In diesem und anderen Themen wurde bereits mehrfach und ausführlich auf die Quellen und Hintergründe zur Legio I Augusta / Legio I Germanica eingangen.
s. bspw. meine Beiträge hier Nr. 301, 1134, 1152 und 1158.
Prof. Schlüter spricht in besagtem Interview von folgendem „neuen Wissen“:
- die Legio I Augusta wurde viel früher „wieder aufgestellt“
- besagte Legion wurden Beinamen und Adler zurück erstattet
- sie wurde an die „germanische Front“ verlegt und dort eingesetzt
- dort wurde sie in Mainz stationiert.
Nach zugegeben kurzer Suche habe ich keinerlei Artikel oder Publikationen gefunden, die neue Funde oder Lesungen bekannter Quellen zitieren. Die o.g. Aussagen müßten gestützt werden, sonst bleibt es beim alten Stand, der sich wie mehrfach geschrieben, seit Ritterling nicht maßgeblich verschoben hat.
Auch fehlt eine Neudeutung der besagten Tacitusstelle, in der jene Feldzeichenverleihung an die Legio I in tiberianischer Zeit eindeutig genannt wird, und die am ehesten fass- und nachvollziehbar zur Legio I Germanica wird.
Persönlich möchte ich anmerken, dass die Aufhebung einer Strafe, sei es wirklich eine Auflösung gewesen oder „nur“ eine Tilgung des Beinamens, mir nicht plausibel erscheint. Ein derartiges Eingeständnis sucht seinesgleichen, wenigstens ohne vorhergehende herausragende Leistung.
Auch das von Maelonn zitierte Szenario will mir zu einer Erneuerung in diesem Sinne nicht passen.
Und als Randbemerkung mit Blick auf eine gleich nachsetzende Kritik: dieses Verwirrspiel ist nicht allein auf die Legio I beschränkt. Die Legio V (Gallica, Macedonica, Urbana bzw. Alaudae) ereilt das gleiche Schicksal, denn wir wissen nicht, ob es eine permanent existerende ist oder mehrere sind, von denen letztlich eine in der clades lolliana untergeht.
Die Kritik:
Erst mit dem Sieg über die Legionen des Varus fielen den Germanen große Mengen der begehrten römischen Waffen in die Hände.
Das ist leider so nicht richtig. Neben Handel und den auxiliaren Diensten ganzer Stammesgruppen im großen Umfang steht bspw. die Niederlage des Lollius im Raum. Auch hier dürften einige Waffen in den feindlichen Besitz gegangen sein, ein Adler tat es immerhin.
Es handelte sich zu dieser Zeit noch nicht um auxiliari, sondern um socii.
Welche Zeit soll dies gewesen sein? Die Umbildung zur auxilia setzt vermutlich mit der eindeutigen Übernahme des Oberkommandos, oder besser gesagt, der Übergabe der militärischen Gewalt an Augustus ein. Das dabei keine Uniformierung stattfindet und die Hilfstruppen wohl noch lange Zeit in typischer oder mit stark von eigenen Gebräuchen durchsetzter Ausrüstung stritten ist allerdings richtig. Ein Argument gegen eine Verbreitung römischer Waffen unter diesen auxilia ist es nicht.