Wenn Varus in einem Lager an der Lippe seinen Standort hatte, so könnte er theoretisch in jede Himmelsrichtung abmarschiert sein.
Richtig. Nur leider eine Gleichung mit zwei Unbekannten: Wir wissen nicht, wo er sein Lager hatte (Variable x) und wir wissen nicht, in welche Richtung er marschierte wenn nicht ins Winterlager nach Westen (Variable y).
Der Anlass des Feldzugs war nicht die Rückkehr zum Rhein, sondern die Meldung eines Aufstands weit entfernt wohnender Völker. (worauf sich "weit entfernt" beziehen könnte, wäre eine weitere Frage).
Timpe wies darauf hin, dass 9 n.Chr. im rechtsrheinischen Germanien nur noch Gefahr von den Markomannen bzw. den mit Marbod verbündeten Suebenstämmen an der Elbe drohte. Diese könnten mit den "weit entfernt wohnenden Stämmen" gemeint sein.
Dass Varus einen großen Tross mit allerlei Klimbim mitführte, war im städtelosen Germanien notwendig, wenn man nicht auf einen gewissen Komfort verzichten wollte. Für Varus war diese Aufstandsmeldung offenbar Routine, eine Angelegenheit, die er mit drei Legionen im Keim ersticken wollte.
Das ist doch ein Widerspruch in sich. War ein Aufstand nun Routine, oder bestand die Gefahr (wenigstens in Varus' Augen) nur an der Elbe, nicht aber an der Weser?
Varus hat zwar ganz sicher nicht die Weser überschritten, aber er könnte von der Lippe aus Richtung Weser marschiert sein (über den Osning bzw. das Eggegebirge). Das Gebiet war Cheruskerland und damit gefahrlos zu durchqueren.
Das ist ja auch so ein Widerspruch bei Cassius. Einerseits soll Varus eine weit entfernte Aufstandsbewegung niederschlagen, andererseits befindet er sich in vermeintlich befreundetem Gebiet, wo er sogar Garnisonen stehen haben soll. Was mich aber mal wieder am meisten stört ist, warum ausgerechnet Cassius Dio mit seinen zweihundert Jahren Abstand mal wieder zum Hauptgewährsmann erhoben wird.