und plötzlich gab es Salat im Osten

...


Dazu hätte es doch aber Anweisungen bedurft, um das ganze landesweit durchzusetzen. Und ob da alle Ärzte mitgemacht hätten, oder ob einer eine solche Anweisung nicht inzwischen mal publik gemacht hätte? Ich stelle mir eine flächendeckende Verschleierung selbst für die Stasi sehr schwer vor, bei einzelnen Fällen eher. Da ist aber dann die Frage, ob vorher eine Verschlelerung angeordnet wird, oder ob im Nachhinein reagiert wird. Dann hätte man aber alle Todesfälle zeitnah im Auge haben müssen, und bei einem 17 Millionen Volk wäre das ein immenser Aufwand gewesen, der sicher nicht unbemerkt geblieben wäre.

@hjwien

Das war eine quellenkritische Anmerkung, also der Hinweis auf die Validität des statistischen Materials. Ich muß doch das statistische Material, auf das ich verlinke, quellenkritisch einschätzen, zumal ich es selbst nicht prüfen kann.

Klar hätte es da Anweisungen bedurft.

"...Ich stelle mir eine flächendeckende Verschleierung selbst für die Stasi sehr schwer vor, bei einzelnen Fällen eher. Da ist aber dann die Frage, ob vorher eine Verschlelerung angeordnet wird, oder ob im Nachhinein reagiert wird. Dann hätte man aber alle Todesfälle zeitnah im Auge haben müssen..."

Nein, das wäre nicht schwer gewesen. Statistisch relevant ist der Todesschein, der als Kopie/Durschlag amtlich erfaßt wurde und so in die Statistik einging. Also wäre die Erhebungspraxis von Todesfällen insbesondere bei Krebserkrankungen und der Weiterleitung der Todesscheine relevant (das wäre der optimale und effektivste Zeitpunkt der Verfälschung/Verschleierung gewesen), bis hin zur statistischen Erfassung und Archivierung interessant. Kein Angehöriger eines Toten klärt nach einem Jahr die Idendität der Kopien/Durchschläge von Todesscheinen mit seiner "Erstausfertigung" ab.

Statistiken in der DDR waren verfälsch und gefälscht, tw. durch die Erhebungspraxis aber auch der Berechnungs- und/Komprimierungpraxis, von der Darstellung in den "Statistischen Jahrbüchern" mal ganz abgesehen.

@Sascha66

Die Statistik des Deutschen Krebsforschungszentrum in Bezug auf die Mortalitätsrate bei Krebserkrankungen geht bis weit in die 2000'er Jahre. Signifikant ist eine ähnliche Mortalitätsrate im Vergleich zu West- und Ostdeutschen. Einzelne Krankheitsbilder von Krebserkrankungen kann ich nicht differenzieren, da ich kein Medizinhistoriker bin.

@all

Sollte es tatsächlich eine bessere Versorgung mit Salat etc. in der DDR 1986 gegeben haben, müsste sich ein Nachweis in der Einzelhandelsstatistik der DDR finden lassen, allerdings finde ich keine im i-net, vllt. ist ein geneigter Mitdiskutant da "blickiger".

o.t.

1986 war ich Student und habe mich im wesentlichen von "Griletta" (Osthamburger) und Bockwurst ernährt, "Salat" kam da nicht vor.

M.
 
Das Phänomen kann man sehr schön beobachten bei Seniorstudenten an den Universitäten, ich habe selbst erlebt, wie die ganze Seminare lahmlegen können mit der Ausbreitung ihrer eigenen Erinnerungen, die in der Diskussion nicht zu verwerten waren.

Besonders in althistorischen Seminaren immer ein interessantes Phänomen. :D


Zeitzeugenberichte sind immer sehr interessant.

In den letzten Tagen erzählte meine damals 2jährige Tochter, wie blöd sie das fand, dass sie plötzlich nicht mehr in den Sandkasten durfte.
Meinen Zweifeln, ob sie das tatsächlich noch weiß, oder eher aus späteren Erzählungen usw. ..... begegnete sie mit großer Vehemenz.

Ja, das ist schwierig. Es kann durchaus sein, dass sie da eine Erinnerung von deiner Frau oder dir internalisiert hat und für ihre eigene Erinnerung hält. Es kann aber auch sein - denn diese Erinnerung ist mit einem Gefühl verbunden - dass diese Erinnerung sich tatsächlich aus Selbsterlebten speist.

Ich selbst kann mich an eine heute- oder Tagesschausendung erinnern, in der Kinder aus der DDR gezeigt wurden, die im Sandkasten spielten, weil die Behörden und Medien der DDR die Bevölkerung nicht aufklärte.
 
Sollte es tatsächlich eine bessere Versorgung mit Salat etc. in der DDR 1986 gegeben haben, müsste sich ein Nachweis in der Einzelhandelsstatistik der DDR finden lassen, allerdings finde ich keine im i-net, ...

Nur zur Abrundung nach den bundesdeutschen Auswertungen der DDR-Statistiken:

- 1984/86 gab es in der Landwirtschaft der DDR die üblichen Mengensteigerungen von 3 - 4% pro Jahr, ansonsten keine Auffälligkeiten zur Ernteleistung in Tonnen.

- der DDR-Import (in to.) von Obst, Gemüse und Südfrüchten ist 1984 bis 1986 relativ konstant bzw. weist nur geringe Schwankungen auf (nur wenige Tausend Tonnen Schwankungen p.a., aber das mag zur Wahrnehmung schon reichen)

- der bundesdeutsche Bezug von landwirtschaftlichen Produkten aus der DDR betrug 1985 rd. 655.000 Tonnen, 1986 rd. 640.000 Tonnen. Da ist keine Auffälligkeit zu erkennen.

- auffällig ist eine Veränderung im Lieferumfang aus dem Bundesgebiet in die DDR. Die Lieferungen von pflanzlichen Erzeugnissen aus der Landwirtschaft (ohne Forstwirtschaft, also Lebensmittel) gingen von 68.000 to. in 1985 auf nur noch 6000 to. in 1986 zurück. Interessant ist bei den landwirtschaftlichen Produkten bzw. Warenaustausch der große Mengenüberhang von Lieferungen aus der DDR in die BRD.

Ergebnis: die gesamtwirtschaftlichen Statistiken geben nichts her, man müßte also Melchiors Ratschlag folgen, und ggf. in die Einzelhandelsstatistiken einsteigen.
Quelle: Statistische JB 1985/87.
 
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Ich selbst kann mich an eine heute- oder Tagesschausendung erinnern, in der Kinder aus der DDR gezeigt wurden, die im Sandkasten spielten, weil die Behörden und Medien der DDR die Bevölkerung nicht aufklärte.
An die Ausstrahlung der im Sandkasten spielenden Kinder in der DDR erinnere ich mich auch noch, begleitet von einem entsetzt-fordernden Ausruf meinerseits "Aber Papa! Die dürfen schon!" (von der Baustelle mit dem nicht abgedeckten Sand wusste er ja nix :red:) Muss aber heute gewesen sein, zur Tagesschau musste ich ins Bett. Soviel mal von Zeitzeugin Lili, damlas 6 Jahre alt :D

Sollte es tatsächlich eine bessere Versorgung mit Salat etc. in der DDR 1986 gegeben haben, müsste sich ein Nachweis in der Einzelhandelsstatistik der DDR finden lassen, allerdings finde ich keine im i-net, vllt. ist ein geneigter Mitdiskutant da "blickiger".
Ich habe nur einen kleinen Hinweis in dem Artikel hier entdeckt:
Tschernobyl in der DDR: "Gezielte Vergiftung" - SPIEGEL ONLINE - Nachrichten - Panorama
Man könnte von gezielter Vergiftung reden", sagt Kathrin Göring-Eckardt, die grüne Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags. Sie stammt aus Thüringen und erinnert sich noch gut an die Regale, die plötzlich voll waren mit Obst und Gemüse, das im Westen keiner mehr kaufen wollte. Im Osten allerdings auch nicht. "Wir wussten doch alle Bescheid." Auf der Straße, unter Freunden und in der Kirche flüsterten sich die Menschen die Warnhinweise von drüben zu. Den liegen gebliebenen Salat verteilte die DDR-Führung in Schulen und Kindergärten.

Darin auch was zu dem von dir angesprochenen statistischen Problem:
So ließ die Staatsleitung zwar als eine der ersten in Europa eine Zahlentabelle mit den Radioaktivitätswerten der Luft veröffentlichen. Mitgeliefert wurde die Interpretation, dass "eine Stabilisierung auf einem niedrigen Niveau" eingetreten sei. Wo das Niveau vor Tschernobyl lag, stand nicht dabei. Dass die Strahlung einen Tag vor dieser Messung Spitzenwerte erreicht hatte und am Folgetag wieder anstieg, sollte auch niemand erfahren. Auch nicht, dass Regenfälle in Sachsen-Anhalt den Boden verseucht hatten und einige Milchproben eine Radioaktivität aufwiesen, die bis zu 700 Prozent über dem Grenzwert für Säuglinge lag.
 
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Ich selbst kann mich an eine heute- oder Tagesschausendung erinnern, in der Kinder aus der DDR gezeigt wurden, die im Sandkasten spielten, weil die Behörden und Medien der DDR die Bevölkerung nicht aufklärte.

Deine Erinnerung ist bestimmt richtig. Nur folgende Anmerkungen, die Bevölkerung der DDR war über die Risiken aufgeklärt, und zwar via der Medien aus der Bundesrepublik (Fernsehen) <= ich entsage der Abkürzung, von ein paar regionalen Ausnahmen (eventuell Dresden) abgesehen.

Schwupps sind wir bei dem "Zeitzeugenproblem". Frage: Könnte das nicht auch eine "Inszenierung" gewesen sein? Mit hoher Wahrscheinlichkeit war es eine. Kein westlicher Korrespondent konnte einfach mal so eine ostdeutsche Kita (seinerzeit Kindergarten) besuchen und filmen, auch wurden die Filmaufnahmen von DDR-Film-Teams die in den Westen verkauft wurden "gefiltert".

Ich versuche mal die "Akkreditierungsbestimmungen" für westliche Korrespondenten zu finden.


M. :winke:
 
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An die Ausstrahlung der im Sandkasten spielenden Kinder in der DDR erinnere ich mich auch noch, begleitet von einem entsetzt-fordernden Ausruf meinerseits "Aber Papa! Die dürfen schon!" (von der Baustelle mit dem nicht abgedeckten Sand wusste er ja nix :red:) Muss aber heute gewesen sein, zur Tagesschau musste ich ins Bett. Soviel mal von Zeitzeugin Lili, damlas 6 Jahre alt :D

Junges Dern! Ich war schon neun!

Schwupps sind wir bei dem "Zeitzeugenproblem". Frage: Könnte das nicht auch eine "Inszenierung" gewesen sein? Mit hoher Wahrscheinlichkeit war es eine. Kein westlicher Korrespondent konnte einfach mal so eine ostdeutsche Kita (seinerzeit Kindergarten) besuchen und filmen, auch wurden die Filmaufnahmen von DDR-Film-Teams die in den Westen verkauft wurden "gefiltert".

Du meinst, es handelte sich um ein westdeutsches Kind in einem westdeutschen Sandkasten, welches als ostdeutsches Kind in einem ostdeutschen Sandkasten gehandelt wurde?
Das halte ich schon fast für zu verschwörungstheoretisch (der Verschwörungstheoretiker würde jetzt sagen, dass das die Theorie umso wahrscheinlicher mache ;) ). Nein, so etwas würde auffallen. Nicht dem neunjährigen El Quijote, aber doch zumindest der erwachsenen Bevölkerung. Was natürlich durchaus sein kann ist, dass hier die westdeutschen Medien in Nachrichten gezielt Botschaften an die DDR-Bevölkerung zu schicken versuchten: Seid vorsichtig mit Obst und Gemüse, lasst eure Kinder nicht draußen spielen.
 
Du meinst, es handelte sich um ein westdeutsches Kind in einem westdeutschen Sandkasten, welches als ostdeutsches Kind in einem ostdeutschen Sandkasten gehandelt wurde?
Das halte ich schon fast für zu verschwörungstheoretisch (der Verschwörungstheoretiker würde jetzt sagen, dass das die Theorie umso wahrscheinlicher mache ;) ). Nein, so etwas würde auffallen. Nicht dem neunjährigen El Quijote, aber doch zumindest der erwachsenen Bevölkerung.

Du meinst wegen Kleidung usw?
Die Aufnahmen der spielenden DDR-Kinder können auch zB 2 Jahre alt gewesen sein. Und in einem ganz anderen Zusammenhang gemacht worden sein.
Den Medien ist in dieser Beziehung alles zuzutrauen. Die brauchen Bilder, fertig.

Was natürlich durchaus sein kann ist, dass hier die westdeutschen Medien in Nachrichten gezielt Botschaften an die DDR-Bevölkerung zu schicken versuchten: Seid vorsichtig mit Obst und Gemüse, lasst eure Kinder nicht draußen spielen.

naja, es würde mich wundern.
Aber ich wundere mich ja hin und wieder....
 
Es wurde in der DDR auch von der Bevölkerung relativ locker gesehen. Es gab viele aus heutiger Sicht dämliche Witze. Auf einmal lagen lange vermisste Honiggläser im Regal - "Tschernobyl-Honig".
 
Das habe ich auch immer gedacht, bis ich mal meine eigene Zeitzeugenerinnerung einem Faktencheck unterzogen habe. Und siehe da, ich habe einen Erinnerungsfehler (bzw. eine fehlerhafte Konstruktion meiner Erinnerung) festgestellt.
Eigentlich wollte ich hier keine Endlosdebatte um Erinnerungsfehler auslösen. Über Dinge, an die ich mich nur sehr schlecht oder lückenhaft erinnern kann, würde ich überhaupt kein Wort schreiben. Ich verstehe gar nicht warum ich nach irgendwelchen Quellen suchen soll, wenn ich über eigene Erinnerungen schreibe. Ich nahm an, dass es für einige westdeutsche Mitglieder ganz interessant sein könnte, wie der Umgang oder besser gesagt der Nichtumgang mit der Reaktorkatastrophe in der DDR war. Meine Bemerkung, dass wir damals glaubten, dass das ganze Grünzeug, was plötzlich in unseren Läden auftauchte aus dem Westen stammte, heißt nicht, dass das eine Tatsache ist . Der Verdacht lag damals natürlich auf der Hand, da es sich genau um die Art Lebensmittel handelte, die in der Bundesrepublik aus dem Verkehr gezogen wurden. Uns war ja bekannt, dass die DDR für D-Mark auch den Müll aus der BRD abnahm. Vielmehr wollte ich damit zum Ausdruck bringen, dass die Honecker-Regierung für skrupellos genug gehalten wurde, uns verstrahlte Lebensmittel anzudrehen, nur um zu beweisen, dass aus einem sowjetischen Kraftwerk nichts Schlimmes kommen kann. Ich habe auch gestern den Arte-Beitrag gesehen wo Statements von DDR-Wissenschaftlern von 1986 zu sehen waren. Einfach unglaublich, wie die, wider besseres Wissen, völlig gewissenlos der Regierung nach dem Munde redeten.
 
Ich war damals 19 und arbeitete in der Notaufnahme eines Krankenhauses. An sehr viel kann ich mich nicht mehr mit absoluter Gewissheit erinnern, aber daran, dass in den ersten Tagen sehr viele aufgeregte Menschen - vor allem Eltern mit ihren Kindern - ankamen. "Ich habe meinen Sohn im Sandkasten erwischt. Ist er jetzt verstrahlt?" Sehr viele wollten sich "irgendwie testen" lassen, aber wir hatten natürlich keine Geigerzähler zur Hand.

Ich habe auch noch im Kopf, dass es etwa 2 - 3 Wochen lang ziemlich schwierig wurde, an bezahlbares Obst und Gemüse zu kommen, die Situation sich aber verblüffend schnell wieder entspannte. Nur das mit den Pilzen blieb länger drin. An große Felder, auf denen erstmal alles untergepflügt wurde, kann ich mich auch erinnern. Je mehr ich darüber nachdenke, wird klar, wie vage meine Erinnerungen eigentlich sind.
 
Du meinst wegen Kleidung usw?
Die Aufnahmen der spielenden DDR-Kinder können auch zB 2 Jahre alt gewesen sein. Und in einem ganz anderen Zusammenhang gemacht worden sein.
Den Medien ist in dieser Beziehung alles zuzutrauen. Die brauchen Bilder, fertig.
Das brauchten die überhaupt nicht. Die Kinder spielten bei uns durchaus im Sandkasten. Der Sand wurde auch nicht ausgetauscht und auch in Kindergärten lief der Betrieb, mit spielen im Freien genauso weiter als wäre überhaupt nichts geschehen. Ich war damals selbst Vater von zwei kleinen Kindern und meine Frau arbeitete in einem Kindergarten.
 
Wo waren denn Eure Pilzreviere? In den Wäldern um Frankfurt/Oder hingen 1986 plötzlich überall Schilder, wo drauf stand, wegen der großen Nonnenplage,

Die gab es wirklich, weshalb man das eigentlich verbotene DDT wieder aus dem Keller holte.
 
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Du meinst, es handelte sich um ein westdeutsches Kind in einem westdeutschen Sandkasten, welches als ostdeutsches Kind in einem ostdeutschen Sandkasten gehandelt wurde?
...

Nein, natürlich nicht. Wäre albern, weißt Du aber auch. (Im übrigen, verschwörungstheoretisch nicht schlecht)

Ich mach das mal kurz deutlich:

MfAA = Ministerium für Auswartige Angelegenheiten der DDR
MfS = kann ich mir ersparen
MfV = Ministerium für Volksbildung
ZK = Zentralkommitee der SED
MfK = Ministerium für Kultur der DDR

BStU Abkürzungen des Ministerium für Staatssicherheit von A?Z

Abkürzungen von hier.

MfAA: Genossen, der Korrespondet der BRD
will eine Reportage machen, wie gehen wir mit dem kleinen Zwischenfall in Tschernobyl um.

vergl.: hier
Presse in Deutschland - Google Bücher

MfAA: Ich denke, spielende Kinder wären da sehr hifreich, also wie wird in der DDR dieser kleine Zwischafall wahrgenommen.

MfAA: (Politische Abteilung), sehr richtig Genosse Minister.

MfAA: Bürochef, hat das ZK zugestimmt?

MfAA: Ja, sonst hätten wir es nicht auf dem Tisch.

MfAA: (Sicherheitsbeauftragter) Einleitung von operativen Maßnahmen erforderlich, Minister nein, macht er aber denoch.

MfAA: Bitte an Ministerrat, des MfV zu benachrichtigen, wir brauchen eine KiTa (Kindergarten) die ein Kollektiv des Westfernsehens unsere Kinder beim Spielen filmt, eventuell Kurzinterview.

MfS: Abteilung XX, Absicherung des operativen Vorganges "Kita-Besuch (West) 1986).

MfS: Weitergabe des OV an Linie XX, BV Berlin, HVA ist informiert zu halten.

MfV: Anfrage durch Büro Ministerrat, welche Leiterin eines Kitas ist vertrauenswürdig, Anfrage an MfS gibt es da ihrerseits Empfehlungen.

MfV: Frau Mustermann, Rückfrage MdI und MfS, sowie alle anderen Dienststellen/Partei/Gewerkschaft der Frau Mustermann, alles o.k. bitte per Aktennotiz bestätigen.

MfV: In Ihrer Kita alles o.k? Oder fehlt irgend etwas?

MfV: Weisung, alle "materiellen Wünsche" der KiTa zu erfüllen.

MfS: BV Berlin, Linie XX, alle Eltern der KiTa sind zu überprüfen, ebenso alle Erzieherinnen.

MR: an ZK, Besuch des "Korrespondenten" vorbereitet, MfK übernimmt eine künstlerische Prüfung der Filmaufzeichnungen und die Freigabe gemeinsam mit MfAA.

Und so sieht man spielende Kinder im Sandkasten.


M.
 
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Eigentlich wollte ich hier keine Endlosdebatte um Erinnerungsfehler auslösen. Über Dinge, an die ich mich nur sehr schlecht oder lückenhaft erinnern kann, würde ich überhaupt kein Wort schreiben.

Genau dort liegt doch der Hund begraben. Das menschliche Hirn funktioniert so, dass es Erinnerungslücken schließt. D.h. die Erinnerungslücken sind dem Zeitzeugen genauso wenig bewusst, wie die oben beschriebenen Überlagerungen. Im Prinzip hängt das Schließen von Erinnerungslücken und die Überlagerung des Selbsterlebten von Nichtselbsterlebtem sogar eng zusammen.

Ich verstehe gar nicht warum ich nach irgendwelchen Quellen suchen soll, wenn ich über eigene Erinnerungen schreibe. Ich nahm an, dass es für einige westdeutsche Mitglieder ganz interessant sein könnte, wie der Umgang oder besser gesagt der Nichtumgang mit der Reaktorkatastrophe in der DDR war.

Bei dir wird gerade genau der Mechanismus ausgelöst, den ich oben schon beschrieben habe:

Die Folge ist, dass Zeitzeugen dann, wenn sie in die historische Diskussion eingreifen, und eben nicht mehr nur Quelle sind, beleidigt reagieren, wenn der Historiker seinem täglichen Geschäft, nämlich der Quellenkritik nachgeht und ihre Glaubwürdigkeit hinterfragt.

Es ging doch bei der Kritik von floxx nicht darum, dass hier die Zeitzeugenerinnerung angegriffen wurde. Angregriffen wurde die Vermischung von Zeitzeugenerinnerung und historischer Deutung. Es wurde ganz konkret behauptet, dass der Westen seine radioaktiv verseuchten Waren im Westen losgeworden sei.

... daß eventuell radioaktiv verseuchtes Gemüse und Obst plötzlich den Weg in den Osten fand. Böse Zungen könnten behaupten, dass die Ostdeutsche Bevölkerung dafür noch gut genug war und der Westen seinen Mist los war.

Aber Tatsächlich lag das Problem an einer anderen Stelle.

Das Umweltverständnis der DDR und ihrer Führung, denn diese hätte ihre Bevölkerung wohl wissend von der Belastung dieser Waren aus dem Westen schützen müssen. Tat sie aber nicht!

Das ist keine Zeitzeugenerinnerung mehr, das ist eine Behauptung in der Form einer schwerwiegenden Anklage. Und so etwas muss nun mal belegt werden, sonst handelt es sich um Verleumdung. Etwas anderes wäre es gewesen hätte Köbis geschrieben "Ich habe damals geglaubt, dass..." Das wäre eine nicht zu beanstandende Zeitzeugenerinnerung gewesen, da hätte niemand nach einem Beleg gefragt.

Meine Bemerkung, dass wir damals glaubten, dass das ganze Grünzeug, was plötzlich in unseren Läden auftauchte aus dem Westen stammte, heißt nicht, dass das eine Tatsache ist.

Bei dir noch nicht, im ersten Antwortbeitrag war es aber plötzlich schon ein Faktum oder kam zumindest so rüber. Das ist letztlich das, was floxx zu Recht aufgezeigt hat*, die Unschärfe zwischen Zeitzeugenerinnerung und historischer Deutung. So etwas muss in einem Geschichtsforum einfach den Leuten bewusster sein.


*Es hätte vielleicht ein bisschen weniger aufgeregt sein können.
 
Genau dort liegt doch der Hund begraben. Das menschliche Hirn funktioniert so, dass es Erinnerungslücken schließt. D.h. die Erinnerungslücken sind dem Zeitzeugen genauso wenig bewusst, wie die oben beschriebenen Überlagerungen. Im Prinzip hängt das Schließen von Erinnerungslücken und die Überlagerung des Selbsterlebten von Nichtselbsterlebtem sogar eng zusammen.

OT: Finden manche User keinen Abschluß, vor allem als Moderator? Ich hatte mich mit den Aussagen eigendlich abgefunden.

Und ich habe kein Behauptung aufgestellt, sondern es ist die Annahme von einer Annahme die als Annahme verwischt aus jenen Jahren kam. Letztlich kann ich mich nicht mehr an Details erinnern, denn mit 15 Jahren hatte ich andere Probleme im Kopf...

Aber ich glaubte mich an eine TV-Dokumentation zu errinnern, die genau dies Behauptung aufstellte. Leider bin ich mir über diese Quelle nicht sicher, aber ich bin ja nun aufgefordert, diese zu Suchen, damit ich hier nicht als Verleumdner dargestellt werde.

Ich hoffe nur, daß ElQ dies als Wertfreier User anprangert und nicht als Moderator, denn dann wäre er ohne jeden Zweifel nicht mehr Wertfrei in der Tätigkeit als Moderator. Nur daß dazu.
 
OT: Finden manche User keinen Abschluß, vor allem als Moderator? Ich hatte mich mit den Aussagen eigendlich abgefunden.


Ist doch in vielerlei Hinsicht ein interessantes Thema.

Ich war 1986 34Jahre alt, hatte 2 Kinder die dringend in den Sandkasten wollten, und nicht durften.

Reine Erinnerung:
Nach einem langen Winter und nassen Frühjahr wurde das Wetter gut, und jetzt tobte der "Nuklearsturm", mit in der Erinnerung kräftigem Ostwind, nicht nur Kinder durften nicht raus, auch als Erwachsener hatte man ein "blödes" Gefühl draußen.
Meine Frau weigerte sich in jenem Jahr standhaft eine Himbeere oder Wald-Erdbeere zu essen.

Meine Frage, gibt es eigentlich eine Möglichkeit festzustellen, wie die Windrichtung in Südwestdeutschland nach dem Reaktorunfall damals wirklich war?
Denn der wochenlange Ostwind im Mai, an den ich mich erinnere, kann eigentlich gar nicht sein.


Edit:
Habe ich mal selbst gegoogelt, sorry, dass ich es nicht früher gemacht habe...

aus Wiki:
Die Katastrophe fiel mit einer mehrwöchigen Schönwetterperiode zusammen, die einerseits das Wachstum der Wiesen sehr anregte, auf der anderen Seite aber auch mit einem stetig blasenden Ostwind die Verbreitung des radioaktiven Staubs nach Westen bewirkte.
es war wohl schon so.

Ich bin mir meiner Erinnerung nicht mehr sicher gewesen, und eigentlich gibt es auch im Mai keinen "lang anhaltenden Ostwind".
Aber, wie man sieht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Denn der wochenlange Ostwind im Mai, an den ich mich erinnere, kann eigentlich gar nicht sein.

Kann es aus meiner damaligen Sicht nur bestätigen. An dem Abend, an dem das Eintreffen der "Wolke" prognostiziert wurde, war ich in einem der Cafes am Stuttgarter Platz.

Stuttgarter Platz ? Wikipedia

Der "rote Bereich" ist eher durch Polen Richtung Skandinavien gezogen, sofern ich die Karte richtig deute, dennoch lag Deutschland im "gelben Bereich"

http://tschernobyl.greenpeace-berlin.de/wolke.html

Die Wolke kam und es fing leicht an zu Regnen, mit der Konsequenz, dass die Leute gezielt in die Cafes rein gingen. Mehr passierte dann aber auch nicht.
 
Zuletzt bearbeitet:
...Denn der wochenlange Ostwind im Mai, an den ich mich erinnere, kann eigentlich gar nicht sein.

Schau mal hier in den historischen Wetterdaten von 1986, lokalisieren mußt Du dann sebst.

Wetter und Klima - Deutscher Wetterdienst -- Trefferliste

Historische Wetterereignisse, Wetterbuecher, Antiquariat, lacrosse technology weather station

Bei letzterem link, gib einfach Mai 1986 ein.

Ob die Daten stimmen, keine Ahnung und auch keine Möglichkeit der Verifizierung.

M. :winke:
 
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