Weshalb wird St Petersburg Haupstadt?

Ich glaube auch kaum, das solches von der Ostsee aus möglich war, abgeschlossen (Dänemark am Ausgang) und im Winter eisgefährdet bzw. zugefroren.

Mit einer kleinen, aber nicht unerheblichen Einschränkung: das militärische Fussfassen der Russen in NordD hätte bei dauerhafter Besatzung, etwa von Wismar, den Russen in wirtschaftlicher Hinsicht das Tor zum Welthandel eröffnet. Es wäre also gar eine Verbindung zwischen Nord und Ostsee möglich gewesen - im baltischen Raum war die russischer Vorherrschaft unzweifelhaft gegeben.
 
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Man sollte nicht die Abhängigkeit der Seemacht England von Russland aus dem Aigen verlieren. Die Briten bekamen von Russland einiges an Material für ihren Schiffbau, besonders natürlich zur Zeit der napoleonischen Kriege und der Kontinentalsperre.

Hm, interessant. Gilt das auch für das frühe 18 Jahrhundert?
 
Man sollte nicht die Abhängigkeit der Seemacht England von Russland aus dem Aigen verlieren. Die Briten bekamen von Russland einiges an Material für ihren Schiffbau, besonders natürlich zur Zeit der napoleonischen Kriege und der Kontinentalsperre.
Hm, besser wäre der Vergleich der Allianz Schwedens mit Frankreich und zeitgenössischer. Ab dem 30-jährigen Krieg wurde dies zu einer Konstante in der europäischen Politik. Der Nordische Krieg ist nicht ganz getrennt vom Spanischen Erbfolgekrieg zu betrachten. Im Span. Erbf.krieg standen sich eine Allianz aus England, den Niederlanden und dem Kaiser einer Gruppierung Frankreichs mit Bayern und Kurköln gegenüber. Währenddessen kämpfte Frankreichs alter Verbündeter Schweden gegen eine zahlenmäßig übermächtige Allianz aus Sachsen-Polen, Dänemark und Russland. Anknüpfungspunkte beider Konflikte findet man sowohl in der traditionellen Verbindung Schwedens zu Frankreich, wie auch der sächsischen Orientierung nach Wien. Wenn man dann das englisch-kaiserliche Bündnis vor dem Hintergrund sieht, dann ergibt sich am ehesten ein gemeinsames englisches wie russisches Interesse.


Allerdings sollte man die Niederlande und Spanien nicht überschätzen. Spanien wurde schon zum Ende des 30-jährigen Krieges zusehends ohnmächtiger und schied dann in der ersten Hälfte des 18.Jh. deutlich aus dem europäischen Konzert der Großmächte aus, genauso wie die Niederlande, wenngleich sie sich noch in der zweiten Hälfte des 17. Jh. zur See mehrfach gegen das erstarkende England behaupten konnten, fehlten doch zusehends die Ressourcen und vor allem die Möglichkeiten, welche nur durch starke Landstreitkräfte gegeben waren, wenn man so zentral in Europa geographisch lag. Mehr als die Streitkräfte hatten die Deiche die Truppen Louis XIV. zurück getrieben. (vielleicht sollt man den ehrgeizigen Bombenbernd von Münster auch nicht vergessen.;)) Die wirtschaftliche Macht und der Reichtum spielte zusehends weniger eine Bedeutung, wenngleich die niederländische Schwäche erst im späten 18.Jh. voll zum Tragen kam. Ebenso wie Venedig und Genua hatten sich die kleinen Republiken aber schwerlich im Zeitalter des Absolutismus zurecht gefunden und behaupteten sich eher durch Anlehnung an die Mächtigen. (Wie die Allianz der Niederlande dann mit dem Kaiser und England.)
 
Hm, interessant. Gilt das auch für das frühe 18 Jahrhundert?

So schwach war Spanien als Seemacht zu der Zeit (noch) nicht, wenn auch gegen die verbündeten Flotten chancenlos:
http://de.wikipedia.org/wiki/Krieg_der_Quadrupelallianz
Seeschlacht Capo Pássero, die Englands Linienschiffe im Mittelmeer 1718 ausgefochten haben.

Die russische Flotte in der Ostsee 1714:
http://de.wikipedia.org/wiki/Seeschlacht_von_Hanko
mit einem großen Sieg über Schweden, nachdem deren Flotte den Nachschub des russischen Heeres über See blockiert hatte.
 
So schwach war Spanien als Seemacht zu der Zeit (noch) nicht, wenn auch gegen die verbündeten Flotten chancenlos
Das nicht, aber die spanische Politik erging sich in Selbstüberschätzung, wenngleich vor allem die Flotte noch nicht so überaltert war, wie dann in der zweiten Jahrhunderthälfte. Die Situation Frankreichs bei den Konflikten des Kriegs der Quadrupelallianz und auch des Englisch-Spanischen Krieges ab 1727 war ja schwierig. Auf der einen Seite, hatte das franz. Königshaus Philipp V. selbst in königl. Würde gehoben, auf der anderen Seite standen sich Frankreichs und Spanien Interessen weiterhin kritisch gegenüber.
 
Mit einer kleinen, aber nicht unerheblichen Einschränkung: das militärische Fussfassen der Russen in NordD hätte bei dauerhafter Besatzung, etwa von Wismar, den Russen in wirtschaftlicher Hinsicht das Tor zum Welthandel eröffnet. Es wäre also gar eine Verbindung zwischen Nord und Ostsee möglich gewesen - im baltischen Raum war die russischer Vorherrschaft unzweifelhaft gegeben.

Irgendwie wird am Thema vorbeidiskutiert.
Der Große Nordische Krieg und sein Verlauf, hier also (Vor-) Pommern, hat nichts mit einer rein russischen Angelegenheit gegen Schweden zu tun.
Der folgende Link schildert diesen Krieg nur aus Sicht Schleswig-Holsteins.
Großer Nordischer Krieg
Russland stand in Allianz mit Sachsen-Polen und Dänemark.

Nach Beendigung des Krieges hatte Russland (als einer der Sieger) keinesfalls Raumgewinne in der mittleren oder westlichen Ostseeküste. Nur Estland und Livland wurden russisch, wenn man die Newamündung bereits als russisch am Anfang des Krieges bezeichnen dürfte.
Die Spekulation, dass es anders gekommen wäre, wenn die Russen in (Vor-) Pommern sich festgesetzt hätten, ist völlig daneben. Es war ein Allianzkrieg der Ostseeanrainerstaaten gegen Schwedens Vorherrschaft in der Ostsee. Die wurde gebrochen und Teile des "kontinentalen" Schwedens unter den Allierten aufgeteilt.
(GES,S) Neubauer: Die Entstehung der russischen Großmacht, Peter der Große und der nordische Krieg, Der nordische Krieg 1700-1721
 
War auch etwas erstaunt, übrigens auch, als ich las, dass Zar Peter in der Schlacht vom Pruth 1711 vernichtend von den Türken geschlagen wurde.

In der Folge der Schlacht von Pruth verlor Peter I. die in seinem allerersten Krieg überhaupt, gegen die Türken im Jahre 1699, eroberte Festung Asow an der Mündung des Don wieder an die Türken. Damit war der Zugang zumindest zum Asowschen Meer über den Don für die Schiffe die auf seiner Schiffswerft in Woronesh am mittleren Don gebaut wurden, die er selbst gegründet hat, auf längere Zeit verloren. Erst 1739 fiel die Festung (nach dem Frieden von Belgrad) an die Russen - 1774 endgültig unter Katharina II. bestätigt.

Und somit auch die Chance Zugang zum Schwarzen Meer zu bekommen.

Die Engländer haben im Nordischen Krieg insofern eine Rolle gespielt, dass sie den Status Quo eher erhalten wollten und zu Beginn des Konflikts sorgte ihre Unterstützung für die Schweden zum vorübergehenden Ausscheidens Dänemarks aus der Koalition der Schwedengegner (Friede von Traventhal).
 
Irgendwie wird am Thema vorbeidiskutiert.
Der Große Nordische Krieg und sein Verlauf, hier also (Vor-) Pommern, hat nichts mit einer rein russischen Angelegenheit gegen Schweden zu tun.

Nach Beendigung des Krieges hatte Russland (als einer der Sieger) keinesfalls Raumgewinne in der mittleren oder westlichen Ostseeküste. Nur Estland und Livland wurden russisch, wenn man die Newamündung bereits als russisch am Anfang des Krieges bezeichnen dürfte.
"Nur" ist gut.
Polen flog damit aus der Rolle einer osteuropäischen Führungsmacht, obwohl es auf der Seite der Sieger stand. Polen war früher der machtpolitische Konkurrent gewesen, ab dem 2. Viertel des 18.Jh. wurde es von Russland abhängig. (August III. wurde von russischen Mitteln u.a. auf den Thron in Warschau gehievt.)
Hatte sich Polen trotz der Verwüstungen der Konflikte die zeitgeleich zum 30-jährigen Krieg das Land heimsuchten gehalten und hatte ein Johann Sobieski das Königreich in die Heilige Allianz gegen die Türkengefahr gelenkt, als Wienbefreier gestrahlt. So hatte der letztere Waffengang keine territorialen Vorteile gebracht. August II. hatte vor der polnischen Versammlung die territoriale Restaurierung und Arrondierung Polens gelobt. Allerdings schlugen sich des starken Augusts militärische Misserfolge auch im Frieden nieder, welcher den Nordischen Krieg beendete. Damit waren auch Augusts Pläne zu einer Reformierung und Modernisierung Polens, in dessen Zuge es in einen Absolutismus überführt worden wäre, gescheitert. Ursächlich kam dies aus dem Nordischen Krieg u.a., wobei Polen trotz großer Anstrengung keinerlei Erfolge verbuchen konnte (von den diplomatischen Erfolgen abgesehen). Auch Dänemark war ähnlich erfolglos gewesen im Ringen gegen Schweden und kam aber beim Frieden noch recht gut weg, während einzig Preußen und Russland ihre Stellungen in dem Raum mit erheblichen Zugewinnen weiter ausbauen konnten.
Ohne den Sieg gegen Schweden in dem Krieg, der von Anfang an numerisch ungünstig für Schweden war, hätte Russland nie diese bestimmende Rolle eingenommen, welche dann in der Dreiteilung und endgültigen Ausschaltung Polens gipfelte.
 
Polen flog damit aus der Rolle einer osteuropäischen Führungsmacht, obwohl es auf der Seite der Sieger stand. Polen war früher der machtpolitische Konkurrent gewesen, ab dem 2. Viertel des 18.Jh. wurde es von Russland abhängig. (August III. wurde von russischen Mitteln u.a. auf den Thron in Warschau gehievt.)

Polen existierte rechtlich in dieser Zeit nur als sächsisches Anhängsel, da August der Starke, König von Sachsen auch König von Polen war. Somit regierte Sachsen Polen.
Sein Sohn, August III., wurde von den Russen protegiert. Das ist richtig, aber untermauert die Einschätzung, dass Polen auch nach August dem Starken durch die innere Zerstrittenheit des polnischen Adels restlos machtunfähig war.
Später 1772 kam es durch den verheerenden polnischen Bürgerkrieg (Protestanten gegen Katholiken) zur ersten großen Teilung Polens durch Preussen, Österreich und Russland.
 
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Polen existierte rechtlich in dieser Zeit nur als sächsisches Anhängsel, da August der Starke, König von Sachsen auch König von Polen war. Somit regierte Sachsen Polen.
Das hätte August II. so gefallen, wenn es so ausgeschaut hätte. Aber eine Personalunion ebenso wie eine Vereinigung der beiden Höfe wurde vom polnischen Adel vereitelt. Dieser achtete mit Argusaugen darauf, dass Sachsen und Polen nicht vereinigt wurden. So wurde August II. gezwungen, seine Truppen aus Polen zurück zu ziehen, mit denen er Druck auf die polnischen Verhältnisse ausüben wollte. Prinzipiell waren die Rechte eines polnischen Königs sehr eingeschränkt, daher würde ich nicht von einer Beherrschung Polens durch Sachsen sprechen. Gibt es Historiker, welche dies behaupten?:confused:

Wenn Polen sächsisch gewesen wäre, hätten August II. u. August III. auch die poln. Ressourcen ausschöpfen können, dann wäre sicherlich August III. an der Spitze polnischer Streitkräfte 1757 nach Dresden zurück gekehrt...
 
Vielleicht sollte man die Ausgangsfrage, warum Peter I. Sankt Petersburg zur Hauptstadt machte, nicht aus den Augen verlieren. Vielleicht wäre Petersburg niemals entstanden, wenn die Russen Riga zehn Jahre früher erobert hätten. Peter hätte damit über einen eisfreien Hafen und zugleich eine kosmopolitische europäische Metropole verfügt. Die hätte sich auch unter weit weniger großen Verlusten an Menschenleben entwickeln können. Daß Peter 1703 in einem, gelinde gesagt, verkehrsmäßig ungünstigen Landstrich, der im übrigen noch nominell zum damals militärisch noch weit überlegenen Schweden gehörte, war eigentlich ganz schön vermessen. Es gab praktisch kein Hinterland, das diese Siedlung versorgen konnte, Lebensmittel mußten umständlich und zu überhöhten Preisen nach Petersburg befördert werden. Die russischen Adeligen, die ihre Datschen in der freundlichen Umgebung Moskaus besaßen, waren entsetzt, als Peter sie zwang, in seine neue Metropole überzusiedeln. Zehntausende von Leibeigenen kamen an Seuchen oder bei Bauunfällen um, Tausende flohen in die Wildnis. Es gab viele Leute, die prophezeiten, daß die Stadt ihren Gründer nicht lange überleben werde. Nur Wenige, wie zum Beispiel Menschikow, glaubten, daß einmal Reisende her kommen würden. Petersburg war durchaus Peters ganz eigenes Projekt, und er hat sich in der ungezwungenen "Gründerjahreatmosphäre" sehr wohlgefühlt. Ich denke, daß bei der Gründung Peters starke Abneigung gegen Moskau und den Altmoskowiter Lebensstil eine starke Rolle gespielt hat. Verkehrstechnisch stand Petersburg noch stark im Schatten Rigas, doch Peter versuchte dem abzuhelfen, indem er Prämien an Kapitäne zahlte, wenn sie Petersburg anliefen. Die Kauffahrer empfing der Zar dann häufig höchstpersönlich.
 
Ich denke, daß bei der Gründung Peters starke Abneigung gegen Moskau und den Altmoskowiter Lebensstil eine starke Rolle gespielt hat.
Das halte ich auch für ganz entscheidend. Die Stadt wurde gebaut, da Peter es wünschte, das war im Zeitalter des Absolutimus ein ganz wichtiger Aspekt und eigentlich die Darstellung der Herrschaftsauffassung. Dass das Gebiet, wo gebaut wurde ungünstig dafür war, das scheint dem Herrscher gleichgültig gewesen zu sein. Im Gegenteil, durch den Aufwand gewann das Projekt doch noch mehr an Prestige.

Zum Rückgang der Getreidelieferungen aus Osteuropa, aber auch der Blüte Rigas:
"Nicht anders sah es in den übrigen Ostseehäfen mit großer Vergangenheit aus. Danzig, im "langen 16.Jahrhundert" östlicher Eckstein der kommerziellen Revolution, sollte bis 1700 zwei Drittel [!] seines Seehandels einbüßen, weil Getreide im Westen kaum noch gefragt war... Weit bedeutender war da der Handelsboom den Riga erlebte, die seit alters etablierte Hafenstadt an der Düna. Im ersten Jahrzehnt des 17.Jahrhunderts durchfuhren 79 Schiffe aus Riga den Sund westwärts... an seinem Ende 259."
Aus: "Höfe und Allianzen" von Heinz Schilling - Siedler Deutsche Geschichte - 1998
Insgesamt sank die Zahl der Sundpassagen von ca. 2400 (1611-1620) auf ca. 1800 im letzten Jahrzehnt des 17.Jh.. Während Königsberg und Danzig davon negativ betroffen waren, gewannen allerdings Narwa und Riga wirtschaftlich hinzu, allerdings muss man sich vergegenwärtigen, dass aus Danzig bspw. um 1600 ca. 1000 Schiff innerhalb der ersten Dekade des 17.Jh. den Sund durchquerten, während es in der letzten nur noch ca. 300 waren. D.h. trotz eines Aufschwungs in Riga und Narwa, ging dieser allerdings auch nur von sehr geringen Grundwerten aus. Dieser Aufschwung verdeutlicht allerdings die ökonomischen Vorteile aus der Errichtung von St. Petersburg in diesem Gebiet.
 
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Vielleicht wäre Petersburg niemals entstanden, wenn die Russen Riga zehn Jahre früher erobert hätten.
Eine interessante Überlegung.
Wobei ich mal vermute, daß in diesen 10 Jahren in Petersburg noch lange nicht so viel gebaut worden ist, daß es auch nur annähernd mit Riga hätte konkurrieren können.
Was darauf schließen ließe, daß es Peter auch sehr auf die Neugründung als eigenständiges Ziel ankam.

Im übrigen war Riga zwar deutlich besser für den Handel über die Ostsee gelegen, aber es fehlten die guten Flußverbindungen ins eigentliche Rußland.

Peter war zwar bereit, Moskau aufzugeben und das Zentrum an die Peripherie zu verlegen.
Aber auf enge Beziehungen zum russischen Kernbereich mußte er wohl trotzdem noch achten.
 
Peter war zwar bereit, Moskau aufzugeben und das Zentrum an die Peripherie zu verlegen.
Aber auf enge Beziehungen zum russischen Kernbereich mußte er wohl trotzdem noch achten.
Das denke ich auch. Er wollte ja Russland reformieren und nicht parallel zu Russland ein Zentrum schaffen, das eben mit dem alten Russland nicht verbunden war. Schon St. Petersburg war gewagt, denn der traditionellen Bedeutung Moskaus blieb man sich im ganzen 18.Jh. bewusst.
 
Frage Numer 1075..

Weiß jemand vernünftige Karten für der Nordosteuropäischen Raum zu Zeiten des dritten Nordischen Krieges? Die, die ich im Netz fand, eignen sich nicht so zum Ausdrucken. :(
 
Noch mal zur Frage der englischen Seemacht. England war bereits zur Zeit von Peters Großer Gesandtschaft die aufstrebende Seemacht, mochten die Generalstaaten auch noch die größte Handelsflotte besitzen. Als Handelsstandort hatte damals London bereits mächtig zu Amsterdam aufgeholt, und die modernsten Schiffe wurden damals schon nicht mehr in Zandam, sondern in England gebaut. Das war ja auch der Grund, weshalb Peter nach England ging, abgesehen davon hätte er natürlich auch gerne Wilhelm von Oranien, den er bewunderte, als Bundesgenossen gegen die Türken gewonnen.

Der Plan, England als erste Seemacht abzulösen, war natürlich für eine Kontinentalmacht, die nicht die geringste maritime Tradition, nicht einmal Hochseehäfen besaß, und die um Jahrzehnte, vielleicht um Jahrhunderte zum Westen zurücklag, völlig illusorisch und Peter war ein kluger Realpolitiker. Spätestens mit dem Frieden von Utrecht 1713 ist Englands Dominanz zur See deutlich spürbar, die Niederlande folgten im Wesentlichen der Politik Großbritanniens, Spaniens Flotte mochte noch beeindruckend sein, als Faktor in der europäischen Politik war Spanien allerdings längst ins zweite, wenn nicht dritte Glied zurückgefallen. Das sieht man ja u. a. auch daran, daß der Assientohandel seit Utrecht von englischen Kauffahrern übernommen wurde. Frankreichs Flotte war sicher nicht zu unterschätzen, doch ernsthafte Niederlagen hatte die "Grand Fleet" eigentlich nur gegen die Holländer zu verzeichnen.
 
So schwach war Spanien als Seemacht zu der Zeit (noch) nicht, wenn auch gegen die verbündeten Flotten chancenlos:
Krieg der Quadrupelallianz - Wikipedia
Seeschlacht Capo Pássero, die Englands Linienschiffe im Mittelmeer 1718 ausgefochten haben.

Die russische Flotte in der Ostsee 1714:
Seeschlacht von Hanko - Wikipedia
mit einem großen Sieg über Schweden, nachdem deren Flotte den Nachschub des russischen Heeres über See blockiert hatte.


Ich finde hochinteressant, daß Galeeren bei Peters Marineexpeditionen eine wichtige Rolle spielten und damit bewiesen, daß sie auch fast 150 Jahre nach der großen Galeerenschlacht von Lepanto noch ihren Bau rechtfertigen konnten. Peter bewies übrigens als Seestratege einiges Talent. Wegen des Galeerenbaus wollte er ja eigentlich noch bei seiner Gesandschaft Venedig besichtigen, doch kam ihm leider der Aufstand der Strelitzen dazwischen. Galeeren waren viel schneller und billiger herzustellen. Man konnte billiges Kiefern- statt teurem Eichen- oder Tannenholz verwenden. Es waren nur wenige erfahrene Seeleute nötig, dazu konnte man Soldaten als Marineinfanteristen verwenden. In den letzten Jahren des Nordischen Krieges statteten russische Galeeren dann immer wieder dem schwedischen Festland einen Besuch ab, um Schweden verhandlungsbereiter zu machen. Gegen die rein numerische Überlegenheit Dutzender kleiner Galeeren waren die schwedischen Schiffe machtlos, wenn natürlich auch manche Galeere- und manche Besatzung zusammengeschossen wurde.

Segeln machte Peter wirklich großen Spaß, und man muß sagen, daß er das Seemannshandwerk wirklich von der Pike auf gelernt hat. Mit seiner Liebe zum Meer stand er allerdings in Petersburg ziemlich allein. Um seine Untertanen zum segeln zu bringen, ließ er absichtlich keine Brücke bauen, um die Petersburger zu zwingen, mit Segelbooten umgehen zu lernen. Erst als der Leibarzt des Zaren dabei ertrank, ließ er sich überzeugen, doch eine Brücke zu bauen.
 
Tekker: Strategisch war Rußland seit dem großen Peter doch am Erwerb von Küstenzugängen und Häfen an "warmen Meeren" interessiert. Insofern ist das oben gesagte schon stimmig.

Silesia:Strategische Überlegungen - maritime Überlegungen - Handelswege - alles sicher richtig und nachvollziehbar.

Josephine: Peter der Große wollte immer ein Fenster zur Ostsee haben, er sah darin die Zukunft Rußlands. Diesen Zugang hat er sich auch hart erkämpft.


Strategische Überlegungen bei Peter der Grosse zu suchen, das geht zu weit, meiner Meinung nach.
Nicht alle werden mit mir einverstanden sein, aber das ist die bittere Wahrheit. Der Große Peter regierte Russland wie ein altes verdorbenes Kind – launisch, grausam, tyrannisch, unbegrenzt, gnadenlos manchmal sogar hirnrissig und gleichzeitig, genau wie bei den Kindern, wurde diese Grausamkeit und Gnadenlosigkeit ihm nicht bewusst. Er fühlte keine Schuld, keine Reue. Für ihn war das ganz normal. Das Kind wollte spielen!

Zuerst spielte er mit Schiffen, aber nicht mit Spielzeugen, sondern echte Schiffe, speziell für ihn gebaut. Nach dem er Westeuropa besucht, wollte plötzlich das Kind – Zar einen eigenen echten Hafen haben, mit Schiffwerfen und Seemännern, ect. Russland brauchte das eigentlich nicht. Na und? Das hatte überhaupt keine Bedeutung. Das Kind wollte spielen. Dieses Kind wie gesagt spielte aber nicht mit Spielzeugen sondern mit Menschenleben. Wie schon Scorpio für Peterburg erwähnt hat:
Es gab praktisch kein Hinterland, das diese Siedlung versorgen konnte, Lebensmittel mußten umständlich und zu überhöhten Preisen nach Petersburg befördert werden. Die russischen Adeligen, die ihre Datschen in der freundlichen Umgebung Moskaus besaßen, waren entsetzt, als Peter sie zwang, in seine neue Metropole überzusiedeln. Zehntausende von Leibeigenen kamen an Seuchen oder bei Bauunfällen um, Tausende flohen in die Wildnis.
Ja, die Entscheidung dort eine Hauptstadt zu bauen war eine „strategische Katastrophe, die tausende Menschenleben kostete. Ihm war das alles egal. Warum eigentlich hat er St. Peterburg als Hauptstadt erbaut und nicht eine andere Stadt in einer anderen Gegend? Ganz zufällig würde ich sagen. Also warum genau diese geographische Lage? Sehr einfach! Die Kinder sehr oft beobachten die Erwachsenen und kopieren ihr Verhalten. London Stadt auf dem Fluss nicht weit von dem See, Amsterdam die gleiche Situation, Hamburg, ect. Das Kind wollte genauso eine solches Spielzeug, Entschuldigung, Hauptstadt haben, wie die anderen.
Alles von Anfang an sinnlos. Nur das russische Volk, das der Grosse Peter fast permanent erniedrigte, mir großen Opfern könnte einige seiner „Projekte wie St. Petersburg retten und sogar nutzbar machen.

Ich Entschuldige mich für meine radikale Meinung, aber es ist so……..
 


Zuerst spielte er mit Schiffen, aber nicht mit Spielzeugen, sondern echte Schiffe, speziell für ihn gebaut. Nach dem er Westeuropa besucht, wollte plötzlich das Kind – Zar einen eigenen echten Hafen haben, mit Schiffwerfen und Seemännern, ect. Russland brauchte das eigentlich nicht. Na und?
Hast Du dafür irgendwelche Beweise? Ist Dir bewusst, dass der Binnenhandel im 17./18.Jh. vom Seehandel durch die Entdeckungen u.a. völlig einbrach. Wie sollte eine Großmacht wie Russland Handel treiben ohne Handelsflotte, wie mit den anderen Staaten in Kontakt treten?
 
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