernsthaft über die These diskutieren, dass die germanischen Krieger sich individuell beim jeweiligen Dorfschmied mit Waffen eindeckten, während die leistungsfähigeren Waffenschmieden, die große Mengen an standardisierten Waffen herstellten, eigentlich nur auf Bestellung von wohlhabenden Spendern Waffen zur Opferzwecken prouzierten?

"Jedenfalls handelte es sich nicht etwa um symbolische Vorgänge, sondern um reale Kampfhandlungen; denn die Kampfspuren an den Waffen vor der nachfolgenden rituellen Zerstörung belegen die vorausgegangenen Kämpfe." (Steuer, S. 720)

Literatur dazu (habe ich selbst nicht eingesehen):

Michael Gebühr, Kampfspuren an Waffen des Nydam-Fundes, in: Beiträge zur Archäologie Nordwestdeutschlands und Mitteleuropas, hrsg. Thomas Krüger / Hans-Georg Stephan. Materialhefte zur Ur- und Frühgeschichte in Niedersachsen 16 (Hildesheim 1980)

Andreas Gundelwein, Kampfspuren an Lanzen und Speeren kaiserzeitlicher Moorfunde, in: Beiträge zu römischer und barbarischer
Bewaffnung in den ersten vier nachchristlichen Jahrhunderten, hrsg. von Claus von Carnap-Bornheim. Akten des 2. Internationalen Kolloquiums in Marburg an der Lahn, 20. bis 24. Februar 1994 (Lublin, Marburg 1994)

Andreas Gundelwein, Neue Untersuchungen zur Entstehung der Beschädigung an Waffen kaiserzeitlicher Moorfunde, in: Zeitschrift für Archäologie 28 (1994)




Aber auch professionelle Krieger müssen ggf. erstmal überzeugt werden sich für eine Sache zu schlagen, im Besonderen dürfte professionellen Kriegern klar gewesen sein, dass ein Angriff auf eine römische Armee aus mehreren Legionen kein Spaziergang wird.

Falls Du damit die (auch für römische Feldherren vielfach bezeugten) Motivationsreden meinst - geschenkt.

Aber eine professionelle Armee, deren Angehörigen vor jedem Einsatz von ihrem Anführer belabert werden müssen, doch bittebitte diesmal wieder mitzumarschieren und sich nicht in den Heimaturlaub zu verdrücken, die kannst Du getrost vergessen.
 
Was hältst Du eigentlich davon, mal selber grundlegende Informationen zu einem Thema einzuholen, über das Du diskutieren willst, bevor Du Dich in immer neue ad-hoc-Hypothesen verrennst?
Was hältst du eigentlich davon Leute, die eine berechtigte Frage stellen, weil sie deine Referenzliteratur nicht im eigenen Regal stehen haben nicht gleich verbal anzufahren, nur weil sie das tun?

Dir sind die Phänomene Prunkwaffen und Grabbeigaben und ihre Bedeutung bei der Interpretation archäologischer Kontexte doch bekannt also war damit zu rechnen, dass diese Nachfrage kommen würde, wenn du eine Schilderung von Waffenfunden heranzitierst, ohne dabei auch auf diesen Punkt einzugehen.

Wenn Gebrauchs/Kampfspuren vorhanden sind, braucht man in Richtung Herstellung reiner Prunkwaffen/Grabbeigaben natürlich gar nicht erst weiter zu denken, da hast du sicher recht.

Aber eine professionelle Armee, deren Angehörigen vor jedem Einsatz von ihrem Anführer belabert werden müssen, doch bittebitte diesmal wieder mitzumarschieren und sich nicht in den Heimaturlaub zu verdrücken, die kannst Du getrost vergessen.
Dann anders: In den meisten professionellen Armeen ist es üblich die Armeeangehörigen über einen sich abzeichnenden Einsatz einigermaßen zeitig zu informieren um ihnen Zeit zu geben ihre Angelegenheiten zu regeln und sich von den angehörigen zu verabschieden.

Es ging am Anfang der Diskussion darum ja nicht im Kern um die Bedingungen, unter denen Krieger nun verpflichtet waren mitzugehen oder sondern im Kern ging es ursprünglich mal darum, ob diese zumindest in den Grundzügen ("in ein paar Tagen/Wochen geht es gegen die Römer, wahrscheinlich im Gebiet X") in Kenntnis gesetzt wurden, und also möglicherweise Informationen weiterreichen konnten.

Mir persönlich fällt es jedenfalls jedenfalls schwer mir vorzustellen, dass der germanische Clanchef morgens beim Frühstück seine Leute zusammenruft, ihnen eröffnet dass sie in 15 Minuten in Feldausrüstung abmarschbereit und für 2 Wochen verproviantiert am Dorfeingang zu stehen haben, ohne nähere Informationen, was los ist oder wo es hingeht und dass er dann erwartet, dass die im blinden Kadavergehorsam spuren und mitziehen.
 
Mir persönlich fällt es jedenfalls jedenfalls schwer mir vorzustellen, dass der germanische Clanchef morgens beim Frühstück seine Leute zusammenruft, ihnen eröffnet dass sie in 15 Minuten in Feldausrüstung abmarschbereit und für 2 Wochen verproviantiert am Dorfeingang zu stehen haben, ohne nähere Informationen, was los ist oder wo es hingeht und dass er dann erwartet, dass die im blinden Kadavergehorsam spuren und mitziehen.
Die germanischen Clanchefs dürften militärisch/organisatorisch peu a peu mit dem Näherkommen der römischen Expansion mindestens zweierlei gelernt haben: a) von den erfolgreichen römischen Militärs und b) sich auf deren Vorgehensweise einzustellen.

Sicher wird kein solcher Clanchefs nach helbgeleertem Trinkhorn "auf geht's Jungs, nach der nächsten Runde knöpfen wir uns die Römlinge vor, bei Wotan!" geröhrt haben, wonach die angetrunkene Meute dann in die römischen Messer torkelten - denn wenn die germanischen Militärs nichts gelernt hätten, wäre um es a la Heine auszudrücken Freiligrath ein Horaz geworden und es gäbe keine Diskussionen darum, wie weit gen Elbe die römische Provinz Germania libera gereicht hätte ;)
 
Was hältst du eigentlich davon Leute, die eine berechtigte Frage stellen, weil sie deine Referenzliteratur nicht im eigenen Regal stehen haben nicht gleich verbal anzufahren, nur weil sie das tun?
Ich habe die Referenzliteratur auch nicht im Regal stehen...

Dir sind die Phänomene Prunkwaffen und Grabbeigaben und ihre Bedeutung bei der Interpretation archäologischer Kontexte doch bekannt also war damit zu rechnen, dass diese Nachfrage kommen würde, wenn du eine Schilderung von Waffenfunden heranzitierst, ohne dabei auch auf diesen Punkt einzugehen.
Ich habe tatsächlich nicht damit gerechnet, dass Du einem Heiko Steuer unterstellst, er könnte in Unkenntnis dieser Phänomene bei seiner Interpretation weit danebengegriffen haben.


Mir persönlich fällt es jedenfalls jedenfalls schwer mir vorzustellen, dass der germanische Clanchef morgens beim Frühstück seine Leute zusammenruft, ihnen eröffnet dass sie in 15 Minuten in Feldausrüstung abmarschbereit und für 2 Wochen verproviantiert am Dorfeingang zu stehen haben, ohne nähere Informationen, was los ist oder wo es hingeht
Von einem Vorlauf von 15 Minuten hat auch niemand was geschrieben. Da mitunter Kriegs- bzw. Plünderungszüge in benachbarte Gebiete unternommen wurden, fällt es mir hingegen schwer vorzustellen, dass die Kriegsmannen daran gewöhnt waren oder gar darauf bestanden, dass "nähere Informationen", vor allem "wo es hingeht" mit langem Vorlauf in die Breite kommuniziert wurden.


Die germanischen Clanchefs dürften militärisch/organisatorisch peu a peu mit dem Näherkommen der römischen Expansion mindestens zweierlei gelernt haben: a) von den erfolgreichen römischen Militärs und b) sich auf deren Vorgehensweise einzustellen.
Das ist sicher richtig, allerdings waren germanische Kriegerhaufen schon lange vor der rechtsrheinischen Expansion in der Lage, den Römern arge Scherereien zu bereiten, man denke an die furchterregenden Kimbern und Teutonen oder an Ariovist.

Dann waren es die Sugambrer, die - meist im Bündnis mit den Usipetern und Tenkterern - immer mal wieder über den Rhein spazierten und sich mit den Römern anlegten. Bereits während des Gallischen Kriegs, 53 v. Chr., waren sie zum Plündern in den eburonischen Gebieten unterwegs und überfielen bei dieser Gelegenheit das römische Lager Atuatuca.

17/16 v. Chr. brach dieselbe Koalition zu einem Plünderungszug über den Rhein auf, wo sie der 5. Legion unter M. Lollius eine Schlappe beibrachte - nach Velleius wurde der Legionsadler erbeutet, Dio schreibt lakonisch (54,20):
"... dann waren sie auch über den Rhein gegangen und sowohl über Germanien wie Gallien plündernd hergefallen. Als ihnen aber die römische Reiterei entgegentreten wollte, griffen sie diese aus einem Hinterhalt an und setzten ihr nach, als sie die Flucht ergriff. Dabei stießen sie unerwartet auf Lollius, dem Statthalter der Provinz, und fügten auch ihm eine Niederlage zu."

Ein erneuter Angriff der Sugambrer 12 v. Chr. wurde dann zum Anlass der Drusus-Feldzüge. Interessantes Detail: 11 v. Chr. konnte Drusus nur deswegen nahezu ungehindert bis zur Weser vordringen, weil die Sugambrer mit einer Strafexpedition gegen die Chatten beschäftigt waren, die sich einem antirömischen Bündnis mit den Sugambrern verweigert hatten.
 
Ich habe tatsächlich nicht damit gerechnet, dass Du einem Heiko Steuer unterstellst, er könnte in Unkenntnis dieser Phänomene bei seiner Interpretation weit danebengegriffen haben.
Ich habe nicht Herrn Steuer irgendeine Unkenntnis unterstellt, sondern habe danach gefragt, ob sich Gebrauchsspuren feststellen ließen.

Ob eine solche Feststellung möglich ist, hat ja zuweilen auch etwas mit dem Zustand des Fundmaterials zu tun. Wäre sie nicht möglich gewesen oder aus irgendwelchen Gründen bis dato nicht vorgenommen worden, wäre Steuers Interpretation immernoch möglich und erstmal völlig legitim, aber weniger sicher/eindeutig.
Das sich Wissenschaftler bei uneindeutiger Sachlage an die Erklärung halten, die sie für die Plausibelste halten, soll hin und wieder schon vorgekommen sein.

Da mitunter Kriegs- bzw. Plünderungszüge in benachbarte Gebiete unternommen wurden, fällt es mir hingegen schwer vorzustellen, dass die Kriegsmannen daran gewöhnt waren oder gar darauf bestanden, dass "nähere Informationen", vor allem "wo es hingeht" mit langem Vorlauf in die Breite kommuniziert wurden.
Es wäre in meinen Augen hilfreich gewesen das zu tun, schon, weil ja auch immer ältere Krieger ausfallen und Jüngere nachrücken.
Wenn bekannt ist mit welchem Feind man es zu tun hat, können die Älteren, die ggf. schon gegen diesen Feind gekämpft haben die jüngeren vorbereiten und instruieren.

Warum diese Möglichkeit durch Verschweigen verschenken?
 
Möglich, daß ich Leute mit meinen Thesen verschreckt habe. Als Autist mit dem Spektrum Asperger denke ich etwas anders und bin Kritiken dieser Art gewohnt.Aber nichts für ungut.Andere Treads über das Römische reich sind ebenfalls lesenswert.
 
Ich habe nicht Herrn Steuer irgendeine Unkenntnis unterstellt

Du hast doch explizit seine Interpretation der Befunde angezweifelt und dieser Interpretation das Alternativszenario vom Großspender entgegengestellt, der Waffen zu Opferzwecken in Auftrag gibt.


Es wäre in meinen Augen hilfreich gewesen das zu tun, schon, weil ja auch immer ältere Krieger ausfallen und Jüngere nachrücken.
Wenn bekannt ist mit welchem Feind man es zu tun hat, können die Älteren, die ggf. schon gegen diesen Feind gekämpft haben die jüngeren vorbereiten und instruieren.

Der letzte Krieg gegen die Römer war gerade mal vier Jahre her. Wir können jetzt natürlich gern darüber spekulieren, ob in der Zwischenzeit die Ausbildung der Rekruten dergestalt umgestellt wurde, dass die im Kampf gegen die Römer nützlichen Techniken aus dem Ausbildungskonzept gestrichen wurden und man stattdessen geübt hat, wie man sich gegen einen Angreifer verteidigt, der mit frischem Obst bewaffnet ist.

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Zuletzt bearbeitet:
Möglich, daß ich Leute mit meinen Thesen verschreckt habe.
Nein, so war das nicht gemeint und das war auch kein Vorwurf an dich, die beiden haben das Forum schon vor Jahren verlassen, das hat nix mit dir zu tun. Du kannst auch weiter diskutieren. Du musst nur nicht denken, dass große Beteiligung auch große Begeisterung für das Thema bedeutet. Die meisten sind, sofern ich das beurteilen kann, von dem Thema mittlerweile eher genervt. Vor allem bringen die Blüten, die das Thema immer wieder treibt, nix.
 
Du hast doch explizit seine Interpretation der Befunde angezweifelt und dieser Interpretation das Alternativszenario vom Großspender entgegengestellt, der Waffen zu Opferzwecken in Auftrag gibt.
Ich darf mich gerade nochmal selbst zitieren:

Ich habe nicht Herrn Steuer irgendeine Unkenntnis unterstellt, sondern habe danach gefragt, ob sich Gebrauchsspuren feststellen ließen.

Ob eine solche Feststellung möglich ist, hat ja zuweilen auch etwas mit dem Zustand des Fundmaterials zu tun. Wäre sie nicht möglich gewesen oder aus irgendwelchen Gründen bis dato nicht vorgenommen worden, wäre Steuers Interpretation immernoch möglich und erstmal völlig legitim, aber weniger sicher/eindeutig.
Das sich Wissenschaftler bei uneindeutiger Sachlage an die Erklärung halten, die sie für die Plausibelste halten, soll hin und wieder schon vorgekommen sein.

Der letzte Krieg gegen die Römer war gerade mal vier Jahre her.
Und das ist ein Grund, neu zur Kriegertruppe hinzugekommene Leute, die bisher möglicherweise nur mit der Kampfweise benachbarter Stämme/Gruppen im praktischer Hinsicht zu tun hatten und nur diese aus eigener Erfahrung kannten, Informationen über die Kampfweise der Römer vorzuenthalten?
Mit dem Erfolg, dass die Gruppe dann am Ende in ihrer Kampfweise weniger effektiv ist, weil die Veteranen, die schonmal mit den Römern zu tun hatten wissen, wie sie sich verhalten müssen, während diejenigen, die mit den Römern noch nicht zu tun hatten ins kalte Wasser geworfen werden und möglicherweise reflexhaft, aus Gewohnheit in Verhaltensweisen zurückfallen, die gegen andere Gegner vielleicht effektiv, gegen die Römer aber eher kontraproduktiv sind?

Naja, wenn du das sagst, wird es schon irgendeinen Sinn haben, der sich mir Kleingeist leider verschließt.
 
Und das ist ein Grund, neu zur Kriegertruppe hinzugekommene Leute, die bisher möglicherweise nur mit der Kampfweise benachbarter Stämme/Gruppen im praktischer Hinsicht zu tun hatten und nur diese aus eigener Erfahrung kannten, Informationen über die Kampfweise der Römer vorzuenthalten?

Das setzt Du mit Deiner These doch explizit voraus: Die Jüngeren bekamen solcherlei Informationen in ihrer Grundausbildung nicht; sie mussten erst in dem Moment, wo der Truppe bekanntgegeben wurde, wohin und gegen wen zu Felde gezogen wird, nachgereicht werden. Zum Stichwort

dass "nähere Informationen", vor allem "wo es hingeht" mit langem Vorlauf in die Breite kommuniziert wurden.
hast Du nämlich genau das geschrieben:

Es wäre in meinen Augen hilfreich gewesen das zu tun, schon, weil ja auch immer ältere Krieger ausfallen und Jüngere nachrücken.
Wenn bekannt ist mit welchem Feind man es zu tun hat, können die Älteren, die ggf. schon gegen diesen Feind gekämpft haben die jüngeren vorbereiten und instruieren.

Warum diese Möglichkeit durch Verschweigen verschenken?.
 
Ich möchte noch andere Gesichtspunkte zu bedenken geben: wenn die Autoritäten innerhalb der germanischen Gesellschaft so schwach waren, dass sie jeden einzelnen Krieger überzeugen, verführen oder durch Reden euphorisieren müssen, wie soll dann eine Außenpolitik bzw./Bündnispolitik möglich sein?

Ich hatte in der Diskussion die religiöse rituelle Komponente von Bündnissen eingebracht. Bei einem heiligen Schwur wurde die Strafe der Götter gefordert, wenn sich die eigene Seite nicht an die getroffenen Vereinbarungen hält. In einer tief religiösen Gesellschaft, in der man sich den Zorn der Götter (den Frevel des Vertragsbruchs) nicht zuziehen will, und die Vertragsstrafe akzeptiert (und mit einem Tieropfer bekräftigt), kann der einzelne Krieger oder ein Dorf die Verpflichtungen der Vereinbarungen eines Abkommens (z.B. sich militärisch zu unterstützen) nicht riskieren, ohne sein Gesicht und den Schutz des Stammes zu verlieren. Der germanische Prinzeps könnte nicht verhandeln, wenn er keine Autorität im Stamm besitzen würde, nur dann ist er glaubwürdig. Würde ein Bündnis verraten, schadet ihm dies bei seinen Stammesnachbarn.

In den antiken Quellen wird immer wieder die Bündnistreue gelobt. Im spanischen Krieg forderte ein römische Heerführer den Bewohnern eines keltiberischen Oppidums die aus Numantia zur Hilfe geeilten Truppen auszuliefern, sonst würde die Stadt vernichtet. Als sich die Bewohner der Stadt dazu entschlossen, die Numantianer auszuliefern um ihr Leben zu retten, wehrten sich diese, und die Römer stürmten gleichzeitig das Oppidum. Anschließend ließen sie die arevakischen Hilfstruppen aus Numantia frei, deren Mut sie beieindruckt hatte, während die verräterische Stadt die Verachtung der Römer zu spüren bekam (Textstelle habe ich nicht im Kopf, aus einem der Kapitel ab 32 der ab urbe condita, denke ich)
Was die Detailfragen angeht, wer wie beteiligt ist oder wann und wo angegriffen wird, da kann es sich durchaus um Dinge handeln, die sich erst spontan in den letzten Tagen vor Beginn eines Aufstands entscheiden. Sehr wahrscheinlich ist die Haltung verschiedener von den potentiellen Anführern angesprochener und eingelandener Gruppen erstmal hinhaltend um abzuwarten, ob sich genügend Unterstützung für ein solches Unternehmen abzeichnet. Man möchte sich ja nicht an einer aussischtslosen Sache die Finger verbrennen.
Insofern ist durchaus zu erwarten, dass die Entscheidung wer sich beteiligt und wer nicht, erst wenige Tage vor Beginn fällt und die Gruppe der Aufständischen unmittelbar vor Beginn des Unternehmens massiv anwächst, bei ggf. weiteren Anschlüssen, sobald Nachrichten von Anfangserfolgen kursieren.
Es ist durchaus möglich, dass sich Stämme nach Anfangserfolgen der Arminius-Koalition angeschlossen haben. Cäsar beschreibt dies am Beispiel der Häduer während des Vercingetorix-Aufstand. Die häduische Führung befürchtet nach den Erfolgen von Vercingetorix,
1. den Autoritätsverlust innerhalb des eigenen Stamms, und 2. den Autoriätsverlust in Gallien, denn sie waren durch Cäsar wieder erster Stamm Galliens geworden, Schutzmacht/Fürsprecher für kleinere Stämme, diese hohe Stellung drohte an die alte Konkurrenz, die Arverner, verloren zu gehen. Nachdem sie sich dem Aufstand angeschlossen hatten, wollten sie die Führung übernehmen, und die Häduer machten Vercingetorix das Oberkommando streitig, konnten sich jedoch auf der Versammlung der aufständischen Stämme in Bibracte nicht durchsetzen (VII, 63).
Umgekehrt bleiben jedoch auch Stämme trotz der Erfolge des Vercingetorix dem Aufstand fern, herovrzuheben sind die Remer. Eine römische Quelle schildert dass der romtreue König der Ampsivarier standhaft war, und am Arminius-Aufstandnicht teilnahm.
Die Clanschefs werden vor dem Problem gestanden haben, dass sie ihre Leute überzeugen mussten und dazu mussten sie dann schon mit ihnen reden. Dafür hatten sie auf der anderen Seite den Vorteil, in einer Gesellschaft, wo militärische und zivile Sphäre nicht klar getrennt waren, sich nicht um die Bewaffnung ihrer Leute kümmern zu müssen.
Es wird schwache Familienoberhäupter gegeben haben, wie autoritär stratifiziert die germanische gegenüber der keltischen Gesellschaft war, weiß ich nicht. Mir schimmert in deiner Darstellung jedoch zusehr ein eher modernes Bild eines Chefs durch, der sich gegen seine Mitarbeiter behaupten muss, und nie ganz ersnt genommen wird, wie Majestix, dem, als er "Sieg oder Tod!" schreit, von einem Untergebenen geantwortet wird, Chef, das klingt so endgültig.....
Screenshot 2025-08-14 at 08-36-16 Prominente des gallischen Dorfes Majestix.png


Zur germanischen Bewaffnung: ich habe es noch nicht gelesen, zur Unterstüzung der Diskussion:
 
OK El Quixote, ich schließe mich Deiner Meinung an, daß meine Überlegungen zu keinem Ergebnis geführt hätten. Muß ich zugeben,wenngleich ein paar Tage gebraucht
 
OK El Quixote, ich schließe mich Deiner Meinung an, daß meine Überlegungen zu keinem Ergebnis geführt hätten. Muß ich zugeben,wenngleich ein paar Tage gebraucht
Hallo Bockstein, was sind deine Überlegungen gewesen?

Ich bin am "Punkt Spionage ja oder nein bzw. Sinn davon", ohne zu wissen, wie es zur Diskussion gekommen ist.
 
Biturigos, ich denke, daß manche Schlußfolgerungen, ohne belegt zu sein, nur Lebenswirklichkeit wiedergeben. Spionage, Daten-Informationssammlung ist schon damals betrieben worden, da lege ich mich fest.Deshalb ist die Kritik abwegig, die das infrage stellt, allein aufgrund des seitenlang vorgetragenen Vergleichs Jahr 9 und Jetztzeit. Und das Information fürs Handeln wichtig sein können, steht für mich außer frage.Insoweit könnten Arminius und Varus unter Informationseinfluß ,welche auch immer, Entscheidungen getroffen haben.
Um es klar zu stellen:um tatsächlich Honig zu saugen, wären Informationen erforderlich, die wir nicht mehr haben, was wiederum zu El Quixote führt. Trotzdem:wenn ich einen Problemkreis aufbröseln will, muß ich Schlüsse akzeptieren, die Lebenswirklichkeit abbilden, eben Gedankengebilde,die für einen Historiker nicht relevant sind.
Das zu dem Thema von mir.
Ein anderes Thema war die Rückverfolgung des Varuszuges, der an dem 3-Legionen-Arbeit-Lager den Tag abschließt Ich habe gedacht, ich könne mittels Überlegung die Ereignisse vor diesem Tag ermitteln, sozusagen ausgehend von dem Zug rückverfolgen und dabei z.B. eine Verknüpfung mit Versorgungslinien erreichen, will sagen, meine Überlegung mit einem weiteren realen Ereignis zu verbinden. Nur gab es das nicht.oder besser, wir wissen es nicht. Nunja, das war nun wirklich überdehnt, weil ich dachte, Versorgungslinien zu akzeptieren, sei denknotwenig.

Den Standpunkt der Historiker nachzuvollziehen fiel mir nicht schwer, schwerer war meine Überlegungen zu begraben, einzugestehen, daß ich mangels echter realer Infos nicht weiterkommen würde.

Zwischenzeitlich habe ich ziemlich viel hier gelesen und gebe zu, daß alles schon 8x verdaut worden ist. Das ist aber ein Problem für Newcomer wie mich, die natürlich auch eigene Ideen entwickeln, ohne ad hoc zu verstehen, daß fast alles schon mal da war. Und es ist ein Problem für Moderator und altgediente hier noch lebende Historiker, alles nochmal zu lesen. Ich denke, man wird zugunsten neuer interessierter Leserschaft kleine Kompromisse machen müssen, bloß welche???
 
Biturigos, ich denke, daß manche Schlußfolgerungen, ohne belegt zu sein, nur Lebenswirklichkeit wiedergeben. Spionage, Daten-Informationssammlung ist schon damals betrieben worden, da lege ich mich fest.Deshalb ist die Kritik abwegig, die das infrage stellt, allein aufgrund des seitenlang vorgetragenen Vergleichs Jahr 9 und Jetztzeit. Und das Information fürs Handeln wichtig sein können, steht für mich außer frage.Insoweit könnten Arminius und Varus unter Informationseinfluß ,welche auch immer, Entscheidungen getroffen haben.
Um es klar zu stellen:um tatsächlich Honig zu saugen, wären Informationen erforderlich, die wir nicht mehr haben, was wiederum zu El Quixote führt. Trotzdem:wenn ich einen Problemkreis aufbröseln will, muß ich Schlüsse akzeptieren, die Lebenswirklichkeit abbilden
In den Beiträgen wurden ja wichtige Hinweise über die Lebenswirklichkeit gegeben, die Du anscheinend nicht wahrhaben möchtest: Die Spione hatten damals weder Telefon noch Funkgerät noch Morseapparat zur Verfügung, um ihre Informationen an die Zentrale durchzugeben. So ein Spion hätte sich aufs Pferd setzen und zu Varus reiten müssen. Aber woher hätte er wissen sollen, wo Varus sich gerade befand? Der war ja die meiste Zeit unterwegs und hielt sich - wenn wir Dio Glauben schenken - keineswegs an einen vorher genau festgelegten Fahrplan.

Natürlich wurde Daten-Informationssammlung nach den damaligen Möglichkeiten betrieben, aber in diesem Fall hat Varus offensichtlich auf die falschen Informationen gesetzt. Und so etwas ist nicht nur in der Antike vorgekommen...
 
Nimm doch die Dinge wie sie einmal sind. Varus, ein erfahrener Verwaltungsmann und Militär, geriet mitsamt 3 erfahrenen, kampferprobten und intakten Legionen + Reiter + Auxiliartruppen in einen Hinterhalt und in einen Aufstand, in einer befriedeten, unterworfenen Region von riesigen Ausmaßen.
Das ist die geschichtliche Überlieferung.

Und dann ist da ein archäologisches Substrat, in Kalkriese. Ein phantastischer Fundort, ein Glücksfall, mit einer ungeheuren Fund- und Befunddichte.

Wir können jetzt diese Funde vergleichen mit anderen Fundorten (Dangstetten, Haltern, Köln, Xanten, Limburg, Harzhorn, Hedemünden) aus früherer, derselben oder aus späterer Epoche.

Die archäologische Methodik hilft weiter: Metallurgische Untersuchungen incl. metallurgischem Fingerabdruck, Keramikanalysen in Stil und Material, C-14-Analysen, Drbdrochronologie, genetische Untersuchungen, Pollenuntersuchungen, Strontiumanalysen der Zähne und Knochen etc. Und die klassischen archäologischen Methoden wie z.B. die Münzanalysen (denkt an den Münzhorizont des Germanicus).

Das ist toll, das ist ein riesiger Hobbyraum, ein Bastelkeller, ein Unterrichtsraum.
Jeder von uns hat hier viel gelernt.

Aber: Man sollte den Bogen nicht überdehnen. Und römische Spionage ist nun einmal das was sich dem archäologischen Nachweis entzieht.

Und wenn Varus, ein Fachmann bester Referenz, hier verloren hat, sollten wir das erst einmal hinnehmen.
Andernfalls kritisieren wir Varus, fallen selber vom Pferd, weil wir das Pferd von hinten her aufzäumen.

Wir betreiben dann eine weitaus schlechtere Quellenanalyse und Informationsverarbeitung, als der Verwaltungsfachmann Varus seinerzeit, der gesamte Militärapparat, das Kundschafterwesen, die römische Finanzverwaltung und der gesamte Zivilapparat.

Böse Kernaussage: Die Römer waren keine Deppen.

Nachtrag: Das hier ist ein fast inhaltsleerer Beitrag. Geholfen haben hingegen die Beiträge von @Biturigos, @Ravenik, @Stilicho, @El Quijote und vielen anderen, die Querverweise zu anderen Ereignissen, Veränderungen, politischen und gesellschaftlichen Verschiebungen jener Zeit und andere Fundhorizonte herangezogen haben. Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen.
 
Zuletzt bearbeitet:
@Biturigos
Ein Beispiel der Lebenswirklichkeit, aber nicht belegbar, ist Einsichtsfähigkeit.
Am Beispiel Arbalo(vermutlich enges Tal, unübersichtlich) konnte jeder römische Militär ab 12 v Lehren ziehen. Vermeide Örtlichkeiten, die ein Risiko für Dich darstellen.
Varus war um dieselbe Zeit glaube ich in Tribun in Raetien, wird ihm bald darauf zu Ohren gekommen sein. Er hat wahrscheinlich sich nicht danach gerichtet und ist zumindest in ein Gebiet gezogen, das verminderte Verteidigungsfähigkeit anbot.
Hätte er die Erfahrung Arbalo richtig adaptiert, hätte er vermutlich denselben Weg als Rückweg genommen, den er als Hinweg benutzt hat.
Also ein Einsichtsproblem?
 
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