Nachdem sich die meisten in disem Thread einig sind, dass es sich bei der Entsendung der hessischen Söldner um ein völlig normales Prozedere gehandelt hatte, sie waren halt auf "Montage", und der Verweis auf die kritische Sicht von Schiller, als einer Stimme, weitgehend unbeachtet gebleiben ist, der Hinweis auf Duchhardt.
Zum Stichwort amerikanischer Unabhängigkeitskrieg schreibt er zur Entsendung der hessichen Söldner folgendes:
"Zum einen bewegte die Amerikanische Revolution und die Lösung der Kolonien vom Mutterland die Europäer in einem ganz erstaunlichen Maß, auch die Bevölkerung Deutschlands übrigens, wie Analysen des literarischen Marktes und der Presse erwiesen haben, wobei das hohe Maß an Sympathie frappierend ist, das man den Amerikanern entgegenbrachte.
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Vor diesem Hintergrund war es für das politisierte deutsche Publikum ein besonderes Ärgernis, in welchem Maß sich einige deutsche Fürsten - Hessen-Kassel, Hanau, Ansbach-Bayreuth und andere - mit Truppenvermietungen zugunsten Großbritanniens engagierten."
Barock und Aufklärung - Heinz Duchhardt - Google Books
Es war nicht nur für die betroffenen Familien ein Problem, sondern es war auch für die neu entstehende "politische Öffentlichkeit" ein Problem.
Diese Vorgänge verwiesen auf die zunehmende Sensibilität des zunehmend aufgeklärten Bürgertums gegenüber der Legitimität der absolutistischen Monarchen. Und stelten die Frage nach der politsichen Legitimation, Landeskinder als Kanonenfutter zu verleihen, zur Aufbesserung des Staatsbudgets.
Und das Staatsbudget der Staaten der absolitistischen Periode diente primär den staatlichen Funktionen. Als da wären, Kriegsführung und Schuldendienst und in geringem Umfang auch für zivile Zwecke.
Als Beispiel GB: 1755 Militär: 3,4 / Schuldendienst: 2,7 / Zivil: 1,0 Gesamt: 7,1
ähnliche Proportionen können beispielsweise für Österreich noch um 1800 erkannt werden.
(Mann, S. 374). Auf andere Quellen zu Frankreich und zu den Niederlanden wurde ja bereits hingewiesen.
http://books.google.de/books?id=lRS...a=X&ei=qE9KUIThI4-7hAe9roH4CQ&ved=0CEwQ6AEwBQ
Und es ist kaum davon auszugehen, dass die Verhältnisse in den kleinen absolutistischen Staaten im HRRDN wesentlich anders lagen.
In diesem Sinne dienten die Subsidien im wesentlichen der Stabilisierung der Macht der einzelnen Monarchien innerhalb der HRR und der Prachtentfaltung im Rahmen ihrer architektonischen und sonstigen höfischen Inszenierung.
Schiller hat, als er Kabale und Liebe schrieb, wohl vor allem an seinen eigenen Herzog, Carl Eugen von Württemberg, gedacht, der der niederländischen Ostindienkompanie das sogenannte "Kapregiment" vermietet hatte. Von 3200 württembergischen Soldaten kehrten nur knapp 100 zurück.
Gottfried August Bürger verpackte in den "wundersamen Abenteuern des Freiherrn von Münchhausen zu Wasser und zu Lande" im ersten Seeabenteuer des "Lügenbarons" einen mehr oder weniger versteckten Seitenhieb auf Wilhelm IX. von Hessen-Kassel. Wilhelm war wegen der Konversion seines Vaters Friedrich II. zum Katholizismus noch zu Lebzeiten seines Vaters Graf von Hanau geworden und hatte wie sein Vater den Briten Truppen für den Unabhängigkeitskrieg zur Verfügung gestellt. Nach dem Tod seines Vaters dürfte er einer der reichsten Männer seiner Zeit gewesen sein.
"Der Kazike war der abscheulichste Tyrann, und die Einwohner seiner Insel, selbst seine Günstlinge und Mätressen nicht ausgenommen, die elendesten Geschöpfe unterm Monde. In seinen Vorratshäusern verfaulten die Vorräte, während seine Untertanen, denen sie abgepresst wurden, vor Hunger verschmachteten. Seine Insel hatte keine auswärtigen Feinde zu fürchten. Dessen ungeachtet nahm er jeden jungen Kerl weg, prügelte ihn eigenhändig zum Helden und verkaufte seine Kollektion dem meistbietenden Fürsten, um zu den Millionen Muscheln, die er von seinem Vater geerbt hatte, neue Millionen zu legen. Man sagte uns, er habe diese unerhörten Grundlagen von einer reise nach dem Norden mitgebracht. Eine Behauptung, auf deren Widerlegung wir uns allen Patriotismus ungeachtet, schon deswegen nicht einlassen konnten, weil bei diesen Insulanern eine Reise nach dem Norden ebenso wohl eine Reise nach den Kanarischen Inseln als eine Spazierfahrt nach Grönland bedeutet, und eine bestimmte Erklärung mochten wir aus mehreren Gründen nicht verlangen."
Natürlich haben Friedrich II. von Hessen-Kassel und sein Sohn Wilhelm Gelder für repräsentative Bauten ausgegeben, und natürlich fiel auf den Souverän der meiste Glanz, wenn es um kulturelle Stiftungen wie die Gründung der Kunstakademie in Kassel und die Berufung eines Malers wie Johann Heinrich Tischbein ging. Kassel entwickelte sich in dieser Zeit zu einer "Stadt der Künste und Kongresse", wie sich die "Documentastadt" selbst beschreibt.
Das Fridericianum am Friedrichsplatz in Kassel war das erste Museum in ganz Europa, das der ganzen Öffentlichkeit, und nicht nur dem am Hofe zugelassenen Adel zugänglich war. Großbauten wie Schloss Wilhelmshöhe, mit dessen Bau Simon Du Ry 1785 begann, Hanau-Wilhelmsbad oder die Löwenburg, die Wilhelm IX. als Refugium und "Liebesnest" für seine Mätresse Caroline von Schlotheim, die spätere Gräfin Hessenstein, anlegen ließ, verschafften zahlreichen Handwerksbetrieben über Jahre hinaus Aufträge. Es wurden aber nicht bloß repräsentative Bauten für den Landesherren in Auftrag gegeben, sondern auch Schulen oder ein Militärwaisenhaus in der Unterneustadt. Der Bau wurde im 2. Weltkrieg zerstört, eine "Waisenhausstraße" gibt es aber heute noch. Die Prunk- und Repräsentationsbauten in Kassel und Hanau kann man natürlich kritisch sehen, solche Bauten verschafften aber unzähligen Handwerksbetrieben über Jahre hinaus Aufträge und kurbelten die heimische Wirtschaft an.
Landgraf Friedrich II. und auch sein Sohn Wilhelm, der durchaus zu recht als knauserig galt, haben den Angehörigen der Soldaten, die in Amerika dienten, Steuern und Abgaben erlassen.
Söldner gibt es fast solange wie es Armeen gibt. Im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg spielte George Washington auf Rat des Polen Tadeus Kosciusko selbst mit dem Gedanken, Söldner anzuwerben. Truppen an andere Mächte zu vermieten, verstieß nicht gegen Reichsgesetze, und bewegte sich durchaus im Rahmen üblicher Praktiken. Neu war eigentlich nur die enorme Entfernung des Kriegsschauplatzes von der Heimat und die lange Dauer des Einsatzes. Prinzipiell war gewaltsame Werbung durch Order des Landgrafen verboten, und Verstöße und Übergriffe wurden durchaus streng bestraft-wenn sie tatsächlich nachgewiesen werden konnten. Dieses Verbot wurde freilich in der Realität und Praxis aufgeweicht. Dem Landgrafen ging es vor allem darum, der heimischen Wirtschaft nicht zu viele Arbeitskräfte zu entziehen. Die insgesamt, mit Reserven eingerechnet, fast 17.000 Mann die aus Hessen-Kassel rekrutiert wurden, waren das Äußerste, was aus dem Land mit ca. 300-350.000 Einwohnern herauszuholen war. Mit längerer Kriegsdauer wuchs der Druck auf die Werbeoffiziere, und gegenüber "Ausländern" oder gar Vaganten und Fahrendem Volk waren die Skrupel, notfalls auch Gewalt anzuwenden gering. Was Johann Gottfried Seume in seiner Autobiographie beschrieb, mag in gewissen Details übertrieben sein, im Großen und Ganzen halte ich seine Angaben doch für glaubwürdig.
"Ausländer" wurden mit großem Mißtrauen betrachtet. Generalleutnant von Gohr, Kommandant und Gouverneur der Festung Ziegenhain, die seit 1777 als Rekrutendepot diente, schrieb: "Es fällt schwer, mit nur wenigen Unterofficiers Ordnung unter so vielen bösen Kerls zu halten." Man unterstellte vielen Rekruten, dass es ihnen nur um kostenlose Passage nach Amerika ging, und diese Truppen wurden wie Gefangene bewacht. Der Frust entzündete sich in einer geplanten Rebellion im Winter 1780/81, die allerdings verraten wurde, und mit einer Scheinhinrichtung wurde der Widerstand schnell gebrochen.
Auch für die Bevölkerung in Hessen war die Politik des Soldatenhandels der Landgrafen zweifellos mit großen Belastungen verbunden. Familien, die es sich nicht leisten konnten, notfalls einen Ersatzmann zu stellen, mussten damit rechnen, dass ein Sohn, Neffe oder Schwiegersohn rekrutiert werden konnte. Für Soldaten, die ein Handwerk gelernt hatten, das sie in Garnison ausübten, war es ein schwerer Schicksalsschlag, wenn sie aus sozialen Bindungen herausgerissen wurden, um in Amerika zu kämpfen. Auswanderung war verboten, Werbeschriften, die für Auswanderung warben, wurden beschlagnahmt, und jetzt mussten die jungen Männer da hin, ohne wissen zu können, wann und ob sie zurückkehrten. Die Bewohner von Ziegenhain mussten sich selbst und ihre Zugtiere bereitstellen, um täglich die Festungsgräben zu enteisen, um Desertionen vorzubeugen. Das Bewusstsein, dass man zu viel von ihnen verlangt hatte, dass sie durchaus nicht freilich in den Krieg gezogen waren, war bei vielen Amerikaveteranen vorhanden, und nach den Erfahrungen der amerikanischen und französischen Revolution machte sich diese Kritik durchaus Luft vor allem, als es um Altersversorge der Veteranen ging.