Aus dieser Aussage entnehme ich, das es nicht darum geht, ob die Neutralität Belgien verletzt würde, sondern durch wem diese gebrochen würde.
Ja, dieser Schlussfolgerung würde ich mindestens für 1908 auch gar nicht widersprechen wollen nur drängt sich mir wie gesagt die Frage auf, ob dieser Schluss mit einer politisch motivierten Parteinahme gleichzusetzen ist oder aber Ausfluss des Umstands, dass die gegebenen geographischen Ausgangsverhältnisse zu zwei sehr unterschiedlichn Szenarien führen würden und man schlicht keine Vorstellung hatte, wie man im Fall einer französischen Invasion Belgien überhaupt technisch hätte beistehen können, wenn die Franzosen so schnell handelten, dass man seine Truppen nicht an Land bekam.
Immerhin der Garantievertrag stammt aus dem Jahr 1839, da war an großangelegten Eisenbahnaufmarsch und blitzartiges Zuschlagen nicht zu denken, 1908 sah das vollkommen anders aus.
Ist es so undenkbar, dass möglicherweise die Einsicht es logistisch überhaupt nicht leisten zu können, Belgien aktiv gegen einen französischen Angriff zu verteidigen, hier wichtiger war, als politische Implikationen?
Mag sein, aber Crowe hatte das doch überhaupt nicht zu entscheiden. Er mag einen gewissen Einfluss im foreign office gehabt haben, aber keinerlei Kompetenzen verbindliche Richtlinien für Dasselbe oder die Regierung festzulegen.Crowe hatte sich beispielsweise dahingehend geäußert, was geschehen solle, wenn Frankreich und Deutschland gleichzeitig die Neutralität verletzten oder übereinkämen Belgien unter sich aufzuteilen.
Sind diese Vorstellungen jemals Regierungsseitig abgesegnet worden?
1914 war die Situation doch die, das England einen guten Grund für die Öffentlichkeit benötigte, um in dem Krieg einzutreten.
Mir geht es nicht um den Umstand, dass GB einen Kriegsgrund brachte, mir geht es um die strategische Situation Europas en gros.
Wenn wir an dieser Stelle von politischen Implikationen ausgehen, wie du das oben tust, ist der Unterschied, den ich sehe der Folgende:
Sofern wir technische fragen der Möglichkeit der Intervention mal außen vor lassen
Hätte sich unter der Prämisse eines nicht handlungsfähigen Russlands ein Krieg zwischen Deutschland und Frankreich entwickelt und Großbritannien sich in diesen Krieg auf der Seite von Frankreichs Gegnern hineinziehen lassen, durch was auch immer, hätte es damit auf die vollständige französische Niederlage den Deckel drauf gemacht und keine Handhabe mehr gehabt zu verhindern, das Deutschland in diesem fall mit Frankreich hätte machen können, was es wollte.
Das wäre die endgültige Ausschlatung Frankreichs als Großmacht gewesen, die die Mächtekonstellation in Europa und Afrika vollständig gekippt hätte.
Insofern konnte man in London hier möglicheerweise zu dem Schluss kommen, dass man sich das nicht leisten könne und lieber Belgien opferte als Frankreich.
Dadurch, dass 1914 Russland aber wieder eine Macht war, mit der man rechnen musste und die an einer deutschen Hegemonie kein Interesse hatte, wäre in diesem Sinne Spielraum vorhanden gewesen einen hypothetischen französischen Angriff auf Belgien völlig anders zu bewerten, als 1908, weil man dann ggf. die Möglichkeit gehabt hätte sich gegen Frankreich zu wenden, eine übermäßige Schädigung Frankreichs durch Deutschland aber über die russische Karte zu behindern.
Das meine ich.
Insofern selbst wenn wir von rein politischen Implikationen ausgehen, sehe ich hier durchaus die Möglichkeit, dass sich die britische Haltung zu einer potentiellen Französischen Verletzung der belgischen Neutralität in dieser Zeit verändert haben könnte und dass es 1914 dementsprechend im Gegensatz zu 1908 möglicherweise nicht mehr entscheidend gewsen wäre wer die beelgische Neutralität verletzte, sofern nicht ohnehin die Haltung so beschaffen war, dass man davon ausging, gegen eine französische Verletzung der Neutralität aus logistischen Gründen nichts tun zu können.