Wieso Dakien?

Aromunisch verhält sich zum Rumänischen, ich würd mal sagen wie ungefähr Holländisch zum Hochdeutschen.
Hatten mal einen Bekannten der Aromune war. Wenn er aromunisch geredet hat, konnte man einiges verstehen, aber vieles nicht.
 
siehe #110, eine strophe aus einem arumänischen lied

Und was sagt uns das? Außer dem Fakt, den wir schon alle kennen, dass rumänisch scheinbar keine reine Sprache ist/war und du zusammenhanglos mit Hilfe von Links und meist ohne Belege argumentierst? Diese Art der Argumentation ist ermüdend, da die Diskussion von einer Seite mit Argumenten angefeuert wird, und du einfach alle Einwände ignorierst....
 
@vizidoc

Wenn Du mal die Texte gelesen hättest, dann würden Dir drei Dinge auffallen:

- zum getisch-dakischen Kerngebiet, dass einen Teil Dakiens umfasste
- die Ungewissheiten zum gesamten Herrschaftsgebietes,
- die Unklarheiten zu etlichen wichtigen Lokalitäten, und Ungewissheiten zum genauen Verlauf römischer Kampangnen

Es nicht damit getan, alte Karten zu übernehmen. Wenn Du den links folgst, wirst Du Probleme in der Interpretation der Schriftquellen erkennen, und die offenen Fragen der Archäologie.


P.S. es wäre sinnvoll, nicht ständig auf die angeblichen Sprachsplitter des Dakischen im Rumänischen abzuschweifen.
 
Zuletzt bearbeitet:
fazit: nach der Wurm-periode der eiszeit kam nach europa eine bevölkerung aus süden. hier, als zentrum für eine protovedische kultur wird von vielen das gebiet von donau und karpaten genannt (ich habe oben ein buch von cambridge gepostet). das erklärt warum in heutigen rumänisch noch so viele vedich sanskrit wörter gibt. hier war später der kern der pelasgen die diese protolateinische, vedische sprache in europa verbreitet, in italien die sogenannte latina prisca. dadurch waren die dakogetische und latein sehr ähnlich.
deswegen entwickelte sich diese sprache in nicht romanisiertem dakien zu einem "lateindialekt" was heute rumänisch ist , sebstversändlich mit dem schlief der zeit und übernahme von wörter auch aus slavischen. der kern dieser sprache ist aber immer noch lateinisch und zwar deutlicher als bei allen anderen völker die romanisiert wurden.
...die Pelasgen also verbreiteten die Vorform der lateinische Sprache... ...warum taten sie das? ...und woher weisst du das?... ist das womöglich "Erkenntnis aus Visionen" (Burgess, A Clockwork Orange) ...
tut mir leid, aber das kann ich wirklich nicht ernst nehmen
 
@ el quichote:

Entschuldige, Du verstehst mich falsch..
Es ist vollkommen unerheblich, ob im heutigen Rumänisch Dakisch, türkisch oder meinetwegen Suaheli entahalten ist Die Sprache, die Vizdoc untersucht, aus der er was ableiten will, ist mehrfach "gereinigt". Man hat mehrfach eine Form , die man für Rumänisch angesehen hat, der Bevölkerung aufgezwungen. jeweils über mehr als eine Generation. Dann haben Bevölkerungsverschiebungen in großen Stile auch mehrmals in der Neuzeit stattgefunden. Und das zum Teil undokumentiert. Weiter sind wohl kaum schriftliche Zeugnisse in irgend einem "Romanisch" aus einer ganz bestimmten Region vorhanden, die dann auch noch einem Sprecher dieser Region und dieser Sprache in der Neuzeit zu ordnenbar wäre.

Wie groß "Dakien" war, ob es existierte oder nicht, ob da in der Gegend "Protolateiner " gewohnt haben, von der Sprache her ist da meiner Ansicht nach nix nachweisbar, was einer genauen Überprüfung standhielte. Es gäbe immer ein "ja aber". ~150 jahre "Sprachchauvinismus" ....

Mit dem Ansatz von Vizidoc wäre das Schriftdeutsch im Ursprung in Hannover zu verorten !!
 
ich glaube die ethnogenese des rumänischen volkes ist etwas koplexer als geglaubt. wie erklärt sich man das ein isolat der latinität und zwar nicht auf ein paar quadratkilometer ) in einem meer von slavischen völker überdauert hat und nicht assimiliert wurde ?

Das ist keine Zauberei. Die balkanromanische Bevölkerung wurde im 5. und 6. Jh. durch Kriege, Verwüstungen und Einfälle zahlreicher Völker stark dezimiert. Ihre Reste zogen sich nach Einbruch der Slawen ab dem 6. Jh. in unwegsame Gegenden und Bergzonen zurück. Sie gingen zu einer halbnomadischen Lebensweise über und sind bereits frühzeitig unter dem Namen Vlachen oder Walachen bekannt.

Diese Vlachen repräsentierten die romanisierte altbalkanische Restbevölkerung, also die nach dem Zusammenbruch Westroms durch Kriege und Seuchen entwurzelte autochthone Bevölkerung des Balkans. Dazu zählten u.a. romanisierte Reste der Illyrer, Thraker, Daker und Geten, die sich in abseits gelegene Regionen zurückgezogen hatten, von einer sesshaften Lebensweise zu einem transhumanen Nomadismus übergingen und die allesamt zur vorslawischen Bevölkerung des Balkan gehören.

Aus dieser versprengten balkanromanischen Bevölkerung entstand das rumänische Volk, und zwar in einer länger währenden Ethnogenese, die vermutlich vom 6. bis 10. Jh. währte. Übrigens bewahrten nicht nur die Rumänen eine vorslawische Balkansprache, sondern auch die Griechen, deren Sprache sich ebenfalls gegenüber dem slawischen Idiom behaupten konnte.

Das in allen slawischen Sprachen vorhandene Wort Vlachen, entlehnt aus germanisch walhos (mit niederhochdeutsch welsch verwandt), hat die gemeinsame Grundbedeutung "romanisch" ... Im Mittelalter bezeichnete das Wort sowohl ethnische als auch soziale Kategorien. Vlachen, erstmals in Quellen des 10. Jh. unter diesem Namen belegte romanisierte altbalkanische Bevölkerung, lebten als transhumane Viehzüchter, in den Quellen klar getrennt von der sesshaften Ackerbevölkerung (z.B. Serben, Kroaten).

(Lexikon des Mittelalters, Stuttgart 2002, S. 1789)


fazit: nach der Wurm-periode der eiszeit kam nach europa eine bevölkerung aus süden. hier, als zentrum für eine protovedische kultur wird von vielen das gebiet von donau und karpaten genannt

Das Würm-Glazial endete vor rund 12 000 Jahren. Welche Jäger und Sammler damals den Balkan durchstreiften, wissen wir nicht. Mit Sicherheit waren es aber keine Menschen mit "vedischer Kultur", denn die begann erst 1500 v. Chr. in Nordindien und wurde von einer indo-arischen Bevölkerung getragen.

... deswegen entwickelte sich diese sprache in nicht romanisiertem dakien zu einem "lateindialekt" was heute rumänisch ist , sebstversändlich mit dem schlief der zeit und übernahme von wörter auch aus slavischen. der kern dieser sprache ist aber immer noch lateinisch und zwar deutlicher als bei allen anderen völker die romanisiert wurden.

Die rumänische Sprache entwickelte sich aus einem balkanromanischen Idiom und das deshalb, weil die vorslawischen Balkanvölker - Illyrer, Daker, Thraker u.a. - das Lateinische übernommen hatten. Anders als die westromanischen Sprachen, die während ihrer frühen Entwicklung vom Lateinischen als Hochsprache überdacht waren, verlief die Entwicklung des Rumänischen jedoch ohne Kontakt mit der lateinischen Schriftsprache. Die Basis des rumänischen Wortschatzes sind die Elemente des gesprochenen Balkanlatein, die sich erbwörlich entwickelt haben.
 
Völkerwanderung und Slawisierung

die ganze bewegt sich in die falsche richtung. was hat hier ceausescu zu tun mit der entwincklung der sprache in dacia felix, nach dem romanischen ruckzug...

Ich fürchte in die von dir erwartete Richtung kann sich der Thread kaum entwickeln, weil ein Zeitraum vom Würm-Glazial bis Trajan für die Geschichtsschreibung über ein (besser mehrere?) Völker wohl niemals zu erstellen ist. Selbst der Versuch romanisierte Bevölkerung (geschweige denn Protolatein sprechende Völker) durch die gesamte Spätantike bis hin zur Entstehung der Rumänen als Volk nachzuvollziehen dürfte wohl unmöglich sein. Dieter hat in seinem Beitrag direkt vor mir das Wesentliche sehr gut zusammengefasst.

Eine romanisch sprechende Altbevölkerung sollte nördlich der Donau zwischen Aurelian und der ausgehenden Völkerwanderung kaum möglich sein, weil in das Gebiet des trajanischen Dakiens zahlreiche, sehr kriegerische Völker vordringen wollten. Es gab viele Kämpfe dort, so wird auch ein früher Krieg zwischen Gepiden und Goten darum legendär überliefert. Viele Stämme, darunter auch dakischer Prägung unterlagen letztlich in diesem Kampf, so zum Beispiel die Carpen! Sie ersuchten lange vor Eintreffen der Hunnen wohl im Wesentlichen um Aufnahme in das Imperium, was auch gewährt wurde. Was blieb, dürfte in den stärkeren Völkern aufgegangen sein. Schon Nero hat angeblich einmal hunderttausend Männer von jenseits der Donau mit ihren Familien nach Moesien geholt. Diocletian holte Carpen, Bastarnen und Sarmaten über die Donau. Unter Konstantin sollen 30000 Sarmaten auf die römische Seite zwangs-übergesiedelt worden sein… und dergleichen mehr. Die Übergesiedelten (wohl deditictii) wurden dabei nicht unbedingt auch im Balkanraum angesiedelt, sondern irgendwo im ganzen Reich. Das wäre also das Umfeld, in welchem sich „Romanisch sprechende ‚Daker‘“ hätten behaupten müssen – wie gesagt ist das noch die Situation vor der eigentlichen Völkerwanderung! Ganz zu schweigen von der dieser folgenden Slawisierung…

Während die Ethnogese bei germanischen- und anderen kriegerischen Völkern über das Modell der Traditionskerne weitgehend erfasst werden kann, sind die Vorgänge der Slawisierung anscheinend noch weitgehend unklar geblieben. Dabei wären sie im Kontext mit den Rumänen besonders wichtig zum Verständnis ihrer Selbstbehauptung. Das mächtige Imperium Romanum hatte während seiner Existenz niemals sein ganzes Reich romanisieren/gräzisieren können. Die Slawisierung dagegen war wohl der nachhaltigste und gleichzeitig der am schnellsten abgelaufene Transformationsprozess in der Umbruchzeit zwischen Spätantike und frühem Mittelalter. Es reichten wenige Generationen um riesige Gebiete bis heute entsprechend umzuformen. Dabei war die Struktur der slawischen Stämme wenig differenziert, sie kannten auch keine starken Könige und traten meist neben politisch mächtigeren Völkern auf, in deren Schatten sich die Slawisierung auf ungewöhnlich „stille“ Weise vollziehen konnte. Selbst große Teile Griechenlands wurden teilweise slawisiert und erst später im Laufe des Mittelalters wieder ‚re-hellenisiert‘.

Bei der Slawisierung gibt es mehrere Auffälligkeiten: Sie vollzog sich politisch still, sehr schnell, nachhaltig und Raumreifend. Dabei blieben aber immer auch größere Gebiete verschont, die erst später slawisiert wurden. Selbst die mächtigen (Proto-) Bulgaren und andere, politisch und militärisch dominierenden Völker, wurden letztlich slawisiert! Im Donauraum wurde die ohnehin nicht allzu starke, römische Urbanisierung im Laufe der Völkerwanderung bereits hart getroffen, doch erhielt sich noch städtisches Leben. Aber spätestens mit der Slawisierung verschwanden fast alle antiken Städte dieser Region. Die Slawisierung griff auch auf Griechenland über, wo sich die Byzantiner in die Städte, oder auf die ägäischen Inseln zurückzogen, und das offene Land einer Slawisierung überließen.
Demandt schrieb:
[In den meisten Gegenden des untergegangenen Imperiums ging das]städtische Leben weiter, wenn auch stark reduziert, die Ortsnamen blieben überwiegend im Gebrauch, wenn auch mehrfach durch alte Stammesnamen ersetzt [etwa Parisii/Paris statt Lutetia]. Sie verschwanden jedoch im alamannischen Dekumatland und in den slawisierten Donauländern [!] Reichsweit beträgt die Namenskontinuität [lt. Löhberg] der 2061 Orte des ‚Itinerarium Antonini‘ 43 %, am höchsten ist sie in Westeuropa, geringer im Orient und Nordafrika [wo die Araber ähnlich tiefgreifende Umwälzungen veranlassten, wie die Slawen], am schwächsten auf dem Balkan.
[S379] Ein archäologischer Zerstörungshorizont und ein Netz von 116 ermittelten Befestigungen des 5. & 6. Jht. im Dreieck zwischen Viminacium, Tomi und Konstantinopel zeigen die Folgen… Im 6. Jahrhundert wanderten die Slawen ein… Sie beendeten die antike Stadtkultur drastischer als die Germanen im Westen. Nur etwa 20 Städte überstanden die Völkerwanderung, die alten Ortsnamen verschwanden zumeist….
Wir sehen also als Folge der abgeschlossenen Slawisierung ein weitgehendes Verlöschen der antiken Stadtkultur, in der doch am Ehesten ein Fortbestehen der einstigen, ‚römischen‘ Lebensweise zu erwarten gewesen wäre. Aber schon in gotischer Zeit ist im alten, trajanischen Dakien kein städtisches Leben mehr zu erkennen, was ein weiteres Indiz für die planmäßige Evakuierung der einstigen Provinz ist. Ein andauerndes, ‚romanisches Nachleben‘ ist daher nördlich der Donau nicht zu erkennen und auch nicht mehr zu erwarten! Mit den Slawen kommt auch das Ende der alten, ‚lateinischen Bollwerke römischer Kultur‘ bis nach Griechenland hin. In beiden Fällen ist kein Platz zu erkennen, für eine bäuerliche oder gar städtische Kultur romanischen Zuschnitts! Das ist die Basis der Fakten. Alle meine darauf aufbauenden Aussagen sind jetzt Ableitungen daraus.
 
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Überlegungen zu den Rumänen

Ich denke in diesem Befund lässt sich eine Lebensweise, auf Transhumanz basierender Wirtschaft einer romanisch sprechenden Bevölkerung von Hirtennomaden, noch am ehesten wiederfinden. Weiterhin wäre noch zu nennen, das die Slawisierung des südlichen Balkan mehrfach durch schwere Völkerstürme gestört wurde: Die „Völkerautobahn der Steppe“, die immer neuer Reitervölker entlang der Nordküste des Schwarzen Meeres (Hunnen, Protobulgaren, Awaren, Ungarn, Petschenegen und Kumanen/Polovzer) nach Westen vorstoßen ließ, erfasste meistens auch das Gebiet des heutigen Rumäniens. Im 12. – 13. Jahrhundert kannte man das „Polovzische Feld“ zwischen der Donau bis hin zur Wolga! Spätestens als sich die Magyaren im heutigen Ungarn niedergelassen hatten, waren die Südslawen räumlich von der Masse, der weiter nördlich liegenden slawischen Gebiete abgetrennt. „Hirtennomaden“ im Sinne von romanisch sprechenden Volksgruppen hatten unter solchen Umständen wohl eine bessere Überlebenschance für ihre Identität als Bauern. Durch ihre Kleinviehzucht kamen sie wohl auch den mächtigeren Reiternomaden so schnell nicht „ins Gehege“. Politisch müssen solche Gruppen noch unauffälliger gewesen sein als die Slawen und für Mächtige wie Chronisten eher uninteressant.


Es ist naheliegend den Beginn rumänischer Schrift zuerst im christlich-kirchlichen Kontext zu suchen. Die Masse der Rumänen gehört noch heute einer orthodoxen Kirche an, ist also nicht für Jahrhunderte einem Einfluss der lateinischen Westkirche ausgesetzt gewesen – was die romanische Sprache hätte erklärbar machen können. Weiterhin ist bekannt, dass die Rumänen früher für ihre Liturgie sich teilweise der griechischen Sprache, zum größeren Teil aber der altslawischen Kirchensprache bedienten! Im Zuge der Reformation von Zentraleuropa in der frühen Neuzeit wurde mehr Gewicht auf Predigt, Liturgie und Bibelübersetzung in die jeweilige Volkssprache gelegt. Bekanntlich erfasste die Reformation im heutigen Rumänien das damals ungarische Siebenbürgen nachhaltig. Aber „reformiert“ wurden in erster Linie die sogenannten (Siebenbürger-)Sachsen, Nachfahren von deutschen Siedlern und ungarische Bevölkerungsanteile, aber eher nicht rumänisch sprechende Gruppen: Also vorherige Katholiken. Erst die von der Reformation ausgehenden Impulse führten zu einer rumänischen Schriftsprache, was interessanterweise eher von den Deutschen dort ausging. Das älteste, erhaltene Dokument stammt von 1521 und war der „Kleine Katechismus“ Luthers! Die erste komplett rumänisch geschriebene Bibel entstand erst 1688! Wir können daran ablesen, dass weder Religion noch allgemeine Schriftlichkeit ein „Anker“ für das Fortbestehen der rumänischen Sprache in einem slawisierten Umfeld waren.

So schließt sich wieder der Kreis zu der prägnanteren Zusammenfassung von Dieter.
Auf die kaum nachzuvollziehenden Überlegungen zu den Zeiten vor der römischen Eroberung wollte ich gar nicht schon wieder eingehen. Hier hat Silesia sehr gut wichtige Eckpunkte zu den Überlegungen aufgezeigt. Das Herrschaftsgebiet der späten dakischen Könige war nicht gleichbedeutend mit dem Siedlungsgebiet der antiken Daker und/oder Geten. Deine eigenen Karten-Links zeigen doch vorstöße der Daker auf, mit welchen sie in die Siedlungsgebiete von keltischen und anderen Stämme ausgegriffen haben. Im Herrschaftsbereich der dakischen Könige sind nichtdakische Stammesnamen aufgeführt!
 
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Während die Ethnogese bei germanischen- und anderen kriegerischen Völkern über das Modell der Traditionskerne weitgehend erfasst werden kann, sind die Vorgänge der Slawisierung anscheinend noch weitgehend unklar geblieben. Dabei wären sie im Kontext mit den Rumänen besonders wichtig zum Verständnis ihrer Selbstbehauptung.

Das seit langem kontrovers diskutierte Problem im Hinblick auf die rumänische Ethnogenese ist, ob es eine dako-romanische Kontinuität gab. Damit verbunden ist die entscheidende Frage, ob die Entstehung des Volks im Raum des heutigen Rumänien auf der Basis der romanisierten Daker erfolgte, oder ob Balkanromanen nach dem 6. Jh. von außen zuwanderten.

Eine dako-romanische Kontinuität verfocht besonders die Forschung des sozialistischen Rumäniens und auch heute vertreten rumänische Historiker wohl mehrheitlich diese Hypothese. Aber auch die Migrations-Hypothese hat ihre Verfechter, besonders außerhalb Rumäniens. Angesichts der dünnen und unbefriedegenden archäologischen und schriftlichen Quellenlage kann jedoch keine Seite einen abgesicherten wissenschaftlichen Beweis für die eine oder andere Theorie für sich beanspruchen.

Die beiden Ansätze lauten - ganz kurz gefasst - wie folgt:

1. Abgelehnt wird eine dakisch-romanische Kontinuität mit dem Hinweis, dass eine Romanisierung der Daker in nur 170 Jahren - so lange währte die römische Präsenz in der Provinz Dakien - nicht erfolgt sein könnte. In einer so kurzen Zeitspanne sei auch anderswo keine Bevölkerung romanisiert worden, in Britannien hätten nicht einmal über 300 Jahre dazu ausgereicht. Ferner wird darauf verwiesen, dass es in der Provinz Dakien keinerlei archäologisch nachweisbare romanische Kontinuität gibt und die archäologische Überlieferung am Ende des 4. Jh. abreißt. Auch sind kaum dakische oder romanische Ortsnamen in Siebenbürgen - der Raum der römischen Provinz Dakien - überliefert, wie überhaupt die rumänische Sprache nur ein ganz geringes dakisches Substrat aufweist.

Als Folge vertreten die Verfechter der Migrationstheorie die Hypothese, dass der Raum des heutigen Rumänien durch Kriege, durchziehende Völker und Verwüstungen stark entvölkert war und nach dem 6. Jh. Balkanromanen von außerhalb in Rumänien einsickerten, sich in abgelegene Gegenden zurückzogen und als Wanderhirten zur Transhumanz übergingen. Diese Bevölkerungsschicht ist urkundlich seit dem 10. Jh. als Vlachen oder Walachen bekannt, was auch der Name ihres hochmittelalterlichen Herrschaftsgebietes ist: Fürstentum Walachei.

2. Die dako-romanische Kontinuitätstheorie geht davon aus, dass die Daker weder bei der Eroberung Dakiens durch die Römer noch durch die ab dem 5. Jh. durchziehenden Gepiden, Awaren, Ungarn und Petschenegen vernichtet wurden. Nach dieser Hypothese zog sich die dakisch-romanische Mischbevölkerung aus der Ebene ins Gebirge zurück, überdauerte als transhumante Viehzüchter, bewahrte dabei ihr Balkanlatein und wird ab dem 10. Jh. als Vlachen in den Quellen genannt. Es wird zudem darauf hingewisen, dass immerhin rund 100 dakische Wörter als Substrat im Rumänischen zu finden sind.

Angesichts der dürftigen Quellenlage fällt es schwer, sich für die eine oder andere Hypothese zu entscheiden, denn beide Varianten liegen im bereich des möglichen. Es gibt inzwischen auch schon Theorien, die beide Hypothesen miteinander zu verbinden suchen, doch bleibt die rumänische Ethnogenese bis heute in vielen Bereichen unklar.
 
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Abgelehnt wird eine dakisch-romanische Kontinuität mit dem Hinweis, dass eine Romanisierung der Daker in nur 170 Jahren - so lange währte die römische Präsenz in der Provinz Dakien - nicht erfolgt sein könnte. In einer so kurzen Zeitspanne sei auch anderswo keine Bevölkerung romanisiert worden, in Britannien hätten nicht einmal über 300 Jahre dazu ausgereicht.
Das sehe ich nicht so kritisch. Die Romanisierung verlief unterschiedlich schnell. Z. B. war die Romanisierung in Noricum - zumindest in den südlicheren Teilen der Provinz - schon im 2. Jhdt. n. Chr. relativ weit vorangeschritten. (Wann sich das Lateinische allerdings als Sprache durchgesetzt hat, ist noch relativ unklar.) Bei Dakien kommt noch hinzu, dass es nach der Eroberung zu einer massiven Ansiedlung von Siedlern aus anderen Reichsteilen kam, und diese waren wohl schon mehr oder weniger romanisiert.
 
Bei Dakien kommt noch hinzu, dass es nach der Eroberung zu einer massiven Ansiedlung von Siedlern aus anderen Reichsteilen kam, und diese waren wohl schon mehr oder weniger romanisiert.

Das ist ein wichtiger Aspekt. Das Ausmaß dieser Siedlungsbewegungen, die auch wohl schon vor 100 einsetzten (Größenordnungen siehe oben, 150.000), bestimmt doch die Beurteilung des Umfanges der Romanisierung mit. Die Frage ist, wie man mit den in den Schriftquellen angedeuteten Größenordnungen umgeht. Wenn diese ungefähr stimmen, könnte man von einer Bewegung von mindestens 20, vielleicht 30 oder 40% der Bevölkerung ausgehen (Basis: 1 Mio. laut Stefan in dem Gebiet vor Romanisierung -Literatur siehe oben).
 
Was noch dafür sprechen würde das sich die romanische Bevölkerung in das Gebierge zurückzog ist der Fakt das bei den Slawen Vlah nicht nur Rumäne sondern auch Hirte bedeutet und dieser Begriff auch für scheinbar nichtrormanische Bevölkerungsgruppen mehrmals verwendet wird (die Siedler aus dem Kosovo, der Herzegowina, Bosnien und dem heutigen Montenegro die in Kroatien sich ansiedelten und die mehrheitlich Slawen waren). Auch die Krajina ist recht gebirgig und dort wurde und wird vor allem Schaf- und Viehzucht betrieben und fast kein Ackerbau.
 
Was noch dafür sprechen würde das sich die romanische Bevölkerung in das Gebierge zurückzog ist der Fakt das bei den Slawen Vlah nicht nur Rumäne sondern auch Hirte bedeutet und dieser Begriff auch für scheinbar nichtrormanische Bevölkerungsgruppen mehrmals verwendet wird


Dass sich die Balkanromanen in unwegsame Gegenden zurückzogen, wird nirgendwo bestritten. Die Frage ist, ob es überhaupt eine dako-romanische Kontinität gab, oder ob viehzüchtende Vlachen erst ab dem 5./6. Jh. aus den Regionen südlich der Donau in den Raum des heutigen Rumänien zugewandert sind.
 
Noch ein Wort zur politischen Dimension dieses Problems, das bis heute (!) nationaliistische Kreise in Rumänien und Ungarn heftig bewegt. Es geht dabei um die Frage, wer als erster in Siebenbürgen - der Raum der einstigen römischen Provinz Dakien - siedelte, und somit einen "moralischen" oder "nationalen" territorialen Anspruch erheben kann.

Postuliert man die Migrationstheorie, so waren zuerst die Ungarn da, denn die balkanromanischen Walachen wanderten erst später ein, nach manchen Spekulationen erst ab dem 10. Jh.

Folgt man der Kontinuitätstheorie, so siedelten die Daker schon immer im Raum des heutigen Siebenbürgern - zunächst als autochthoner Stamm, später als romanisierte Dako-Romanen bzw. Rumänen.

Wir kennen das Problem noch sehr gut aus einstigen deutsch-polnischen Kontroversen, ob im Raum zwischen Elbe und Weichsel zuerst Germanen oder aber Slawen siedelten.
 
Das ist ein wichtiger Aspekt. Das Ausmaß dieser Siedlungsbewegungen, die auch wohl schon vor 100 einsetzten (Größenordnungen siehe oben, 150.000), bestimmt doch die Beurteilung des Umfanges der Romanisierung mit. Die Frage ist, wie man mit den in den Schriftquellen angedeuteten Größenordnungen umgeht. Wenn diese ungefähr stimmen, könnte man von einer Bewegung von mindestens 20, vielleicht 30 oder 40% der Bevölkerung ausgehen (Basis: 1 Mio. laut Stefan in dem Gebiet vor Romanisierung -Literatur siehe oben).
Die Zahl erscheint mir nicht abwegig. Die jahrelangen Kriege um Dakien haben einen massiven Blutzoll gefordert, und die Römer gründeten auch neue Städte, die entsprechend bevölkert werden mussten.
 
Noch ein Wort zur politischen Dimension dieses Problems, das bis heute (!) nationaliistische Kreise in Rumänien und Ungarn heftig bewegt. Es geht dabei um die Frage, wer als erster in Siebenbürgen - der Raum der einstigen römischen Provinz Dakien - siedelte, und somit einen "moralischen" oder "nationalen" territorialen Anspruch erheben kann.

Postuliert man die Migrationstheorie, so waren zuerst die Ungarn da, denn die balkanromanischen Walachen wanderten erst später ein, nach manchen Spekulationen erst ab dem 10. Jh.

Folgt man der Kontinuitätstheorie, so siedelten die Daker schon immer im Raum des heutigen Siebenbürgern - zunächst als autochthoner Stamm, später als romanisierte Dako-Romanen bzw. Rumänen.

Wir kennen das Problem noch sehr gut aus einstigen deutsch-polnischen Kontroversen, ob im Raum zwischen Elbe und Weichsel zuerst Germanen oder aber Slawen siedelten.

Das ist ein ewiges hin und her. Leider drehen die Leute da ziemlich am Rad, auf beiden Seiten, wobei die Ungarn noch nen Tick aggressiver an die ganze Sache dran gehen.
Es ist egal was mal gewesen ist, es zählt was jetzt ist. Sonst würds ja für die Legitimation der USA Zappenduster aussehen, wenn man danach ging wer zuerst da war.
 
Die Zahl erscheint mir nicht abwegig. Die jahrelangen Kriege um Dakien haben einen massiven Blutzoll gefordert, und die Römer gründeten auch neue Städte, die entsprechend bevölkert werden mussten.

Dann stellt sich die Frage, ob Vergleiche mit der "Romanisierungsgeschwindigkeit" anderer besetzter Regionen plausibel sind oder verworfen werden müssen.
 
dacia felix

interessant die debaten, teilweise sehr scholastisch, trocken. wenn man das gebiet rumäniens zu fuß überquert, die menschen in den bergen die auch heute die selbe tracht haben wie die dakern auf der columnae trajani, wenn man ein ohr für ein wahnsinnig reiches folklorum hat und weihnachten in norden rumäniens verbringt, oder sarmi seget usa sieht, viellecht könnte sich man dann leichter viele sachen vorstellen. die grossen entdeckungen wurden nie am schreibtisch durchgeführt, leider aber grosse entscheidungen.
danke euch für geduld und reichliche informationen.
 
Dann stellt sich die Frage, ob Vergleiche mit der "Romanisierungsgeschwindigkeit" anderer besetzter Regionen plausibel sind oder verworfen werden müssen.
Wie ich schon in #172 angedeutet habe, verlief die Romanisierung ohnehin unterschiedlich schnell, wobei die Details, wovon die Schnelligkeit in bestimmten Regionen abhing, noch nicht hinreichend erforscht sind. Es stellt sich auch immer die Frage, was man unter Romanisierung konkret versteht. Das war schließlich kein einheitlicher Prozess, der über dieselben Zwischenschritte immer zum selben Ergebnis führte. In Nordafrika z. B. hielt sich das Punische teilweise bis weit in die Kaiserzeit, obwohl die Provinz Africa ansonsten recht gut integriert war und in der späteren Kaiserzeit zu den kulturellen Zentren des Reiches gehörte. Für Dakien ist in unserem Zusammenhang die Frage wichtig, wann und inwieweit sich die lateinische Sprache durchsetzte, und da reicht die Spannbreite in anderen Regionen von binnen ca. eineinhalb Jahrhunderten (so anscheinend im südlichen Noricum) bis zu gar nie. (Letzteres z. B. in den ländlichen Gegenden Britanniens.) Bei Dakien weise ich dann noch einmal auf die anscheinend starke Kolonisierung durch Siedler aus dem Restreich hin, die die Romanisierung bestimmt beschleunigt hat.
 
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