"haud procul" und seine Bedeutung bei Tacitus

Wenn Du es besser weißt, dann beantworte doch die gestellten Fragen, warum die Legaten und die Aquilifer jeweils an einem Ort gestorben sein sollen, und warum der Feldherr in der taciteischen Darstellung als letztes stirbt. Wenn Du darin keine Vereinfachung und kein Klimax erkennen kannst, dann kann ich dir auch nicht mehr weiterhelfen.

Nirgends steht, dass Aquilifer und Legaten an einem Ort starben. Tacitus beginnt in 61,1 mit dem Betreten des Schlachtfeldes und dem Aufinden der Reste der einzelnen Lager. Zunächst das große (von drei Legionen), danach das kleinere (der zusammengeschmolzenen Reste). Was ist daran ungewöhnlich, wenn er die gleiche Richtung wie einstmals Varus zog?
Dass der Feldherr zum Schluss starb, ist wenig verwunderlich. Danach kam es wohl zu weiteren Selbstmorden und Kapitulation.
 
Nirgends steht, dass Aquilifer und Legaten an einem Ort starben.

Nicht?

"referebant hic cecidisse legatos, illic raptas aquilas - sie berichteten, hier seien die Legaten gefallen und dort die Adler geraubt worden"

Klingt doch sehr nach einer stark zusammenfassenden Darstellung, weniger nach einer wirklichen Beschreibung, ODER?
Sonst ist eher die Dramatik vorherrschend. Zunächst scheint noch alles in Ordnung, ein zu erwartendes Dreilegionelager, dann nur noch zusammengeschmolzene Reste, schließlich der Fall der höchsten Offiziere, gefolgt vom Verlust der Feldzeichen, die überhaupt noch eine Kommandostruktur ermöglichten und zu guter Letzt stürzt sich der gute Quinctilius dieser Versager ins Schwert.

Was ist daran ungewöhnlich, wenn er die gleiche Richtung wie einstmals Varus zog?

Nichts. Aber die Art der Darstellung sollte eben schon zu denken geben.
 
"referebant hic cecidisse legatos, illic raptas aquilas - sie berichteten, hier seien die Legaten gefallen und dort die Adler geraubt worden"

Wenn Du genau liest bemerkst du, dass dort nicht geschrieben steht, wo die Aquilifer fielen, sondern wo die Adler geraubt wurden.
Kam ein Aquilifer in der Schlacht zu Tode, so wurde der Adler von einem anderen Mitglied der Legion weitergetragen. Er galt als das höchste Heiligtum einer Legion und durfte unter keinen Umständen an die Feinde fallen.
 
Kam ein Aquilifer in der Schlacht zu Tode, so wurde der Adler von einem anderen Mitglied der Legion weitergetragen. Er galt als das höchste Heiligtum einer Legion und durfte unter keinen Umständen an die Feinde fallen.

Wenn der träger fällt wird kaum noch jemand da sein, der ihn weiter tragen könnte!?!
Das Ding wurde sicherlich nicht exponiert gezeigt, sondern in eine sicheren Gruppe...
 
Das ist ein bisschen eine Hölzchen-Stöckchen-Diskussion hier; zum einen waren Feldzeichenträger durch ihre ganze Existenz hindurch (sowohl als Einzelexemplar als auch als Gattung) exponierte und gefährdete Personen – die Feldzeichen waren begehrte Trophäen, aber auch notwendig, um z. B. einen Angriff zu führen.

Zum anderen sehe ich keinen gravierenden Unterschied zwischen dem Verlust der Adlerträger und dem Verlust der Adler; wenn man davon ausgeht, das der Verlust der Adler nicht ohne vorhergehenden Verlust der Träger zu haben ist, müssen die beiden Orte des Verlusts ziemlich nahe bei einander liegen.
Meines Wissens wissen wir nicht, ob die Adler (im Gegensatz zu den übrigen Signa und Vexilla) eine "Sonderrolle" hatten und zusammen mit dem Stab bzw. in einer kompakten Gruppe unterwegs waren, auch wenn drei Legionen reisten: vorstellbar ist es, schließlich wurden sie im gemeinsamen Lager im gemeinsamen Fahnenheiligtum untergebracht. Aber das wurden auch die "Arbeitsfahnen" wie Vexilla, Signa etc., von denen wir wissen, dass sie mitten im Geschehen waren.

Übrig bleibt m. E. nur die Sinnfrage. ob zw. dem Verlustort der Adlerträger und der Adler ein gravierender, weil richtungsweisender Unterschied liege. Ich tippe auf ein Ergebnis nahe Null, da die ganze Formulierung offensichtlich nur ein rhethorisch schön gedrechseltes Stück "die Überlebenden zeigten alle Schauplätze der Schlacht" ist.
 

Zum anderen sehe ich keinen gravierenden Unterschied zwischen dem Verlust der Adlerträger und dem Verlust der Adler;



Der Unterschied ist folgender: Ein Adlerträger wurde durch einen neuen ersetzt. Fertig. Der Verlust eines Adlers war dagegen gleichbedeutend mit dem Ehrverlust der gesamten Legion.


wenn man davon ausgeht, das der Verlust der Adler nicht ohne vorhergehenden Verlust der Träger zu haben ist, müssen die beiden Orte des Verlusts ziemlich nahe bei einander liegen.

Eine für mich nicht nachvollziehbare Aussage bzw. Schlussfolgerung. Noch einmal: Von dem Verlust der Adlerträger ist bei Tacitus nirgends die Rede. Für die Legionäre war der Adler ein Heiligtum, dass unter jedem Preis behalten werden musste. Fiel ein Aquilifer, so musste der Adler dennoch gehalten oder zurück gewonnen werden. Die Verhöhnung oder Schändung eines von Feinden erbeuteten Adlers war die größte Demütigung, die eine Legion erleiden konnte.




Übrig bleibt m. E. nur die Sinnfrage. ob zw. dem Verlustort der Adlerträger und der Adler ein gravierender, weil richtungsweisender Unterschied liege.

Noch ein letztes Mal: Vom Verlust der Adlerträger ist bei Tacitus nirgends die Rede. Somit stellt sich überhaupt nicht die Frage nach einer Differenz der Verlustorte.



Ich tippe auf ein Ergebnis nahe Null, da die ganze Formulierung offensichtlich nur ein rhethorisch schön gedrechseltes Stück "die Überlebenden zeigten alle Schauplätze der Schlacht" ist.


Aha, du tippst also.
Die Überlebenden zeigten nicht „alle Schauplätze der Schlacht“. Wo steht denn das bei Tacitus? Wir sollten uns darauf einigen, die Quelle richtig zu lesen. Germanicus rekonstruiert zunächst den Schlachtverlauf nach den Spuren, die er dort vorfindet. Erst die Szenen aus der dramatischen Endphase, Tod der Legaten, Verlust der Adler und Selbstmord des Varus werden von Überlebenden geschildert.
 
Der Unterschied ist folgender: Ein Adlerträger wurde durch einen neuen ersetzt. Fertig.

Womit der neue Mensch, der den Adler trägt, doch wohl zum Adlerträger wird, unabhängig davon, ob das seine ursprüngliche Aufgabe war oder nicht.


Wir sollten uns darauf einigen, die Quelle richtig zu lesen.
und aufhören Dinge hineinzuinterpretieren, die wir da zwar gerne haben wollen (ich nenne nur mal den Stichpunkt 'Standort des Germanicus, als er haud procul des Varusschlachtfeldes war').

Wenn wir uns einigen und nur auf das zu stützen, was wirklich in den Quellen steht, dann muss man meiner Ansicht nach zu der Erkenntnis kommen, dass man aufgrund der Quellenaussagen keine allzu detaillierte Aussage über den Ort der Varusniederlage machen kann. Von den 700+ Theorien gibts mit Sicherheit einige Hundert, die man mit den Aussagen der Quellen verbinden kann (darunter auch Kalkriese, aber eben nicht nur).
Das hilft uns also in keinster Weise weiter. :weinen:
 
Ich muß jetzt mal dumm fragen: Wenn der Job des Feldzeichenträgers eine Auszeichnung war, gab es dann überhaupt die Möglichkeit eines Ersatzträgers. Und wenn, wieviele waren dann möglich? Oder wurde der Ersatzmann aus den Resten seiner Leibwache rekrutiert? Falls er durch Distanzwaffen getötet wurde, ansonsten dürfte es ja keine Leibwache mehr gegeben haben.
Und wer durfte/mußte dann das Feldzeichen tragen, falls es nochmal in den Besitz der eigenen Truppen gelangte? Oder stand dann nur noch das Retten (des Feldzeichens) um jeden Preis im Vordergrund.
Ich meine man kann doch trotzdem eine Schlacht gewinnen und peinlicherweise das Feldzeichen "verlieren". Was wog/wiegt höher.
 
und aufhören Dinge hineinzuinterpretieren, die wir da zwar gerne haben wollen (ich nenne nur mal den Stichpunkt 'Standort des Germanicus, als er haud procul des Varusschlachtfeldes war').

Du lenkst jetzt etwas von der Adlerträger-Diskussion ab, aber gut: Zur Frage des Standortes des Germanicus gibt es nach wie vor nur jene Textpassage:

Tac Ann. I, 61:
"Dann führte er sein Heer weiter bis zu der äußersten Grenze der Bructerer, und das ganze Gebiet zwischen den Flüssen Amisia und Lupia, nicht weit entfernt vom Teutoburger Wald, in dem, wie es hieß, die Überreste des Varus und seiner Legionen unbegraben lagen, wurde verwüstet."


PS: Hallo Sascha, vielleicht sollten wir einen "Adlerträger-thread" eröffnen, weil es eine interessante Frage ist.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
So leicht ersetzt man keinen Adlerträger. Die Männer waren gleichzeitig Kassenverwalter, weshalb ich auch ihr "geballtes Auftreten" und den besonderen Schutz innerhalb der Marschordnung mutmaße. Man kann die Adler retten, aber dadurch schafft man keinen neuen Signifer. Insofern kann man die Schilderung "dort fielen die Legaten, dort gingen die Adler verloren" auch als die Beschreibung der Szene der Überwältigung des Stabes lesen.

Wie gesagt: man kann. Man kann auch mehr oder weniger herausinterpretieren. Einigkeit sollte darüber herrschen, dass hier keine eindeutige Lesung ohne interpretierenden Spielraum vorliegt (und relativ wenig Relevanz zu einer definitiven Ortsfestlegung).
 
Du lenkst jetzt etwas von der Adlerträger-Diskussion ab, aber gut: Zur Frage des Standortes des Germanicus gibt es nach wie vor nur jene Textpassage:

Richtig.
Tac Ann. I, 61:
"Dann führte er sein Heer weiter bis zu der äußersten Grenze der Bructerer, und das ganze Gebiet zwischen den Flüssen Amisia und Lupia, nicht weit entfernt vom Teutoburger Wald, in dem, wie es hieß, die Überreste des Varus und seiner Legionen unbegraben lagen, wurde verwüstet."

Richtig. Und mit dieser Aussage lassen sich dutzende von den vielen Lokalisierungsversuchen ohne Probleme verbinden, denn (zum wiederholten Male) wir wissen nicht, ob sich Germanicus weit westlichen im Gebiet zwischen den beiden Flüssen aufgehalten hat, oder weiter im Osten, ob eher im Süden oder eher im Norden. Wir wissen nicht, wie weit nun 'nicht weit' in diesem Zusammenhang ist, wir wissen nicht, welcher Ort mit dem 'Teutoburger Wald' zu verbinden ist.

Anhand der schriftlichen Quellen ist Kalkriese weder zu belegen noch zu widerlegen - so sehr du dich auch anstrengst!
PS: Hallo Sascha, vielleicht sollten wir einen "Adlerträger-thread" eröffnen, weil es eine interessante Frage ist.
Macht mal. Denn die Frage ist wirklich interessant.
 
tela schrieb:
Wir wissen nicht, wie weit nun 'nicht weit' in diesem Zusammenhang ist, wir wissen nicht, welcher Ort mit dem 'Teutoburger Wald' zu verbinden ist.
Volle Zustimmung, insbesondere mit dem letzten Halbsatz. Deshalb halte ich es für besser den Begriff "Teutoburgiensis saltus" nicht zu übersetzen. Das verführt doch leicht dazu diesen unbekannten Ort mit dem Osning gleich zu setzen. Zudem gibt es ja auch Stimmen, die eine Übersetzung von saltus in dem Tacitus-Zitat mit Wald als falsch halten.
 
Zudem gibt es ja auch Stimmen, die eine Übersetzung von saltus in dem Tacitus-Zitat mit Wald als falsch halten.
Richtig. Herr Friebe aus Halberstadt übersetzt es etwa mit: "römischer Bezirk von Türmen und Schwertern geschützt" oder so ähnlich....:S Ist aber für einen Normalmenschen nicht nachvollziehbar.:red:
 
Für solche seltsamen Lokalisierungsversuche - siehe den mit Holland - ist es eben zwingend notwendig den Quellen so richtig viel Gewalt anzutun.
 
Für solche seltsamen Lokalisierungsversuche - siehe den mit Holland - ist es eben zwingend notwendig den Quellen so richtig viel Gewalt anzutun.

Zustimmung. Im Unterschied zu Holland oder Halberstadt gibt es in Kalkriese aber immerhin römische Funde. Das sollte man dabei nicht vergessen.
 
Hallo Freunde der Geschichte

Ich bekomme innerhalb dieser Diskussion gerade den Ball zugespielt, denn ich bin derjenige der den Varusschlachtort Holland aus guten Gründen favorisiert. Dann nehm ich mal den Ball an.

Aber die Flüsse, Lippe und Ems, haben bis heute nur unwesentlich ihren Verlauf geändert.
Genau diese Annahme ist es, welche die Varusforschung zu dieser Masse an verschiedensten Schlachtortvermutungen motiviert hat. Ich vermute im Gegensatz dazu, dass die Lippe zu römischer Zeit, bevor sie in den Rhein mündete, einen veränderten Lauf hatte, bei der sie einen Teil ihres Wassers über Issel und Ijssel in die Flevosee entwässerte. Dann hätte sie für die Römer einen relativ parallelen Verlauf zur Ems gehabt. Strabo schrieb: Geographika 7.1/3 „Parallel mit der Ems ziehen die Flüsse Weser und Lippe, die vom Rhein gegen sechshundert Stadien entfernt ist und durch das Gebiet der kleinen Brukterer fließt.“ Diese Angabe des römischen Geographen wurde immer wieder angezweifelt weil die Lippe heute schließlich in westliche Richtung fließt. Jedoch zieht man einen damals veränderten Lippelauf in Betracht dann bekommt diese Behauptung wieder Sinn, denn es ist nicht wahrscheinlich, dass Strabo in diesem wichtigen Detail eine falsche Angabe gemacht haben soll.

Sollte Tacitus dieses Geographieverständnis übernommen haben, dann bekommt seine Aussage von dem Gebiet zwischen Lippe und Ems eine vollkommen neue Wertung, denn dann ließe sich diese Aussage nicht nur auf das Gebiet der Oberläufe von Lippe und Ems begrenzen, sondern das Gebiet welches Germanicus mit seinem Heer verwüstete war dann um ein vielfaches größer. Infolge dessen wäre dann auch eine andere Zugrichtung des Germanicus von der Ems aus wahrscheinlich. Let’s go west.

Das Tacitus nicht das Gebiet zwischen den Oberläufen von Ems und Lippe gemeint haben kann, machen verschiedene Umstände deutlich. Zum einen hat Caecina dieses Gebiet vermutlich schon durchquert und dabei auch verwüstet, als er zum Treffpunkt an der Ems zog. Demnach wäre dann das gesamte Germanicusheer erneut vom Stützpunkt an der Ems in dieses Gebiet zurückgekehrt um es erneut zu brandschatzen. Das erscheint mir ein wenig zu viel des Aufwandes.

Dieses bezeichnete Gebiet bestand seinerzeit aus ausgedehnten Sumpfgebieten, wie die Davert. Hier gab es nicht viel zu verwüsten. Es ist auch nicht nachzuvollziehen dass in diesem relativ kleinen Bereich zwischen Ems und Lippe eine gewaltige Heermacht von 8 Legionen erforderlich war, um hier siegreich zu operieren. Hier hätten sie sich vermutlich gegenseitig auf den Füßen gestanden.

Weiterhin stellt sich die Frage, wozu dieser ganze Aufwand mit der Flotte über die Nordsee zur Ems dienen sollte, wenn Germanicus dieses Gebiet ohne besondere Umstände, durch einen Zug von wenigen Tagesmärschen entlang der bekannten Lipperoute erreichen konnte.

Gruß Maelo
 
Weiterhin stellt sich die Frage, wozu dieser ganze Aufwand mit der Flotte über die Nordsee zur Ems dienen sollte, wenn Germanicus dieses Gebiet ohne besondere Umstände, durch einen Zug von wenigen Tagesmärschen entlang der bekannten Lipperoute erreichen konnte.

Gruß Maelo

Holland hätte er doch noch direkter vom Rhein aus erreichen können, ohne über die Nordsee fahren zu müssen.
 
Jedoch zieht man einen damals veränderten Lippelauf in Betracht dann bekommt diese Behauptung wieder Sinn, denn es ist nicht wahrscheinlich, dass Strabo in diesem wichtigen Detail eine falsche Angabe gemacht haben soll.

Warum ist das nicht wahrscheinlich?

Sollte Tacitus dieses Geographieverständnis übernommen haben, dann bekommt seine Aussage von dem Gebiet zwischen Lippe und Ems eine vollkommen neue Wertung, denn dann ließe sich diese Aussage nicht nur auf das Gebiet der Oberläufe von Lippe und Ems begrenzen, sondern das Gebiet welches Germanicus mit seinem Heer verwüstete war dann um ein vielfaches größer.

Wenn Tacitus das übernommen hat, richtig, dann wäre das so.

Infolge dessen wäre dann auch eine andere Zugrichtung des Germanicus von der Ems aus wahrscheinlich. Let’s go west.

Nicht wirklich. Man macht ausgehend von den Stützpunkten am Rhein ein aufwendiges Flotten- und Heermanöver, um sich irgendwo an der Ems zu treffen, verwüstet dann alle Gebiete, zwischen Ems und Rhein? Warum operiert nicht eine Truppe direkt vom Rhein aus? Der Treffpunkt an der Ems legt doch wohl deutlich nahe, dass der Schwerpunkt der militärischen Aktion irgendwo in diesem Raum zu suchen ist.

Das Tacitus nicht das Gebiet zwischen den Oberläufen von Ems und Lippe gemeint haben kann, machen verschiedene Umstände deutlich. Zum einen hat Caecina dieses Gebiet vermutlich schon durchquert und dabei auch verwüstet, als er zum Treffpunkt an der Ems zog.

Das wäre durchaus eine Möglichkeit, um zu zeigen, dass das Gebiet größer war, als nur die Gegend zwischen den Oberläufen von Ems und Lippe. Die logische Folge ist dennoch nicht, dass die Feldzüge des Germanicus wieder bis zurück an den Rhein geführt haben müssen.

Demnach wäre dann das gesamte Germanicusheer erneut vom Stützpunkt an der Ems in dieses Gebiet zurückgekehrt um es erneut zu brandschatzen. Das erscheint mir ein wenig zu viel des Aufwandes.

Nach deiner Logik marschiert man sogar fast bis an den Rhein zurück. Das ist nicht nur noch mehr Aufwand, das ist militärisch ziemlich blöd!

Weiterhin stellt sich die Frage, wozu dieser ganze Aufwand mit der Flotte über die Nordsee zur Ems dienen sollte, wenn Germanicus dieses Gebiet ohne besondere Umstände, durch einen Zug von wenigen Tagesmärschen entlang der bekannten Lipperoute erreichen konnte.

Warum der ganze Aufwand sich mit Flotte und Heer an der Ems zu treffen, wenn man Gebiete in relativer Rheinnähe verwüsten will? Germanicus hätte diese Aktion viel einfach haben können. Nämlich so, wie im Herbst 14. Man geht einfach über den Rhein. Man fährt nicht erst mit dem Schiff an die Ems und marschiert zurück.
 
Hallo Nicole H.

Das Anfangsziel diese Feldzuges war nicht die Bestattung der Varuslegionen sondern die Abstrafung oder Vernichtung der Brukterer und anderer arminiustreuen Germanen. Die Möglichkeit einer Bestattung ergab sich erst im Verlauf dieses Feldzuges.

[FONT=&quot]Gruß Maelo[/FONT]
 
Hallo Tela

Tacitus schrieb über den Grund der Germanicusfeldzüge. Schon am Anfang seiner Annalen (Tac. Ann. I/1) gibt er die Erklärung warum die Römer erneut über den Rhein setzten und die Germanen bekämpften. Er schrieb: „Der einzige Krieg, der in dieser Zeit noch andauerte, war der gegen die Germanen; er sollte mehr die Schande des unter Quintilius Varus verlorenen Heeres tilgen als den Wunsch nach Ausdehnung des Reiches oder sonst einem den Einsatz lohnenden Preise dienen“. Bei diesen Feldzügen ging es demnach nicht um einen erneuten Versuch, die Grenzen den Römischen Reiches bis zur Weser oder der Elbe auszudehnen, sondern einzig darum, an den an der Varusschlacht beteiligten Germanen Rache zu üben.

Aus diesem Grund überschritt Germanicus im Jahr 14 den Rhein, um die Marser während eines Überraschungsangriffes zu bekämpfen. Diese Taktik, die gegenüber den Marsern offensichtlich Erfolg hatte, konnte Germanicus aber nicht im darauf folgendem Jahr anwenden. Die Brukterer, die im Jahr 15 das vorrangige Angriffsziel der Römer waren, wurden durch den Angriff auf die Marser vorgewarnt und hätten sich sicherlich nicht durch das gleiche Vorgehen überrumpeln lassen. Auf eine erneute Rheinüberquerung mit dem Ziel einer Bekämpfung der Brukterer, hätten diese wahrscheinlich mit einem Rückzug geantwortet durch den die Römer nichts erreicht hätten.

Dadurch dass die Römer jedoch von der Ems aus die Brukterer bis zum Rhein einkesselten, war diesen eine Rückzugsmöglichkeit verschlossen. Daher lässt sich eindeutig die Strategie des Germanicus aus den Beschreibungen des Tacitus herleiten, zumal es unlogisch wäre wenn Germanicus seinen Feldzug gegen die Germanen erst von der Ems aus in östliche Gebiete begonnen hätte und dem Gebiet zwischen Ems und damaligen Lippelauf keine Beachtung geschenkt hätte. Um sicher in dem Gebiet jenseits der Ems operieren zu können musste Germanicus zuerst das Gebiet zwischen Rhein und Ems von den feindlichen Germanen bereinigen. Dieses Vorgehen gebietet die militärische Logik und ist nicht blöd. Um die Cherusker zu bekämpfen musste Germanicus zuerst die rheinnäheren Brukterer besiegen.

Caecina verwehrte den Brukterern eine Fluchtmöglichkeit nach Süden indem er die Lippe heraufzog. Mit vereinigten Kräften stieß dann Germanicus großflächig von der Ems aus in Richtung Rhein um die Brukterer zwischen diesen beiden Flüssen und den Stellungen der Römer aufzureiben. Um dieses Vorgehen abzuschließen musste er folglich wieder in die Nähe des Rheines gelangen, damit die vorgegebene Taktik der großflächigen Vernichtung der Brukterer gewährleistet wurde. Die einzige Möglichkeit für die Brukterer aus dieser Umklammerung zu entkommen, bestand für diesen Stamm darin, sich in das nördlich gelegene versumpfte Gebiet der heutigen Niederlande hinein zu flüchten. Hier waren die äußersten Grenzen der Brukterer, die Germanicus erreichte und von denen bei Tacitus die Rede ist.

Gruß Maelo
 
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