WK-1: "Deutschland trug zweifellos große Schuld am Kriegsausbruch"

Umgekehrt war es legitim, wenn London sich und seine Interessen bedroht sah, sollte Deutschland in Belgien einfallen.

Die Interessen Englands würden vor allem dann massiv bedroht gewesen, wenn es Frankreich alleine gegen Deutschland antreten gelassen hätte, da dann die Deutschen wahrscheinlich gewonnen hätten und das war für London ein Albtraum.
 
Die Interessen Englands würden vor allem dann massiv bedroht gewesen, wenn es Frankreich alleine gegen Deutschland antreten gelassen hätte, da dann die Deutschen wahrscheinlich gewonnen hätten und das war für London ein Albtraum.

Du redest von der Perspektive der britischen Regierung, ich von derjenigen der Bevölkerung, der der Krieg vermittelt werden musste.
Wenn die britische Regierung der Meinung gewesen wäre, dass die britische Bevölkerung das auch so sehen und bereits einen Krieg zwischen Deutschland und Frankreich als Bedrohung und potentiellen casus belli betrachten würde, hätte man sofort Krieg erklärt und nicht erst die Meldung des deutschen Überfalls auf Belgien und Luxemburg abgewartet.
 
Kurz Nachfrage: Wer bedrohte Großbritannien denn eigentlich?
:D:D:D
...wenn Avalon voller heidnischer Kelten, Merlins und Morganen auftaucht, ist es sinnvoll, über stark befestigte Küsten und Inseln zu verfügen.

Abseits vom Jokus: die brit. Befestigungen auf Alderney und an der Südküste Englands im 19. Jh. waren ursprünglich gegen eine französische Bedrohung konzipiert. Eine solche lag seit dem Bündnis nicht mehr vor - aber der Teufel ist ein Eichhorn... das Meer ist groß, überall sprießen Kriegsschiffe, ja Flotten empor, zudem der (waffen)technische Fortschritt: man fühlt sich beim Nachmittagstee einfach wohler, wenn man über stets up to date befestigte Küstenlinien und "vorgeschobene" Inseln verfügt... ;):D

(Potztausend: selbst auf den entlegenen Scilly Islands kann man stramme Betonbatterien von Anfang 20. Jh. besichtigen)
 
@hatl
Das Zitat habe ich leider noch nicht gefunden. Dafür aber wieder etwas interessantes, was gut dazu passt.

Am 23.November notierte Admiral Müller in seinem Tagebuch:

„Nachrichten aus Petersburg sprechen von kriegerischer Haltung Russlands. Sasonow hat auf Vorstellung Pourtales (deutscher Botschafter in Petersburg; Anmerkung von mir) über Entfesselung eines großen Krieges wegen der serbischen Adria-Aspirationen nur mit den Achseln gezuckt und nichts geantwortet. Höchst bedenklich. Wie sehr sind wir doch von dem Kriegsgedanken entwöhnt.“

Grundlage für diese Ausführungen Müllers dürfte der Bericht von Pourtales vom 20.11.1912 sein, in dem er über ein Gespräch mit dem italienischen Botschafter Toretta in Petersburg, der gerade mit Sasonow gesprochen hatte, informiert.

Eine Denkschrift von den sehr fähigen Colmar von der Goltz gelangt zu der Erkenntnis, das ein vergrößertes Serbien im Falles eine Krieges auch deutlich mehr österreichische Truppen binden würde, mit deren Unterstützung die deutschen Pläne (Schlieffenplan) für die Ostfront rechneten. Deutschland werden in den kommenden Weltkriege Frankreich, Russland und England allein gegenüberstehen.

Diese Denkschrift von der Goltz lag zur gleichen Zeit Wilhelm II. vor. Das er dann nervös wurde, ist nicht eben verwunderlich.

Mitte November 1912 fragte Sasonow in Paris und London an, wie man dort auf ein militärisches Eingreifen Russlands reagieren würde. Grey, wie üblich, antwortete eher ausweiche. Diese Frage sei doch rein akademisch meinte er. Aus Paris kam die erwünschte Antwort:“ Wenn Russland in den Krieg geht, wird Frankreich dasselbe tun, weil wir wissen, das in dieser Sache Deutschland hinter Österreich stehen würde.“ Auch gegenüber den italienischen Botschafter bestätigte Poincare , „das Russland ganz auf die bewaffnete Unterstützung Frankreichs zählen könne.

Das Erschreckende daran war, das Poincare wenige Wochen zuvor exakte Kenntnis über die Vertragsinhalte des Balkanbundes von Sasnow erhalten hatte und durchaus zutreffend erkannt hatte, das es sich um ein Kriegsabkommen handelte und darüber hinaus auch die Saat für einen Krieg gegen Österreich-Ungarn enthielt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Bethmann mühte sich für den Frieden tätig zu sein. Er brachte Wilhelm II. dazu wegen Albanien und Durazzo nicht nach Paris und Moskau marschieren zu wollen.
Am 25.Novermber ließ er über die offizöse Nordeutsche Allgemeine einen deutlichen Warnschuß geben, den "kalten Wasserstrahl" für Wien. Am 02.Dezember 1912 bekam Russland im Zuge einer Reichstagsrede dann eine Warnung.
Das deutsche Einwirken auf Wien wurde überhaupt gar nicht honoriert. Es wurde nur die Warnung an die Adresse Petersburg zur Kenntnis genommen. Die Briten reagierten sehr scharf und es kam die Warnung von Kriegsminister Haldane, das England nicht stiller Zuschauer bleiben würde. Das war die Situation, die dann zum "Kriegsrat" führte.
 
Das Erschreckende daran war, das Poincare wenige Wochen zuvor exakte Kenntnis über die Vertragsinhalte des Balkanbundes von Sasnow erhalten hatte und durchaus zutreffend erkannt hatte, das es sich um ein Kriegsabkommen handelte und darüber hinaus auch die Saat für einen Krieg gegen Österreich-Ungarn enthielt.

Beim letzten Teil würde ich nicht mitgehen.
Der Balkanbund war eine zwischen Serbien, Montenegro, Bulgarien und Griechenland geschlossenen Allianz, die sich vor allem deswegen als Plattform für ein feindliches Vorgehen gegenüber dem osmanischen Reich eignete, weil alle Beteiligen Anspruch auf osmanische Territorien erhoben.

Das war aber gegenüber der Donaumonarchie nicht der Fall.
Serbien und Montenegro konnten durch einen Krieg gegen Österreich-Ungarn Territorie zugewinnen, an denen sie interessiert waren, für Bulgarien und Griechenland aber bot ein Krieg gegen Österreich-Ungarn keine Vorteile.
Diese Staaten hatten keine gemeinsame Grenze mit Österreich, so das die Vorstellung der Annexion irgendwelcher Territorien der Donaumonarchie für Athen und Sofia überhaupt keinen Sinn ergab und die Donaumonarchie bedrohte auch sonstige Interessen dieser Akteure nicht in besonderem Maße, dass es einen Krieg gelohnt hätte.

Warum hätten Griechenland und Bulgarien einen Krieg für die Größe des serbischen Nachbarn gegen Österreich führen sollen, von dem sie selbst nichts gehabt hätten?

Dieser Bund wäre in dieser Form nicht gegen Österreich-Ungarn umzudrehen gewesen, auch wenn sich Bulgarien und Serbien nicht wegen der mazedonischen Gebieete zerstritten hätte.
 
...vermutlich streikte bei dir @Dion die Suchfunktion? Wie dem auch sei: den Lorbeer, den Kriegsrat vom 8.12.1912 in die Diskussion gebracht zu haben, solltest du dir nicht attestieren
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(und ich habe bei weitem nicht alle Beiträge dieses Fadens, die ihn ansprechen, zitiert)
Keine Ahnung, ob die Suchfunktion streikte, jedenfalls habe ich die von dir hier verlinkte Beiträge nicht gefunden. Aber vielen Dank für die Links – ich werde sie gleich verwenden. :D

Interessant das du darüber informiert bist. Bethmann Hollweg war das "hohe Tier". Nur, das weißt du vermutlich wieder nicht, es belastet ja nicht Berlin oder Wien, solche oder sehr ähnliche Aussagen findest du eben nicht nur auf deutscher Seite.
Ja, ich bin informiert so gut es für einen Laien eben geht, aber selbstverständlich kann ich dir in diesem Punkt nicht das Wasser reichen. Außerdem habe ich das (man solle Russland dazu bringen, zuerst zu mobilisieren) erst gebracht, nachdem du geschrieben hast, was der König Georg V. von Grey verlangte, nämlich "er solle bitte einen Kriegsgrund finden". Ich finde beide Aussagen äquivalent, deswegen verstehe ich nicht, dass du dich darüber mit dem – Zitat "Ist diese Äußerung dein Ernst dieses "und"?????????????" – so aufgeregt hast.

Die Erste und Zweite Armee des Zarenreichs überschritten sehr schnell die Grenze zu Ostpreußen; nämlich am 17.08.1914.
14 Tage nach dem Kriegsbeginn ist für dich sehr schnell? Was ist dann für dich der deutsche Einmarsch schon am 2. August, also einen Tag nach der Kriegserklärung Deutschlands, auf polnisch-russisches Territorium mit der Besetzung der Grenzstädte Kalisch, Tschenstochau und Bendzin? Ultraschnell?

Es war in der Phase der Julikrise, in der so eine Maßnahme eher ungünstig war. Aber sie zeigte die Entschlossenheit der Engländer, Frankreich nicht im Stich zu lassen.
Gut – und was war die Lehre daraus? Man hat einfach weiter gemacht, obwohl man annehmen konnte, dass England Frankreich helfen würde! Mehr noch, dass GB in so einem Fall intervenieren würde, hat Moltke schon im Dezember 1912 gewusst – Zitat aus einem Beitrag von @silesia:
"... Moltke was of the same opinion. In December 1912 he explained to the chancellor how an offensive against France and a defensive stance against Russia were to be conducted:

'In order to be on the offensive against France it will be necessary to violate Belgian neutrality. Only by advancing through Belgian territory can we hope to attack the French army in the open [im freien Felde] and defeat it. This way we will face the English Expeditionary Corps and – if we do not manage to come to an agreement with Belgium – also Belgian troops. However, this operation is more promising than a frontal attack against the fortified French eastern front.' "
Dann weiter im Text:
Es gab ja mehrere Konferenzvorschläge, aber weshalb wird eigentlich immer nur die deutsche Ablehnung bemüht.
Immer wird die deutsche Ablehnung bemüht? Nicht von mir – ich habe explizit nur die Ablehnung Österreich-Ungarns erwähnt:
Österreich-Ungarn hat auch die von GB am 26. Juli 1914 angeregte internationale Konferenz zur Schlichtung der Krise, die nach der Ermordung des österreichischen Kronprinzen entstanden war, noch am gleichen Tag zurückgewiesen. Weil Ö-U diesen Krieg wollte und den am 29. Juli mit Beschuss von Belgrad auch begann - obwohl Ö-U seit dem 25. Juli wusste, dass Russland an der Seite Serbien stehe.
Interessanterweise ist darauf keiner der Diskutanten eingegangen.

Kurz Nachfrage: Wer bedrohte Großbritannien denn eigentlich?
Darauf hat freundlicherweise schon @dekumatland geantwortet, ohne gefragt worden zu sein. :D

Das der Beschluss vom 01.August nur eine sehr kurze Gültigkeit hatte, hast du vergessen zu erwähnen.
Wieso vergessen? Jeder hier weiß, dass das deutsche Heer am 4. August frühmorgens die Grenze zu Belgien überschritten hatten – wieso sollen die Briten dann noch weiter an ihrem Beschluss vom 1. August festhalten?

Und jetzt noch ein Zitat von @thanepower:
Wobei Holstein deutlich gemacht hat, dass kein Politiker einen Plan ablehnen konnte, der vom „höchsten deutschen militärischen Sachverstand, dem Generalsstab“ erdacht worden ist. Es war der Systemzwang eines semi-absolutistischen Staates, der die Überlegenheit des Militärischen propagierte und im Rahmen seines Militarismus inszenierte.
Das passt überhaupt nicht zu deiner These, @Turgot, über das Primat der Politik über das deutsche Militär im DR.
 
Auch lesenswert das Buch von McMeekin, "Russlands Weg in dem Krieg"
McMeekin ist bei diesem Buch umstritten, doch lesenswert.
Wenn ich mich seiner Postulate recht erinnere, so geht er davon aus,
dass Russland sich "eingekreist" sah, dies aber von den anderen Mächten nicht erkannt wurde
und dass, das DR nach Weltmacht strebte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Keine Ahnung, ob die Suchfunktion streikte, jedenfalls habe ich die von dir hier verlinkte Beiträge nicht gefunden. Aber vielen Dank für die Links – ich werde sie gleich verwenden. :D

Ich schon.

14 Tage nach dem Kriegsbeginn ist für dich sehr schnell? Was ist dann für dich der deutsche Einmarsch schon am 2. August, also einen Tag nach der Kriegserklärung Deutschlands, auf polnisch-russisches Territorium mit der Besetzung der Grenzstädte Kalisch, Tschenstochau und Bendzin? Ultraschnell?

Riskiere einmal ein Blick auf die Landkarte. Und du hast etwas von drei Monaten erzählt; schon vergessen. Du gehst interessanterweise nie darauf ein, wenn dir das Gegenteil nachgewiesen wird.
Im Allgemeinen war noch einige Jahre zuvor von einer Aufmarschzeit von sechs Wochen ausgegangen worden. Da sind zwei Wochen eine sehr beachtliche Beschleunigung.

a, ich bin informiert so gut es für einen Laien eben geht, aber selbstverständlich kann ich dir in diesem Punkt nicht das Wasser reichen. Außerdem habe ich das (man solle Russland dazu bringen, zuerst zu mobilisieren) erst gebracht, nachdem du geschrieben hast, was der König Georg V. von Grey verlangte, nämlich "er solle bitte einen Kriegsgrund finden". Ich finde beide Aussagen äquivalent, deswegen verstehe ich nicht, dass du dich darüber mit dem – Zitat "Ist diese Äußerung dein Ernst dieses "und"?????????????" – so aufgeregt hast.

Hast du es tatsächlich nicht bemerkt? Du hast doch Großbritannien eine ganz andere Haltung testiert. Hier nochmal zum nachlesen.

Dion schrieb:
GB wollte keinen Krieg, denn Serbien war weit weg und für GB nicht wichtig genug.

Per se wollte Großbritannien keinen Krieg. Aber, und das ist wichtig, es war nicht willens abseits zu stehen, wenn es zum großen Krieg zwischen den anderen Großmächten kommt. Hierzu hatte ich dir übrigens ein Literaturtipp gegeben. Hast du dir das Memorandum von Crowe durchgelesen?

Darauf hat freundlicherweise schon @dekumatland geantwortet, ohne gefragt worden zu sein. :D

Dann etwas konkreter: Von wem wurde Großbritannien in der Julikrise 1914 konkret bedroht, dass das eine Alarmierung der Flotte gerechtfertigt hat?
Eigentlich bin ich davon ausgegangen, das sich das schon aus dem gegebenen Kontext ergibt.


Anmerkung: Ist das dein Ernst, das du jetzt alte Beiträge von @thanepower und @silesia ausbuddelst, weil du selbst hier nicht weiterkommst? Wir beide führen eine Diskussion; @silesia und @thanepower sind aktuell nicht in der Diskussion involviert. Ist dir zu anstrengend, eigene Recherchen anzustellen, da du "zu Potte kommen" willst und mal eben die Frage der Verantwortlichkeit und Hauptschuld bei den Mittelmächten abladen willst.

Und meine Ausführung von Primat der Politik, die Falkenhayn anerkannte, ist zutreffend.
Die Zeilen von @thanepower hast du nach meiner Wahrnehmung übrigens missverstanden. Überlege in welchem Zusammenhang ich schrieb, das Falkenhayn den Primat der Politik akzeptiert und was @thanepower gemeint haben könnte, wenn er von einem Plan spricht.....Er kann dir ja im Bedarfsfall Aufklärung liefern.

Dion schrieb:
Gut – und was war die Lehre daraus? Man hat einfach weiter gemacht, obwohl man annehmen konnte, dass England Frankreich helfen würde! Mehr noch, dass GB in so einem Fall intervenieren würde, hat Moltke schon im Dezember 1912 gewusst – Zitat aus einem Beitrag von @silesia

Ja woher hat denn der Moltke das denn nur gewusst? Hatte er eine Glaskugel auf seinem Schreibtisch stehen? Er konnte nur Vermutungen anstellen; wissen konnte er rein gar nichts nichts. Was glaubst du eigentlich, weshalb die Deutschen sich so sehr in der Julikrise um die britische Neutralität bemüht haben? Zuletzt ist Prinz Heinrich zu seinem Onkel Georg V. nach London gereist, um Aufschluss über die britische Haltung zu gewinnen. Ganz sicher nicht, weil sie Gewissheit über die britische Haltung hatten; dazu hatte auch sehr Grey seine nebulöse Haltung, gelogen wurde nebenbei auch noch, in der Julikrise beigetragen. Auch das sind Punkte über die du großzügig hinwegschreitest.

Interessanterweise ist darauf keiner der Diskutanten eingegangen.

Diese Aussage hast gerade du nötig. Schau mal nach, was du schon so alles an Fakten in diesen Faden ignoriert hast. Das ist auch sehr interessant. Wenn du auch nur ein wenig mit der Julikrise vertraut wärst, dann wüsstest du die Antwort.
Am 26.07.1914 begannen die Russen mit der Teilmobilmachung gegen Österreich-Ungarn. Darüber hinaus hatte Sasonow endgültig klargemacht, das für ihm die Punkte 5 und 6 des Ultimatums unannehmbar seien.
Am 25.Juli 1914 hatte der russische Kriegsminister Suchumlinow den französischen Militärattaché darüber aufgeklärt, das der Zweck der Mobilmachung sei, Deutschland die Initiative einer Kriegserklärung an Russland zuzuschieben. Serbien hatte mit der Mobilmachung bereits am 25.07.begonnen.
Ja, der Konferenzvorschlag am 26.07.1914 war zurückgewiesen worden. Wilhelm II. trat dafür in direkten Kontakt mit Zar Nikolaus II.und bot eine Vermittlung zwischen Wien und Petersburg an.
Der deutsche Militärbevollmächtige Generalleutnant von Chelius fasste die gmachten Beobachtungen dahingehend zusammen, das eine Mobilmachung angeordnet worden sei.
Sowohl Sasonow als auch Suchumlinow logen den deutschen Botschafter Pourtales bzw. den deutschen Militärattaché von Eggeling hinsichtlich der russischen Maßnahmen und beschwichtigten. Sasonow führte am 26.07.gegenüber Pourtales aus, er könne garantieren, das keine Mobilmachungsorder ergangen, vielmehr im Ministerrat beschlossen worden sei, mit einer solchen zu warten, bis Österreich-Ungarn feindliche Haltung gegen Russland einnimmt.
Suchumlinow ging noch weiter und führte gegenüber Eggeling aus, das er sein Ehrenwort verpfände, das keine einziges Pferd requiriert und kein einziger Reservist einberufen worden sei.
 
Zuletzt bearbeitet:
Um Missverständnissen vorzubeugen: Was ich hier nicht behaupten will, ist, das Deutschland nun unschuldig am Ausbruch des Ersten Weltkrieges war. Das war es ganz bestimmt nicht. Mir geht es darum, darzulegen, dass die anderen drei Großmächte es ebenso wenig waren oder nur geringe Schuld auf sich geladen hätten.

So hat beispielsweise der deutsche Staatssekrtär Jagow sich geweigert, am 27.Juli den russischen Vorschlag, unabhängig mal davon wie aufrichtig der nun tatsächlich gemeint war, das Friedrich von Szapary, ehemals Bürochef von Aehrenthal und seit 1913 Chef der Politischen Abteilung, zu ermächtigen mit Sasonow direkt zu verhandeln.Dies wurde ja ein Tag später durch die Kriegserklärung an Serbien himnfällig.

Auch ist sicher bemerkenswert, dass Wilhelm II. mit der serbischen Antwortnote durchaus zufrieden war und keinen Kriegsgrund mehr zu erkennen vermochte, während Kanzler Bethmann darauf bestand, das sich Serbien vollständig den österreichischen Ultimatum unterwirft.

Wilhelm II. wußte im Gegensatz zum Auswärtigen Amt sehr wahrscheinlich noch nichts von der bevorstehenden Kriegserklärung Österreich-Ungarns: sonst wäre wohl nicht der "Halt in Belgrad Vorschlag" von ihm gekommen, dessen unverzüglichen Übermittlung er den AA befahl. Es wäre nicht verkehrt gewesen, diese Weisung zu überwachen. Der Kanzler hat sich doch ein paar Freiheiten bei der Umsetzung von Wilhelms Befehls genommen.
Entscheidend war, das der Kaiser eben keinen Kriegsgrund mehr sah und wollte, das dies auch den Österreichern mitgeteilt wissen.
 
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Dann etwas konkreter: Von wem wurde Großbritannien in der Julikrise 1914 konkret bedroht, dass das eine Alarmierung der Flotte gerechtfertigt hat?

Ich erweitere meine Fragestellung: Von wem wurde Russland militärisch bedroht, so das es am 26.07. mit der teilweisen Mobilmachung begann?
 
Gut – und was war die Lehre daraus? Man hat einfach weiter gemacht, obwohl man annehmen konnte, dass England Frankreich helfen würde! Mehr noch, dass GB in so einem Fall intervenieren würde, hat Moltke schon im Dezember 1912 gewusst

Nicht nur Deutschland und Österreich-Ungarn haben weitergemacht. Es haben alle Akteure der Julikrise weitergemacht, obwohl Russland wusste, das Wien im Falle des eigenen Angriffs auf Österreich den Bündnisfall für Deutschland auslösen würde und dies für Paris dann den Bündnisfall bedeutet. Ja und England würde Frankreich nicht allein, obwohl es dies ja gar nicht war, gegen Deutschland lassen.
Russland hat also sehenden Auges den Weltkrieg billigend in Kauf genommen; das für ein Land, welches Europa schon mehrfach an den den Abgrund eines Krieges gebracht hatte und demgegenüber Petersburg zu nichts verpflichtet war.
 
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Im Allgemeinen war noch einige Jahre zuvor von einer Aufmarschzeit von sechs Wochen ausgegangen worden. Da sind zwei Wochen eine sehr beachtliche Beschleunigung.
Es ging hier um die Differenz von 14 Tagen zwischen dem, was DR in der Lage war zu leisten (es griff Russland nach der Kriegserklärung am nächsten Tag an und besetzte polnisch-russische Städte), und dem, was Russland zustande brachte (es konnte sich erst nach 14 Tagen ernsthaft dem Kampf stellen).

Außerdem ist die Chronologie wichtig. Am 23. Juli gibt es ein Ultimatum Österreichs-Ungarns an Serbien. Am 24.7. beschließt der russische Kronrat die Unterstützung Serbiens und teilt das Serbien am nächsten Tag mit. Serbien antwortet am 25.7. auf das Ultimatum und ordnet Mobilisierung an. Am 26.7. Österreich-Ungarn teilmobilisiert und erklärt am 28.7. Serbien den Krieg, wobei schon am nächsten Tag (29.7.) Belgrad beschossen wird, worauf auch Russland erst teilmobilisiert und am 30.7. Generalmobilmachung anordnet.

Was hätte Russland nach dem Angriff des Ö-U auf Belgrad (erste wirkliche Kriegshandlung!) denn sonst machen sollen, als auch zu mobilisieren, schließlich hatte es Serbien Beistand versprochen?

Per se wollte Großbritannien keinen Krieg. Aber, und das ist wichtig, es war nicht willens abseits zu stehen, wenn es zum großen Krieg zwischen den anderen Großmächten kommt.
Doch, GB wollte schon abseitsstehen, aber nicht um jeden Preis. Dem Beitrag von @silesia in einem anderen Faden, in dem die Historikerin Elizabeth Greenhalgh zitiert wird:
The question of Belgian neutrality was discussed the following year and a warning given that the French should not violate it. This warning led to the French Plan XVII’s failure to undertake offensive action in the one area where it might have interfered with the German advance. On the other side of the balance sheet, it should be admitted that without the violation of Belgian neutrality it may not have been possible to persuade the British cabinet to opt for war at all.
entnehme ich, dass sich Frankreich nach Warnung der Briten, belgische Neutralität nicht zu verletzen, daran gehalten hat. Wie man weiß, hat sich das Deutsche Reich trotz Warnungen nicht darangehalten und damit mutwillig den Eintritt Großbritanniens in den Krieg provoziert.

Ist das dein Ernst, das du jetzt alte Beiträge von @thanepower und @silesia ausbuddelst, weil du selbst hier nicht weiterkommst?
Ja, du hast recht – ich kommen allein nicht weiter, weil ich, wie schon erklärt, ein Laie bin; da sind mir alte Beiträge von Experten sehr hilfreich. Verunsichert dich das?

Was glaubst du eigentlich, weshalb die Deutschen sich so sehr in der Julikrise um die britische Neutralität bemüht haben?
Das ist leicht zu erklären: Die Deutschen haben vorgehabt, die Neutralität Belgiens zu verletzen, was aber ein NoGo für Briten darstellte – siehe oben. Also versuchten sie auf diplomatischen Weg das umzubiegen, was nicht gelang. Trotzdem sind sie anschließend in Luxemburg und Belgien einmarschiert.

Es gab keine Notwendigkeit, am 31.7. Russland ein Ultimatum zu stellen und am 1.8. den Krieg zu erklären, denn Ö-U befand sich nicht im Krieg mit Russland – der Bündnisfall ist also noch nicht eingetreten, denn Österreich-Ungarn erklärte erst am 6.8. Russland den Krieg. Hast du eine Erklärung für diese unsinnige Handlung des DR?

Diese Aussage hast gerade du nötig. Schau mal nach, was du schon so alles an Fakten in diesen Faden ignoriert hast.
Ah, weil ich manches ignoriert habe, fühlst du dich berechtigt, das auch zu tun?

Der Kanzler hat sich doch ein paar Freiheiten bei der Umsetzung von Wilhelms Befehls genommen.

Entscheidend war, das der Kaiser eben keinen Kriegsgrund mehr sah und wollte, das dies auch den Österreichern mitgeteilt wissen.
Ja, mal ist der (launige) Kaiser der böse Bube, und mal der Kanzler oder Moltke oder Tirpitz oder … halt Russland, Frankreich, Großbritannien und natürlich das ungehorsame und falschspielende Österreich-Ungarn. Habe ich noch jemand vergessen? Ach ja, Italien. Und natürlich das neutrale Belgien, das sich den Deutschen in den Weg stellte und sie in Unrecht setzte. So was aber auch. Was erlauben Strunz, äh, Belgien!

Danke für den Link.
 
Es gab keine Notwendigkeit, am 31.7. Russland ein Ultimatum zu stellen und am 1.8. den Krieg zu erklären, denn Ö-U befand sich nicht im Krieg mit Russland – der Bündnisfall ist also noch nicht eingetreten, denn Österreich-Ungarn erklärte erst am 6.8. Russland den Krieg. Hast du eine Erklärung für diese unsinnige Handlung des DR?

Das wurde doch hier im Forum alles schon diskutiert. Deutschland konnte nicht abwarten, bis Russland seinerseits den Krieg erklärte, weil man sonst auf entscheidenden Vorteil der schnelleren Mobilisierung verzichtet hätte und der Schliefen-Plan nicht funktionieren konnte.

Selbst wenn man noch den Aufmarschplan Ost als Alternative zur Verfügung gehabt hätte, hätte man trotzdem zumindest Russland den Krieg erklären müssen, um möglichst viel Boden zu erobern, bevor die russische Mobilisierung abgeschlossen gewesen wäre.

Deutschland musste also nach Beginn der russischen Mobilisierung sofort den Krieg beginnen.

Andernfalls hätte man dann etwas später vor der Alternative gestanden, entweder den Zweifrontenkrieg zu Bedingungen zu führen, unter denen er kaum noch zu gewinnen war oder den einzigen verbliebenen verlässlichen Bündnispartner Österreich-Ungarn im Stich zu lassen.

Man kann natürlich diskutieren, ob das Deutsche Reich diese Situation hätte vermeiden können. Nach Beginn der russischen Mobilisierung war man aber nun mal in dieser Situation und hatte nur noch die Wahl zwischen drei schlechten Alternativen.

Was hätte Russland nach dem Angriff des Ö-U auf Belgrad (erste wirkliche Kriegshandlung!) denn sonst machen sollen, als auch zu mobilisieren, schließlich hatte es Serbien Beistand versprochen?

Russland hätte darauf verzichten können, Serbien Beistand zu versprechen. Man war gegenüber Serbien zu nichts verpflichtet.

Jedenfalls musste der russischen Führung klar sein, dass sie mit der Mobilisierung den europäischen Krieg auslösen würde.

Ja, mal ist der (launige) Kaiser der böse Bube, und mal der Kanzler oder Moltke oder Tirpitz oder … halt Russland, Frankreich, Großbritannien und natürlich das ungehorsame und falschspielende Österreich-Ungarn.

Es gab nun mal nicht den einen Bösewicht, der für den Kriegsausbruch verantwortlich war, sondern viele Akteure haben (sicher in unterschiedlichem Maße) Verantwortung für den Kriegsausbruch auf sich geladen. Entweder durch ihr Handeln während der Julikrise oder durch Handlungen im Vorfeld.

Habe ich noch jemand vergessen?

Gavrilo Princip
Dragutin Dimitrijević (Apis)
Die Schwarze Hand
Die serbische Regierung

Und natürlich das neutrale Belgien, das sich den Deutschen in den Weg stellte und sie in Unrecht setzte. So was aber auch. Was erlauben Strunz, äh, Belgien!

Ich glaube hier im Forum hat niemand Belgien für den Kriegsausbruch oder die Eskalation verantwortlich gemacht. Das ist also eher ein Strohmannargument.
 
Ah, weil ich manches ignoriert habe, fühlst du dich berechtigt, das auch zu tun?
Mal abgesehen davon, dass es kurios wirkt wenn jemand in einer Diskussion die zweifelhafte Kunst des Ignorierens allein für sich beansprucht und dies anderen quasi untersagt, welchen Erkenntnisgewinn hat diese kuriose Frage bzgl des Themas???
Ja, mal ist der (launige) Kaiser der böse Bube, und mal der Kanzler oder Moltke oder Tirpitz oder … halt Russland, Frankreich, Großbritannien und natürlich das ungehorsame und falschspielende Österreich-Ungarn. Habe ich noch jemand vergessen? Ach ja, Italien. Und natürlich das neutrale Belgien, das sich den Deutschen in den Weg stellte und sie in Unrecht setzte. So was aber auch. Was erlauben Strunz, äh, Belgien!
Was genau ist der Anlass für diesen zynischen Ausbruch? Das verstehe ich nicht.
 

Ich sehe, du verwendest schon wieder einen Beitrag von @silesia in dieser Diskussion mit meiner Wenigkeit. Immerhin war @silesia so freundlich gewesen, dir Link zur Verfügung zu stellen. Ich bevorzuge eher eine direkte Diskussion. Zu deinen anderen Ausführungen komme ich nachher.

Ich habe eigentlich doch schon ausgeführt, dass Belgien ein Vorwand für Großbritannien gewesen war, um in dem Krieg einzutreten. Ich habe in diesem Faden mehrfach erwähnt, das der britische König Georg V. den Staatssekretär des Äußeren Sir Edward Grey aufgefordert hatte, einen Kriegsgrund zu finden.

Ich habe doch auch darauf hingewiesen, das eine britische Verpflichtung für ein militärisches in Belgien bereits in der Vergangenheit im Foreign Office geprüft und abgelehnt worden war.

Schon der Amtsvorgänger von dem französischen Oberbefehlshaber Joffre, General Michel, hatte in Kenntnis des deutschen Schlieffenplans, entsprechend reagiert. Sein Plan XVI basierte auf ein ganz wesntliches Element des Schlieffenplans: Den Durchmarsch durch Belgien. 1911 wurde dann Joffre Oberbefehlshaber der Streitkräfte und er wies 1912 auf den Schwachpunkt der französischen Verteidgung hin: Belgien. Weder ein Vorgehen i, Elsass noch in Lothringen könne eine schnelle Entscheidung bringen, da es dort kein geeignetes Gelände gäbe. Die einzige Chance sei der Kampf auf belgischem Territorium. Joffre musste seine Planungen zu Belgien begraben, da die politischen Führung Frankreichs es nicht riskieren wollte, das London dann nicht auf der Seite Frankreichs in den Krieg eintreten würde, Schon die britische Öffentlichkeit würde sich lautstark bemerkbar machen.

Und die Deutschen? Der Schlieffenplan setzte einen sehr schnellen Sieg gegen Frankreich voraus, um sich dann anschließend mit seinen ganzen Kräften gegen Russland wenden zu können. So sollte das Problem des Zweifrontenkrieges aufgelöst werden. Deutschland konnte es sich also gar nicht leisten, im Gegenteil zu Russland und Frankreich, ruhig abzuwarten. Serbien machte seit dem 25.07. mobil, die Russen begannen ein Tag später. Die französischen Vorbereitungen, die Alarmbereitschaft der britischen Flotten ist Berlin ebenfalls nicht vervorgen geblieben.

Deutschland saß gewissermaßen in der Falle, hatte als Operationsplan nur den Schlieffenplan zur Verfügung, um den die Triple Entente wusste, die Franzosen hatten ihre Vorbereitungen darauf entsprechend abgestellt, der Große Aufmarch Ost war im deutschen Generalstab nicht weiter bearbeitet worden und schließlich hatten dann die Deutschen die belgische Neutralität völkerrechtswidrig gebrochen.

Aber es gibt eben doch die Punkte in Rechnung zu stellen, die ich hier erneut ausgeführt habe.
 
Deutschland konnte es sich also gar nicht leisten, im Gegenteil zu Russland und Frankreich, ruhig abzuwarten.
@Turgot ich greife nur diesen Satz heraus, nicht weil ich ihn aus dem Zusammenhang gerissen für zänkische Rabulistik einsetzen will, sondern weil sich mir zu diesem pointierten Satz und seinem Kontext eine Frage aufdrängt: ist diese gesamte Überlegung zum deutschen Handlungsspielraum ex post gedacht (schon im Wissen, dass der große Krieg losbrach und wie er verlief) oder hatten sich in den Wochen direkt vor dem völkerrechtswidrigen Angriff auf Belgien (Umsetzung des Schlieffenplans) die Handlungsoptionen - allen "Teilnehmern" bewußt! - derart eingeengt, dass allen klar, genau das (Belgien) wird/muss passieren, ist unausweichlich?
Oder anders gefragt: musste, weil diplomatisch peu a peu in die Enge, an den Rand manövriert, das Kaiserreich via Belgien (mit allen Konsequenzen, die man sich ausrechnen konnte! Dass da niemand sagt "oh, prima, da halten wir uns raus und bewundern aus der Ferne den Siegeslauf" war allen klar) losschlagen oder wollte es das nicht auch? Oder ein Gemenge aus beidem?
Die Idee (Deutung/Anschauung) damals in weiten Kreisen von der Unausweichlichkeit eines Kriegs, der dann wie automatisch um sich greift, nicht "lokal begrenzt" bleibt, und dessen Ausbruch/Initialzündung nur nicht exakt prophezeiht werden konnte in der Hektik - irgendwie habe ich den Eindruck, dass diese allgemeine Stimmung*) den Beteiligten den Blick vernebelte...

Aber das sind nur meine laienhaften Eindrücke, ich vermag das Geflecht der diplomatischen Winkelzüge nicht zu überblicken, kenne mich in dieser riesigen Dokumentenmasse nicht aus - aber instinktiv traue ich pauschalen verkürzten Erklärungen nicht. Du hast sicher recht darin, dass die komplexe Vorgeschichte samt ihrer damaligen Wirkmechanismen aufgedröselt werden muss.

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*) in aller Vagheit beschreibt, natürlich ex post 1924, Thomas Mann das in den letzten beiden Kapiteln des Zauberbergs
 
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