Doooch, das ist richtig. Vom Simplicissimus wurden, lange, lange vor dem I. Weltkrieg verschiedene Ausgaben beschlagnahmt. Einfach so, durch Behördenbeschluss.
Die Beschlagnahmung von Printmedien muss durchaus nichts mit Zensur zu tun haben.
Wenn diese Medien rechtswidrige Inhalte publizierten und das konnte von Beleidigungen, über Billigung von Verbrechen, Verrat von Staatsgeheimnissen, Sittlichkeitsdeklite oder Schüren von Aufruhr reichen, war eine Beschlagnahmung der entsprechenden Nummer einer Zeitung oder Zeitschrift durchaus möglich, ohne dass das unter eine wie auch immer geartete Zensurgesetzgebung fiel.
Wäre sie übrigens unter Umständen auch heute noch.
Der Simplicissimus war eine satirierische Zeitschrift, die sich natürlich durch manche Karrikatur sicherlich im Graubereich bewegte, was Schmähkritik und etwaige Beleidigungen angeht.
Natürlich bestand in gewissem Rahmen die Möglichkeit satirische oder unangenehme Zeitschriften dadurch zu schikanieren sie mit Beleidigungsklagen etc. zu überziehen.
Und dann spielte unter Umständen durchaus die politische Meinung der Richter eine Rolle dahingehend, was einkassiert werden konnte und was nicht, so dass es durchaus gewisse Möglichkeiten gab das Spektrum des Publizierbaren zu beeinflussen.
Aber das war keine deutsche Spezialität, das gab es auch anderswo, durchaus auch in Westeuropa.
Sogar wegen "Majestätsbeleidigung" musste sich Langen mal verantworten, was zur Folge hatte, dass er für Jahre in Frankreich und der Schweiz im Exil leben musste. Der nette König von Sachsen hat Albert Langen dann irgendwann begnadigt. Gegen eine Geldauflage von 30.000(!!!) Mark. Das nenne ich doch mal echt liberal.
Naja, Majestätsbeleidigung war nunmal ein Straftatbestand.
War es übrigens selbstverständlich auch in allen anderen Monarchien Europas.
Der Deal der Einstellung von niedrigschwelligen Strafverfahren, gegen Geldauflagen, die sich in ihrer Höhe durchaus an Vermögen und Einkommen der zu belangenden Personen orientieren, ist doch nichts, was uns aus unserer Realität gänzlich unbekannt ist?
Wie oft ließt du in den Medien heute irgendwas von Promis, deren Verfahren wegen irgendwelcher Bagatellen/niedrigschwelligen Vergehen gegen entsprechende Auflagen eingestellt werden?
Gegenfangfrage: Wäre der Mörder freigesprochen worden, wenn Jaurès kein Sozialist gewesen wäre?
Weiß ich nicht, weil ich natürlich nicht weiß, wer in der Jury saß und wie die Leute so tickten.
Nur wenn 11 von 12 Jury-Mitgliedern einen Mörder, der am hellichten Tag, mitten in Paris einen landesweit bekannten Politiker in aller Öffentlichkeit erschoss und an dessen Schuld kein Zweifel war, weil es wirklich genug Zeugen dafür gab, freisprachen, dann spricht das für mich durchaus dafür, dass es in Frankreich durchaus einige Leute gab, die diesen Mord für völlig in Ordnung hielten und die dementsprechend Jaurès wahrscheinlich eher für einen Verräter als für einen Patrioten hielten.
Ich würde sagen, da werden gewisse Neigungen zum Exremismus und gewisse Parallelen zu der auf dem rechten Auge sehr blinden Justiz in der Weimarer Republik sichtbar.
Aber nochmal - ich rede nicht von militaristischen Militärs, das ist im Deutschland vor 1914 der Normalzustand, ebenso wie in vielen anderen Ländern. Ich spreche von einer Zivilgesellschaft, die von militärischem Gedankengut druchdrungen war und das war in Deutschland nun einmal auf besondere Weise ausgeprägt.
Bin ich nicht von Überzeugt.
Ich kenne auch keine Studien, die das untermauern würden.
Der Hang zum Militärischen war in Deutschland sehr stark wahrnehmbar, weil eben Uniformmen überall präsent waren. Allerdings nur weil jemand eine Uniform trägt, fängt er nicht automatisch an militaristisch zu denken.
Ich zumindest kann es mir nicht anders erklären, dass sich, noch vor Kriegsbeginn!, ein von Moltke wenig bis gar nicht um das scheren musste, was Regierung oder Reichstag taten oder sagten.
Da sind wir bei der angesprochenen mangelnden Kontolle der zivilen Politik über das Militär.
Moltke musste sich nicht darum scheren, weil im politischen System Deutschlands eben nicht ein Regierungschef oder das Parlament trägr der obersten Befehlsgewalt über die Armee war, sondern der Kaiser und KW II. verstand von militärischen Dingen wenig genug, dass er in diesen Dingen recht einfach zu bearbeiten war.
Das wäre In Frankreich, wo die Amree der politischen Kotrolle durch die gwählte und dem Parlament verantwortliche Regierung unterstand nicht möglich gewesen, deswegen konnte die französische Regierung Joffre auch zurückpfeifen, als der genau wie auf der anderen Seite Motlke die "tolle" Idee hatte eine Verletzung der belgischen Neutralität in seine Kriegspläne mit einzubeziehen.
Allerdings, dass das Militär dem Monarchen als Oberkommandierendem Unterstand und dass Regierung und Parlament keine Weisungsbefugnis in militärischen Dingen oder den militärischen Stellen gegenübr hatte, das war in Russland und Östrreich-Ungarn ganz genau so.
Das meine Ich damit, dass man, wenn man vergleiche ziehen möchte, durchaus auch nach Osten schauen sollte.
Dann stellt man nämlich sehr schnell fest, das viele in der populären Rezeption als solche benannte deutsche Eigenheiten in den militärischen Strukturen so deutsch nicht waren sondern sich auch bei einigen der anderen monarchisch verfassten Staaten fanden.
Der Spruch, dass sich die preußische Armee einen Staat hielt, kam nicht von ungefähr, sondern traf in weiten Teilen zu. Wo simmer denn, wenn sich die Armee jeder Kontrolle entzieht?
Der Spruch war auf die Zeit des "Soldatenkönigs" und auf die Friedrich II. gemünzt.
Zu dieser Zeit hatte Preußen eine gemessen an seiner Gesamtbevölkerung absurd große Armee und der Oberkommandierende dieser Armee war gleichzeitig Monarch und zwar kein konstitutioneller, an eine Verfassung gebundener, sondern absolutistischer Monarch.
Das allerdings hat mit den Verhältnissen in der Wilhelminischen Zeit nicht mehr viel zu tun.
Deutschland gab pro Kopf weniger für das Militär aus und rekututierte im Verhältniss zur Gesamtbevölkerung weniger Soldaten als etwa der französische Nachbar.
Und auch wenn der Kaiser nominell noch Oberbefehlshaber war, war das mehr eine zeremonielle Rolle, das eigentliche, faktische Oberkommando lag beim preußischen Generalstabschef.
Der hatte allerdings in zivilen Fragen kein Mitspracherecht und erst keines, dass mit der Machtfüll des "Alten Fritz" vergleichbar wäre.
Wo simmer denn, wenn sich die Armee jeder Kontrolle entzieht?
Was die Zeit der Weltkriege betrifft?
In Deutschland, Österreich-Ungarn, Russland, dem Osmanischen Reich, Japan, Griechenland, Ungarn, Rumänien, Polen, Spanien möglicherweise Serbien...........
Es gab da durchaus einige Staaten, bei denen im Laufe der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Kontrolle der zivilen Politik über das Militär doch sehr zu wünschen übrig ließ und wo sich mindestens Teile des Militärs auch schonmal selbstständig machten.
In Ostasien führten etwa die Eigenmächtigkeiten der Kwangtung-Armee in Korea und der Mandschurei zu einem veritableen Waffengang Japans mit China, in Spanien traten in den 1930er Jahren Teile des Militärs den Bürgerkrieg los um nur die extremsten Beispiele zu nennen.