Ich erlaube mir dazu einige kleine Anmerkungen...
Ich denke bei Spanien wie bei den Niederlanden lösten die dauerhaften Konflikte, so wunderlich das klingt, eine Triebfeder aus. Der eine Erfolg beförderte den anderen. Krieg kann schaden, führt aber auch zu Innovationen, zwingt selbst zu Reformen.
Erst als das Gesetz an Menschen und Fläche an der Wende vom 17. zum 18. Jh. zusehends sich durchsetzte verblasste der niederländische Stern am Himmel der Großmächte.
Hmm, das wage ich zu bezweifeln, was Spanien betrifft...
Zunächst einmal steht doch gewiß außer Frage, daß Spanien und Portugal ihre Vormacht zur See wie auch ihre Kolonialreiche darauf begründeten, daß beide einen Vorsprung durch die ersten Entdeckungsfahrten hatten.
Spanien ruinierte seine Vormacht allerdings schon durch seine Kriege bzw. die Niederlagen in diesen: nach der Vernichtung der Großen Armada 1588 ging die Seemacht in den folgenden Jahrhunderten immer mehr an England verloren; der Krieg gegen Frankreich endete mit dem Pyrenäenfrieden 1659, inflogedessen sich Frankreich auf dem Festland durchsetzen konnte; die Einmischung in den Dreißigjährigen Krieg war ebenfalls erfolglos; die Gewährung der Unabhängigkeit der Vereinigten Niederlande 1648 besiegelte eine weitere verlorene "Kraftprobe".
Was bzgl. der Niederlanden v.a. bedeutsam war, war die Herausbildung des ndl. Kolonialreiches: dieses entstand durch Überfälle auf portugiesische und spanische Faktoreien in Südafrika, Indien und Südostasien (das spätere Ndl. Indien). Infolgedessen war Spanien während des Ndl. Unabhängigkeitskrieges gezwungen, mit seinem Gegner (den ndl. Generalstaaten) Handel zu treiben, wodurch es letztlich sogar den Krieg gegen sich selbst finanzierte.
Noch ärger waren die Folgen der spanischen Politik 1580/1640 für Portugal, da diese beiden Staaten durch eine Personalunion verbunden waren, und Portugal während jener 60 Jahre beinahe sein ganzes Kolonialreich (außer Brasilien, Angola, Mosambique) entweder an Spanien oder eben die Niederlande verlor.
Die Niederlande verlor ihre Position im Mächtespiel Europas - so sie denn wirklich so hoch einzuschätzen ist - infolge der Personalunion mit England 1689/1702, da in jenen Jahren die englische Vorherrschaft zur See sich gegenüber den Holländern endgültig durchsetzen konnte.
Als Kolonialmacht blieben die Niederlande jedoch durchaus beachtenswert: Ndl. Indien wurde als Indonesien ebenso erst im 20. Jh. unabhängig wie Ndl. Guyana (Surinam).
Vielleicht unterschätzen auch viele die Vorzüge des Mittelalters für die europäische Kultur.
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Im Europa des Hoch- und Spätmittelalters gab es nicht DIE vorherschende Macht. Die Konkurrenz erhöhte die Agilität. Das sehe ich nirgends in der Form wie in Europa, vielleicht aber auch mangels Kenntnis.
Das sehe ich auch so: zwar mochten das HRR im Westen und Byzanz im Osten als Kaiserreiche gern so etwas wie eine Vormacht beanspruchen, faktisch gegeben war diese aber nicht.
Man muss sehen, dass die großen Staaten Europas seit dem 16. Jh. weltweit zu den stärksten Militärmächten zählten.
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Lediglich die islamische Welt konnte noch bis ins 19. Jh. ihre Selbstständigkeit im allgemeinen bewahren, was dann später ebenfalls nicht mehr glückte.
Dem widerspricht nicht, daß das Osmanische Reich bis ins späte 17. Jh. ebenfalls eine der stärksten Militärmächte war. Allerdings büßte es jegliche Aussicht auf Seeherrschaft und damit Kolonien in Übersee durch die Niederlagen zur See bereits im Mediterran ein (1565 Malta, 1571 Lepanto).
Vorherrschende Kolonialmächte waren im 16. Jh. - wie schon erwähnt - Spanien, Portugal, England, Frankreich und die Niederlande. Allerdings lässt sich feststellen, dass seit etwa 1700 Spanien, Portugal und die Niederlande auf dem absteigenden Ast waren, während England und Frankreich gewaltig aufholten. Frankreich glückte freilich erst einige Zeit nach dem 7jährigen Krieg ein neuer Aufstieg, da es 1763 fast sein gesamtes Kolonialreich an England abtreten musste, und erst allmählich wieder Kolonien hinzugewann.
Zu Spanien, Portigal und den Niederlanden habe ich mich bereits oben geäußert.
Für England läßt sich eindeutig feststellen, daß dieses zunächst seine Seeherrschaft sicherte - in Verbindung mit der Herausbildung des engl. Kolonialreiches - (dies gegenüber Spanien und später den Niederlanden und danach dann gegenüber Frankreich), während es auf dem Festland ziemlich geschickt den Gegensatz Habsburg (Spanien, Österreich) vs. Frankreich im Sinne einer "Politik des Gleichgewichtes" auszunutzen verstand. Sehr gut ersichtlich wurde dies beim Spanischen Erbfolgekrieg 1701/14...
Frankreich sehe ich bereits seit 1659 als europäische Großmacht, da man sich gegen Spanien durchsetzen konnte. Mit einigem Glück gesegnet im Spanischen Erbfolgekrieg (eigentlich schon verloren, aber dennoch auf der Gewinnerseite beim Friedensschluß) brachte der Siebenjährige Krieg sicherlich einen Einbruch bzw. Rückgang - v.a. als Kolonialmacht, da man bis auf den Senegal alles verlor -, ehe Frankreich dann ab 1830 sich erneut zur Kolonialmacht aufschwang (v.a. durch Erwerbungen in Westafrika und der arabischen Welt).
Sicherlich ist vieles eine Wiederholung von Dingen, die bereits geschrieben wurden, aber mir ging es nochmals um eine kurze Abhandlung wichtiger Aspekte...