Ich verpflanze das hier mal in diseen älteren Faden, weil es die Diskussion "Besiegt oder Befreit"endgültig verlässt, wenn weiter in das Krigsgeschehen 1940/1941 einsteigt:
Das ändert alles nichts.
- Unterlegenheit der deutschen Luftwaffe 1940
- Unterlegenheit der deutschen Luftwaffe 1941
- Unterlegenheit der deutschen Marine 1940
- Unterlegenheit der deutschen Marine 1941
Und keinerlei Aussicht auf strategische Besserung!
- Hätte der Weihnachtsmann der deutschen Marine einige weitere Großkampfschiffe à la Bismarck beschert: keine Chance, da nicht genügend Treibstoff verfügbar.
- Britische Radartechnik: 1941 verfügbar, und mit deren Verfügbarkeit jederzeit taktische Überlegenheit in der Defensive, jederzeit örtliche Überlegenheit im Luftkampf möglich
- Verlust der deutschen Ausbildungsfähigkeit an fliegerischem Nachwuchs.
- Von 1940 bis 1944: durchgehend bessere Kolbenmotoren auf britischer Seite, Scheitern der deutschen Motorenentwicklung.
- Keine deutschen Viermot-Bomber bzw. keine strategischen Bomber vorhanden, keine in der Entwicklung
- Keine deutschen Langstreckenjäger
- 1938 - 1940: De Havilland Moskito entwickelt, 1941 einsatzbereit. Fernaufklärer, Höhenbomber, Nachtjäger, und über Jahre nicht abzufangen, Reichweite bis nach Berlin.
- Horrende Verluste der deutschen Luftwaffe, Scheitern aller deutschen Angriffskonzepte im Luftkrieg
- Mai 1941: mit dem verlustreichen Fallschirmjägereinsatz auf Kreta endet auch dieses Konzept
- Mai 1941: nach dem Untergang der Bismarck Verzicht auf Bau von neuen deutschen Großkampfschiffen
- Schon 1941 Zwang zum ressourcenfressenden und personalintensiven Aufbau der Flakartillerie und der Nachtjagd
- Und das alles vor dem Angriff auf die Sowjetunion
Du bewegst dich meines Erachtens zu sehr auf der technischen Ebene.
Deutschland hätte vielleicht mittelfristig keine Möglichkeit gehabt die britischen Inseln zu erobern, aber deswegen hätte es den Krieg nicht verloren.
Faktisch bestand zwischen Deutschland und Großbritannien ein Patt, da keine der beiden Seiten auf der jeweils anderen Seite des Kanals aktiv werden werden konnte.
Der Unterschied ist nur, dass Deutschland, wenn die Nazis auf ihren Angriff auf die Sowjjetunion verzichtet hätten mit diesem Zustand hätte leben können, weil es sich faktisch im Besitz eines großen Teils des Europäischen Kontinents befand.
Großbritannien hätte damit auf Dauer nicht leben können weil klar sein musste, das bei dieser Ressourcenverteilung Großbritanniens Vorsprünge nicht ewig zu halten sein würden.
Die Briten waren vielleicht von der Situation her 2-3 Jahre einigermaßen sicher, mehr aber auch nicht.
Wäre von NS-Deutscher Seite auf den Krieg gegen die UdSSR verzichtet oder dieser bis zur Beendigung des Kriegs im Westen aufgeschoben worden, wären bei intensivierter Luft und Seerüstung Deutschlands die Briten gezwungen gewesen in die Offensive zu gehen.
Es hätte ja bei deutlicher Materialüberlegenheit Deutschlands durch das, was sich aus den besetzten Gebieten herausholen ließ ja nicht ausgereicht einfach nur Welle um Welle deutscher Angriffe abzuwehren um Deutschland tatsächlich militärisch zu besiegen, sondern es wäre nötig gewesen, Deutschland die Quellen dieser militärischen Möglichkeiten aus der Hand zu nehmen und dafür hätte Großbritannien Landstreitkräfte benötigt, die in der Lage gewesen wären die deutschen Truppeen aus Westeuropa zu vertreiben.
Die waren nicht vorhanden, wahrscheinlich hätte Großbritannien allein eine so große Armee auch gar nicht ohne weiteres aufstellen können und selbst wenn hätte es natürlich seine gesmate Rüstung auf Landtruppen umsteln müssen, wodurch es aber in der Luft angreifbar geworden wäre.
Stand 1940 und Frühjahr 1941 und das dürfte auf britischer Seite durchaus klar gewesen sein, war Großbritannien nicht imstande Deutschland im Alleingang militärisch zu besiegen und würde das auch in Zukunft nicht sein.
Man konnte in Großbritannien darauf rechnen die Situation vielleicht 2-3 Jahre relativ sicher durchhalten zu können und konnte darauf spekulieren (nichts anderes tat Churchill ja), dass sich Deutschland in der Zwischenzeit neue Feinde schaffen würde, die die strategische Gesamtsituation verändern würden, so dass ein militärischer Sieg tatsächlich möglich wäre.
Wäre das mittelfristig nicht eingetreten, wäre das beste, was die Briten noch hätten erreichen können ein Verhandlungsfrieden zur Beschränkung der Machtverschiebung in Westeuropa gewesen.
Von dem her bin ich nach wie vor der Meinung, dass für Deutschland mit der Erkenntnis, dass Invasion Englands nicht möglich war und man auch den Luftkrieg kurzfristig nicht würde gwinnen können, der Krieg durchaus nicht verloren war.
Mit der Entscheidung die UdSSR zu überfallen, bevor der Krieg im Westen beendet war, eventuell, vorher nicht.
Das ist aber genau der Knackpunkt in deiner Argumentation: hätte... Oder auch, müsste, sollte, wäre. Du spekulierst. Ziemlich fundiert, keine Frage, aber eben Spekulation. Ich spekuliere nun auch einmal: Die USA hätten eine deutsche Hegemonie Europas (die weit darüber hinausgereicht hätte) niemals zugelassen - die bereits massive materielle Unterstützung Großbritanniens 1940/41 lässt kaum anderes vermuten. Ja, die Bevölkerung der USA war mehrheitlich gegen eine Beteiligung am Krieg. Aber was die Bevölkerung denkt ist nicht zwingend deckungsgleich mit dem was die Regierungen beschließen. Roosevelt hätte ja bereits die Angriffe deutscher U-Boote auf amerikanische Handelsschiffe im Frühjahr und Sommer 1941 als Kriegsgrund ausreichen können. Da hätten die Menschen wohl massiv ihren Unmut geäußert, aber was hätte es genützt, wenn da doch bereits der Kriegszustand mit Deutschland hergestellt worden wäre? Genau, gar nix. Die Mobilisierung wäre eben schon ein halbes oder viertel Jahr vor Pearl Harbor angelaufen. Und das war nun meine Spekulation.
Ein gewisses Maß an Spekulation was Möglichkeiten angeht, ist allerdings wenn man in der Schwebe befindliche Situationen beurteien möchte schlechterdings unumgänglich.
Deine Einlassung hat ein entscheidendes Problem, wobei, eigentlich drei:
1. Irgendjemand hätte diesen Krieg auch führen müssen.
Und das ging nicht ohne eine Bevölkerung, die bereit war das mitzumachen, jedenfalls nicht in einer Demokratie, in der Opposition nicht mundtot gemacht und Kooperation der Bevölkerung nicht mit Terrormaßnahmen erzwungen werden konnte.
2. Zudem konnte Roosevelt auch nicht einfach die Legislative umgehen, deren Kooperation insgesamt wäre notwendig gewesen um überhaupt erstmal eine Armee aufzustellen, die man in den Krieg hätte schicken können.
Das Roosevelt nicht versuchte die vorhandenen Zwischenfälle zu nutzen um einen Kriegsgrund zu konstruieren, obwohl er zu denen gehörte, die die Gefahr, die von NS-Deutschland auch für Amerika ausging durchaus sahen, wird man dahingehend auffassen können, dass er wahrscheinlich nicht der Meinung war, das Bevölkerung und Congress das als hinreichend akzeptieren würden und ohne beide hinter einem Krieg zu haben, machte das keinen Sinn.
3. Man hätte von Deutscher Seite her den Interventionisten in Amerika von Anfang an politisch den Wind aus den Segeln nehmen können, wenn man ein einigermaßen mäßiges konkretes Friedensangebot an Großbritannien tatsächlich offen auf den Tisch gelegt hätte.
Das wäre ja sogar mit Hitlers ideologischen Vorstellungen im Westen so viel überhaupt nicht zu wollen, sondern sich auf Ostexpansion festzulegen vereinbar gewesen.
Hätte man öffentlichkeitswirksam, so dass das auch in den Vereinigten Staaten wahrgenommen worden z.B. Großbritannien Frieden auf Basis der Prämisse angeboten, Frankreich, Belgien, die Niederlande, Norwegen und Dänemark wieder herzustellen, sofern London zustimmen würde, dass, sagen wir mal Deutschland Elsass-Lothringen zurück bekäme, dazu viellicht noch Nordschleswig und Luxemburg und Großbritannnien die bisher erfolgten Grenzverschiebungen in Osteuropa anerkenen würde und Frankreich Reparationen zu zahlen hätte, dann hätte die Vorstellung eines Deutschlands, dass ganz Europa übernehmen würde, wahrscheinlich viel von ihrem Schrecken verloren und wäre als Argument zur Mobilisierung der amerikanischen Öffentlichkeit möglicherweise entfallen.
Ich denke, stand 1940 oder Anfang 1941 hätte Deutschland rein strategisch ganz gute Möglichkeiten gehabt mittelfristig zu einem vorteilhaften Frieden zu kommen oder jedenfalls den Krieg unbeschadet abzuwickeln.
Was dem entgegenstand war zu diesem Zeitpunkt weniger das militärisch Kräfteverhältnis, als viel mehr die Ideologie Hitlers und des NS-Regimes, die mit dem Erreichbaren nicht zufrieden waren.
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Vielleicht zur Thematik noch ein kleiner Literaturhinweis:
Es lohnt sich, meiner Meinung nach durchaus mal einen Blick in das Buch "Why the Allies won" von Richard Overy zu werfen.
Overy vertritt darin die These, dass der Sieg der Sieg über Hitler im 2. Weltkrieg durchaus kein Selbstläufer gewesen sei und diskutiert das an Hand verschiedener Dinge, z.B. der unterschidlichen Fähigkeiten der Alliierten und NS-Deutschlands, eine tatsächlich funktionierende Kriegswirtschaft auf die Beine zu stellen und anderen Themenfeldern.
Ist durchaus ganz interessant da mal reinzulesen.