Nein, in Preußen gab es keine Militärdiktatur, aber ein Militär, das großen Einfluss auf die Politik hatte – sonst wären die vielen Kriege, die Preußen führte, nicht zu erklären gewesen. Und wegen der 200 Jahre: Dir ist offensichtlich das
Krümpersystem nicht bekannt. Damit versuchte Preußen, Restriktion in Bezug auf Heeresgröße, die ihm nach der Niederlage bei Austerlitz auferlegt waren, zu umgehen. Das preußische Militär hat eine Schlacht und Preußen selbst große Gebiete verloren, aber es gibt nicht klein bei, sondern sinnt auf Rache.
Welche vielen Kriege?
Es waren zwischen den "Befreihungskriegen" und dem 1. Weltkrieg gerade einmal 3.
Schau dir an, wie oft Großbritannien oder Frankreich in diese Zeitrau Krieg führten.
Frankreich führte in den 1850er Jahren den Krimkrieg gegen Russland, dann 1859 zusammen mit Piemont-Sardinien Krieg gegen Österreich, dann Anfang der 1860er Jahre Krieg in Mexiko um sich da ein Kolonialreich aufzubauen, dann 1870 Krieg gegen Preußen und die Süddeutschen Staaten, in den 1880er Jahren dann nochmal ausgedehnten Krieg in Südostasien gegen China, um große Gebiete in Indochina und da sind jetzt die ganzen kleineren Kolonialkriege noch nicht mit drinn.
Bei Großbritannien fange ich lieber gar nicht erst damit an. Wenn man die ganzen Kolonialkriege mitzählt, überfiel Großbritannien gefühlt im Jahresrythmus irgendwen, nur hat dass eben auf Grund von Eurozentrismus relativ wenig Beachtung gefunden, wenn irgendein indisches Fürstentum, oder afrikanische Gruppen mit Krieg überzogen wurden.
Diese Ignoranz muss man aber durchaus nicht perpetuiern.
Das größte Kolonialreich der Geschichte mit Territorien bis nach Indien und China hinein ist nicht durch übermäßigen Pazifismus entstanden.
Waren das jetzt Militärdiktaturen, weil sie mehr Kriege führten als Preußen-Deutschland?
Zugegeben, Frankreich unter Napoléon I. war eine Militärdiktatur und unter Napoléon III. der zwar kein ranghoher Militär war, dessen Herrschaft aber stark auf die französische Armee und den Ruf, den die Familie Bonaparte dort hatte gestützt war, war jededenfalls nicht soooo weit vom Modell einer Militärdiktatur weg.
Aber auf Großbritannien trifft das so überhaupt nicht zu. Der einzige größere Militär der da zwischen 1815 und 1914 zu größerer politischer Macht kam, war der Herzog von Wellington, der 2 mal (wenn ich mich nicht täusche) als Premierminister fungierte, allerdings ohne dabei mehr als die üblichen Befugnisse eines PM zu haben.
Was du mit dem Krüpersystem hast, weiß ich nicht. Das war ein aus der Not geborenes Rekrutiierungs- und Ausbildungssystem, in der napoléonischen Zeit, dass danach durch ein zeitgemäßeres Wehrpflichtsystem ersetzt wurde.
Das Krümpersystem erlaubte zwar die Aushebung relativ großer Kontingente, allerdings war die Ausbildung dieser Truppen absolut mangehlaft, so dass das was dabei herauskam, eher ein Miliz-Heer, als eine vollwertige Armee war.
Das war während der "Befreiungskriege" deswegen kein Problem weil nach Russland auch die Napoléon einen großteil seiner Veteranen verloren hatte und sich zur Auffüllung der eigenen Reihen ebenfalls mit der Aushebung von Wehrpflichtigen behelfen musste, die ohne große Ausbildung direkt in den Krieg mussten, so dass die preußischen Amateure auf französische Amateure trafen.
Deswegen konnte das einigermaßen funktionieren.
Für andere Situationen war das inadäquat und wurde deswegen auch nicht weiter in seiner ursprünglichen Form praktiziert.
Das Krümpersystem war zur Umgehung der französischen Restriktionen gedacht, das ist richtig.
Das allerdings legte Preußen in keiner Weise bereits außenpolitisch auf einen Krieg gen Frankreich fest, in den trat es erst 1813 ein.
Im Übrigen ging es dabei nicht einfach um Rache, es spiele durchaus auch eine Rolle, dass französische Truppen nach wie vor Teile Preußens in Form einiger Festungsstädte besetzt hielten und Preußen exorbitante Kontributionen auferlegt waren, der Staat außerdem in ein Bündnis mit Napoléon und darüber in einen Krieg mir Russland gezwungen worden war.
Das war keine Situation, in der man sich einfach passiv verhalten hätte können, im Besonderen als die Franzosen geschlagen waren und die Russen Ostpreußen besetzten, nachdem Yorck das preußische Hilfskorps für Neural erklärt hatte, gab es nur noch die Option mit Frankreich verbündet und mit Russland im Kriegszustand zu bleiben oder sich mit Russland zu verbünden und Frankreich den Krieg zu erklären.
Ja, die SPD war immer kritisch, sogar noch im Juli 1914, aber sie fiel doch um, als es um die Kriegsanleihe ging. Doch da hatte der I. Weltkrieg schon begonnen und die SPD-Abgeordneten wollten nicht als “vaterlandslose Gesellen” dastehen.
Es war nicht im Juli, sondern am 4. August 1914, als abgestimmt wurde.
Da war die Belagerung von Lüttich bereits begonnen worden oder begann gerade.
Wenn dir doch klar ist, dass er Krieg da schon längst lief und durch Ablehnung nicht mehr verhindert werden konnte, warum gräbst du diese Episode dann wieder aus?
"Umgefallen" wäre die SPD, wenn sie trotz Aussicht den Krieg noch verhindern zu können, zugestimmt hätte, hat sie aber nicht.
Es war nie Teil der Haltung der SPD, sich in einem von ihr selbst als Veerteidigungskrieg aufgfassten Konflikt erstmal vom Feind überrennen lassen zu wollen, um bloß keine Truppen zu finanzieren, zumal dann, wenn der Feind nebenbei noch die berüchtigte zaristische Autokratie war, die den Sozialdemokraten noch als deutlich größeres Übel galt, als KWII. und das aus guten Gründen.
Ah, sobald Preußen ein paar Siege einfuhr, kuschten auch die anderen. Warum? Weil sie sahen, dass Preußen nicht zu besiegen war. Nicht einmal ein Sieg über Preußen wie in der Schlacht von Langensalza, brachte ihnen was: So musste Hannover letztlich doch kapitulieren, nur 2 Tage nach der gewonnenen Schlacht.
Sag mal hast du eigentlich gelesen, was ich schrieb?
Ich hatte dich auf die Erfurter Union zwischen 1848 und 1850 hingewiesen, der viele Mittelstaaten seinerzeit freiwillig und ohne jeden militärischen Zwang beigetreten waren.
Die Erfurter Union war seinerzeit nicht so weit vom Konzept des Norddeutschen Bundes von 1866/1867 entfernt, sie nahm dieses Modell mehr oder weniger vorweg.
Du hattest behauptet, dass die Mittel und Kleinstaaten sich 1866 Österreich angeschlossen hätten, weil man vor Preußen permanent Angest hätte haben müssen.
Warum, wenn dem so gewsen wäre, waren viele von ihnen dann dem preußischen Projekt der Erfurter Union freiwillig beigetreten und hatten sich seinerzeit anderthalb Jahrzehnte vor dem Krieg zwischen Östrreich und Preußen für Preußen und gegen Österreich erklärt?
Würdest du mir das erklären?
Wirre Einlassungen über die Schlacht von Langensalza und preußische militärische Siege 1866 sind offensichtlich keine sinnvolle Erklärung für die außenpolitische Haltung der Klein- und Mittelstaaten 1848-1850.
Nach 2 verlorenen Weltkriegen und eines zerstörten Deutschlands, war der Kredit der Militärs aufgebraucht – sie hatten nicht mehr zu sagen und so ist es bis heute geblieben. Zum Glück.
Kriege ich außer am Thema vorbeigehenden Einzeilern noch eine Antwort auf die Frage?