Liegt der Sagenfigur Siegfried eine historische Gestalt zu Grunde?

Ja, was auch sonst, Tib?
In der älteren deutschen Sprachwissenschaft gibt es jede Menge Diskussionen über Texte und Intertextualität, in denen es durchaus handfest zugeht. Autoren hinterlassen in Texten Spuren die man zurückverfolgen kann.
Texte über Arminius gibt es (=die einzig bekannte Überlieferung) und die Siegfried- / Nibelungensage gibt es (= fraglicher Text).
Will man also sagen, dass fraglicher Text einen Bezug auf Inhalte der Texte b nimmt, so muß hieran auch der Vergleich erfolgen.
Es gibt auch noch andere Methoden, dass ist aber die Naheliegendste.

Will man wirklich auf der Basis der mündlichen Traduierung arbeiten ... da weise ich nochmal auf die Nibelungenlied-Gesellschaft hin.

Folglich macht sich der lächerlich, der wirklich annimmt ein wissenschaftliches Problem vor sich zu haben. Wie du schon schriebst, seriöse Historiker und auch die meisten seriösen Germanisten können da außer einer scheinbaren metamorphischen Übereinstimmung keinen Ansatz für die Diskussion finden, somit auch kein "Problem".

Aber ich bin fasziniert wie hartnäckig auf der Basis von "Nichts" diskutiert wird.
 
Aber ich bin fasziniert wie hartnäckig auf der Basis von "Nichts" diskutiert wird.

Es ist ja keineswegs verboten, zu spekulieren, und es macht auch Spaß, Möglichkeiten gegeneinander abzuwägen. Es sollte aber jedermann und jederfrau klar sein, dass angesichts der Null-Quellenlage zum Siegfried-Arminius-Komplex eine vermutete Identifizierung nicht als unumstößliche Tatsache hingestellt werden kann. :nono:
 
Von einer Null-Quellenlage zu sprechen wäre unangebracht.
Ich möchte hier nicht alles wiederholen, sondern nur aus Beitrag#243 von "Trajan" zitieren:

Er (Abt Bergsson) verortet die Siegfriedsage in den Grossraum Weserbergland, und nicht an die neuzeitlichen Nibelungenstädte! Und auch nicht nach Lothringen, nach Reims oder Metz, wo Sigibert residierte, nicht an den Rhein und nicht an die Donau, nein in seiner Zeit ist klar dass Siegfried/Sigurd in der klassischen Arminius/Varuszone seine Taten vollbrachte. Diesen Hinweis Nikulas kann man daher als deutlichen Beleg für die Gleichung Siegfried=Arminius deuten.

Ein isländischer Abt, dem die Sigurd-Sage aus seiner Heimat bekannt ist, duchwandert Deutschland und kommt an den Ort, wo Sigurd den Drachen erschlug. Und dieses in einer Gegend, die in späterer Zeit (!) als das mögliche Gebiet der Varusschlacht betrachtet wird.
Abt Bergsson schrieb seinen Reisebericht, als Tacitus´Annalen und sein "teutoburgiensi saltu" noch nicht bekannt waren.
 
Solange keine eindeutigen archäologischen Funde oder historische Schriftquellen die Identität eines Siegfried zweifelsfrei beweisen, bleiben unsere Diskussionen Gedankenspiele - zeitvertreibend aber substanzlos!
 
Von einer Null-Quellenlage zu sprechen wäre unangebracht.
Ich möchte hier nicht alles wiederholen, sondern nur aus Beitrag#243 von "Trajan" zitieren:



Ein isländischer Abt, dem die Sigurd-Sage aus seiner Heimat bekannt ist, duchwandert Deutschland und kommt an den Ort, wo Sigurd den Drachen erschlug. Und dieses in einer Gegend, die in späterer Zeit (!) als das mögliche Gebiet der Varusschlacht betrachtet wird.
Abt Bergsson schrieb seinen Reisebericht, als Tacitus´Annalen und sein "teutoburgiensi saltu" noch nicht bekannt waren.

Nur liegt dieses Gnitaheiðr offensichtlich in einem ganz anderen Gebiet, als Trajan meint, der nämlich die Varus=Siegfried-Diskussion benützt, um Kalkriese als Ort der Varusschlacht zu festigen, nämlich zwischen Paderborn und Mainz. Trajan sieht die Ortsbezeichnung Gnitaheiðr als Knetterheide an, einen Stadtteil von Bad Salzuflen. Statt ein Problem zu lösen, wird ein neues aufgeworfen (eigentlich sogar zwei: die Lokalisierung und die Lautverschiebung). Man versucht also zu beweisen, dass weil die Gnitaheiðr der Ort war, an dem SigurdR den Drachen erschlug, Arminius Siegfried ist, wenn aber Arminius Siegfried ist, dann muss der arem Abt die Gnitaheiðr falsch lokalisiert haben. Und das ist ein Zirkelschluss.
 
Zuletzt bearbeitet:
An der Stelle eine kleine Anmerkung...

Abt Bergsson schrieb seinen Reisebericht, als Tacitus´Annalen und sein "teutoburgiensi saltu" noch nicht bekannt waren.

Ich würde es etwas vorsichtiger formulieren: die Annales - wie auch andere Schriften des Tacitus (Agricola, Germania, Dialogus) - waren während des europäischen Mittelalters nur wenig bekannt, aber eben nicht gänzlich unbekannt; erst die massive Rezeption incl. Veräußerung begann dann ab etwa der Mitte des 15. Jh. bzw. im 16. Jh. durch die Renaissancehumanisten.
Germanisch-deutsch (beck Et Al.) Rga ... - Google Buchsuche
 
Pro
Contra
Seg-Silbe bei den Cheruskern sehr häufig.
Die Seg-Silbe taucht auch in anderen Kontexten häufig auf, etwa bei den Merowingern oder Burgunden, zudem sind Sigibert I./III. mit Brunichildis und Chimnechilde verheiratet. Brunichildis war eine Westgotenprinzessin, der SigurdR der Thidrekssage hat Sisibe von Spanien zur Mutter.
Bei der geringen Namensmenge würde jeder Empiriker und jeder Statistiker nur müde den Kopf schütteln.
Der Sohn des Arminius, Thumelicus hat definitiv nicht die Seg-Silbe im Namen, wenn Arminius eine latinisierte Form eines germanischen Namens ist, dieser auch nicht. Von Flavus und Italicus kennen wir nur die lateinischen Namen
Cherusker = Hirschleute - SigurdR von Hirschkuh gesäugt
Die Hirschkuhlegende ist gerade einmal in einer Fassung der Legende belegt, der Sagan om Didrik av Bern/Thidreksaga. Darin heißt es: „tha kom ther en hind oc tog barnit i sin mwn . oc bar thz op i skogen . oc lagde thz när sinä barn . oc lot thz di sik . oc födde thz/ thz beszte som hon kunde.“
Das Problem was sich hiermit für die Arminius=Siegfried-Befürworter ergibt, ist, dass zwar zoologisch das gleiche Tier gemeint ist, dies sich aber im Namen nicht wiederspiegelt. Warum verwendet die Saga nicht das mit den Cheruskern und dem Hirsch etymologisch verwandte Hjorte?
Knetterheide - Gnitaheiðr
Hier wird gerne die Lokalisierung als falsch abgetan, um die Gnitaheiðr via Knetterheide in den Varusschlachtkontext einzubetten. Das Problem ist aber die gegenseitige Bedingung. Wenn Arminius Siegfried ist, dann ist die Gnitaheiðr im Weserbergland zu verorten, andererseits wird genau dies als Beweis für die Gleichsetzung der Sagenfigur mit dem historisch belegten Cheruskerfürsten benutzt. Wenn das eine das andere bedingt, aber die Bedingung des anderen schon das eine ist, dann ist die Beweiskette methodisch unsauber.
Der Lindwurm ist eine Metapher für die in Kolonne marschierenden Varuslegionen.
Diese These geht davon aus, dass der Lindwurm als eine Art Wurm oder Schlange gesehen wurde und die Erinnerung an die marschierenden Kolonnen durch diese Metapher wach gehalten worden sei. Ganz auszuschließen ist das natürlich nicht, aber doch schon ziemlich weit hergeholt. Sie ist nur unter Prämisse nachvollziehbar, dass Arminius Siegfried ist. Zirkelschluss Nr. 2.
Die Tarnkappe ist eine Metapher dafür, dass sich Arminius für die Römer als Feind unsichtbar unter den Römern bewegen. konnte.
Auch diese Möglichkeit einer Interpretation der Tarnkappe ist nicht von vornherein auszuschließen, nichtsdestotrotz ist auch diese Interpretation relativ weit hergeholt und nur unter der Prämisse nachvollziehbar, dass die Gleichsetzung der beiden Figuren gegeben ist. Zirkelschluss Nr. 3.
 

Der Sohn des Arminius, Thumelicus hat definitiv nicht die Seg-Silbe im Namen, wenn Arminius eine latinisierte Form eines germanischen Namens ist, dieser auch nicht. Von Flavus und Italicus kennen wir nur die lateinischen Namen


Das ist nicht weiter verwunderlich. Da der kleine Thumelicus in Gefangenschaft geboren wurde und die Römer sicher kein Interesse daran hatten, dass er an seinen Vater erinnern sollte, wurde sein Name von dem seiner Mutter abgeleitet: Thu-melicus—Thu- snelda. :winke:


Im Übrigen handelt es sich keineswegs um Zirkelschlüsse. Wenn man eine These formuliert, so können die einzelnen Aspekte auf Übereinstimmung untersucht werden. Eine Verifizierung ist durch Deduktion allerdings nicht möglich, nur eine Falsifizierung. Falsifizieren lässt sich, wie Du anschaulich gezeigt hast, die Sigurd-Arminius-These nicht. Das heißt nicht, dass sie damit bewiesen wäre, aber eine ganze Reihe von Indizien deutet darauf hin, dass sie zutrifft.

 
Das ist nicht weiter verwunderlich. Da der kleine Thumelicus in Gefangenschaft geboren wurde und die Römer sicher kein Interesse daran hatten, dass er an seinen Vater erinnern sollte, wurde sein Name von dem seiner Mutter abgeleitet: Thu-melicus—Thu- snelda. :winke:

Wenn ich mich recht erinnere, war der kleine Thumelicus drei Jahre alt, als er gefangen wurde.

Im Übrigen handelt es sich keineswegs um Zirkelschlüsse. Wenn man eine These formuliert, so können die einzelnen Aspekte auf Übereinstimmung untersucht werden. Eine Verifizierung ist durch Deduktion allerdings nicht möglich, nur eine Falsifizierung. Falsifizieren lässt sich, wie Du anschaulich gezeigt hast, die Sigurd-Arminius-These nicht. Das heißt nicht, dass sie damit bewiesen wäre, aber eine ganze Reihe von Indizien deutet darauf hin, dass sie zutrifft.

Natürlich. Der Beweis, dass die Tarnkappe Arminius' freie Bewegung unter den Römern sei, ist nur zu führen, wenn Arminius mit Siegfried gleichzusetzen ist, schließlich ist es alles andere als naheliegend anzunehmen, dass der Verrat des Arminius sich in der epischen Nacherzählung langsam aber sicher zu einem Zaubermittel entwickelte, welches die physische Unsichtbarkeit seines Besitzers ermöglicht. Umgekehrt dient aber die Tarnkappe als Beweis für die Identität. Gleiches gilt für den Linddrachen und die Dislokation Gnitaheiðrs.

 
Zuletzt bearbeitet:
Wenn ich mich recht erinnere, war der kleine Thumelicus drei Jahre alt, als er gefangen wurde.

Mitnichten. Thusnelda wurde, während sie schwanger war, auf der Burg ihres Vaters Segestes von Germanicus gefangen genommen. Arminius hat seinen Sohn niemals gesehen. Bei der Wahl der Namensgebung kann er schwerlich Einfluss genommen haben.
 
Mitnichten. Thusnelda wurde, während sie schwanger war, auf der Burg ihres Vaters Segestes von Germanicus gefangen genommen. Arminius hat seinen Sohn niemals gesehen. Bei der Wahl der Namensgebung kann er schwerlich Einfluss genommen haben.

Aber die gute Thusnelda wird ja wohl den germanischen Namen ihres Mannes Arminius gekannt haben, führte aber dennoch die Sieg-Silbe im Namen nicht fort.

Warum? Weil der germanische Name des Arminius Albin lautete! :D
 
Das Mißverständnis ist leicht zu lösen:
mal abgesehen davon, dass zwischen Auslieferung und der Anwesenheit in Rom eine zeitliche Differenz grundlegend aufgrund der Reisedauer anzunehmen ist. Er dürfte im Jahre 15 geboren sein, erst Mitte 17 ist seine Anwesenheit mit seiner Mutter in Rom belegt, sonst soll er in Ravenna großgezogen worden sein (leider gehört das zu den verlorenen Stellen der Annales).
 
Mitnichten. Thusnelda wurde, während sie schwanger war, auf der Burg ihres Vaters Segestes von Germanicus gefangen genommen. Arminius hat seinen Sohn niemals gesehen. Bei der Wahl der Namensgebung kann er schwerlich Einfluss genommen haben.

Mag sein, ich hatte den Strabo-Text im Kopf, in dem Thumelicus als dreijähriger präsentiert wird: καὶ υἱὸς τριετὴς Θουμέλικος.
 
Ave Chrysal,

ich hatte demletzt mit einem Freund gesprochen, der sich dort die Lage angeschaut hatte. Ist wohl ziemlich deprimierend.

Zwar könnte man die Sache längst angehen, so haben Institute inzwischen hochspezialisierte Verfahren entwickelt, die verkohlten Rollen zu entfalten.

Aber oben drauf sitzt wohl die Naopoletanische Mafia. Die haben die Häuser darüber aufgekauft und versuchen den Preis hochzutreiben. Derweil verrotten die Rollen da unten. Verschlimmert wird das wohl auch noch, da sich durch die teilweisen Ausgrabungen der Grundwasserspiegel verändert hat.

Auch sonst ist der Zustand der musealen Sammlungen teilweise traurig. Selbst in Museen vorrottet dort noch viel vor sich hin, eine saubere Katalogisierung, Restaurierung, und Archivierung ist wohl auch keine Selbstverständlichkeit.

Nun ja, vielleicht kann hier ja noch einer aus eigener Erfahrung berichten, würde mich auch sehr interessieren.

Beste Grüsse, Trajan.

Servus Trajan,

und ein herzliches Danke für dein Antwort!

Sah inzwischen eine Doku darüber...., dass Problem dürfte auch die Erhaltung der inzwischen ausgegrabenen Teile der Villa sein. Ist klar, je mehr Gebäudekomplexe freigelegt sind, umsomehr kostet deren Erhaltung. Die lateinische Biblo (deren Teil) könnte aber sicher so manches Rätsel lösen!???

Einen lieben Gruss, Chrysal
 
Das ist nicht weiter verwunderlich. Da der kleine Thumelicus in Gefangenschaft geboren wurde und die Römer sicher kein Interesse daran hatten, dass er an seinen Vater erinnern sollte, wurde sein Name von dem seiner Mutter abgeleitet: Thu-melicus—Thu- snelda. :winke:


Im Übrigen handelt es sich keineswegs um Zirkelschlüsse. Wenn man eine These formuliert, so können die einzelnen Aspekte auf Übereinstimmung untersucht werden. Eine Verifizierung ist durch Deduktion allerdings nicht möglich, nur eine Falsifizierung. Falsifizieren lässt sich, wie Du anschaulich gezeigt hast, die Sigurd-Arminius-These nicht. Das heißt nicht, dass sie damit bewiesen wäre, aber eine ganze Reihe von Indizien deutet darauf hin, dass sie zutrifft.

Hi Nicole,

ich bin in dieser Ansicht auch ganz bei dir! Meines Erachtens ist es auch ein "Indiz", dass es keine solch eine Persönlichkeit wie > Sigurd, Siegfried .... - laut den meisten seriösen Historikern gab - der nur annähernd solch eine "Heldentat" wie Arminius vollbrachte.

Sicher ist auch richtig, dass wir allesamt hier nun nicht wissen, welchen germanischen Namen Arminius genau trug. NUR, dass er einen germanischen Namen trug, der sicher nicht "Arminius" lautete, scheint zweifelsfrei. Ich bezweifle aber sehr, dass die Germanen damals und der überwiegende Teil der Bevölkeruung der germ. Stämme Kenntnis davon erlangt haben, wie die Römer nun den Cheruskerfürst für sich benennen.

Ja und RICHTIG, Thumelicus dürfte gar keinen germanischen Namen mehr bekommen haben, da er ja schon in röm. Gefangenschaft geboren wurde (im Gegensatz zu Arminius und seinem Bruder). Er hätte wohl einen anderen Namen (germ.) bekommen, wenn er in Freiheit und in seiner Heimat geboren worden wäre.

Lieben Gruss, Chrysal
 
Meines Erachtens ist es auch ein "Indiz", dass es keine solch eine Persönlichkeit wie > Sigurd, Siegfried .... - laut den meisten seriösen Historikern gab - der nur annähernd solch eine "Heldentat" wie Arminius vollbrachte.

Welche große "Heldentat" hat Arminius denn vollbracht, die andere vor und nach ihm nicht vollbracht hätten?!

Sicher ist auch richtig, dass wir allesamt hier nun nicht wissen, welchen germanischen Namen Arminius genau trug. NUR, dass er einen germanischen Namen trug, der sicher nicht "Arminius" lautete, scheint zweifelsfrei. Ich bezweifle aber sehr, dass die Germanen damals und der überwiegende Teil der Bevölkeruung der germ. Stämme Kenntnis davon erlangt haben, wie die Römer nun den Cheruskerfürst für sich benennen.

Arminius ist kein lateinischer Name. Verschiedene Versuche ihn lateinisch mit Sinn zu füllen sind misslungen, ihm einen germanischen Sinn zu geben ist versucht worden und umstritten.

Ja und RICHTIG, Thumelicus dürfte gar keinen germanischen Namen mehr bekommen haben, da er ja schon in röm. Gefangenschaft geboren wurde (im Gegensatz zu Arminius und seinem Bruder). Er hätte wohl einen anderen Namen (germ.) bekommen, wenn er in Freiheit und in seiner Heimat geboren worden wäre.

Thumelicus ist jedenfalls kein lateinischer Name. Die Römer benutzen -th- nur, um das griechische thíta Θ/θ und gleich klingende Laute darzustellen. Und der Grieche Strabo schreibt Thumelicus eindeutig mit thíta (Θουμέλικος), woraus ersichtlich ist, dass Thumelicus wohl einen germanischen Namen trug, der mit thorn Þ/þ begonnen hätte, wenn die Germanen schon ihr Alphabet gehabt hätten.
 
Welche große "Heldentat" hat Arminius denn vollbracht, die andere vor und nach ihm nicht vollbracht hätten?!

Es passt halt überhaupt kein Siegfried, Sigurd... (laut vielen anerkannten Historikern) der weltbewegende.... oder anders ausgedrückt, Arminius Sieg über die damalige militärische Supermacht Rom gibt die nächsten hunderte Jahre kein "Siegfried" im Vergleich mehr her. Alle Siegfrieds die von Historikern als Grundlage und Kern für den Siegfried der Sage herangezogen wurden, geben den Stoff für einen "Helden" nicht her.



Arminius ist kein lateinischer Name. Verschiedene Versuche ihn lateinisch mit Sinn zu füllen sind misslungen, ihm einen germanischen Sinn zu geben ist versucht worden und umstritten.

Ich schrieb und behauptete ja nicht, dass Arminius ein lateinischer Name wäre. Im römischen Reich lebten ja genug Menschen aus anderen Völkern. Der Cheruskerjüngling könnte ja bei Menschen die gar keine Römer waren, in Obhut gekommen sein? Der Name "Arminius" könnte sich also aus der Familie, bei der er aufwuchs, genauso herleiten.



Thumelicus ist jedenfalls kein lateinischer Name. Die Römer benutzen -th- nur, um das griechische thíta Θ/θ und gleich klingende Laute darzustellen. Und der Grieche Strabo schreibt Thumelicus eindeutig mit thíta (Θουμέλικος), woraus ersichtlich ist, dass Thumelicus wohl einen germanischen Namen trug, der mit thorn Þ/þ begonnen hätte, wenn die Germanen schon ihr Alphabet gehabt hätten.

Das könnte schon richtig sein, die Frage lautet aber, würde Thumelicus wenn er in Freiheit daheim geboren wäre und Arminius selbst noch Einfluss auf seine Namensgebung ausüben hätte können, Thumelicus heissen?

Und wie der Mensch damals genau angeredet wurde mit Namen, find ich heute eh sehr schwer zu erfassen. Sprache ist ja so lebendig (wie die Schreibweise). Wenn ich mir die historische Persönlichkeit "Jesus Christus" etwa anschaue, werden wir ja nicht um die Tatsache herum kommen, dass zu der Zeit damals niemand Jesus (Jeshua) mit "Jesus Christus" je angeredet hätte.

Lateinisch oder nicht lateinischer Name hin oder her, die Frage lautet doch viel mehr, mit welchem Namen wurde Arminius von den germanischen Stämmen angeredet? Wie wurde er benannt, wenn man über ihn redete, Geschichten erzählte oder sang?

Lieben Gruss, Chrysal
 
Aber die gute Thusnelda wird ja wohl den germanischen Namen ihres Mannes Arminius gekannt haben, führte aber dennoch die Sieg-Silbe im Namen nicht fort.

Du Schelm.;) Du vergisst wohl, dass die Römer gnädigerweise die Gemahlin des Arminius samt Sohn am Leben ließen. Wenn sein Name auch noch das Gedenken an den Vater fortgeführt hätte, wäre das bei den Römern auf wenig Gegenliebe gestoßen.

Mag sein, ich hatte den Strabo-Text im Kopf, in dem Thumelicus als dreijähriger präsentiert wird: κα υἱὸς τριετς Θουμλικος.

Macht nichts, kann mal passieren. Die ganze Geschichte ist so vielschichtig, dass man sie von Zeit zu Zeit lesen muss, um einige Details nicht zu vergessen.

Hier die betreffenden Textstellen:

Tac. I, 57:
„Sie (Thusnelda) ließ sich keine Träne entlocken und ließ kein demütiges Wort verlauten; die Hände unter dem Bausch ihres Kleides gefaltet, schaute sie auf ihren schwangeren Leib.“
Und weiter:
Tac. I, 58:
Deine Sache wird es sein, zu beurteilen, was größeres Gewicht hat, dass sie ein Kind von Arminius bekommt oder dass sie meine leibliche Tochter ist.“
Und später (in römischer Gefangenschaft):
„Die Gattin des Arminius gebar einen Sproß männlichen Geschlechts.“

Damit dürfte eindeutig feststehen, dass Arminius nach der Gefangennahme seiner Frau keinen unmittelbaren Kontakt zu ihr hatte und seinen Sohn niemals zu Gesicht bekam. Anderslautende Informationen aus populärwissenschaftlicher Literatur sind schlichtweg falsch.

Welche große "Heldentat" hat Arminius denn vollbracht, die andere vor und nach ihm nicht vollbracht hätten?!
Hören wir dazu wieder Tactus:
Tac. II 88:
„Er (Arminius) wurde 37 Jahre alt, zwölf hatte er die Macht in Händen, und noch immer besingt man ihn bei den barbarischen Völkern.“
Arminius wurde also noch 90 Jahre nach dem Geschehen überregionale Anerkennung zuteil. (Tacitus schrieb diese Zeilen um 100 n.Chr.)

Dann belege mir mal anhand einer Quelle, ob und wenn ja, wann die Lobgesänge der Germanen über Arminius aufhörten? Wer hätte sie beenden sollen und warum?
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Ja und RICHTIG, Thumelicus dürfte gar keinen germanischen Namen mehr bekommen haben, da er ja schon in röm. Gefangenschaft geboren wurde (im Gegensatz zu Arminius und seinem Bruder). Er hätte wohl einen anderen Namen (germ.) bekommen, wenn er in Freiheit und in seiner Heimat geboren worden wäre.
Das widerspräche dann der These der germanischen Tradition naher Namensvergabe. Denn die Römer praktizierten das nicht, würden als Thusnelda nicht in Thumelicus einfließen lassen.

Ich schrieb und behauptete ja nicht, dass Arminius ein lateinischer Name wäre. Im römischen Reich lebten ja genug Menschen aus anderen Völkern. Der Cheruskerjüngling könnte ja bei Menschen die gar keine Römer waren, in Obhut gekommen sein? Der Name "Arminius" könnte sich also aus der Familie, bei der er aufwuchs, genauso herleiten.
Soll heißen, entweder bekam er DOCH einen germanischen Namen oder einen griechischen?
Ersteres würde dann wieder die Frage nach der germanischen Tradition stellen wie auch seines Verbleibs, die zweite, woher dieser griechische Einfluß kam. Denn wie gesagt wird allgemein sein Aufenthalt in Ravenna angenommen. Auch ist die komplette Trennung von der Mutter wie auch der scheinbare Sklavenstatus der Mutter so keineswegs verpflichtend. Immerhin wurde sie "übergeben" durch Segestes. Es kann also gut sein, dass sie weiterhin den Sohn in eigener Obhut hatte, immerhin ist der einzige weitere Hinweis des Verbleibs eben jener Triumphzug.


Es passt halt überhaupt kein Siegfried, Sigurd... (laut vielen anerkannten Historikern) der weltbewegende.... oder anders ausgedrückt, Arminius Sieg über die damalige militärische Supermacht Rom gibt die nächsten hunderte Jahre kein "Siegfried" im Vergleich mehr her. Alle Siegfrieds die von Historikern als Grundlage und Kern für den Siegfried der Sage herangezogen wurden, geben den Stoff für einen "Helden" nicht her.
Vielleicht gibt aus unserem weit nachträglichen Überblick keiner mehr diese Rolle her, aus der Perspektive der damals Lebenden dürfte das anders ausgesehen haben.
Wie gesagt, das ist "moderne" Denkweise.



Du Schelm.;) Du vergisst wohl, dass die Römer gnädigerweise die Gemahlin des Arminius samt Sohn am Leben ließen. Wenn sein Name auch noch das Gedenken an den Vater fortgeführt hätte, wäre das bei den Römern auf wenig Gegenliebe gestoßen.
Aber die Familie des Arminius im Triumph durch Rom zu führen erfüllt diese Erinnerungsfunktion. Gerade das ist ja der "Witz" an der "Gefangennahme" der schwangeren Thusnelda. Selbst der Sieger Arminius verliert noch gegen Rom, wird öffentlich dadurch gedemütigt und erniedrigt. Da wäre ein solcher Name nicht unbedingt hinderlich gewesen.

Dann belege mir mal anhand einer Quelle, ob und wenn ja, wann die Lobgesänge der Germanen über Arminius aufhörten? Wer hätte sie beenden sollen und warum?
Belege eher mal, wann der wahrscheinlich nie in Germanien gewesene Tacitus die gesungenen Lieder an den Feuern gehört und übersetzt hatte. Oder von wem er diese Information hatte. Vieles was er vom Brauchtum der Germanen berichtet ist schlicht quatsch (schlafen bis Mittag, "raufen, saufen schnaufen"...) den er literarisch aufarbeitet. Diese Stelle als Beleg zu nehmen, dass alle germanischen Stämme das Lied des cheruskischen Anführers sangen, der gegen einen mindestens ebenso erfolgreichen germanischen Anführer kämpfte und von anderen germanischen Anführer umgebracht wurde, nachdem die Cherusker auch noch in andere Stammesverbände integriert wurden (und das vermutlich nicht friedlich).


Ansonsten zur Namensdiskussion: warum blickt man nicht auf die bestehenden Traditionen die bekannt sind? Wir haben doch einige Germanen im römischen Heer und den Quellen, die samt ihrer Väter genannt wurden. Auch wenn man den Cheruskern eine Sonderrolle unterstellen will, wird dadurch die Relation der scheinbar fast zwingend angenommenen Silbengleichheit entweder untermauert oder weggebrochen.
 
Das widerspräche dann der These der germanischen Tradition naher Namensvergabe. Denn die Römer praktizierten das nicht, würden als Thusnelda nicht in Thumelicus einfließen lassen.

Ich glaube, hier liegt ein Missverständnis vor. Bei der Namensgebung des Thumelicus wird seine Mutter Thusnelda selbstverständlich das letzte Wort gehabt haben. Ein romanisierter Name, wie beispielsweise jener des Italicus, kam sicher nicht in Frage. Ein nach (cheruskischer ?) Tradition mit Vatersilbe Seg- oder Sig- beginnender Name wurde von den Römern abgelehnt. Arminius war schließlich immer noch am Leben und Staatsfeind Nr.1.

Aber die Familie des Arminius im Triumph durch Rom zu führen erfüllt diese Erinnerungsfunktion. Gerade das ist ja der "Witz" an der "Gefangennahme" der schwangeren Thusnelda. Selbst der Sieger Arminius verliert noch gegen Rom, wird öffentlich dadurch gedemütigt und erniedrigt. Da wäre ein solcher Name nicht unbedingt hinderlich gewesen.

Auf dem Triumphzug wurden Frau und Kind des Arminius als Kriegsbeute mitgeführt, richtig. Der üblichen Hinrichtung nach dem Triumphzug entgingen Thusnelda und Thumelicus lediglich, da sie Tochter und Enkel eines romtreuen Germanen waren, nämlich des Segestes. Ihm und seiner Familie gegenüber wollte man Milde zeigen, als Zeichen für alle kooperationswilligen Germanen.



Belege eher mal, wann der wahrscheinlich nie in Germanien gewesene Tacitus die gesungenen Lieder an den Feuern gehört und übersetzt hatte.

Dass es noch regen Kontakt zwischen Römern und Germanen um 100 n.Chr. gab, dürfte außer Frage stehen. Der Limes war keineswegs ein „Eiserner Vorhang“.



Diese Stelle als Beleg zu nehmen, dass alle germanischen Stämme das Lied des cheruskischen Anführers sangen, der gegen einen mindestens ebenso erfolgreichen germanischen Anführer kämpfte und von anderen germanischen Anführer umgebracht wurde, nachdem die Cherusker auch noch in andere Stammesverbände integriert wurden (und das vermutlich nicht friedlich).

Es waren sicher nicht alle Stämme, die ihn verehrten. Aber jene, die seinem Bündnis angehörten, und das waren nicht wenige, haben noch Generationen später voller Bewunderung davon berichtet, selbst als die Cherusker längst unbedeutend waren.

In diesen Erzählungen wurde fortführend mehr und mehr übertrieben und fabuliert, bis sie zur Sage wurden. Irgendwann spielte die Geschichte in grauer Vorzeit, als es noch Zwerge und Elfen gab. So wurde aus einem fremden Heer ein gewaltiger Drache, aus der „Rüstung“ der Feinde, die der Held trug, eine Tarnkappe, die ihn unsichtbar machte. Der Held wurde durch den Sieg über den Drachen unermesslich reich und (durch dessen Blut) unverwundbar. Seit wann besitzen Drachen Reichtümer? Oder war es doch ein fremder Statthalter, der mit seinem Heer durchs Land zog?

Diese Erzählung wird nicht nur 90 Jahre, sondern bis zur Christianisierung in der germanischen Welt kursiert und bis nach Island gelangt sein. Im frühen Mittelalter werden dort Mönche in der Edda diese Sage festgehalten haben. Abt Bergsson kannte die Geschichte vom Drachentöter Sigurd und war sicher erfreut, als man ihm südlich von Paderborn die berühmte „Gnitaheide“ präsentierte. Die Geschichte von der Drachentötung spielte in Ostwestfalen, eben in einer Gegend, in der auch die Römer zur Zeiten des Varus sehr aktiv waren. Nur Zufall?


In Deutschland, wahrscheinlich in Passau, hat jemand um 1200 begonnen, diese Sage mit jüngeren zu einer einzigen großen Geschichte verschmelzen zu lassen, dem Nibelungenlied. „Uns ist in alten maeren, wunder vil geseit…..“ Es handelt sich um alte Geschichten, nicht um Geschichtsschreibung!
So stammt der jüngere Teil, der von Siegfried, Gunther, Hagen, Brunhild und Kriemhild berichtet, wahrscheinlich aus der Völkerwanderungszeit und stellt den zweiten Teil der Geschichte von dem Freien um Brunhild bis zum Schluss dar. Das hat dann wahrlich nichts mehr mit Arminius zu tun.
 
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