"haud procul" und seine Bedeutung bei Tacitus

Ich bitte vielmals um Nachsicht ob der lokalpatriotischen Analogie, aber vielleicht wird die Sicht klarer, wenn man das Terrain verläßt, in welchem seit längerer Zeiten schon dichter Nebel liegt.

Entschuldige bitte, aber die Nachsicht fällt mir sehr schwer, wenn ich diesbezüglich irgendetwas über das Erzgebirge lesen muss. Auch wenn es dir persönlich hilft.

Ich habe übrigens nicht behauptet, dass sich der saltus teutoburgiensis zwischen Ems und Lippe befindet, sondern dieses Gebiet dient Tacitus zu seiner präziseren Lokalisierung (siehe das Timpe-Zitat oben).
 
Von mir zu fordern, ich solle zur Kenntnis nehmen, das wir nicht wissen, was sich hinter saltus t. verbirgt, ist schon frech. Immerhin schreib ich das seit einer unendlichen vielzahl von Beiträgen, dass wir das nicht wissen, dass damit alle Deutungsversuche anhand von Tacitus nur Spekulation ist (vgl. #267). Nur ab und zu ließ ich mich eben dazu hinreißen, mich in deinem Stil auch mal am spekulieren zu versuchen.

Zum Tacitus-lesen: Da hab ich ein 'wieder' vergessen. Ich habe Tacitus 1 Jahr lang intensivst gelesen - ist nur eine Weile her. Dank dir schau ich jetzt wieder intensiv hinein.

Und entdecke, dass viele deiner Behauptungen (pontes longi, Startpunkt Varus) durch die Quellen überhaupt nicht abgedeckt sind. Konsequenz im Handeln ist nicht deine große Stärke, oder? Fakt ist und bleibt jedenfalls, dass du dann die Quellen wörtlich interpretierst, wenn es dir sinnvoll erscheint und sie dann nicht mehr so genau betrachtest, wenn das Wörtlich-nehmen nicht mehr weiter hilft.

Immerhin schreibst du jetzt ja doch einmal einen richtigen Satz: Wir wissen nicht, was der saltus t. war und wir wissen nicht, welche Ausdehnung er hat.

Weiterhin wissen wir nicht, ob Germanicus das Verlangen nach dem Ort der Varusschlacht ergriff, als er sich in den äußersten Gebieten des Bruktererlandes aufhielt und vor allem wo das ist oder ob er sonst wo war.

Und wir wissen nicht, wie weit haud procul nun wirklich ist.

Tacitus mag den Ort so genau bezeichnet haben, wie es möglich war, aber uns fehlen sämtliche Informationen, um damit wirklich etwas anfangen zu können.

Spekulier du nur ruhig weiter (mit genauer Quelleninterpretation oder mit deinen persönlichen Wunschvorstellungen), es sind und bleiben immer zielgerichtete Spekulationen, die auf deinen Wunschort genauso gut und genauso schlecht zutreffen, wie auf sehr viele weitere Orte.

Genaues wissen wir aufgrund der Tacitusangaben nicht. Schreibst du doch oft genug auch. Also halt dich auch dran!
 
Zuletzt bearbeitet:
Nach über 320 Beiträgen sind wir genauso schlau wie zuvor. Natürlich kann gerne weiter spekuliert werden, aber hier nimmt der Diskussionsstil schon den Charakter einer ideologischen Auseinandersetzung an. Liebe Leute, kriegt euch wieder ein!
 
Nach über 320 Beiträgen sind wir genauso schlau wie zuvor.
Jepp!

Von daher halte ich auch mehr von Themen bei denen von Vornherein eher die Chance größer ist, dass der Ersteller etwas Nützliches zurück bekommt. Ich sage mal so, einer interessiert sich für Ritter, hat aber keine Ahnung, was deren Damen so machten und fragt darum in die Runde.

Aber manche Nebenschauplätze wie das mit der Knochenbearbeitung (oder war das in einem anderen Thread? :rotwerd: ) war ja zumindest ganz interessant.:)
 
Spekulier du nur ruhig weiter (mit genauer Quelleninterpretation oder mit deinen persönlichen Wunschvorstellungen), es sind und bleiben immer zielgerichtete Spekulationen, die auf deinen Wunschort genauso gut und genauso schlecht zutreffen, wie auf sehr viele weitere Orte.

Das ist ja interessant. Kannst du mich bitte aufklären, wo mein Wunschort liegt? Habe ich je einen Wunschort genannt?
Falls du auf meine Beiträge Bezug nehmen möchtest, verwende bitte die Zitier-Funktion. Danke.
 
Nach über 320 Beiträgen sind wir genauso schlau wie zuvor.

Richtig. Eigentlich bringt dieser thread seit diesem Beitrag nichts mehr.

Natürlich kann gerne weiter spekuliert werden,

wir könnten ja einen neuen thread aufmachen: Spekulationsthread über die Varusschlacht. Da kann sich Nicole dann austoben mit ihren Versuchen zu beweisen, dass Kalkriese durch die Quellen zwingend nicht abgedeckt ist.
aber hier nimmt der Diskussionsstil schon den Charakter einer ideologischen Auseinandersetzung an.

Deswegen will ich jetzt wirklich versuchen mich hier rauszuhalten (auch wenn ich schon einmal versagt habe:red:)
 
Richtig. Dort schrieb ich:

"Also ich favorisiere eine Gegend, die nicht weit entfernt von dem Gebiet ist, das sich zwischen den Oberläufen von Ems und Lippe befindet. Wahrscheinlich näher an der Lippe."

Und? Gibt es irgendeine Textpassage in den Annalen, die dem widerspricht?
 
Fazit:

Die Bezeichnung „haud procul“ wird offenkundig meistens verwendet, um entweder ein Geschehen zu bezeichnen, dass sich in Sichtweite abspielte oder doch in relativ überschaubarer Entfernung.
Nur eine Verwendung fällt wirklich komplett aus dem Rahmen - oder vielleicht zwei, wenn man haud procul dennoch auf den Raum Kalkriese beziehen will.
 
Ich finde, durch die jüngste Diskussion ist immerhin ein Punkt aufgetaucht, der bisher noch nicht wirklich berücksichtig wurde:
Der Unterschied der Streckenlängen und Empfindungen von Tacitus, dem Varusheer und einem römischen Soldaten der taciteischen Zeit. Wie weiter oben schon geschrieben wurde, kann für einen Tacitus die "Nähe" oder "Ferne" ganz andere Ausmaße haben als für einen Legionär. Ebenso kann sich die Situation in Germanien in 2-3 Generationen durchaus gewandelt haben. Damit will ich zum Ausdruck bringen dass durch Handel und Patrolien/Feldzüge neue und einfacher zu benutzendere Wege entstanden sein können, die knapp 100 Jahre nach der Schlacht die Marschdistanzen durcheinander bringen.
Allerdings kommen wir damit auch wieder an den gleichen Punkt wie bisher. Eine Hilfe zur Eingrenzung gibt es nicht, wir wissen nicht, ob die Distanzen damals Kürzer waren, die Wege gleich waren und welchen Erwartungshorizont Tacitus für seine Strecken an den Tag legte. Damit erhärtet sich für mich nur das Argument, dass ich lieber einen weiteren Rahmen anlege um etwas abzustecken, als dass ich voreilig Regionen ausschließe.
 
Entschuldige bitte, aber die Nachsicht fällt mir sehr schwer, wenn ich diesbezüglich irgendetwas über das Erzgebirge lesen muss. Auch wenn es dir persönlich hilft.

Es sollte keineswegs mir helfen: es ging dabei darum, daß das von mir beanstandete topographische Ausschlußverfahren methodisch unsauber bzw. sogar fehlerhaft ist, da es sehr großzügigen Lagebeschreibungen eine topographische Genauigkeit beimißt bzw. aus diesen großzügigen Lagebeschreibungen eine topographische Genauigkeit ableitet, welche diese gar nicht haben (können).
Ich hatte dabei gehofft, daß eine Analogbeschreibung anhand einer anderen Region hilfreich sein würde, um die Schärfe aus der aktuellen Diskussion zu nehmen, die mE durch die Fokussierung auf den norddeutschen Raum zu o.g. topographischen Fehlschlüssen geführt hat. Aber das war wohl doch eher frommer Wunsch - eigentlich schade, aber das muß ich an der Stelle wohl ertragen wie ein Mann...
:fs:
 
Ich finde, durch die jüngste Diskussion ist immerhin ein Punkt aufgetaucht, der bisher noch nicht wirklich berücksichtig wurde:
Der Unterschied der Streckenlängen und Empfindungen von Tacitus, dem Varusheer und einem römischen Soldaten der taciteischen Zeit. Wie weiter oben schon geschrieben wurde, kann für einen Tacitus die "Nähe" oder "Ferne" ganz andere Ausmaße haben als für einen Legionär...

Zumal sich diesbezüglich mE sowieso immer wieder die - aufgrund verlorengegangner Schriften u. dgl. wohl zu unserem Leidwesen nicht lösbare - Frage stellt, was alles von Tacitus selbst und was er von anderen (insbesondere auch früheren) Verfassern bzw. aus früheren Archiven etc. entnommen hat.
 
Richtig. Dort schrieb ich:

"Also ich favorisiere eine Gegend, die nicht weit entfernt von dem Gebiet ist, das sich zwischen den Oberläufen von Ems und Lippe befindet. Wahrscheinlich näher an der Lippe."

Und? Gibt es irgendeine Textpassage in den Annalen, die dem widerspricht?

Ne, Nicole, gibt es nicht-aber wenn die Schlacht da stattgefunden hat, war das vor der "Haustür" der Römer. :winke:

Da liegt der "Hase im Pfeffer".

Maelonn hat versucht das zu erklären.

Ganz abgesehen davon, daß ich wie du der Überzeugung bin, daß Kalkriese mit "in der Nähe von Saltus Teutoburgensis" nicht gemeint ist.

Aber mal am Rande, das behauptet ja so richtig niemand der Dikussionsteilnehmer:)

Man geht davon aus, daß die Fundstelle mit der Schlacht in Verbindung zu bringen ist.

Und das geht problemlos.
Und ich kann mein Mundwerk auch einfach nicht halten.:rofl:egal wie entschlossen ich mir das vornehme.

OT
Briss und Tela:
Danke für den "Schuppser" in Richtung Pontes Longi.
Also ich glaube schon das es an "der Stelle" noch mal Ärger gab.

Obwohl ich sie schon hundertmal gelesen habe:weinen: muss man ja beim Lesen mehr aufpassen wie auf nem Drahtseil.

Man denkt immer, man hat alles bedacht und aufmerksam gelesen:scheinheilig:

Danke ihr zwei und Tacitus (Möchte wissen, woher der das alles wusste)
Die Quelle hätte ich gerne.

Gruss Lupus
 
Ich finde, durch die jüngste Diskussion ist immerhin ein Punkt aufgetaucht, der bisher noch nicht wirklich berücksichtig wurde:
Der Unterschied der Streckenlängen und Empfindungen von Tacitus, dem Varusheer und einem römischen Soldaten der taciteischen Zeit. Wie weiter oben schon geschrieben wurde, kann für einen Tacitus die "Nähe" oder "Ferne" ganz andere Ausmaße haben als für einen Legionär.
Und vielleicht sollte man noch eins bedenken.
Wenn ich beispielsweise in Neubeckum wohne, meine Verwandschaft in Ennigerloh und mein Arbeitsplatz in Oelde ist, dann würde ich Kalkriese nicht als "haud procul" bezeichnen.
Sehe ich mir das ganze aus 1000km Entfernung an und schreibe zudem über jemanden, der ganz Nordrhein-Westfalen durchquert, sieht das schon anders aus.
 

Germanicus befand sich 15 n.Chr. zwischen Ems und Lippe und hätte nicht nur ca. 70 km zurücklegen, sondern auch noch zwei Bergzüge überqueren müssen, wenn er von dort nach Kalkriese nördlich des Wiehengebirges hätte marschieren müssen. Davon steht nichts in den Quellen und ich bitte dich nochmals, nichts hinein zu lesen, was dort nicht steht!!!

Ich habe deine Anregung, doch einmal eine Karte zur Hand zu nehmen, nun endlich mal berücksichtigt. Und - obwohl ich eigentlich der Meinung war, es handele sich um eine rhetorische Figur, die dazu dienen sollen, die Argumente der Gegner deine "Theorie" (welche ist das eigentlich?) zu diskreditieren - bin ich überrascht, welche Anregungen sich daraus ergeben!

Besteht die Möglichkeit, dass bereits in der Antike Höhenwege existiert haben? Falls ja, so könnte man doch unter Bezug auf den heute als "Hermannsweg" bezeichneten Weg über eine Route spekulieren, die sowohl die unterstellten Schwierigkeiten, zwei Höhenzüge zu überwinden, als auch die beschriebenen "Ausfälle" in das sumpfige Gebiet des Umlandes erklären könnten.
 
Um von der Ems zur Lippe zu marschieren muss man zwei Höhenzüge überwinden? Das wäre mir neu.

Jetzt wirds wirklich lächerlich. Das schreibt jemand, der kurz zuvor noch geschrieben hat:
Von diesem Standort aus hätte er ca. 70 km und zwei Bergzüge überwinden müssen, um Kalkriese zu erreichen, aber davon steht bei Tacitus nichts.

Um darauf mal "nicoleesk" zu antworten: Wenn er auf dem Weg von der Ems zur Lippe keine Berge überklettern musste, wieso sollten ihm dann auf dem Rückweg von der Lippe zur Ems plötzlich zwei Bergrücken im Weg gestanden haben? Wo sind die plötzlich hergekommen? Sind die spontan gewachsen, während er die Brukterer bekämpft hat? Oder liegt Kalkriese nicht nahe der Ems? :fs:

Die Schlussfolgerung ist falsch. War das Gebiet nördlich der Linie Hannover-Rheine etwa nicht okkupiert? Was ist mit Friesen und Chauken? Laut Tacitus gab es dort sogar noch nach der Varusschlacht (also zwischen 9 und 14) ein römisches Lager.
Über groß angelegte Eroberungsfeldzüge an der Nordseeküste steht in den Quellen nichts. Das ist aber auch egal. Von der Küste aus sind jedenfalls keine Feldzüge in das Innere Germaniens hinein vorgetragen worden. Dazu brauchten die Römer nämlich massenhaft Versorgungsgüter. Die kamen überwiegend aus Gallien und ließen sich über die Lippe viel leichter nach Germanien hineinschaffen als über eine rund 1000 Kilomter lange Route über den Rhein, die Nordsee und dann über die Ems, die Weser oder die Elbe. Nur Germanicus hat zweimal diesen Umweg gewählt, um seinen empfindlichen Tross ungefährdet tief ins Feindesland zu bringen.

Insgesamt denke ich allerdings inzwischen auch, dass die Diskussion so keinen Sinn mehr hat.

Machts gut.
 
Jetzt wirds wirklich lächerlich. Das schreibt jemand, der kurz zuvor noch geschrieben hat:


Um darauf mal "nicoleesk" zu antworten: Wenn er auf dem Weg von der Ems zur Lippe keine Berge überklettern musste, wieso sollten ihm dann auf dem Rückweg von der Lippe zur Ems plötzlich zwei Bergrücken im Weg gestanden haben? Wo sind die plötzlich hergekommen? Sind die spontan gewachsen, während er die Brukterer bekämpft hat? Oder liegt Kalkriese nicht nahe der Ems? :fs:


Ich habe den Beitrag von Nicole H. so verstanden (vielleicht auch mißverstanden), daß Germanicus irgendwo im östlichen Münsterland beim Oberlauf von Lippe und Ems ist. Und um von dort nach Kalkriese zu gelangen, hätte er wirklich die beiden Höhenzüge des Teutoburger Waldes und des Wiehengebirges überschreiten müssen (vorher hätte er die Ems natürlich überqueren müssen).

Da ist zwischen Nicole H.'s Aussagen kein Widerspruch.
 
Ich habe den Beitrag von Nicole H. so verstanden (vielleicht auch mißverstanden), daß Germanicus irgendwo im östlichen Münsterland beim Oberlauf von Lippe und Ems ist. Und um von dort nach Kalkriese zu gelangen, hätte er wirklich die beiden Höhenzüge des Teutoburger Waldes und des Wiehengebirges überschreiten müssen (vorher hätte er die Ems natürlich überqueren müssen).

Da ist zwischen Nicole H.'s Aussagen kein Widerspruch.

Doch, da ist einer. Du übersiehst, dass Germanicus mit der Flotte die Ems hinaufgefahren ist. Man mag nun streiten, wo er gelandet sein könnte, also bis wohin die Ems schiffbar war. Rheine? Greven? Jedenfalls nicht viel weiter südlich. Immerhin muss er einige hundert Schiffe benutzt haben, die er irgendwo lassen musste. Nun schau dir mal eine Karte an. Egal wo der Landeplatz genau war: Er war nur einen Steinwurf westlich oder südwestlich von Kalkriese. 40 Kilometer vielleicht, mehr nicht. Wenn Germanicus von da aus nach "irgendwo im östlichen Münsterland am Oberlauf von Lippe und Ems" marschiert wäre, dann hätte er an Kalkriese vorbeiziehen müssen und wäre über die selben Höhenzüge gekommen, die ihm auf dem Marsch von "irgendwo im östlichen Münsterland" nach Kalkriese im Weg gelegen hätten.

Nebenbei: Ich selbst glaube nicht, dass er ins östliche Münsterland gezogen ist. Für mich ist die Aufklärung des Widerspruchs in den von mir zitierten Aussagen also im Grunde ohne Belang.

Und jetzt meide ich diesen Thread wirklich, bis hier wieder was ernsthaftes zum Thema zu lesen ist.

MfG
 
Nicole erzählt uns ja mit Ausdauer, dass es egal ist, wo sich Germanicus im Detail aufgehalten hat, da es unzweifelhaft sei, dass er sich zwischen Lippe und Ems - was bei ihr dann zu den Oberläufen der beiden Flüsse wird (was bei Tacitus nicht steht!) - aufgehalten habe.

Zudem tritt sie dafür ein, dass sich hinter dem haud procul eine vergleichsweise geringe Entfernung verbergen muss. Dies kann man mit einiger Wahrscheinlichkeit durchaus so sehen.

Nur dann sollte die Frage nach dem Aufenthaltsort des Germanicus, als ihn das Verlangen packte das Varusschlachtfeld zu besuchen, noch mehr interessieren.

Denn Germanicus kann sich theoretisch durchaus an mehreren Orten aufgehalten haben, die durch die Beschreibung 'zwischen Ems und Lippe' gedeckt wäre. Um nur ein Paar zu nennen: Paderborn, Hamm, Gütersloh oder Münster. Ziehe ich um jeden dieser Orte einen Kreis von max. 30 km, dann komme ich durchaus in unterschiedliche Regionen, wo man die Varusschlacht aufgrund dieser Angaben lokalisieren müsste.

Alleine von daher wäre es gut zu wissen, wo sich Germanicus wirklich aufgehalten hat.

Bislang habe ich die Meinung vertreten, dass es aus den Quellen nicht erkennbar ist, wo Germanicus genau war. Genaues Lesen des Tacitus und ein wenig nachdenken haben zumindest eine Theorie entstehen lassen, wie man den Text des Tacitus auch interpretieren könnte, wenn man die Brukterer wie allgemein geschehen zwischen Ems und Lippe siedeln lässt.

Dabei greife ich Aspekte auf, die vor allem durch Maelonn vertreten werden. Ihm sei daher für die Anregungen gedankt.

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Bevor beschrieben wird, dass das Land zwischen Ems und Lippe (=Bruktererland) verwüstet wird, gibt es im Text drei Angaben, die sich auf die Brukterer beziehen:

1. Caecina zieht mit 40 Kohorten durch das Bruktererland zum vereinbarten Treffpunkt an der Ems.

2. L. Stertinius schlägt die Brukterer auf Weisung des Germanicus in die Flucht.

3. Die Brukterer verheeren dabei ihr eigenes Land.

Dabei ist zumindest eine Aktion sicher vor dem Treffen anzusetzten. Das ist die Durchquerung des Landes durch Caecina. Die Zerstörung ihres Landes durch die Brukterer lässt sich meiner Ansicht nach nicht eindeutig zuweisen. Es ist aber durchaus eine naheliegende Vermutung, dass dies geschah, als sich die Armee des Caecina dem Land näherte, vielleicht, um diese Massen in Versorgungsschwierigkeiten zu bringen, wenn das Land zerstört ist?

Es ist auf jeden Fall nicht einzusehen, dass Caecina durch Feindesland marschiert, ohne irgendwelche Zerstörungen anzurichten.

Passt dazu die Aktion der Brukterer von der Zerstörung ihres Landes, dann wäre die Folge, dass schon zu dem Zeitpunkt, als Caecina an der Ems eintrifft, im Land der Brukterer kaum noch ein Stein auf dem anderen stand (oder ein Holzstamm auf dem anderen), sondern das Land verwüstet war.

Damit stellt sich die Frage (wie sie auch Maelonn stellt), was Germanicus noch im Land der Brukterer mit 8 Legionen anstellen wollte. Die Brukterer waren zerstreut, ihr Land zerstört.

Es wäre also nicht zwingend notwendig gewesen, dass Germanicus noch einmal in das Land zwischen Ems und Lippe marschiert, denn verwüstet kann das Land schon durch die Anwesenheit des Caecina und die Aktion der Brukterer selbst gewesen sein.

Als Ziel bietet sich dann die entlegensten Gebiete des Bruktererlandes an, wohin ja auch marschiert wurde. Nur wo muss man diese Gebiete dann sehen. Da man sich an der Ems getroffen hat und Caecina zerstörerisch von Süden herankommt, wäre eine Möglichkeit nicht weit vom Treffpunkt entfernt, also eher an der Ems als an der Lippe. Die Textstelle des Tacitus von der Verwüstung des Landes zwischen Ems und Lippe wäre also so eine Beschreibung des Resultats der Aktion des Caecina und nicht eine Beschreibung des Ziels des Germanicus.

Der saltus t., nicht weit entfernt von den entlegensten Gebieten des Bruktererlandes würde damit durchaus ziemlich weit nach Norden gerückt werden.

Fazit: Es ist auch nicht zwingend, dass Germanicus sich an der Lippe befunden hat. Der Text lässt sich genauso gut anders interpretieren.

Da ich natürlich absolut befangen bin, was die Bewertung dieser Deutung angeht, erbitte ich dies von geneigten Lesern (wobei ich auf Ablehnung von Nicole wetten würde).
 
Tac. II, 7:
„Er (Germanicus) selbst führte auf die Nachricht, das an dem Fluss Lupia angelegte Kastell werde belagert, sechs Legionen dorthin. (…) Und auch dem Caesar gaben die Belagerer keine Gelegenheit zu einem Kampfe. Sie verschwanden bei der Kunde von seinem Erscheinen. Jedoch hatten sie den erst kürzlich für die Legionen des Varus errichteten Grabhügel und einen früher für Drusus erbauten Altar zerstört.“

Meines Erachtens kann man den Textpassagen entnehmen, dass die Lippe bei der Beschreibung zur Lokalisierung des Varusschlachtfeldes eine Rolle spielte.

Das könnte durchaus sein, muß aber nicht.

"Jedoch hatten sie den erst kürzlich für die Legionen des Varus errichteten Grabhügel und einen früher für Drusus erbauten Altar zerstört."

Du unterstellst hier eine sowohl regionale als auch zeitliche Nähe der Ereignisse. Das muß allerdings nicht sein und ist auch eher unwahrscheinlich. Tacitus schildert sehr ausführlich den Besuch des Schlachtfeldes und den Bau eines Grabhügels. Von einem Altar für den Drusus ist aber keine Rede. Folglich ist dieser doch wohl ganz woanders gebaut worden, z.B. beim (Wieder?-) Aufbau eines Lagers an der Lippe.

und dann (Tacitus ann. II,7,3):
"...Den Hügel zu erneuern hielt er nicht für angebracht."

Klar, denn der war ganz woanders (Kalkriese:D). Und der Weg dorthin war nicht gerade einfach:
Tacitus ann. I 61,1:
"Caecina wurde vorausgeschickt, um die entlegenen Waldgebiete zu durchforschen und über das sumpfige Gelände und den trügerischen Moorboden Brücken und Dämme zu führen."

Das wollte er sich nicht antun, den es gab wichtigere Aufgaben. Zumal die eigentliche Aufgabe, nämlich eine ehrenvolle Bestattung der Toten unabhängig von der Zerstörung des Grabhügels erledigt war.

Außerdem:
"Kürzlich" ist wieder einmal so ein dehnbarer Begriff.
Es ist durchaus anzunehmen, daß die Zerstörung des Grabhügels mitten in Germanien, auf einem Schlachtfeld, welches wohl durchaus eine kultartige Bedeutung für die Germanen hatte, recht schnell und nicht nach diversen Monaten erfolgt ist.
 
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