Was wäre, wenn der Erste Weltkrieg nicht stattgefunden hätte?

Also ist man nur Großmacht, wenn man einen Spielplatz außerhalb der eigenen Grenzen hat? Dementsprechend - entschuldige die ketzerische Frage - ist Deutschland erst duch den Erwerb von Kolonien Mitte der 1880er Jahre zu einer Großmacht geworden?

Bei Deutschland wusste ganz Europa um die militärische Stärke des Heeres. Die Armee galt, das war allgemein anerkannt, als die stärkste der Welt. Dazu kommt die erhebliche wirtschaftliche Kraft Deutschlands und auch die demographische Entwicklung. Deutschland wurde häufig genug nicht nur als Groß-, sondern auch als Weltmacht betrachtet.

Was meinst du, weshalb Italien so verzweifelt bemüht war, sich ein paar Kolonien zuzulegen. Es wollte im Zeitalter des Imperialismus endlich als vollwertige großmacht wahrgenommen werden. Das gehörte in jener Zeit gewissermaßen dazu.

Die vielfältigen Sorgen und Nöte Österreich-Ungarn muss ich hier nicht beschreiben. Österreich-Ungarn besaß keine Kolonien und der einzige "Spielplatz" war nach den territorialen Verlusten in Italien und den Rausschmiss aus Deutschland der Balkan. Es war undenkbar, das dieser "Spielplatz" freiwillig geräumt wird.
 
Warum, wenn die Donaumonarchie Russlands vorrang am Balkan anerkannt hätte und beide in Polen und der Ukraine beim Niederhalten der dortigen Nationalbewegungen weiterhin gut kooperiert hätten, hätte Russland ein Interesse daran haben sollen serbische Großmachtsträume auf Kosten der Donaumonarchie zu unterstützen?
Mir drängt sich nach der Diskussion irgendwie der Eindruck auf, dass Du Dir vorstellst, es hätte ausgereicht, dass Österreich-Ungarn Russland quasi in einem symbolischen Akt die Hegemonie auf dem Balkan zugestanden hätte und Russland dann daraufhin aus Angst vor Österreich-Ungarn oder aus Respekt oder weshalb auch immer freiwillig darauf verzichtet hätte, tatsächliche Schritte einzuleiten, um tatsächlich die Hegemonie zu erlangen und auch zu nutzen und alles zu vermeiden, was der Doppelmonarchie eventuell missfallen könnte und diesen symbolischen Akt wieder in Frage hätte stellen können. Jetzt nur leicht überspitzt formuliert.

Sorry, I am not convinced.
 
Serbien war ein slawischer Bruderstaat, den man nicht im Stich lassen konnte und schon gar nicht wollte
Und weil man es nicht konnte, hatte man es in der Bosnischen Annexionskrise und in der Durazzokrise getan?

in Deinem Szenario hätte Serbien Russland außerdem Zugang zur Adria und dem Mittelmeer ermöglicht
Ich wüsste nicht, wo ich derartiges geschrieben hätte. Ich käme schon deswegen nicht auf die Idee mir das einzubilden, weil Serbien selbst ja überhaupt keinen Adria-Zugang besaß.
Mal davon ab, dass mir noch niemand hat erklären können, warum das für Russland überhaupt interessant hätte sein sollen. Es hätte davon keinen besonderen Nutzen gehabt, sich dafür aber Ärger mit Italien eingehandelt, dass zunehmend auf eine Monopolisierung der Adria unter italienischem Einfluss hinarbeitete.

und perspektivisch die Kontrolle über die gesamte östliche Adriaküste bis einschließlich Triest.
Und darf ich fragen, wie du darauf kommst?

Nur konnte Österreich-Ungarn als Vielvölkerstaat sein demographisches Potential nur zu einem Teil ausschöpfen und auch das Militär benötigte man allein schon, um die ganzen Völker unter Kontrolle zu halten.
ÄÄÄhhmmmm????? Wann genau hatte Österreich-Ungarn zuletzt Militär eingesetzt um irgendwelche Minderheiten im Land militärisch zu unterdrücken?
Das dürfte wohl 1848 unter Typen wie Radetzky gewesen sein. Seit dem war das nicht mehr vorgekommen. Im Übrigen, hätte die Donaumonarchie, wenn die Zustände dergestalt gewesen wären auch keine 4 Jahre Weltkrieg durchgehalten, sondern hätte bereits nach den ersten 2 Wochen implodieren müssen.;)

Du hast Deutschland in der Liste vergessen.
Habe ich nicht.

Und natürlich Russland. Selbst wenn man als Partner vielleicht punktuell zusammen gearbeitet hätte, wäre man doch früher oder später wieder in Gegensatz zueinander geraten. Entweder über Galizien oder über Bosnien-Herzegowina oder über Kroatien.
Was genau hätte Russland mit diesen Territorien anfangen sollen?

Deutschland wäre wohl nicht von sich aus gegen Österreich-Ungarn militärisch vorgegangen, hätte aber mit Sicherheit die Möglichkeit genutzt in einen Krieg zwischen Österreich-Ungarn und einer anderen Macht einzutreten, um sich aus der ungünstigen strategischen Lage zu befreien.
Deutschland hätte hätte mit einer Österreichisch-Französischen Allianz im Gegensatz zu einer Französisch-Russischen ganz gut leben können.
Zumal das gleichzeitig wahrscheinlich die Beziehungen zwischen Deutschland und Italien gefestigt hätte, denn bei einer Österreichisch-Französischen Allianz, die sich immer auch gegen Italien gerichtet hätte, wäre eine engere Bindung Roms an Berlin folgerichtig gewesen.

Zusammen mit Italien hätte man den Durck eines Österreichisch-Französischen Bündnisses ganz gut aushalten können, da wären die Kräfteverhältnisse einigermaßen ausgeglichen gewesen.
Es hätte also keinen Grund gegeben irgendeinen Krieg anzuzetteln um aus dieser Konstellation auszubrechen.

Ich denke, im zwanzigsten Jahrhundert war die Zeit vorbei, wo Frankreich und/oder Großbritannien Russland mit einem Expeditionskorps besiegen konnten
Zweifellos, aber eine um ein paar Expeditionsstreitkräfte ergänzte Österreichisch-Ungarische Armee hätte möglicherweise den Russen ganz gut paroli bieten können.
Was so ein Expeditionsstreitkraft wert sein konnte, dürften die Briten und ihr Einsatz vor und während der Marne-Schlacht bewiesen haben.

Und es ist sehr unwahrscheinlich, dass Frankreich größere Teile seines Heeres nach Österreich-Ungarn geschickt hätte, um zum Beispiel in Galizien gegen Russland zu kämpfen.
Also mal von der Frage ab, warum es überhaupt zum Krieg zwischen Österreich und Russland hätte kommen sollen, wenn es vorher zu einem Ausgleich zwischen beiden gekommen wäre:

Russland hätte doch ohne Deutsches Bündnis vor dem gleichen Problem gestanden.
Hätte es alle seine Streitkräfte nach Österreich geschickt, wäre es gegenüber Deutschland blank gewesen, dito gegen Japan im Osten. Auch das wäre mit Risiko verbunden gewesen.
Ich sehe nicht, warum das für Frankreich gefährlicher gewesen wäre, als für Russland.
 
Zuletzt bearbeitet:
Bei Deutschland wusste ganz Europa um die militärische Stärke des Heeres. Die Armee galt, das war allgemein anerkannt, als die stärkste der Welt. Dazu kommt die erhebliche wirtschaftliche Kraft Deutschlands und auch die demographische Entwicklung. Deutschland wurde häufig genug nicht nur als Groß-, sondern auch als Weltmacht betrachtet.
Ich hatte dich nach den 1870er Jahren gefragt, nicht nach dem, was um die Jahrhundertwende herum passierte.
Zu der Zeit war Deutschland bevölkerungstechnisch groß, aber nicht übergroß und wirtschaftlich nicht stärker als der französische Nachbar.

Ja, die Armee war sicherlich ein Prestigeobjekt, aber viel mehr hatte Deutschland zu diesem Zeitpunkt nicht aufzuweisen. Und man muss jetzt wirlich nicht so tun, als wäre die Donaumonarchie ein wirtschaftliches Entwicklungsland gewesen und seine Armee eine völlig zu vernachlässigende Größe.

Die reichte vielleicht nicht hin um mit Deutschland Frankreich oder Russland mithalten zu können, sämmtlichen anderen Landstreitkräften auf diesem Planeten dürfte sie relativ deutlich übelegen gewesen sein, und das wusste auch jeder.

Was meinst du, weshalb Italien so verzweifelt bemüht war, sich ein paar Kolonien zuzulegen. Es wollte im Zeitalter des Imperialismus endlich als vollwertige großmacht wahrgenommen werden. Das gehörte in jener Zeit gewissermaßen dazu.
Was ich meine?
Nun, ich meine vor allen Dingen, dass es selbst in dieser Zeit eine ziemlich dumme Idee gewesen wäre ein Land mit einer florierenden Wirtschaft und einem Millionenheer als eine zu vernachlässigende Größe zu betrachten, weil es sich nicht im Besitz eines Stücks afrikanischen Dschungels oder eines adäquaten Wüstengebiets befand oder weil es keinen Zwergstaat à la Montenegro oder sowas als vasallenhaftes Anhängsel hatte.

Österreich-Ungarn war mächtig genug, dass man es nicht einfach aus der machtpolitischen Gesamtrechnung ausklammern konnte. Und das zeichnet eine Großmacht aus, nicht der Besitz irgendwelcher kolonialen Krümel, die mehr Kosten und Probleme verursachen, als dass sie Nutzen einbringen.
Mir drängt sich nach der Diskussion irgendwie der Eindruck auf, dass Du Dir vorstellst, es hätte ausgereicht, dass Österreich-Ungarn Russland quasi in einem symbolischen Akt die Hegemonie auf dem Balkan zugestanden hätte und Russland dann daraufhin aus Angst vor Österreich-Ungarn oder aus Respekt oder weshalb auch immer freiwillig darauf verzichtet hätte, tatsächliche Schritte einzuleiten, um tatsächlich die Hegemonie zu erlangen und auch zu nutzen und alles zu vermeiden, was der Doppelmonarchie eventuell missfallen könnte und diesen symbolischen Akt wieder in Frage hätte stellen können. Jetzt nur leicht überspitzt formuliert.
Der symbolische Akt hätte ausgereicht.

Aber nicht weil Russland dann Angst bekommen oder verzichtet hätte, sondern weil es versucht hätte diese Hegemonie zu realisieren und daran gescheitert wäre.
Die Balkanstaaten hätten ja nicht einfach, nur weil sich Österreich-Ungarn zurückgezogen hätte, Russland als Herrn und Meister anerkannt, dazu wären sie allenfalls bereit gewesen, wenn Russland ihren Interessen entgegengekommen wäre.

Das bedeutet Russland hätte permanent die Balkankonflikte bearbeiten und seine Energien darauf verwenden müssen, aber ohne reale Aussicht darauf zu haben, jemals alle zufrieden zu stellen und von allen anerkannt zu werden.

Preisfrage: Wenn man sich sowohl mit Serbien, als auch mit Bulgarien und Griechenland gut stellen möchte, was zum Geier macht man dann mit Mazedonien?
Schlägt man es einem der drei zu, sind die anderen beiden pampig. Teilt man es auf oder macht einen eigenständigen Staat draus, sind alle drei pampig.

Wie genau hätte Russland das ausgleichen sollen?

Und was hätte Österreich-Ungarn realiter verloren, wenn Russlan die Probleme ohnehin nicht ausgleichen hätte können und es infolge dessen immer Unzufridende unter den Balkanstaaten gegeben hätte, die dann von sich aus an guten Beziehungen zu Wien interessiert gewesen wären, ohne dass Wien selbst dafür aktiv irgendwas hätte tun müssen, dass es in Gegensatz zu Russland gebracht hätte?
 
Zuletzt bearbeitet:
Ja, die Armee war sicherlich ein Prestigeobjekt, aber viel mehr hatte Deutschland zu diesem Zeitpunkt nicht aufzuweisen.

Sie war weit mehr als das. Sie war das, war für Großbritannien die Flotte war und hätte im Zweifelsfall außenpolitische instrumentalisiert werden können. Erinnere dich nur daran, was Russland immer an der Grenze zu Deutschland an Truppen stationiert; im Bedarfsfall wurde die Zahl mal hochgefahren.

Der neue Reichstag, schon der des Norddeutschen Bundes, leistete umfängliche Gesetzgebungsarbeit; das war auch dringend notwendig, da der Krieg von 1866 auch den überkommenen Zollverein erschüttert hatte.
Eine Gesetzgebungsarbeit, die sich im wesentlichen auf seine in der Verfassung staatsbürgerlichen und wirtschaftspolitischen Zuständigkeits- und Aufgabenbereiche bezog.

Die Krönung der Wirtschaftsgesetzgebung war die Aktienovell vom 11.07.1870; jetzt entfiel für alle Aktiengesellschaften die Notwendigkeit, bei ihrer Gründung um eine Konzession bei den staatlichen Behörden nachzusuchen. Damit entfielen die letzten feudal-bürokratischen Schranken in der Entwicklung der kapitalistischen Produktion.

Es mussten erst die Voraussetzungen geschaffen werden, damit sich das erhebliche wirtschaftliche Potenzial entfalten konnte.
Und man muss jetzt wirlich nicht so tun, als wäre die Donaumonarchie ein wirtschaftliches Entwicklungsland gewesen und seine Armee eine völlig zu vernachlässigende Größe.

Wer tut das denn? Aber die k.u.k Armee war wohl leistungsfähiger als die Italiens. Aber wie sah sie im Vergleich mit der französischen oder russischen Armee aus?
Nun, ich meine vor allen Dingen, dass es selbst in dieser Zeit eine ziemlich dumme Idee gewesen wäre ein Land mit einer florierenden Wirtschaft und einem Millionenheer als eine zu vernachlässigende Größe zu betrachten, weil es sich nicht im Besitz eines Stücks afrikanischen Dschungels oder eines adäquaten Wüstengebiets befand oder weil es keinen Zwergstaat à la Montenegro oder sowas als vasallenhaftes Anhängsel hatte.

Ich stimme dir zu. Nur: So dachten man in den damaligen Amtsstuben im Zeitalter des Imperialismus nicht.

Österreich-Ungarn war mächtig genug, dass man es nicht einfach aus der machtpolitischen Gesamtrechnung ausklammern konnte. Und das zeichnet eine Großmacht aus, nicht der Besitz irgendwelcher kolonialen Krümel, die mehr Kosten und Probleme verursachen, als dass sie Nutzen einbringen.

Österreich-Ungarn wurde und wird hier nicht aus dem Konzert der Mächte ausgeschieden. Es bedurfte aber der deutschen Rückendeckung.
Es wird schon einen Grund gegeben haben, weshalb beispielsweise Österreich-Ungarn den kleinen Nachbarn Serbien, der von dem Brocken Russland unterstützt wurde, den "Krümel" eines Adriahafens konsequent verweigert hatte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Und weil man es nicht konnte, hatte man es in der Bosnischen Annexionskrise und in der Durazzokrise getan?
Das weißt du doch ganz genau. Russland war militärisch nicht in der Lage einen Krieg zu führen; schon gar nicht gegen Österreich-Ungarn und Deutschland. Des Weiteren war Grey der Gretchenfrage ausgewichen und ohne England ging es schon gar nicht.
Aus diese Einsicht heraus, hat Russland unfreiwillig nachgegeben.
 
@Shinigami Du hast Dein Ziel erreicht, der Strang ist von dir gesprengt worden.
Niemand redet mehr über den Strangtitel:

Was wäre, wenn der Erste Weltkrieg nicht stattgefunden hätte?​


Stattdessen diskutieren wir jetzt das unwahrscheinliche Thema, ob Österreich-Ungarn ein Bündnis mit Frankreich hätte abschließen können. Hast du ganz toll gemacht.
Moin

Ich habe diesen Strang nicht von Anfang an gelesen, aber die Frage ist so spekulativ, bei der Diskussion darüber würde es sich um SF handeln.
Unter Nichtbeachtung der Außenbeziehungen wird sich die Frage für das DR und den KuK-Staat für die nächsten 5-15 Jahre nach 1913 wahrscheinlich beantworten lassen, da es in beiden Staaten politische und wirtschaftliche Tendenzen in bestimmte Richtungen gab. Allerdings ist auch das immer noch recht spekulativ. Bei Einbeziehung der Außenpolitik wird das so nix, wir sind hier ja in einem Geschichtsforum. Ich lese sehr viel SF und habe auch zu diesem Thema einige Romane gelesen, teilweise etwas unlogisch bzw. unter völlig anderen gesellschaftspolitischen Voraussetzungen geschrieben.
 
Wer tut das denn? Aber die k.u.k Armee war wohl leistungsfähiger als die Italiens. Aber wie sah sie im Vergleich mit der französischen oder russischen Armee aus?
Bist du also der Meinung man konnte keine großmacht sein, wenn die eignen Landstreitkräfte nicht mit denen der Franzosen und der Russen mithalten konnten?

Tja, wenn das so ist, werden wir wohl die Streichung des britischen Empire und der USA aus der Liste der Großmächte beantragen müssen.
 
Shin, Du darfst aber bei GB und USA die geographischen Verhältnisse nicht übersehen. Statt Landmacht bei GB Seemacht, bei der Insellage nur logisch, bei den USA ein anderer Kontinent, zudem sehr groß mit entsprechendem Menschen-und Industriepotential. Bei beiden Mächten ist ein großes stehendes Heer nicht zwingend notwendig, es bleibt aufgrund der Begebenheit wohl Zeit zur Mobilisierung der notwendigen Kräfte. Diese Zeit haben die kontinentaleuropäischen Mächte nicht.
 
Ich stimme dir zu. Nur: So dachten man in den damaligen Amtsstuben im Zeitalter des Imperialismus nicht.
Doch, die auch. Die wären nämlich auch nicht auf die Idee gekommen Deutschland in den 1870er Jahren nicht als großmacht anerkennen zu wollen, nur weil es keine Kolonien besaß und sich Preußen anno Tuck freiwillig von diesem Spielfeld zurückgezogen und seine Stützpunkte in Westafrika an die Niederländer verkauft hatte.

Im Übrigen, wenn Kolonien über die Frag entschieden hätten, ob irgendjemand als Großmacht betrachtet wurde, dann hätten Portugal, die Niederlande, Belgien und Dänemark zum Kreis der Großmächte zählen müssen.

Offenbar war den damaligen Amtsstubeninsassen aber der Umstan, dass Dänemark in Grönland Myrriaden von Quadratkilimetern Ödland, ein paar Robben und verirrte Eisbären beherrschte allerdings nicht wichtig genug.
Übrigens dürften die überseeischen Besitzungen der Niederlande, Belgiens und Portugals als deutlich spektakulärer betrachtet worden sein, als alles, was Österreich jemals am Balkan hatte.

Warum wurde also Österreich als Großmacht anerkannt, die anderen genannten aber nicht, wenn doch Kolonien so immens bedeutend dafür waren?
 
Und weil man es nicht konnte, hatte man es in der Bosnischen Annexionskrise und in der Durazzokrise getan?
Es ist eine Sache, einem Partner nicht alle Wünsche zu erfüllen und eine andere, ihm im Krieg gegen eine größere Macht im Stich zu lassen. Selbst wenn der Partner den Krieg selbst angefangen oder provoziert hat.

ch wüsste nicht, wo ich derartiges geschrieben hätte. Ich käme schon deswegen nicht auf die Idee mir das einzubilden, weil Serbien selbst ja überhaupt keinen Adria-Zugang besaß.
Serbien hat bekanntlich im Ersten Balkankrieg 1912/13 Teile der Adriaküste, einschließlich Durazzo erobert und besetzt und musste das Gebiet maßgeblich auf Druck Österreich-Ungarns wieder räumen. Das fällt in Deinem Szenario ja weg. Auch wenn in diesem Alternativ-Szenario die Geschichte bis dahin natürlich nicht gleich verlaufen wäre, kann man wohl davon ausgehen, dass es dennoch früher oder später zu einem Konflikt der Balkanstaat mit dem Osmanischen Reich gekommen wäre, unter Umständen auch mit direkter Beteiligung Russlands und dann Serbien, möglicherweise auch mit Hilfe russischer Truppen, Teile der Adriaküste erobert und dann ganz sicher nicht mehr hergeben hätten.

Mal davon ab, dass mir noch niemand hat erklären können, warum das für Russland überhaupt interessant hätte sein sollen. Es hätte davon keinen besonderen Nutzen gehabt, sich dafür aber Ärger mit Italien eingehandelt, dass zunehmend auf eine Monopolisierung der Adria unter italienischem Einfluss hinarbeitete.
Ich verstehe die Frage nicht. Wieso sollte ein Stützpunkt am Mittelmeer für Russland nicht interessant sein? Ein eisfreier Hafen, der nicht durch eine Meerenge blockiert ist und mit dem man z. B. im Falle eines Falles den britischen Handel mit Indien hätte empfindlich treffen können? Und was Italien davon hält, war den Russen sicher egal.

Und darf ich fragen, wie du darauf kommst?
Sicher, dort wohnten Serben, Kroaten und Slowenen, die die Serben gern noch von der Herrschaft der Donaumonarchie befreit hätten.

ÄÄÄhhmmmm????? Wann genau hatte Österreich-Ungarn zuletzt Militär eingesetzt um irgendwelche Minderheiten im Land militärisch zu unterdrücken?
Das Militär diente ja gerade dazu, die Situation so unter Kontrolle zu halten, dass ein Einsatz unnötig ist.

Was genau hätte Russland mit diesen Territorien anfangen sollen?
Das demographische und wirtschaftliche und strategische Potential nutzen. Gegenfrage: Was wollten sie eigentlich mit Kasachstan, Usbekistan, Sibirien, Tschetschenien etc.? Was wollte Deutschland mit der Namib? Was wollten Frankreich, Großbritannien und Italien mit der Sahara?

Deutschland hätte hätte mit einer Österreichisch-Französischen Allianz im Gegensatz zu einer Französisch-Russischen ganz gut leben können.
Wenn Sie ein Bündnis mit Russland gehabt hätten, da sicher ja, sonst nicht.
Zumal das gleichzeitig wahrscheinlich die Beziehungen zwischen Deutschland und Italien gefestigt hätte, denn bei einer Österreichisch-Französischen Allianz, die sich immer auch gegen Italien gerichtet hätte, wäre eine engere Bindung Roms an Berlin folgerichtig gewesen.
Jo, das potentielle Bündnis mit Italien hätte dann alles geändert.
Zweifellos, aber eine um ein paar Expeditionsstreitkräfte ergänzte Österreichisch-Ungarische Armee hätte möglicherweise den Russen ganz gut paroli bieten können.
Eher nicht.
Was so ein Expeditionsstreitkraft wert sein konnte, dürften die Briten und ihr Einsatz vor und während der Marne-Schlacht bewiesen haben.
Zur richtigen Zeit am richtigen Ort kann ein Expeditionskorps einen eigentlich überlegenen Gegner eventuell mal entscheidend aufhalten. Aber im Ersten Weltkrieg zeigte sich ja rasch, dass das Expeditionskorps auf Dauer nicht reichte und Großbritannien ein richtiges Feldheer aufstellen musste.
Also mal von der Frage ab, warum es überhaupt zum Krieg zwischen Österreich und Russland hätte kommen sollen, wenn es vorher zu einem Ausgleich zwischen beiden gekommen wäre:
Weil man einen Aggressor mit so einem Ausgleich immer nur kurze Zeit ruhig stellen kann. Gilt übrigens selbst dann, wenn man selbst auch Aggressor ist.
Russland hätte doch ohne Deutsches Bündnis vor dem gleichen Problem gestanden.
Hätte es alle seine Streitkräfte nach Österreich geschickt, wäre es gegenüber Deutschland blank gewesen, dito gegen Japan im Osten. Auch das wäre mit Risiko verbunden gewesen.
Ich sehe nicht, warum das für Frankreich gefährlicher gewesen wäre, als für Russland.
Erstens hätte Russland damit rechnen können, dass Deutschland früher oder später auf der eigenen Seite in den Krieg eintritt und zweitens hätten die russischen Truppen nicht so weit weg vom eigenen Gebiet gekämpft.
 
Doch, die auch. Die wären nämlich auch nicht auf die Idee gekommen Deutschland in den 1870er Jahren nicht als großmacht anerkennen zu wollen, nur weil es keine Kolonien besaß und sich Preußen anno Tuck freiwillig von diesem Spielfeld zurückgezogen und seine Stützpunkte in Westafrika an die Niederländer verkauft hatte.

Im Übrigen, wenn Kolonien über die Frag entschieden hätten, ob irgendjemand als Großmacht betrachtet wurde, dann hätten Portugal, die Niederlande, Belgien und Dänemark zum Kreis der Großmächte zählen müssen.

Offenbar war den damaligen Amtsstubeninsassen aber der Umstan, dass Dänemark in Grönland Myrriaden von Quadratkilimetern Ödland, ein paar Robben und verirrte Eisbären beherrschte allerdings nicht wichtig genug.
Übrigens dürften die überseeischen Besitzungen der Niederlande, Belgiens und Portugals als deutlich spektakulärer betrachtet worden sein, als alles, was Österreich jemals am Balkan hatte.

Warum wurde also Österreich als Großmacht anerkannt, die anderen genannten aber nicht, wenn doch Kolonien so immens bedeutend dafür waren?
Nun ja, die dänischen Kolonien hatten sicherlich großes ein Industrie-und Menschenpotential :)
Belgien und den Niederlanden fehlte dieses trotz der Kolonien ebenso, genauso wie Portugal z.B.

Großmacht definiert sich in erster Linie über das vorhandene Menschen-und Industriepotential, dazu sollten noch Rohstoffe kommen. Auch die geografische Lage und Ausdehnung sollte gewisse Bedingungen erfüllen.
GB: Insellage, Kohle, Eisen, Zinn, Kupfer, hochindustrialisiert.
USA: Fast ein Kontinent, sämtliche Rohstoffe, hochindustrialisiert
RF: Westeuropa mit Anschluß an die Weltmeere, Kohle Eisen, hochindustrialisiert
JAP:: Insellage ohne direkte Gegner, Kohle, Kupfer, etwas Eisen , hochindustrialisiert
DR: Zentrale Lage in Mitteleuropa, Kohle, Eisen, Zink, Blei, hochindustrialisiert
KuK Zentrale Lage in Mitteleuropa , Kohle, Eisen, teilweise hochindustrialisiert
RUS: Riesige Ausdehnung über zwei Kontinente, sämtliche Rohstoffe, aber eher schwächer industrialisiert

Bei USA, GB, JAP und RUS fallen die geografischen Gegebenheit relevant ins Gewicht.

Staaten wie China, das Osmanische Reich, sowie auch Italien fehlt einfach das Industriepotential um den Anspruch als Großmacht zu bestätigen.
Anderen Staaten wie den Niederlanden und Belgien fehlt zudem auch noch das Menschenpotential.

Große, reiche Kolonialgebiete sind durchaus von Vorteil, solange die Verbindung zu ihnen gesichert werden kann.
 
Shin, Du darfst aber bei GB und USA die geographischen Verhältnisse nicht übersehen. Statt Landmacht bei GB Seemacht, bei der Insellage nur logisch, bei den USA ein anderer Kontinent, zudem sehr groß mit entsprechendem Menschen-und Industriepotential. Bei beiden Mächten ist ein großes stehendes Heer nicht zwingend notwendig, es bleibt aufgrund der Begebenheit wohl Zeit zur Mobilisierung der notwendigen Kräfte. Diese Zeit haben die kontinentaleuropäischen Mächte nicht.
Ich übersehe das nicht.
Ich komme nur nicht umhin, zu bemerken, dass die Kriterien warum eine Macht als Großmacht angesehen würde, von Fall zu Fall offensichtlich sehr verschieden waren.

Bei den Briten, waren es die Flotte und die überseeischen Kolonien. Bei den Amerikanern war es vorwiegend die Wirtschaft, gar nicht so sehr das Militärische, denn das war kaum vorhanden. Bei Deutschland war es in den 1870er Jahren vor allem die Armee.
Bei Russland war es die Armee und der ausgedehnte Landbesitz und Einfluss in Nachbarregionen, bei Frankreich eine Mischung von allem.

Aber jeder dieser Mächte fehlte etwas:

- Die Briten hatten kein adäquates Landheer und waren in jedem innereuropäischen Konflikt deswegen auf einen Festlandverbündeten angewiesen, konten in innereuropäischen Kriesen und Kriegen also nicht eigenständig als partei aggieren, sondern waren dazu nur außerhalb Europas fähig.

Wenn der Umstand in Europäischen Auseinandersetzungen in der Regel eher Juniorpartner zu sein einen Kandidaten als Großmacht disqualifizierte, dieses Defizit teilte die Donaumonarchie mit dem Vereinigten Königreich.

Den Umstand militärisch einem oder mehrere größeren Nachbarn unterlegen zu sein, teilte es mit Frankreich.

- Den Amerikanern fehlten (in noch größerem Maße als denn Briten) überhaupt die Landstreitkräfte um außerhalb der Staaten im größeren Maße über punktuelle Interventionen hinaus aggieren zu können.

- Russland hatte Militär und Einfluss, aber keine wirtschaftliche Macht und nach dem Verkauf von Alaska auch keine überseeinsiichenn Besitzungen.
Natürlich lässt sich der asiatische Annhang Russland als eine Art nicht überseeischer Kolonie verstehen, dass trifft aber auch auf Teile des Österreichischen Balkans, vor allem Bosnien-Herzegowina zu, dass nie voll in die Donaumonarchie integriert wurde und immer einen kuriosen Sonderstatus behielt.

- Deutschland fehlten in den 1870er Jahren die Spielfelder außerhalb der eigenen Grenzen.

- Frankreich im Zeitablauf zunehmend die Fähigkeit seine eigenen Grennzen eigenständig gegenüber dem stärker werdenden deutschen Nachbarn zu sichern.



Ich sehe um ehrlich zu sein nicht das Set an Qualitäten, dass eine Großmacht definiert hätte.

Österreich-Ungarn war territorial in Europa größer als alle anderen Großmachtarkteure, außer Russsland. Es hatte in Europa mehr Einwohner als Großbritannien und Frankreich. Es hatte leistungsfähigere Landstreitkräfte als Großbritannien und die USA.

Bei so ziemlich allen für die Politik tatsächlich beeinflusssaren Indikatioren lag Österreich-Ungarn irgendwo bei den Top 5-6 in der Welt (außer beim Thema Kolonien) und war prinzipiell, was die messbaren Indikatoren angeht deutlich stärker aufgestellt, als die selbsternannnten Großmachtskandidaten Italien und Japan.

Österreich-Ungarns tatsächliches Defizit, dass seine Handlungsfähigkeit einschränkte, war seine geographisch Lage und der Umstand an gleich zwei noch stärkere Mächte zu Grenzen.
Das tat natürlich weh, allerdings wäre diesem Defizit mit Kolonien oder abhägigen Vasallenstaaten auf dem Balkan nicht abzuhelfen gewesen.



Ein Rückzug vom Balkan hätte btw. ja auch nicht bedeuten müssen, dass Österreich-Ungarn dauerhaft ohne auswärtigen Spielplatz geblieben wäre.
Es hätte natürlich mit Russland ein Abkommen treffen können, im Fall einer Aufteilung des Osmanischen Reiches den russischen Anspruch auf die Meerengen zu unterstützen, unter der Bedingug, dass man selbst auch irgendwo mit einem Teil der Konkursmasse bedacht würde.
Dito hätte es versuchen können, den kleineren Kolonialmächten, die das wirtschaftlich zum Teil überforderte (Portugal, Belgien, Niederlande) einen Teil von deren Kolonialreich abzukaufen um dann dort einen neuen Spielplatz zu haben.

Möglicherweise wären auch die größeren Mächte irgendwann bereit gewesen sich jedenfalls von den unrentablen Teilen ihrer Imperien zu trennen.
 
Worauf möchtest du mit deinen Wortklaubereien und Theoretisieren hinaus?

Tja, wenn das so ist, werden wir wohl die Streichung des britischen Empire und der USA aus der Liste der Großmächte beantragen müssen.

Das meinst du sicher nicht ernsthaft.

m Übrigen, wenn Kolonien über die Frag entschieden hätten, ob irgendjemand als Großmacht betrachtet wurde, dann hätten Portugal, die Niederlande, Belgien und Dänemark zum Kreis der Großmächte zählen müssen.

Du möchtest nicht verstehen oder? Wenn das hier ins Lächerliche geführt wird, dann kannst dich mit deiner Parkuhr weiter unterhalten.:mad:

Niederlande, Portugal, Dänemark ernsthaft jetzt? Völlig unstrittig hatten diese Nationen ihre großen Zeiten als Großmächte hinter sich gelassen. Aber das ist ja wohl nicht das Thema. Kolonien waren im Zeitalter des Imperialismus ein Aspekt von mehreren.

Es ging ja wohl auch so ganz nebenbei um Macht und Einfluss in wirtschaftlichen, militärischen und politischen Angelegenheiten und Fragestellungen.
 
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