WK-1: "Deutschland trug zweifellos große Schuld am Kriegsausbruch"

Zu deinem besseren Verständnis habe ich jetzt die entscheidenden Stellen im Zitat fett geschrieben. Daraus folgt zweierlei:

- dass die deutsche Weltmachtstellung nur mit einem Krieg zu erreichen, halten bzw. zu verbessern sei,
- und dass dieser Krieg unter allen Umständen zu führen sei.

Falkenhayn wollte keinen Frieden – er verabscheute Politiker, die Friedensgespräche führten –, er wollte Krieg wie auch Moltke (im Kriegsrat am 8.12.1912 sagte dieser: "je eher je besser"). Und beide haben ihn auch bekommen und konnten ihn nacheinander als Generalstabschefs an entscheidender Stelle auch führen, bis Falkenhayn 1916 einsah, dass dieser endgültig nicht mehr zu gewinnen war - und zurücktrat.

Dir ist natürlich klar, Falkenhayn nicht die Mittel besaß. um über Krieg oder Frieden zu entscheiden und wie schon mehr ausgeführt, er akzeptierte den Primat der Politik. Daraus folgt, er hatte so sicher politischen Einstellungen, aber der Mann lebte im Zeitalter des Imperialismus.

Falkenhayn hatte bereits 1914 eingesehen, das der Krieg nicht mehr zu gewinnen war. Siehe mein Beitrag #957

Für die Idee, das Heer um mehr als 100.000 Mann aufzustocken, sind die 6 Monate, in denen sie im Parlament zum Gesetz wurde, eher kurz.

Ich sehe da kein Widerspruch zu meiner Aussage.

Ja – und auch das hat der Kriegstreiber Falkenhayn wiederholt kritisiert.

Das Hinweisen auf solche Mängel gehörte eindeutig zu den Aufgaben des Kriegsministers.

Und was hat von Tirpitz im Kriegsrat am 8. Dezember 1912 gesagt? Wir brauchen noch anderthalb Jahre. Und nach diesen anderthalb Jahren ging es auch tatsächlich los.

Glaubst du ernsthaft, das Tirpitz tatsächlich einen Einfluss darauf hatte, das es es Juli 1914 zum großen Krieg gekommen war?
In der ganzen Wochen der Julikrise spielte das Militär überhaupt gar keine Rolle. Wie erklärst du dir das angesichts deiner These?
Wenn oder was genau meinst du exakt mit "das Militär"? Meinst du Moltke und Falkenhayn und Tirpitz? Oder meinst du Flotte und Heer in ihrer Gesamtheit? Ich kann dir schon sagen, das die Marine keinen Krieg wollte! Moltke befand sich zur Kur in Karlsbad. Der sächsische Militärbevolmächtigte Leuckart wollte die Meinung des Generalstabes am 03.Juli in Gespräch mit Waldersee in Erfahrung zu bringen. "Was er sagte, schien die Meinung des Herrn Chef des Generalstabes der Armee zu sein. Er äußerte, das wir von heute zu morgen in einem Krieg verwickelt werden könnten. Alles hänge davon ab, wie Russland zu der österreichisch-serbischen Angelegenheit stelle. Jedenfalls werden die Ereignisse im Großen Generalstab eingehend verfolgt. Ich habe den Eindruck gewonnen, das man dort es als ganz günstig ansieht, wenn es jetzt zu einem Krieg käme." Soweit der sächsische Militärbevollmächtigte Leuckart.

Und diese Einschätzung ist wohl zutreffen. Die Ansicht, je später der ohnehin als unvermeidlich angesehene Krieg käme, desto besser seien die Siegeschancen für Deutschland. Das riesige Aufrüstungsprogramm des Zarenreichs war jedem bekannt.

Falkenhayn glaubte nicht an den großen Krieg, das er nicht daran glaubte, das sich die Wiener Staatsführung hierzu aufraffen könne.

Moltke hielt in den kommenden Wochen einen Weltkrieg schlicht für eine Katastrophe. Später schwankte er um und zwar aus strategischen Gründen. Falkenhayn tat nichts, um den Krieg zu verhindern, später bemühte er sich um eine zeitige Mobilmachung. Ganz am Ende mühte er sich gemeinsam mit Moltke mit Druck auf Kanzler und Kaiser den Ausbruch des Krieges zu beschleunigen.
Das Militär hatte den größten Teil in der Julikrise keine Rolle gespielt; die kam erst ganz am Ende, als die Weichen schon mehr oder weniger gestellt waren und zwar nicht nur durch das Deutsche Reich.

Wenn ich deiner Zeilen lese, gewinne ich den Eindruck, das du alles an Deutschland festmachst. Ich kann mich auch täuschen.

Es hatte immer wieder in den Jahren ab 1900 schwere Krisen gegeben, die die internationalen Beziehungen schwer erschütterten. Immer wieder war es gelungen den Krieg zu vermeiden. Die ganzen Entwicklungen der Vorkriegsjahre ließen eine Situation entstehen, in der die Katastrophe quasi unausweichlich war.
 
Musst du mir nicht erzählen.

Weiß ich, aber hier lesen ja nicht nur wir beide.:)

Naja, nicht nur nicht in der von Paris gewünschten Stärke, sondern sie fingen an überhastet zu operieren, ohne hinreichende Aufklärung zu betreiben und sich die nötige Zeit zu lassen ihre Angriffe vernünftig zu koordinieren, mit der entsprechend verheerenden Folge, dass die beiden russischen Armeen dann einzeln von der 8. Armee angegriffen und geschlagen werdenn konnten.
Da ist man wohl auch auf französischen Druck hin schneller zur Angriffoperation übergegangen, als es gut gewesen wäre, wahrscheinlich hätten die Russen im Osten, wenn sie sich 2-3 Wochen Zeit genommen hätten die Offensive vernünftig vorzubereiten und zu koordinieren, sehr viel schlagkräftiger auftreten können.

Überhastet? Wirklich? Die Russen wussten ebenso wie die Franzosen um die große Geschwindigkeit der deutschen Mobilmachung und wie enorm wichtig es war, im Westen schnell zu einen entscheidenden, ausschlaggebenden Erfolg zu kommen. Je eher die Russen in Ostpreußen also einfallen, desto größer die Verlegenheit der Deutschen. Und Moltke wurde ja auch sehr nervös und verlegte von der Westfront, wo jeder Mann gebraucht wurde, wie von den Franzosen gewünscht und erwartet Truppen an die Ostfront. Als die dort aus dem Zug stiegen, war die Lage aber durch die 8.Armee bereits durch zwei Siege gegen die 1. und 2 russische Armee bereinigt. Die Russen waren auch so unglaublich leichtsinnig, ihre Funkverkehr nicht zu verschlüsseln. Die Deutschen konnten alles mithören und entsprechend handeln.

Der Alpengrenze würde ich nicht allzu viel Bedeutung beimessen.
Die westlichen Alpenpässe dürften mit einem zahlenmäßig relativ geringen Aufwand zu verteidigen gewesen sein und da reichten, bei entsprechender Ausstattung mit Maschinengewehren sicherlich auch Reservetruppen ohne allzu starke artilleristische Ausstattung hin.
Ich weiß nicht, wie es mit Befestigungen in den Westalpen aussah (vielleicht weiß @dekumatland etwas darüber?), aber da ließen sich sicherlich relativ kostengünstig schwer überwindbare Hindernisse aufbauen, die mit relativ geringer Mannstärke zu halten waren.

Ich kenne die Verhältnisse dort auch nicht so genau. Was ich aber ganz genau weiß, ist, das gerade Staatschef Poincare genau in diesem Effekt den tatsächlichen Sinn der Abmachung mit Italien aus dem Jahre 1902 gesehen hatte. Also sollte schon etwas dran gewesen sein.

Allerdings gehörte zum Schlieffenplan ja durchaus auch mal der angedachte Einsatz einiger verbündeter italienischer Divisionen an der elsässischen Front, um französische Kräfte zu binden und den rechten deutschen Angriffsflügel stärker machen zu können.

Im September 1913 wurde sogar der Einsatz italienischer Kavallerie in Schlesien gegen Russland erörtert.
Aber im Dezember 1913 wurde der Primat der Westfront festgestellt. Moltke wollte die Italiener am linken deutschen Flügel einsetzen. Die italienische Kavallerie sollte bei Straßburg, die Infanterie zwischen Straßburg und Colmar zum Einsatz kommen. Moltke schrieb noch im April 1914 an Pollio, " Wenn Italien, Deutschland und Österreich ehrlich die Hand reichen, können sie in einer Welt von Feinden getrost die Stirn bieten."
Es wurde auch eine Konvention zwischen den verbündeten Marinen vereinbart.
 
Der Alpengrenze würde ich nicht allzu viel Bedeutung beimessen.
Die westlichen Alpenpässe dürften mit einem zahlenmäßig relativ geringen Aufwand zu verteidigen gewesen sein und da reichten, bei entsprechender Ausstattung mit Maschinengewehren sicherlich auch Reservetruppen ohne allzu starke artilleristische Ausstattung hin.
Ich weiß nicht, wie es mit Befestigungen in den Westalpen aussah (vielleicht weiß @dekumatland etwas darüber?), aber da ließen sich sicherlich relativ kostengünstig schwer überwindbare Hindernisse aufbauen, die mit relativ geringer Mannstärke zu halten waren.
die interalliierte Militärkommission, welche nach dem Ersten Weltkrieg sämtliche Befestigungen und Artillerie auf dem Boden des Deutschen Reichs akribisch untersuchte (was sollte geschleift werden, was durfte bestehen bleiben), nennt keinerlei Befestigungsanlagen und Artilleriestellungen am Alpenrand oder gar in den Westalpen. Die südlichsten Festungen des Deutschen Reichs waren Ulm und Ingolstadt, beide Anfang des 20. Jhs. auf modernen Stand gebracht, aber an keinerlei Kriegshandlungen beteiligt (hier mussten nur die modernsten Außenanlagen beseitigt werden)
Ansonsten, allerdings gegen einen französischen (Entlastungs)Angriff errichtet war die südlichste moderne Festung Istein. Istein musste komplett geschleift werden, es existiert ein Dossier über die Sprengungen mit vielen Fotos (nach dem Ersten Weltkrieg war von der Feste Istein weniger übrig als von der nur teilentfestigten Festung Helgoland (!) also in Istein sah man eine Gefahr, das Ding musste weg; die nun (wieder) französisch gewordenen Festungen Straßburg, Molsheim, Diedenhofen, Metz wurden nicht untersucht wegen des Besitzwechsels)

Die schiere Masse an akribisch untersuchten, kartografierten Befestigungsanlagen (und die archivierten Bestände der Untersuchungen sind nicht komplett! Es gibt z.B. kein Dossier über die Linearbefestigung bei Kleve, aber sie wurde in den 20ern gesprengt) ist erdrückend. Das Militär im Kaiserreich hatte Ende des 19. Jhs. und Anfang des 20. Jhs. bis ins Jahr 1918 hinein vehement fortifiziert, was ganz sicher nicht billig war.

Inwiefern man dieses massive "Festungsbauprogramm" als aktive Kriegsvorbereitung interpretieren will, mag ich nicht entscheiden. Festungen hatten sowohl defensive als auch offensive Aufgaben.
 
Überhastet? Wirklich?

In meinen Augen ja.

Je eher die Russen in Ostpreußen also einfallen, desto größer die Verlegenheit der Deutschen.
Du weißt welche Order Moltke seinerzeit v. Prittwitz mit auf den Weg gegeben hat, nämlich diejenige in jedem Fall die 8. Armee zu erhalten, inklusive der Erlaubnis sich falls nötig auf die Weichsel zurückfallen zu lassen und schlimmstenfalls auch dahinter zurück zu gehen.

In Ostpreußen gab es nichts, was für die Kriegsführung von besonderer Wichtigkeit gewesen wäre und genau so behandelte Moltke es zu Beginn des Krieges auch.
Als einen Raum, den man nötigenfalls opfern konnte.

Später änderte er, als v. Prittwitz tatsächlich hinter die Weichsel zurückgehen wollte zwar seine Meinung, sicherlich auch wegen des Drucks seitens der Politik und der öffentlichen Meinung, die Ostpreußen sicherlich verteidigt sehen wollten, aber war das ausgemacht?

Hätte durchaus sein können, das auf deutscher Seite man zu dem Schluss gekommen wäre, Ostpreußen für den Sieg im Westen zeitweilig opfern zu müssen.
Das Russischer Druck auf diese Provinz überhaupt irgendetwas im Westen bewirkte, war keine sichere Sache.

Davon ab halte ich es die Abfolge des russischen Vorgehens für einen taktischen Fehler.

Der für die 8. Armee in Ostpreußen gefährlichere Gegner war die Narew-Armee, weil die der 8. Armee in den Rücken fallen und ihre Nachschubwege kappen konnte.

Hätten die Russen ihre Kampagne mit einem Vorgehen der Narew-Armee in Richtung Westmasuren-Weichselabschnitt begonnen, hätte die 8. Armee nicht anders gekonnt, als zur Verteidigung dieses Gebiets zu eilen und den gesamten Osten Ostpreußens völlig ungedeckt zu lassen.
Hätte die Narew-Armee nach erfolgreichem Anlocken der 8. Armee eine hinhaltende Manövertaktik verfolgt und wäre mit kurzen taktischen Rückzügen der 8. Armee immer wieder in Richtung Russisch-Polen ausgewichen, ohne sich aber aus der strategisch hochsensiblen Weichselregion zurück zu ziehen, wäre der 8. Armee nichts anderes übrig geblieben, als mit dem Gros ihrer Kräfte ebenfalls in der Region zu bleiben.
Die Njemen-Armee hätte dann weitgehend ungehindert vorgehen und denn Nordwesten Ostpreußens handstreichartig einkassieren können.
Spätestens wenn die Njemen-Armee im Raum Wehlau den "Pregel" südlich und die "Alle" Westlich überschritten hätte, wäre die Situation für die 8. Armee unhaltbar geworden, weil dann tatsächlich ein konzentrischer Zangenangriff der beiden russischen Armeen möglich geworden wäre, dann hätte sie hinter die Weichsel zurückgehen müssen und alles östlich davon wäre verloren gewesen.

So wie die Russen es tatsächlich machten, erst im Osten mit der Njemen-Armee vorzugehen, lief darauf hinaus die deutschen Truppen in den Osten locken und dort abschneiden zu wollen, was in meinen Augen fehlgeleitet war, weil es das Eisenbahnsystem nicht berücksichtigte, dass es ermöglichte jederzeit schnell so viele Truppen nach Westen zu verlegen, dass man die Narew-Armee in jedem Fall hinhalten und nötigenfalls über die Weichsel gehen konnte.
Das heißt, dass die Russen auf diese Weise eine Einkesselung der deutschen Kräfte hinbekommen würden, war unwahrscheinlich, dafür bot es allerdings den deutschen die Möglichkeit die russischen Armeen getrennt anzugreifen.
Beim oben skizzierten umgekehrten Vorgehen, wäre es wahrscheinlich mit etwas mehr Geduld möglich gewesen, die deutschen Truppen mit minimalen eigenen Verlusten hinter die Weichsel zurück zu drängen, ganz Ostpreußen einzusacken und im Raum Bromberg-Thorn-Weichsel mit 2 Armeen einer abgespeckten deutschen Armee gegenüber zu stehen.
Das hätte vielleicht 1-2 Wochen länger gedauert, allerdings hätte das Moltke um so mehr genötigt Truppen aus dem Westen abzuziehen, bei geringerem Risiko für die russischen Kräfte.

Ich kenne die Verhältnisse dort auch nicht so genau. Was ich aber ganz genau weiß, ist, das gerade Staatschef Poincare genau in diesem Effekt den tatsächlichen Sinn der Abmachung mit Italien aus dem Jahre 1902 gesehen hatte. Also sollte schon etwas dran gewesen sein.

Ja, aber Poincaré kannte auch die Implikationen der deutschen Planungen hinsichtlich der italienischen Truppen die für das Elsass vorgesehen waren, sicher nicht so genau.

Die Alpenpässe wären sicherlich nicht das große Problem gewesen, was Manpower betrifft, die Österreicher schafften es zeitweise ihre Alpenpässe Richtung Italien mit ein paar besseren Milizeinheiten zu sichern.

Im September 1913 wurde sogar der Einsatz italienischer Kavallerie in Schlesien gegen Russland erörtert.
Aber im Dezember 1913 wurde der Primat der Westfront festgestellt. Moltke wollte die Italiener am linken deutschen Flügel einsetzen. Die italienische Kavallerie sollte bei Straßburg, die Infanterie zwischen Straßburg und Colmar zum Einsatz kommen. Moltke schrieb noch im April 1914 an Pollio, " Wenn Italien, Deutschland und Österreich ehrlich die Hand reichen, können sie in einer Welt von Feinden getrost die Stirn bieten."

Mit anderenn Worten offiziell aufgegeben hatte man das nie, inoffiziell musste man der Situation Rechnung tragend aber auf einen Ausfall der italienischen Kräfte rechnen und vorbauen.

die interalliierte Militärkommission, welche nach dem Ersten Weltkrieg sämtliche Befestigungen und Artillerie auf dem Boden des Deutschen Reichs akribisch untersuchte (was sollte geschleift werden, was durfte bestehen bleiben), nennt keinerlei Befestigungsanlagen und Artilleriestellungen am Alpenrand oder gar in den Westalpen. Die südlichsten Festungen des Deutschen Reichs waren Ulm und Ingolstadt, beide Anfang des 20. Jhs. auf modernen Stand gebracht, aber an keinerlei Kriegshandlungen beteiligt (hier mussten nur die modernsten Außenanlagen beseitigt werden)

Vielleicht hab ich mich da misssverständlich ausgedrückt.
Das es keine deutschen Festungen in den Westalpen gab, ist mir natürlich klar, mir ging es darum, ob von französischer Seite zeitnah vor dem 1. Weltkieg die Alpenpässe zwischen Frankreich und Italien, bzw. strategisch wichtige Punkte auf diesen Passwegen mal fortifiziert worden sind, ähnlich wie das in Südtirol auf österreichischer Seite passierte.
Im Besonderen in den Räumen westlich Turin und Cuneo, die sich von italienischer Seite her als Aufmarschräume sicherlich geeignet hättenso wie unmittelbar an der Küste der Raum Nizza.
 
Nachtrag, betreffend Fortifikation Westalpen:

Jedenfalls in der Gegend von Briancon, Alpenpässe westlich Turin, scheint man im ausgehenden 19. Jahrhunder tauf französischer Seite in Sachen Fortifikation gegen Italien tätig geworden zu sein:

Fort de l’Infernet – Wikipedia

Dürfte da in den 1880ern erbaut um 1910 nicht mehr auf dem neuesten Stand gewesen sein, hätte allerdings wahrscheinlich für die Italiener, die keinen so großen Park an schwerer Belagerungsartillerie hatten, wahrscheinlich ein ganz hübsches Hinderniss dargestellt.
Da müsste man sich ggf. mal ansehen, ob das ein Einzelfall ist, oder ob man von französischer Seite her einigermaßen konsequent die westlichen Alpenpässe fortifiziert hatte.
 
Du weißt welche Order Moltke seinerzeit v. Prittwitz mit auf den Weg gegeben hat, nämlich diejenige in jedem Fall die 8. Armee zu erhalten, inklusive der Erlaubnis sich falls nötig auf die Weichsel zurückfallen zu lassen und schlimmstenfalls auch dahinter zurück zu gehen.

Aber ja und trotzdem wurde Moltke doch recht nervös. Als Prittwitz am Abend des 20.August seinen Entschluss, die Schlacht abzubrechen, mitteilte.
Er befürchtete eine Umfassung seiner ganzen Armee. Die kommandierenden Generale teilten die Befürchtungen von Prittwitz nicht und bewerteten die Entscheidung als katastrophal. Prittwitz führte gegenüber auch aus, das ein Halten der Weichsellinien nur mit Verstärkung machbar sei. Gleichzeitig kam Meldungen von kommandierenden Generalen der 8.Arme, die ihren Unmut Luft machten.
Der bayrische Militärbevollmächtigte von Wenninger notierte sich dazu:
"Der Osten macht schwere Sorgen, unglückliche Führung, eine Schlappe bei Gumbinnen, übereilte Entschlüsse O.K.Ost, Rückzug hinter die Weichsel, aus Sorge abgeschnitten zu werden, vorschnelle Preisgabe zweier blühender Provinzen."
Moltke nahm am nächsten Morgen unter großen Schwierigkeiten telefonisch Verbindung mit einzelnen kommandierenden Generalen der 8.Armee auf. Den Rest kennen wird. Prittwitz wurde abgelöst und Hindenburg und Ludendorff übernahmen das Kommando.

Hätten die Russen ihre Kampagne mit einem Vorgehen der Narew-Armee in Richtung Westmasuren-Weichselabschnitt begonnen, hätte die 8. Armee nicht anders gekonnt, als zur Verteidigung dieses Gebiets zu eilen und den gesamten Osten Ostpreußens völlig ungedeckt zu lassen.

Es wäre sicher auch für die Russen hilfreich gewesen, wenn die beiden Kommandeure der 1. und 2.Armee, Paul von Rennenkampf und Alexander Samsonow, konstruktiv und sachlich zusammengearbeitet hätten. Das taten sie nicht, im Gegenteil, denn sie konnten einander nicht leiden. Das reichte schon bis in den Krieg gegen Japan zurück.

Beim oben skizzierten umgekehrten Vorgehen, wäre es wahrscheinlich mit etwas mehr Geduld möglich gewesen, die deutschen Truppen mit minimalen eigenen Verlusten hinter die Weichsel zurück zu drängen, ganz Ostpreußen einzusacken und im Raum Bromberg-Thorn-Weichsel mit 2 Armeen einer abgespeckten deutschen Armee gegenüber zu stehen.
Das hätte vielleicht 1-2 Wochen länger gedauert, allerdings hätte das Moltke um so mehr genötigt Truppen aus dem Westen abzuziehen, bei geringerem Risiko für die russischen Kräfte.

Gut möglich, aber aufgrund der tiefen Abneigung der beiden russischen Generale war an einer gedeihlichen Zusammenarbeit der beiden Armeen nicht zu denken.

Mit anderenn Worten offiziell aufgegeben hatte man das nie, inoffiziell musste man der Situation Rechnung tragend aber auf einen Ausfall der italienischen Kräfte rechnen und vorbauen.

Offiziell von militärischer deutscher verantwortlicher Seite, ja. Alberto Pollio genoss sowohl bei Moltke als auch bei Conrad, ausgerechnet bei ihm, großes Vertrauen.
 
versuchst uns deine Sentiments als historische Tatsachen zu verkaufen,
Es ist ganz legitim zu anderen Schlüssen zu kommen als man selber.
Und ist man denn selbst ganz immun gegen die eigenen Sentiments?
Nur nebenbei bemerkt als Smalltalk.

Das Militär hat den Krieg gewollt und auch bekommen, ..
Welches Militär?
Das des DR erwartete einen Krieg und ging davon, dass ein solcher zu späterer Zeit unter ungünstigeren Umständen geführt werden müsste.
Das gleiche gilt für Ö-U, dessen oberste Befehlshaber über viele Jahre in geradezu manischer Weise auf Präventivkriege drängte.
Das französische Militär ist sich seiner grundsätzlichen Unterlegenheit bewusst und geht davon aus, dass nur der Bündnispartner Russland die Balance halten kann.
Wenn also Krieg, dann solange man auf Russland noch zählen kann.
Auch da gibt es die Vorstellung, ein jetziger Krieg sei besser als ein späterer.

Es zentriert sich der Blick der Mächte deutlich auf Russland, dessen künftiges Erstarken erwartet wird.
(Ja, es ist sogar von den USA des Ostens die Rede)
Nur, Russland selber glaubt am wenigsten daran und es taumelt politisch seit der Revolution 1905 immer noch.
Es ist der wohl irrationalste Spieler im Schreckenskonzert der Großmächte.

Und falls das Militär de DR einen Krieg „bekommen“ hat, dann stellt sich die Frage: von wem?
 
Es ist ganz legitim zu anderen Schlüssen zu kommen als man selber.
Und ist man denn selbst ganz immun gegen die eigenen Sentiments?
Nur nebenbei bemerkt als Smalltalk.

Habe ich behauptet, das irgendwer gaz immun gegen die eigenen Sentiments wäre? Das ist natürlich niemand.
Und sicherlich ist es grundsätzlich legitim zu anderen Schlüssen zu kommen als sein Widerpart.
Nur sollte man sich vielleicht überlegen, ob diese Schlüsse was taugen, wenn man mehr oder weniger den gesamten historischen Kontext ausblenden oder verbiegen muss, um zu diesen Schlüssen gelagen zu können.

Nur, Russland selber glaubt am wenigsten daran und es taumelt politisch seit der Revolution 1905 immer noch.
Es ist der wohl irrationalste Spieler im Schreckenskonzert der Großmächte.

Ich halte Russlands Position nicht für besonders irrational, sofern man sich von der Vorstellung verabschiedet, dass Russland so etwas wie ein homogener Block sei.

Vor allem dann, wenn man sich klar macht, das die sich formierenden industriellen Boom-Regionen am Anfang des 20. Jahrhunderts nicht unbedingt Kernrussland sind.
Neben dem, was in Petersburg und Moskau in diese Richtung passiert, spielt sich ja ein Großteil der Entwicklung, was die Industrialisierung betrifft in russisch Polen (vor allem Warschau und Lodz) und in der Ukraine, so wie in Anfängen im Kaukasus (Ölindustrie) ab.
Alles Regionen, deren deren Loyalität zum Zarenreich durchaus ohnehin fraglich war (Polen/Kaukasus) oder es in zunehmendem Maße wurde (Teile der Ukraine).
Gleichzeitig gab es bis auf das Zarentum eigentlich keine keine Klammer, die dieses Reich zusammen hielt.
In diesem Zusammenhang ist immer die ideologische Konstruktion "Panslawismus" angesprochen worden, aber angesichts der rabiaten Behandlung Polens im 19. Jahrhundert, angesichts von Versuchen die polnische und ukrainische Sprache zu repressieren und den Diskriminierungen, die das für alle in diesen Regionen mit sich brachte, die nicht in erster Linie russisch sprachen, dürfte die innerhalb Russlands selbst nicht unbedingt überragende Anschlussfähigkeit besessen haben.

Angesichts dessen halte ich die in Russland relevante Vorstellung sich selbst in einer prekären Situation zu finden, für nicht so weit hergeholt.
Was das Russische Riesenreich zusammenhielt, war das Zarentum und dass schwächelte sichtlich. Nach 1905 waren die meisten im Zuge der Revolution erlassenen Reformen in den kommenden Jahren wieder eingestampft worden, mit dem Ergebnis, dass das Zarentum zwischen 1905 und 1914 auch beim liberalen Bürgertum massiv an Kredit einbüßte.
Das man in St. Petersburg unter diesen Umständen außenpolitische Misserfolge fürchtete, die die Regierung schwach aussehen lassen würden, ist, meine ich verständlich, weil dass vor diesem Hintergrund jederzeit der Startschuss für innenpolitische Unruhen sein konnte.
Unzufriedene gab es genug.
 
Welches Militär?

Die Frage habe ich auch schon gestellt.;)

hatl schrieb:
Das gleiche gilt für Ö-U, dessen oberste Befehlshaber über viele Jahre in geradezu manischer Weise auf Präventivkriege drängte.

Oberster Befehlshaber in der Monarchie war Kaiser Franz-Joseph und den meinst du sicherlich nicht. Du meinst wohl den Chef des Generalstabes Conrad, der in der Tat sowohl gegen Serbien als auch Italien den Präventivkrieg mehrfach gefordert hatte. Im Nachhinein wird sich Conrad durch den Gang der Ereignisse bestätigt gefühlt haben.

Nur, Russland selber glaubt am wenigsten daran und es taumelt politisch seit der Revolution 1905 immer noch.

Dann stellt sich für mich die Frage, weshalb man dann in der Julikrise ganz bewusst den Weltkrieg in Kauf genommen hat; nur damit Österreich-Ungarn nicht bis Belgrad marschiert und dann ein "Faustpfand" nimmt. Und der Kriegsminister Suchumlinow hat voller Überzeugung ausgeführt, das die russische Armee in jeder Beziehung für die militärische Auseinandersetzung bereit sei. Auch 1912 trat man gegenüber Wien schon sehr drohend auf, um Belgrad einen Hafen an der Adria zu verschaffen. Und wenige Wochen zuvor bei Beginn des Krieges versicherte man Wien man wolle gewissermaßen Hand in Hand die Probleme auf dem Balkan angehen. Da erfolgte dann offenkundig ein schnelles Umdenken und statt Diplomatie erfolgte Säbelrasseln.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das man in St. Petersburg unter diesen Umständen außenpolitische Misserfolge fürchtete, die die Regierung schwach aussehen lassen würden, ist, meine ich ver
ständlich, weil dass vor diesem Hintergrund jederzeit der Startschuss für innenpolitische Unruhen sein konnte.
Unzufriedene gab es genug.

Wenn man diese tatsächlich fürchtete, dann wäre es doch eine gute Idee gewesen, erst gar nicht durch eine nicht offensive Außenpolitik eine Situation herbeizuführen, in der so ein Misserfolg drohen könne. Siehe die Annexionskrise, siehe den Ersten Balkankrieg und dann endlich auch die Julikrise. Nur das es dann tatsächlich zum Krieg gekommen war. Warum trat man dermaßen engagiert für das kleine, unruhige und unzufriedene Serbien ein?
Für Wien wäre ein serbischer Hafen, befestigt und zum Militärhafen erweitert, für die Russen umfänglich nutzbar, ein Sicherheitsproblem erster Güte gewesen.
Unter russischer Patronanz wurde der Balkanbund begründet; zunächst mit Stoßrichtung gegen das Osmanische Reich und das es sich später gegen Wien wenden würde, lag auf der Hand.

Angesichts dessen halte ich die in Russland relevante Vorstellung sich selbst in einer prekären Situation zu finden, für nicht so weit hergeholt.

Das russische Riesenreich hatte ein gigantisches Rüstungsprogramm aufgelegt und wenn dieses durchgeführt war, so ca, 1917, dann war es für seine Nachbarn eine große potenzielle Bedrohung gewesen.
 
Dir ist natürlich klar, Falkenhayn nicht die Mittel besaß. um über Krieg oder Frieden zu entscheiden und wie schon mehr ausgeführt, er akzeptierte den Primat der Politik. Daraus folgt, er hatte so sicher politischen Einstellungen, aber der Mann lebte im Zeitalter des Imperialismus.
Was soll dieser entschuldigende Satz? Auch im Zeitalter des Imperialismus war es kein Muss, Krieg zu wollen.

Ich möchte hier auch der Meinung widersprechen, ich sehe im Deutschen Reich den Hauptschuldigen für den I. Weltkrieg. Der Hauptschuldige war Österreich-Ungarn, weil es den Krieg begonnen hatte. Ö-U hat Serbien angegriffen, das aber nur gewagt, weil es vom DR einen Blankoscheck erhielt – auf sich allein gestellt, würde es niemals wagen, Serbien anzugreifen, weil hinter diesem Russland stand.

Österreich-Ungarn hat auch die von GB am 26. Juli 1914 angeregte internationale Konferenz zur Schlichtung der Krise, die nach der Ermordung des österreichischen Kronprinzen entstanden war, noch am gleichen Tag zurückgewiesen. Weil Ö-U diesen Krieg wollte und den am 29. Juli mit Beschuss von Belgrad auch begann - obwohl Ö-U seit dem 25. Juli wusste, dass Russland an der Seite Serbien stehe.

Als Russland am 30. Juli 1914 mobilmachte, standen Österreich-Ungarn und Serbien schon im Krieg. Dass diese russische Mobilmachung, von der man übrigens wusste, dass sie sehr langsam sein würde, vom DR als Grund für das Losschlagen gegen Luxemburg und Belgien angegeben wurde, sieht nach richtigem Grund aus, ist aber nur vorgeschoben, denn der Krieg lief ja schon.

GB wollte keinen Krieg, denn Serbien war weit weg und für GB nicht wichtig genug. Aber als die Deutschen dem neutralen Belgien Ultimatum stellten und in Luxemburg einmarschierten, änderte sich die Lage: Das war vor ihrer Haustür.

Das heißt, hätten die Deutschen Belgien nicht angegriffen, wären die Briten ruhig geblieben und Frankreich hätte es ohne sie nicht gewagt, Deutschland anzugreifen. Im Westen gäbe es dann höchstwahrscheinlich keinen Krieg und damit auch keinen Weltkrieg.
 
Was soll dieser entschuldigende Satz? Auch im Zeitalter des Imperialismus war es kein Muss, Krieg zu wollen.

Wir sind hier doch nicht bei der Inquisition, bei dem jeder, der nicht den @Dion schen moralischen Wertvorstellungen gerecht wird, ab- und verurteilt wird. Halt, das geht ja auch nicht, die Kirche hast du ja auch ganz fest im Visier.

Die damaligen Akteure und ihr Handeln bzw. Nichthandeln lassen sich nur aus ihrer Zeit heraus seriös beurteilen.

Du hast jede Menge Fakten und Einflussfaktoren vergessen. Du reißt irgendwo, irgendwie ein Thema an, erhälst eine Antwort, die dir dann nicht gefällt, ignorierst diese und hoppelst zur nächsten eigenwilligen These. Auf die vorigen Antworten ist dir ja auch nichts mehr eingefallen.

Um zu einer Bewertung der des überaus komplexen Themas der Frage der Verantwortung und Schuld des Ersten Weltkrieges zu gelangen, ist eine Untersuchung der schweren Krisen und vor allem deren Folgen am Vorabend des Ersten Weltkrieges notwendig.

Ein intensiver Blick in die Aktenpublikationen der beteiligten Länder kann auch nicht schaden.

In deinen Ausführungen fehlt beispielsweise komplett die französische Außenpolitik, die das Rad der Zeit zurückdrehen wollte, um den Frankfurter Frieden aus dem Jahre 1871, einschließlich der finanziellen Auflagen, rückgängig zu machen.
Das bedeutete, das Frankreich an den territorialen Status in Mitteleuropa rüttelte und diesen zu Lasten Deutschlands verändern wollte. Lies dir einfach mal das Buch von Stefan Schmidt, Frankreichs Außenpolitik in Julikrise 1914 sorgfältig durch. Da geht dir das eine oder andere Mal die Augen auf.

Der nächste Staat der den territorialen Status Quo in Frage stellte, das war Russland. Schon der letzte Außenminister des Zarenreichs Professor Prokowski schreibt in seinem Buch "Drei Konferenzen", das solltest du unbedingt lesen, "Das der Krieg für das kaiserliche und bürgerliche Russland objektiv ein Krieg um Konstantinopel, ein Krieg um das türkische Erbe war, musste für auch nur einigermaßen hellsehende Leute klar sein."
Eine unmissverständlich, sehr deutliche Aussage, von einem Mann der es wissen muss, des Außenminister Prokowski. Oder die eines anderen russischen Mannes aus dem Außenministerium Michael von der Taube, mit seinem Buch, "Der Katastrophe entgegen".

Auch lesenswert das Buch von McMeekin, "Russlands Weg in dem Krieg" durch oder das von Linke, "Das zarische Russland und der Erste Weltkrieg". Es gibt hinreichend Literatur.

Aber auch Clark sein "Schlafwandler" tun es. Es gibt sehr, sehr gute und zahlreich Bücher zum Thema und ich habe jede Menge davon durchgearbeitet.

Ach ja, was ist denn mit dem fanzösischen Blankoscheck, ausgestellt schon im Jahre 1912, auch für einen Angriff Russlands auf Österreich-Ungarn? Den hast du gar nicht erwähnt. Warum nicht?
Und der Leiter der britischen Außenpolitik Sir Edward Grey und seinen ganzen antideutschen Mitarbeiter im Foreign Office,war nun auch nicht harmlos.. Er belog mehrfach den deutschen Botschafter, das eigene Parlament, er verschwieg dem Parlament die entscheidende Passage des Briefwechsel mit Cambon. Grey und seine liberalen Freunde taten alles, um sicherzustellen, das England dem Kriege nicht fernblieb.

Oder das der britische König Georg V. Grey direkt aufforderte, einen Kriegsgrund zu finden. "Sie müssen einen Grund finden, Grey. Deutschland würde, wenn England sich nicht am Krieg beteilige, mit Frankreich aufräumen und nachdem es Europa erledigt hätte, dieses Land [England?, Anmerkung von mir] vollständig dominieren."

Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen, was ich dir aber eigentlich nur sagen will, so einfach und bündig wie du es darstellst, war es nicht gewesen und das trifft auch bei der Bemessung der Verantwortung und Schuld zu.
 
Es gibt sehr, sehr gute und zahlreich Bücher zum Thema und ich habe jede Menge davon durchgearbeitet.
Ich weiß sehr wohl, dass du in diesem Forum wahrscheinlich das meiste Wissen über und um den I. Weltkrieg hast. Und deswegen solltest auch du sehen können, dass der Blankoscheck des Deutsche Reichs, der dem maroden Österreich-Ungarn freie Hand ließ bei der Frage über Krieg oder Frieden, mit das entscheidende Grund war, dass es 1914 zum Weltkrieg kam.
Ob es aufgrund der damaligen Konstellation unter den europäischen Mächten später auch zu einem Krieg gekommen wäre, ist eine Frage, die unbeantwortet bleiben muss: Wir können nur über das, was geschah, diskutieren.

quasi das "Abstract" kurz und bündig
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Du konntest das schreiben, weil du verkürzt zitiert hast. Wenn schon, dann hättest du nicht nur den einen Satz zitieren sollen, sondern auch den Folgesatz – hier zu deinem besseren Verständnis schreibe ich beide Sätze nochmal hin:

Der Hauptschuldige war Österreich-Ungarn, weil es den Krieg begonnen hatte. Ö-U hat Serbien angegriffen, das aber nur gewagt, weil es vom DR einen Blankoscheck erhielt – auf sich allein gestellt, würde es niemals wagen, Serbien anzugreifen, weil hinter diesem Russland stand.

Und nun sage mir, was an dieser Aussage falsch sein sollte.
 
Und nun sage mir, was an dieser Aussage falsch sein sollte.
ok, erst mal metaphorisch sozusagen:
Den Linguisten wird es eines Tages gelingen, den gesamten Weltlauf auf die einfache Formel Karlchen fährt Roller zu reduzieren.
(Hans Wollschläger)
:D
(anders gesagt: du verkürzt und simplifizierst in deinen Pauschalurteilen - wenn in Sachen Geschichte alles so simpel wäre, gäbe es keine komplizierte und gelegentlich kontroverse Fachliteratur)
 
Wir können nur über das, was geschah, diskutieren.
Das ist richtig!!!

...aber warum hältst du selber dich nicht daran? schaumal:
Das heißt, hätten die Deutschen Belgien nicht angegriffen, wären die Briten ruhig geblieben und Frankreich hätte es ohne sie nicht gewagt, Deutschland anzugreifen. Im Westen gäbe es dann höchstwahrscheinlich keinen Krieg und damit auch keinen Weltkrieg.
 
Und deswegen solltest auch du sehen können, dass der Blankoscheck des Deutsche Reichs, der dem maroden Österreich-Ungarn freie Hand ließ bei der Frage über Krieg oder Frieden, mit das entscheidende Grund war, dass es 1914 zum Weltkrieg kam.

Kennst du das Memorandum von dem Sektionschef Franz von Matscheko? Es ist ein Schlüsseldokument in der Julikrise. Es war dem Handschreiben von Kaiser Franz-Joseph bei der Mission des k.k. Sondergesandten von Hoyos am 05.07. und 06.07.1914. für die Deutschen beigegeben. Es enthält die wesentlichen Überlegungen der Monarchie, wie nach dem für sie höchst unerfreulichen verlaufenen Balkankriege, die Lage auf dem Balkan stabilisiert werden soll. Unter anderem wird dort deutlich, das Wien mit Rumänien nicht mehr rechnete und eine Umorientierung hin zu Sofia erfolgen soll. Mit Serbien kam eine Annäherung nach 1908/1909, 1912/13 und den erfolgten Attentat auf dem Thronfolger nicht mehr in Frage. Des Weiteren sollte ein Bündnis mit dem Osmanischen Reich abgeschlossen werden.
Dieses Memorandum und das Handschreiben von Kaiser Franz-Joseph waren also die Grundlage für die Beratungen in Berlin und Potsdam am 05.07. und dem 06.07.1914.
Das Memorandum wurde benutzt, um weitgehende Zusagen zu erhalten.
Auf der Ministerratskonferenz am 07.07.1914 in Wien, Hoyos war wieder in Wien, spielte die wesentlichen Aussagen, nämlich die abzuschließenden Bündnisse, vor dem Krieg, des Memorandums plötzlich keine Rolle mehr. Die deutsche Seite war also von Österreich getäuscht, aber zumindest nicht nicht korrekt orientiert worden.

Dion schrieb:
Ob es aufgrund der damaligen Konstellation unter den europäischen Mächten später auch zu einem Krieg gekommen wäre, ist eine Frage, die unbeantwortet bleiben muss: Wir können nur über das, was geschah, diskutieren.

Wissen tun wir es natürlich nicht; aber die Wahrscheinlich das es früher oder später zum großen Krieg gekommen wäre, die war sehr hoch.
Ja, wir können darüber diskutieren was geschah, aber bitte unter Berücksichtigung möglichst aller oder zumindest vieler Fakten. Nicht nur jene, die Berlin und Wien belasten und Paris, Petersburg, London und Rom ausblenden.

@Dion schrieb:
Das heißt, hätten die Deutschen Belgien nicht angegriffen, wären die Briten ruhig geblieben und Frankreich hätte es ohne sie nicht gewagt, Deutschland anzugreifen. Im Westen gäbe es dann höchstwahrscheinlich keinen Krieg und damit auch keinen Weltkrieg.

Belgien war "nur" ein willkommener Vorwand für London in den Krieg einzutreten. Großbritannien hätte Frankreich nicht im Regen stehen lassen. Siehe beispielsweise meine obigen Ausführungen des Königs Georg V. zu Sir Edward Grey und das Verhalten in den beiden Marokkokrisen.
 
Zuletzt bearbeitet:
du verkürzt und simplifizierst in deinen Pauschalurteilen
Ja, das tue ich - weil man sonst bei einem so komplizierten Thema nicht zu Potte kommt. Es gibt viele Variablen, die mal so und mal anders beurteilt werden können, je nach Intention des Kommentators. Der eine sagt z.B., Kriegsrat am 8. Dezember 1912 war wichtig, der andere sagt, nein, das war nicht wichtig – war nicht einmal Kriegsrat.

Historische Ereignisse werden unterschiedlich bewertet, was normal ist, aber niemand kann für sich in Anspruch nehmen, seine Gewichtung ist allein die richtige.

Die deutsche Seite war also von Österreich getäuscht, aber zumindest nicht nicht korrekt orientiert worden.
Tja, das war wirklich nicht schön von Österreich-Ungarn, aber zu so einem Spiel gehören mindestens zwei: Einer, der täuscht, und einer, der sich täuschen lässt.

Zumal das mit dem Täuschen so eine Sache war. Blankoscheck war am 5. Juli ausgestellt, aber schon kurz danach drängte Wilhelm II. die Österreicher zum Handeln – Zitat:

Aber schon am 8. Juli ließ der wankelmütige Wilhelm den deutschen Botschafter in Wien Heinrich von Tschirschky zu einer Aktion gegen Serbien drängen: Er solle „mit allem Nachdruck erklären, daß man in Berlin eine Aktion gegen Serbien erwarte und daß es in Deutschland nicht verstanden würde, wenn wir die gegebene Gelegenheit vorübergehen ließen, ohne einen Schlag zu führen“.[27] Berlin war kein „unschuldiges Opfer“ einer „Wiener Intrige“, sondern drängte den Bündnispartner aktiv, ermutigend, sogar etwas ungeduldig zum Handeln.[28]

Übrigens waren der Reichskanzler Bethmann Hollweg und der Kriegsminister von Falkenhayn beim Erteilen des Blankoschecks* mitbeteiligt.

* Blankoscheck war in diesem Fall die Aussage, dass Ö-U mit Serbien machen könne, was es wolle, aber falls Russland intervenieren sollte, würde Deutschland Ö-U beistehen. Ähnliches gab es vom DR schon bei der Annexion von Bosnien & Herzegowina durch Österreich-Ungarn.

PS:
Belgien war "nur" ein willkommener Vorwand für London in den Krieg einzutreten.
Das sehe ich anders, denn die Briten hielten sich zurück, solange sie konnten, aber als das neutrale Belgien angegriffen wurde, mobilisierten auch sie.
 
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