Eine Quelle wurde bisher noch nicht diskutiert: Es handelt sich um die sog. Goldbrakteaten und ähnliche Bildfunde, um deren Interpretation sich insbesondere Karl verdienstlich bemüht. Ich habe in einen Artikel dieses Autoren reingelesen: "Altuppsalas Polytheismus exemplarisch erhellt mit Bildzeugnissen des 5.-7. Jahrhunderts" (in Studien zum Altergemanischen. Festschrift für Heinrich Beck, herausgegeben von Heiko Uecker, 1994, S.196 ff:
Studien zum Altgermanischen: Festschrift für Heinrich Beck - Heiko Uecker - Google Books)
Der Ikonologe bespricht darin Darstellungen Thors als wohl oberste Gottheit, Wodan/Odin als nordischen Mars und wohl auch bereits Todes- und Heilsgott, schließlich Freyr als Hochzeitsgott.
Archäologische Hinweise wie auch zeitgleiche Schriftquellen für eine bestimmte Götterverehrung sind nicht sehr häufig. Im wesentlichen handelt es sich um Runeninschriften auf Schmuckgegenständen oder auch Brakteaten. Es gibt eine Fibel des 6. Jh. von Nordendorf (Augsburg), die eine Beschwörung von Wodan und Donar liefert, die Fibel von Mülheim-Kärlich mit der allerdings umstrittenen Inschrift "Wodini hailag". Das ursprüngliche Runenalphabet bietet drei Götternamen und zwar Teiwaz, Ingwaz und Ansaz, die mit Ziu, Ing und Wodan gleichgesetzt werden. Als zeitgleiche Überlieferung germanischer Götternamen kann der zweite Merseburger Zauberspruch herangezogen werden.
Im wesentlichen sind wir aber auf Berichte späterer Zeit angewiesen, um Göttervorstellungen zu rekonstruieren, wobei es sich vor allem um Schriftquellen aus der Bekehrungszeit handelt: Berichte und Lebensbeschreibungen der Bekehrer, kirchliche Schriften wie Predigten, Traktate, Briefe, Taufgelöbnisse, Glaubens- und Abschwörungsformeln, Straf- und Bußparagrafen kirchlicher Synoden und Mönchsorden, Konzilienbeschlüsse und Gesetze, hier auch ein Verzeichnis des sächsischen Aberglaubens.
Bekannt ist hier auch das altsächsische Taufgelöbnis nach dem Codex Palatinus 577: "Ek forsacho allum Dieboles werkum und wordum, Thunaer ende Woden ende Saxnote ende allum them unholden, the hira genotas sind." :devil:
In einer anderen Niederschrift (
Indiculus superstitionum et paganiarum http://de.wikipedia.org/wiki/Indiculus_superstitionum_et_paganiarum) werden heidnische Haine, Quellen, Tempel und Feste, Totenopfer und Totenmahl, Totenlieder, die Verehrung Wodans und Donars, Zaubermittel, Vorzeichendeutung und dergleichen angeführt und verboten.
Folgt man den leider spärlichen Quellen seit der Zeitenwende, so wird analog zu den sozioökonomischen Verhältnissen ein Wandel im kultischen Brauchtum und in den Vorstellungen einer Hierarchie der Götterwelt erkennbar. Die veränderten gesellschaftlichen Verhältnisse brachten neue Sitten und Gebräuche hervor und vermutlich wird die Zeit der Völkerwanderung einen besonderen Einschnitt bedeutet haben.
Ich vermute, dass die großen Hauptgötter Tyr/Tiwaz/Ziu, Wodan/Odin und Donar/Thor bereits in die Zeit vor Christus zurückreichen, allerdings zeitlich und regional unterschiedliche Wertschätzung fanden. Daneben gab es sicher eine Fülle weiterer Gottheiten, die im Lauf der Zeit verschwanden und von denen uns die meisten überhaupt nicht bekannt sind, da Quellen und Berichte fehlen. Von Nerthus, Baduhenna oder Tanfana hören wir in antiken Berichten, finden sie aber später nicht mehr in der Götterhierarchie. Entweder versanken sie oder sie verschmolzen - wie vielleicht Ingwe mit Freyr - mit anderen Gottheiten. Nehalennia und Hludana finden wir auf Inschriften und Darstellungen auf Steien im Rheinland, wo sie segenspendende germanische Göttinnen repräsentieren.