Guten Abend Ashigaru
Kompliment, ein Kenner hat meine Zeilen gelesen. Die waren stegreif, deshalb vielleicht ein paar Bemerkungen bzw. Präzisierungen:
"Verklärt" würde ich nicht sagen. Nach der Lektüre von diversen Fachpublikationen, leider meist in Englisch, kann man sich aber nicht einer gewissen Hochachtung erwehren angesichts der (militärischen) "Gesamtleistung" eines doch eher - zumindest anfangs - kleinen Volkes. Es strahlt ja ungemein viel bis in die heutige Zeit aus, oft unbemerkt.
Das mit den "Ausländern" stimmt schon; ich sah das aus der Warte der Legion (also nicht des Heeres) als kampfentscheidende Eliteeinheit, in welcher anfangs eben nur Römer - nicht mal Bundesgenossen - dienten. Die Auxiliartruppen unterschieden sich ja auch in Bewaffnung und Kampfweise.
Zumindest die Trennung Bundesgenossen - Römer erübrigt sich späterhin, da man beide volks- oder typmäßig (ohne über diese Begriffe streiten zu wollen) mehr oder weniger gleichsetzen kann - starke Gemeinsamkeiten hinsichtlich Herkunft, Kultur, Sprache, Wille, das Land zu verteidigen usf.
Das mit dem harten Bauernschlag ist einem der gelesenen Werke entnommen. Insgesamt sehe ich es so, daß jene Lebensbedingungen, die die Gracchen (leider erfolglos) wiederherzustellen versuchten, einem "kerngesunden" Soldatentypus zuträglich waren (freie Kleinbauern auf eigenem Land).
Die häufige zahlenmäßige Unterlegenheit habe ich, glaube ich, bei Goldsworthy gefunden. Ad hoc fallen mir dazu ein: Caesar: Alesia, Helvetier, Ariovist; Marius: Aquae Sextiae, Vercellae, Jugurtha; Keltenkriege vor Caesar; Kynoskephalai; Pydna; Pyrrhos; Boudicca / Boadicea; Agricola: Mons Graupius; Idistaviso; Angrivarierwall; leichte Unterlegenheit meines Wissens bei Zama.
Der "römische Geist" ist sicher ein Punkt, der viel Diskussion zuläßt. Ich sehe das in etwa so, daß es eben dieser (Kampf- oder rationale) "Geist" oder Charakter war, der ein solches Instrument wie die römische Armee hervorgebracht hat und diese auch trug; mit dem Schwinden der Italiker (um die Bundesgenossen, s.o., einzubeziehen, die ja schon vor dem Bundesgenossenkrieg nicht zB zu Hannibal überliefen) verlief sich eben, meiner Meinung nach, auch dieser Charakter in der Armee. Sicher wird auch ein "Nachlassen" der Römer selbst mitgespielt haben ("allgemeiner Niedergang").
Ein wenig wird die Frage des "römischen Charakters" auch im Umkreis der constitutio antoniniana aufgeworfen werden können, da ja die Verleihung des Bürgerrechts nicht gleich eine Verwandlung in einen Römer bedeutet haben dürfte, mithin die ab da als Legionäre Dienenden nicht unbedingt, Bürgerrecht hin oder her, den Italikern gleichzusetzen sein dürften.
Ganz aus dem Finger gesogen habe ich mir das mit dem Römergeist übrigens auch nicht, sowas zieht sich schon auch durch viele Publikationen, und nicht nur bei antiken wie Cato oder Tacitus.
Beste Grüße! Ricus
Kompliment, ein Kenner hat meine Zeilen gelesen. Die waren stegreif, deshalb vielleicht ein paar Bemerkungen bzw. Präzisierungen:
"Verklärt" würde ich nicht sagen. Nach der Lektüre von diversen Fachpublikationen, leider meist in Englisch, kann man sich aber nicht einer gewissen Hochachtung erwehren angesichts der (militärischen) "Gesamtleistung" eines doch eher - zumindest anfangs - kleinen Volkes. Es strahlt ja ungemein viel bis in die heutige Zeit aus, oft unbemerkt.
Das mit den "Ausländern" stimmt schon; ich sah das aus der Warte der Legion (also nicht des Heeres) als kampfentscheidende Eliteeinheit, in welcher anfangs eben nur Römer - nicht mal Bundesgenossen - dienten. Die Auxiliartruppen unterschieden sich ja auch in Bewaffnung und Kampfweise.
Zumindest die Trennung Bundesgenossen - Römer erübrigt sich späterhin, da man beide volks- oder typmäßig (ohne über diese Begriffe streiten zu wollen) mehr oder weniger gleichsetzen kann - starke Gemeinsamkeiten hinsichtlich Herkunft, Kultur, Sprache, Wille, das Land zu verteidigen usf.
Das mit dem harten Bauernschlag ist einem der gelesenen Werke entnommen. Insgesamt sehe ich es so, daß jene Lebensbedingungen, die die Gracchen (leider erfolglos) wiederherzustellen versuchten, einem "kerngesunden" Soldatentypus zuträglich waren (freie Kleinbauern auf eigenem Land).
Die häufige zahlenmäßige Unterlegenheit habe ich, glaube ich, bei Goldsworthy gefunden. Ad hoc fallen mir dazu ein: Caesar: Alesia, Helvetier, Ariovist; Marius: Aquae Sextiae, Vercellae, Jugurtha; Keltenkriege vor Caesar; Kynoskephalai; Pydna; Pyrrhos; Boudicca / Boadicea; Agricola: Mons Graupius; Idistaviso; Angrivarierwall; leichte Unterlegenheit meines Wissens bei Zama.
Der "römische Geist" ist sicher ein Punkt, der viel Diskussion zuläßt. Ich sehe das in etwa so, daß es eben dieser (Kampf- oder rationale) "Geist" oder Charakter war, der ein solches Instrument wie die römische Armee hervorgebracht hat und diese auch trug; mit dem Schwinden der Italiker (um die Bundesgenossen, s.o., einzubeziehen, die ja schon vor dem Bundesgenossenkrieg nicht zB zu Hannibal überliefen) verlief sich eben, meiner Meinung nach, auch dieser Charakter in der Armee. Sicher wird auch ein "Nachlassen" der Römer selbst mitgespielt haben ("allgemeiner Niedergang").
Ein wenig wird die Frage des "römischen Charakters" auch im Umkreis der constitutio antoniniana aufgeworfen werden können, da ja die Verleihung des Bürgerrechts nicht gleich eine Verwandlung in einen Römer bedeutet haben dürfte, mithin die ab da als Legionäre Dienenden nicht unbedingt, Bürgerrecht hin oder her, den Italikern gleichzusetzen sein dürften.
Ganz aus dem Finger gesogen habe ich mir das mit dem Römergeist übrigens auch nicht, sowas zieht sich schon auch durch viele Publikationen, und nicht nur bei antiken wie Cato oder Tacitus.
Beste Grüße! Ricus
Ashigaru schrieb:@ Ricus: Meines Erachtens siehst du die Rolle der Armee und der römischen Soldaten viel zu verklärt.
Schon im 3./2. Jahrhundert v. Chr. war im römischen Heer ein großer Anteil von "Ausländern" vertreten. Das waren zum Großteil die italischen Bundesgenossen, aber es gab z.B. auch keltische Söldner. Auch in Caesars "Gallischem Krieg" wird an vielen Stellen deutlich, dass er Kontingente aus verbündeten gallischen und germanischen Stämmen mit sich führte.
Mir ist unklar, warum Griechen, Kelten oder Germanen weniger hart und kräftig und an das Leben in der Natur gewöhnt waren. Dass die Römer an Kämpfe und Kriege gewöhnt waren, mag ich nicht bestreiten, aber das galt ebenso für andere Völker der Antike. Der Vorzug lag m.E. doch eher darin, dass das politische System derart militärisch ausgerichtet war (man denke nur an die militärischen Posten im "Cursus Honorum"). dass es gelang, die kampfstärksten Armeen im Mittelmeeraum aufzustellen.
Die Römer waren keineswegs in fast allen Schlachten zahlenmäßig unterlegen. Wie es strategisch sinnvoll ist, versuchten sie in der Vorbereitung von Feldzügen stets ein zahlenmäßiges Übergewicht herzustellen, was auch meist gelang.
Diesen Punkt würde ich am stärksten kritisieren. Zum einen bestanden noch bis in die späte Republik starke rechtliche und soziale Unterschiede zwischen Römern und Italikern (mit ein Grund, warum es zum "Bundesgenossenkrieg" kam). Zweitens sind mir Formulierung wie der "römische Geist" zu unkonkret. Drittens war das Heer eines der wichtigsten Instrumente der Romanisierung und Integration: Einheimische Männer dienten in den Auxiliartruppen, bekamen dafür nach dem Dienst das römische Bürgerrecht, was in der frühen und mittleren Kaiserzeit ein höchst erfolgreiches Modell war. Ich denke, dass dieses System 212 nach der "constitutio antoniana" von Caracalla hinfällig wurde, als nahezu alle männlichen Einwohner des Reiches das Bürgerrecht erhielten.
Ich finde es schwierig zu beurteilen, welche Konsequenzen die starke "Germanisierung" der Armee in der Spätantike hatte. Männer wie Stilicho oder Odoaker nutzten zwar ihre Machtsstellung aus, aber sicher waren sie nicht von dem Gedanken geleitet, dass römische Reich von innen heraus zu spalten, um die germanischen Stämme zu stärken. Ich denke eher, dass (zumindest in den Westprovinzen) die schwindende römische Bevölkerung zunehmend weniger in der Lage war, den Nachwuchs für alle wichtigen Institutionen bereit zu stellen war und schleichend ihre Autorität verlor - zuletzt zumindest in Germanien auch die Bischofsposten (um 600).