Flottenpolitik des deutschen Reiches

Landungsschiffe gab es wohl zur zweit des 1. WK noch nicht.
Spezialisierte Schiff gab es wohl wirklich noch nicht. Aber die Landung auf Ösel zeigt ja, welche Transportkapazitäten für einen relativ kleinen Truppenverband nötig waren. Eine Invasionsarmee nach England hätte mindestens zehnmal stärker sein müssen und damit hätte es hunderte von Transportschiffen in der Größenordnung von 10.000 BRT gebraucht.
 
Spezialisierte Schiff gab es wohl wirklich noch nicht. Aber die Landung auf Ösel zeigt ja, welche Transportkapazitäten für einen relativ kleinen Truppenverband nötig waren. Eine Invasionsarmee nach England hätte mindestens zehnmal stärker sein müssen und damit hätte es hunderte von Transportschiffen in der Größenordnung von 10.000 BRT gebraucht.

Bin ganz deiner Meinung, eine Invasion war zu jenen Jahren eine undurchführbare militärische Aktion, auch wenn man das von der niederländischen oder belgischen Küste aus organisiert hätte.

Aber es reichte schon aus, die englische Ostküste zu beschießen um unter Bevölkerung eine Invasionsangst zu schüren. Diese Aktionen wurden dann auch relativ schnell durch die RN unterbunden, auch wenn Ihnen dazu Erkenntnisse aus nachrichtendienstlichen Stellen zur Hilfe kam.
 
Die Sache mit der falschgelaufenen Flottenpolitik und der Provokation GBs hört man als Argumentation sehr oft.
Nur kann ich dieses Argument eigentlich nicht nachvollziehen.

Hatte den GB ein Monopol auf die weltgrößte Flotte?
Durfte Deutschland als Industrienation nicht auch seine See-und Rohstoffwege schützen? Muss man dafür nicht auch eine Flotte haben die so groß ist, das sie jeden potentiellen Gegner abschreckt?
Wie man am Ausgang des WK1 gesehen hat, wurde Deutschland durch die Seeblockade stark geschwächt. Eigentlich ein Argument für eine große bzw. schlagkräftige Flotte, wenn man es genau betrachtet.

Warum dürfen die einen in akzeptierter Weise etwas haben und bei den anderen ist es gleich Größenwahn? Leuchtet mir nicht ein.

Natürlich ist das aus heutiger Sicht genau so. Ich weiß nicht, ob dieser Punkt schon in anderen Beiträgen genannt wurde, denn ich konnte mir nur einige durchlesen, zumindest spielt meiner Meinung nach auch der Gegensatz zu Bismarcks Außenpolitik hier eine Rolle: Dieser erklärte Deutschland noch für saturiert und nun schien man dies mit der Aufrüstung in Frage zu stellen. Natürlich ist zwischen diesen beiden Aspekten viel geschehen, aber ich denke, dass das imperialistische Machtgehabe dafür sorgte, dass man diese Aufrüstung nicht so legitimiert wie wir beide, sondern man eine außenpolitische militärische Gefahr erkannte und natürlich um Konkurrenz klein zu halten...
 
Aber es reichte schon aus, die englische Ostküste zu beschießen um unter Bevölkerung eine Invasionsangst zu schüren.

Die Ängste gab es schon lange, lange vor 1914. Im "Rätsel der Sandbank", einem Roman von Robert Erskine Childers wurde schon 1903 der Versuch einer deutsche Landung durchgespielt.

Der Roman ist auf deutsch erhältlich, wird auch immer wieder neu aufgelegt und ist insbesondere für Nordseesegler sehr interessant - er besticht durch detailgetreue Beschreibungen der friesischen Küste.
 
Die Ängste gab es schon lange, lange vor 1914. Im "Rätsel der Sandbank", einem Roman von Robert Erskine Childers wurde schon 1903 der Versuch einer deutsche Landung durchgespielt.

Der Roman ist auf deutsch erhältlich, wird auch immer wieder neu aufgelegt und ist insbesondere für Nordseesegler sehr interessant - er besticht durch detailgetreue Beschreibungen der friesischen Küste.

Erskine Childers war selber ein begnadeter Segler. Er hat 1914 Waffen für den Sinn Fein auf seiner Jacht "Asgard" von Hamburg nach Irland geschmuggelt (https://en.wikipedia.org/wiki/Howth_gun-running) begleitet von seiner Frau Molly und ein paar Freunden. Das Boot war bis oben hin mit Gewehren gefüllt und schlich sich bei schwerem Wetter zwischen den Schiffen der Royal Navy durch.
 
Die Ängste gab es schon lange, lange vor 1914.

Das ist richtig, die gab es schon seit dem die Franzosen mit einer neuen Seerüstung in den 1840iger Jahren und dem Dampfantrieb neue taktische Möglichkeiten aufzeigten.

Aber was ich mit den Aktionen von 1914 meinte, war, daß Beschießen der englischen Küste was bis dato seit hunderten von Jahren nicht mehr erfolgte.
 
Erskine Childers war selber ein begnadeter Segler. Er hat 1914 Waffen für den Sinn Fein auf seiner Jacht "Asgard" von Hamburg nach Irland geschmuggelt (https://en.wikipedia.org/wiki/Howth_gun-running) begleitet von seiner Frau Molly und ein paar Freunden. Das Boot war bis oben hin mit Gewehren gefüllt und schlich sich bei schwerem Wetter zwischen den Schiffen der Royal Navy durch.

tausend dank, das wusst ich nicht. Das er Segler war, natürlich schon. Der kleine irische Schlingel!
 
Natürlich ist das aus heutiger Sicht genau so. Ich weiß nicht, ob dieser Punkt schon in anderen Beiträgen genannt wurde, denn ich konnte mir nur einige durchlesen, zumindest spielt meiner Meinung nach auch der Gegensatz zu Bismarcks Außenpolitik hier eine Rolle: Dieser erklärte Deutschland noch für saturiert und nun schien man dies mit der Aufrüstung in Frage zu stellen. Natürlich ist zwischen diesen beiden Aspekten viel geschehen, aber ich denke, dass das imperialistische Machtgehabe dafür sorgte, dass man diese Aufrüstung nicht so legitimiert wie wir beide, sondern man eine außenpolitische militärische Gefahr erkannte und natürlich um Konkurrenz klein zu halten...

Die britische Flotte war doppelt so groß wie die deutsche Flotte. Auch Frankreich, Rußland und die USA hatten beachtliche Flotten. Die deutsche Flotte war keineswegs übertrieben groß. Davon abgesehen waren die Reichskanzler nach Bismarck außenpolitisch ganz besonders um eine Verständigung und Bindung mit Großbritannien bemüht. Inwiefern die deutsche Flotte eine Bedrohung für Großbritannien darstellen sollte ist mir daher vollkommen schleierhaft.

Wie man dann im Weltkrieg auch gesehen hat, konnte die deutsche Flotte aufgrund der quantitativen Unterlegenheit nichts ausrichten. Die britische Seeblockade hat den gesamten Krieg entscheidend zu Ungunsten des Deutschen Kaiserreiches beeinflußt und hundertausende deutsche Zivilisten in den Hungertod getrieben.

Man muß es eigentlich in der Retrospektive bedauern, daß es dem Kaiserreich nicht gelungen war die Flotte so groß und stark aufzubauen, daß man es mit der britischen Flotte aufnehmen konnte und sich aus der Blockade hätte befreien können.
 
Die britische Flotte war doppelt so groß wie die deutsche Flotte. Auch Frankreich, Rußland und die USA hatten beachtliche Flotten.

Die britische Flotte war auch weltweit verteilt und hatte entsprechende Aufgaben. Frankreich und Russland waren Verbündete und somit keine Bedrohung mehr.


Davon abgesehen waren die Reichskanzler nach Bismarck außenpolitisch ganz besonders um eine Verständigung und Bindung mit Großbritannien bemüht.

Das gilt für Bülow mit Sicherheit nicht. Bethmann Hollweg hat sich sehr um eine Verständigung mit England bemüht und dies auch zum Teil, unte großem Entgegenkommen deutscherseits, erreicht. Er übersah aber, das das Großbritannien auf jeden Fall an Frankreich und Russland festhalten würde und deshalb war der Wunsch nach britischer Neutralität nicht zu erreichen.
 
Die britische Flotte war auch weltweit verteilt und hatte entsprechende Aufgaben. Frankreich und Russland waren Verbündete und somit keine Bedrohung mehr.

Und warum sollten die Deutschen nun keine Flotte bauen? Was gibt es daran zu kritsieren? Genauso wie alle anderen Großmächte das Recht hatten ihre Flotte zu bauen, hatte doch auch das Deutsch Kaiserreich dieses Recht.
 
Und warum sollten die Deutschen nun keine Flotte bauen? Was gibt es daran zu kritsieren? Genauso wie alle anderen Großmächte das Recht hatten ihre Flotte zu bauen, hatte doch auch das Deutsch Kaiserreich dieses Recht.

Ich glaube, die Problematik liegt nicht in der Tatsache, daß sich Deutschland an dem Navalismus beteiligte, sondern mit welcher Intensität und mit welchem Ziel bzw. Ausrichtung die Flottenrüstung betrieben wurde. Vor allem mit dem Dreadnoughtsprung sah sich Tirpitz erst in einem Dilemma, erkannte aber schnell die Tragweite dieser technischen Neuerung, vor allem auf eine Rivalität mit dem Flottenbau Englands zu treten und sein Ziel, eine so starke Flotte zu bauen, die der mächtigsten entgegenstehen konnte. Und wie sehr er sich an den neuen Typen des britischen Großkampfschiffbaus orientiert zeigt auf, wie er (für sich und das Flottenprogamm schmerzlich) auch in den Bau von Schlachtkreuzern mit einlenkte. Das tat in dem Ausmaß keine andere Seemacht die in den Großkampfschiffbau investierte (mit Ausnahme Japans, die aber auch in der Gesamtheit der Anzahl von Großkampfschiffen schnell zurück blieb).
 
Ich glaube, die Problematik liegt nicht in der Tatsache, daß sich Deutschland an dem Navalismus beteiligte, sondern mit welcher Intensität und mit welchem Ziel bzw. Ausrichtung die Flottenrüstung betrieben wurde. Vor allem mit dem Dreadnoughtsprung sah sich Tirpitz erst in einem Dilemma, erkannte aber schnell die Tragweite dieser technischen Neuerung, vor allem auf eine Rivalität mit dem Flottenbau Englands zu treten und sein Ziel, eine so starke Flotte zu bauen, die der mächtigsten entgegenstehen konnte. Und wie sehr er sich an den neuen Typen des britischen Großkampfschiffbaus orientiert zeigt auf, wie er (für sich und das Flottenprogamm schmerzlich) auch in den Bau von Schlachtkreuzern mit einlenkte. Das tat in dem Ausmaß keine andere Seemacht die in den Großkampfschiffbau investierte (mit Ausnahme Japans, die aber auch in der Gesamtheit der Anzahl von Großkampfschiffen schnell zurück blieb).

Halten wir doch einfach mal fest, daß das Deutsche Kaiserreich das selbstverständliche Recht hatte eine Flotte zu bauen, genauso wie alle anderen Großmächte auch. Halten wir auch mal fest, daß die deutsche Flotte nicht übertrieben groß gewesen ist, sondern der Größe und Bedeutung des Kaiserreiches absolut angemessen war. Und halten wir dann nicht zuletzt auch fest, daß die britische Flotte doppelt so groß war und die Entente eine zahlenmäßige Übermacht zur See von fast 3:1 hatte.

Kritik am deutschen Flottenbau ist daher rational nicht nachzuvollziehen. Wenn man denn Kritik üben möchte, dann sollte es doch um die Frage gehen, warum es eben nicht gelungen ist die Flotte auch so groß und stark zu machen, daß das Kaiserreich es mit den Briten hätte aufnehmen sich gegen eine Seeblockade hätte effektiv schützen können.

Der Erste Weltkrieg ist nicht wegen des deutschen Flottenbaus ausgebrochen. Aber er wurde verloren, weil der deutsche Flottenbau zu bescheiden war. Und hundertausende deutsche Frauen, Kinder und Greise haben das mit ihrem Leben bezahlt.
 
Parsifal schrieb:
Halten wir doch einfach mal fest, daß das Deutsche Kaiserreich das selbstverständliche Recht hatte eine Flotte zu bauen, genauso wie alle anderen Großmächte auch. Halten wir auch mal fest, daß die deutsche Flotte nicht übertrieben groß gewesen ist, sondern der Größe und Bedeutung des Kaiserreiches absolut angemessen war. Und halten wir dann nicht zuletzt auch fest, daß die britische Flotte doppelt so groß war und die Entente eine zahlenmäßige Übermacht zur See von fast 3:1 hatte.
Bei Deinem Ansatz betrachtest Du zwei Aspekte nicht im ausreichendem Maße:

1. Hatte das Deutsche Kaiserreich eine geeignete geographische Lage für eine Flotte mit Weltgeltung?
2. Welchen Zweck verfolgte das Deutsche Reich mit dem Flottenbau?

Zu 1.
Deutschland hatte eine lange Küstenlinie an der Ostsee. Im Nordosten der Ostsee befand sich die wichtigste Basis der russischen Marine. Die wichtigste Aufgabe der deutschen Flotte musste deshalb der Schutz seiner Küste in der Ostsee sein.

An der Nordsee hat Deutschland nur eine Randlage, welche zudem durch geringe Wassertiefen in der Deutschen Bucht zusätzlich einen Ausfall erschwert. Die Randlage an der Nordsee machte dieses Gebiet wiederum für einen gegnerischen Angriff problematisch. Durch defensive Maßnahmen (Minensperren und Torpedoträger) hätte man auch ohne Schlachtflotte eine wirksame Verteidigung erreichen können.

Zu 2:
Der Bau der Hochseeflotte war offensichtlich gegen die britische Seeherrschaft gerichtet. Die Idee von Tirpitz war die einer Abschreckungsflotte. Ein Krieg der Royal Navy gegen die Hochseeflotte sollte die RN so schwächen, dass Großbritannien dadurch seine Seeherrschaft verlieren sollte. In Anbetracht dieser Gefahr würde Großbritannien daher auf kriegerische Maßnahmen gegen Deutschland verzichten.

Kritik am deutschen Flottenbau ist daher rational nicht nachzuvollziehen. Wenn man denn Kritik üben möchte, dann sollte es doch um die Frage gehen, warum es eben nicht gelungen ist die Flotte auch so groß und stark zu machen, daß das Kaiserreich es mit den Briten hätte aufnehmen sich gegen eine Seeblockade hätte effektiv schützen können.
In der Realität war für Deutschland eine Schlachtflotte "Luxus". Wilhelm II. gönnte sich ein Spielzeug. Für Großbritannien war deren Flotte die Lebensversicherung. Seit mehreren Jahrhunderten vertraute Großbritannien seiner Flotte die Verteidigung der Insel an. Die britischen Heerestruppen waren in Anzahl und Bedeutung nicht in der Lage mit den großen Kontinental-Ländern mitzuhalten. Das brauchten sie auch nicht. Es galt in London die Erkenntnis: Vielleicht landet ein Feind auf der britischen Insel. Jedoch wird er nicht über das Wasser kommen. Das wird die RN verhindern. Als Wilhelm II. seine Flotte aufbaute, schürte er Ängste in Großbritannien. Dort wurde daher der Flottenbau stetig im Tempo beschleunigt.

Der Erste Weltkrieg ist nicht wegen des deutschen Flottenbaus ausgebrochen. Aber er wurde verloren, weil der deutsche Flottenbau zu bescheiden war. Und hundertausende deutsche Frauen, Kinder und Greise haben das mit ihrem Leben bezahlt.
Der deutsche Flottenbau war um die Jahrhundertwende ein Hindernis um mit Großbritannien ins "Geschäft" zu kommen. Neben den Flottenbau gab es auch andere Gründe (persönliche Animositäten zwischen den entscheidenden Personen in der jeweiligen Staatsführung, wirtschaftliche Konkurrenz), aber der Flottenbau war als Zankapfel so unnötig wie ein Kropf. Deutschland konnte dies nicht gewinnen, weil

- dem Land die nötigen Marinebasen fehlten
- die Werftkapazitäten gegenüber Großbritannien nicht ausreichend waren
- man jede Goldmark für Marinerüstung auf Kosten der Heeresrüstung oder anderer Aufgaben abzwacken musste

Einem Infanteriegeneral oder einem Artillerie-Inspekteur schmerzte jedes neue Linienschiff und jeder neue Panzerkreuzer. Vor Verdun, in den Karpaten oder am Isonzo hat uns die Marine nichts gebracht.

Wenn Du Dir das Beispiel Russland ansiehst, erkennst Du das dieses Land eine bescheidene Lage für eine Seemacht ersten Ranges hat. Die Flotte ist in Randmeeren (Karasee, Ostsee, Schwarzes Meer, Japanisches Meer) eingepfercht. Der Warschauer Pakt hat viel Geld für seine Marinerüstung ausgegeben. Jedoch war es nach 1990 den Russen klar, dass man angesichts seiner geographischen Lage nur eine zweitrangige Seemacht war. Solch Erkenntnis hat bei der Kaiserlichen Marine gefehlt.
 
In der Realität war für Deutschland eine Schlachtflotte "Luxus". Wilhelm II. gönnte sich ein Spielzeug. Für Großbritannien war deren Flotte die Lebensversicherung. Seit mehreren Jahrhunderten vertraute Großbritannien seiner Flotte die Verteidigung der Insel an.


Nicht nur für die Insel war die Navy wichtig. Hierfür wurde nicht so eine gigantische Flotte benötigt. Die Royal Navy war auch und vor allem für die Sicherung des gewaltigen Kolonialreiches zuständig, denn das war die Grundlage für den Reichtum Großbritanniens.

Der deutsche Flottenbau war um die Jahrhundertwende ein Hindernis um mit Großbritannien ins "Geschäft" zu kommen.

Das sehe ich anders, denn der Flottenbau bzw. die Größe der Flotte hatte zu diesem Zeitpunkt noch nicht ein wirklich bedrohliches Ausmaß für Großbritannien erreicht. Da war eher ein Staatssekretär Bülow, der mit angezogener Handbremse in die Verhandlungen ging und ein Lord Salisbury, der nicht aus der Splendid Isolation herauswollte.

1898, das Jahr wo die gespräche beganngen, war auch das Jahr, in dem es zwischen Frankreich und Großbritannien fast zum Krieg, Stichwort Faschoda, gekommen wäre. Die Royal stand 1898 noch primär unter dem Eindruck der Jeune Ecole, der französischen Flottenstratgie. Frankreich wollte fehlende Quantität durch Qualität ersetzten. Mit Hilfe von Torpedobooten sollte beispielsweise eine Blockade durchbrochen werden. Hierauf galt es eine Antwort zu finden, die in Form der Blue Water School auch gefunden wurde.
 
Halten wir doch einfach mal fest, daß das Deutsche Kaiserreich das selbstverständliche Recht hatte eine Flotte zu bauen, genauso wie alle anderen Großmächte auch. Halten wir auch mal fest, daß die deutsche Flotte nicht übertrieben groß gewesen ist, sondern der Größe und Bedeutung des Kaiserreiches absolut angemessen war. […]
Das Recht hatte der Kaiser, eine Flotte zu bauen und das spricht ihm auch niemand ab.
Ich behaupte jetzt mal sogar, daß es notwendig war, für das Kaiserreich eine Flotte aufzubauen, auch wenn die geographische Lage für eine große Flotte, wie flavius-sterius schon anmerkte, denkbar ungünstig war und somit nach heutiger Sicht, die große Flotte finanziell und in ihrer politischen Wirkung überflüssig erscheint.

Wie war aber die Ausgangslage. Nachdem die kaiserliche Flotte unter Stosch (1871-1883) zu drittstärksten Flotte avancierte (hinter Großbritannien und Frankreich, vor Russland und Italien), ging dieser Status unter Caprivi (1883-1888) wieder verloren. Gerade in den 1880iger Jahren entwickelten sich bei den führenden Marinen die neuen Schiffsklassen und der Taktik und Einsatz, der ab den 1890iger Jahren für sehr lange Zeit bestand haben sollte.

Das bedeutete auch, im internationalen Ansehen einer Nation die Zugang zum Meer hatte und über die wirtschaftlichen und finanziellen Mittel verfügte, sich eine moderne Flotte anzuschaffen.
Der Schlachtschiffbau wurde ab den 1890iger Jahren also, wenn man so will, ein Aushängeschild oder Werbung für die wirtschaftliche Größe einer Nation und damit enorm wichtig. Im Bezug auf die politische Komponente, dem Imperialismus, ging der Navalismus Hand in Hand einher.
Warum war es jetzt für das Kaiserreich wichtig, eine Flotte zu bauen? Ganz klar, das enorme anwachsen der wirtschaftlichen Stärke des Kaiserreiches machte es möglich, ja wenn nicht notwendig, im Reigen der anderen großen Industrienationen sich an dem Schlachtschiffbau zu beteiligen. Auch wenn der Zugang zum Meer in der Nordsee keine große Flotte verlangte oder zum Schutz benötigte, war die damalige Situation unter anderen Voraussetzungen.

Da die kaiserliche Marine aber in den 80iger Jahren wieder zur reinen Küstenschutzflotte verkommen war, spielt hier der Machtantritt Wilhelms 1888 wohl eine einschneidende Rolle. Für den Schlachtflottenbau gab es zwei vorherrschenden Doktrin, die Schlachtschiffflotte (Entscheidungsschlacht) und die Kreuzerflotte (Handels- bzw. Zufuhrkrieg). Während der Kaiser als „Junger Wilder“ den Lehren der Jeune École (Kreuzerflotte) anhängig war, wurde durch Tirpitz und seiner Dienstschrift IX schnell klar, wie die neue deutsche kaiserliche Marine in ihrer dritten Dekade auszusehen hat.
Spätestens ab hier bzw. mit dem Amtsantritt Tirpitz 1897 zum Macher der Marine, gab es einen Unterschied zu der Notwendigkeit einer Flotte und deren Begründung. Dem Flottengesetz von 1898 kann man aus damaliger Sicht, wie auch historischer Sicht noch keinen übertrieben Flottenbau attestieren, aber die Begründung war aus politischer Sicht nicht mehr vertretbar, im Vergleich zu den vielen anderen Flottenprogrammen anderer Nationen.
Der Risikogedanke zielte als Begründung für den Flottenbau auf die Seemacht Großbritanniens ab (Tirpitz hat als Hauptgegner seiner Flottenrüstung oder Rivalität schon im Jahr 1897 England erwähnt; Emser Memorandum), war also nicht mehr nur ambitioniert, weil die wirtschaftliche Größe des Landes den Schlachtschiffbau vermochte und als Verteidigung als notwendig erachtete, sondern weil hier gezielt ein politisches Ziel verfolgt wurde.
Ab dem 2 Flottengesetz (Verdoppelung zum 1. Flottengesetz) 1900, war klar, wohin die Reise geht, auch wenn die Briten sich noch über die deutschen Konstruktionen und deren Schlagkraft keine sorgen machen mussten, war dies ab 1906 durch die britischen Neuerungen in ein Wettrüsten zwischen Deutschland und Großbritannien übergegangen. Tirpitz sah sich herausgefordert, ohne eine Begründung, diesen Schritt mit zugehen, somit hat der Dreadnoughtsprung die Basis für ein neues Wettrüsten geliefert und die deutsche Flottenrüstung den Zündstoff.
Fazit: Ab dem 2.Flottegesetz, war die deutsche Flottenrüstung nicht mehr legitim im Blick auf den Navalismus jener Jahre und hat somit mehr für Spannung gesorgt, als notwendig.

Der Erste Weltkrieg ist nicht wegen des deutschen Flottenbaus ausgebrochen. Aber er wurde verloren, weil der deutsche Flottenbau zu bescheiden war. Und hundertausende deutsche Frauen, Kinder und Greise haben das mit ihrem Leben bezahlt.
Das ist ein großer Trugschluss. Sicherlich ist die Fernblockade der Engländer zu verurteilen, aber die Klassengesellschaft im Kaiserreich führte letztlich dazu, daß die Bevölkerung sehr schnell am Hungern war. Hatten die Feinen Herren und Damen noch jede Menge lecker Essen, kam bei der Bevölkerung nicht mehr viel an. Eine gleiche Verteilung aller Lebensmittel ungeachtet das Standes, hätte die Versorgungslage insgesamt weniger dramatisch dargestellt.
Im kleinen Kosmos der kaiserlichen Marine stellte dieser Umstand z.B. den Grund für die Meutereien des Jahres 1917 dar.
 
1898, das Jahr wo die gespräche beganngen, war auch das Jahr, in dem es zwischen Frankreich und Großbritannien fast zum Krieg, Stichwort Faschoda, gekommen wäre. Die Royal stand 1898 noch primär unter dem Eindruck der Jeune Ecole, der französischen Flottenstratgie. Frankreich wollte fehlende Quantität durch Qualität ersetzten. Mit Hilfe von Torpedobooten sollte beispielsweise eine Blockade durchbrochen werden. Hierauf galt es eine Antwort zu finden, die in Form der Blue Water School auch gefunden wurde.

Einen Beitrag hierzu habe ich hier erstellt:
http://www.geschichtsforum.de/f60/d...ischen-zeitalter-34740/index2.html#post730929
 
Die britische Flotte war doppelt so groß wie die deutsche Flotte. Auch Frankreich, Rußland und die USA hatten beachtliche Flotten. Die deutsche Flotte war keineswegs übertrieben groß. Davon abgesehen waren die Reichskanzler nach Bismarck außenpolitisch ganz besonders um eine Verständigung und Bindung mit Großbritannien bemüht. Inwiefern die deutsche Flotte eine Bedrohung für Großbritannien darstellen sollte ist mir daher vollkommen schleierhaft.

Wie man dann im Weltkrieg auch gesehen hat, konnte die deutsche Flotte aufgrund der quantitativen Unterlegenheit nichts ausrichten. Die britische Seeblockade hat den gesamten Krieg entscheidend zu Ungunsten des Deutschen Kaiserreiches beeinflußt und hundertausende deutsche Zivilisten in den Hungertod getrieben.

Man muß es eigentlich in der Retrospektive bedauern, daß es dem Kaiserreich nicht gelungen war die Flotte so groß und stark aufzubauen, daß man es mit der britischen Flotte aufnehmen konnte und sich aus der Blockade hätte befreien können.

Schon mal angeguckt wo überall Kriegsschiffe gebaut werden konnten? Vor allem in England?
Und was nützen Schiffe allein, nichts. Man benötigt nebenbei Fachpersonal um die Schiffe und Maschinen zu bedienen. Ganz abgesehen davon das man auch taktische in Seekrieg geschulte Offiziere benötigt. Und aufgrund der Größe der Flotte dürfte es schwierig gewesen sein noch mehr Offiziere für die Flotte zu bekommen.
Das preußische Militär war immer noch auf die Kavallerie und Infantrie fixiert.
Sowohl bei der Kaiserlichen Marine als auch der Artellerie waren mehr Offiziere aus dem Mittelstand zu finden, welche eine bessere Naturwissenschaftliche Ausbildung hatten.
Das Kaiserreich und seine Vorgänger war immer eine Landmacht gewesen. Siehe Einigungskriege, als man ein Flotte brauchte hat man auf die Flotte der Verbündeten Österreicher zurück gegriffen. Zu diesem Zeitpunkt war in der KuK-Monarchie etliche Gebiete die lange Marine-Tradition hatten, im Gegensatz zu Preußen.
Und der Aufbau der Flotte hat nebenbei die Entwicklung des Heeres gehemmt.
Gibt es eigentlich Untersuchungen bezüglich der Hemmung des Heeres durch Entzug von dem Fortschritt zugewandten Offizieren?
Und das nächste Problem war die Außenpolitik, welche mehr oder minder mit den Prinzipien Bismarks gebrochen hatte. Nebenbei gesagt war der letzte Kaiser auch nicht für Standhaftigkeit bekannt, was eine berechenbare Politik erschwerte.

Apvar
 
Der Bau der Hochseeflotte war offensichtlich gegen die britische Seeherrschaft gerichtet. Die Idee von Tirpitz war die einer Abschreckungsflotte. Ein Krieg der Royal Navy gegen die Hochseeflotte sollte die RN so schwächen, dass Großbritannien dadurch seine Seeherrschaft verlieren sollte. In Anbetracht dieser Gefahr würde Großbritannien daher auf kriegerische Maßnahmen gegen Deutschland verzichten.

Und was genau war an einer Flotte zur Abschreckung verwerflich? Was ist schlecht daran eine Flotte zu bauen um andere Großmächte abzuschrecken einen Krieg gegen das Deutche Kaiserreich zu führen?

In der Realität war für Deutschland eine Schlachtflotte "Luxus". Wilhelm II. gönnte sich ein Spielzeug.

Wenn die Flotte überflüssig war, könntest Du dann bitte mal erläutern, wie das Deutsche Kaiserreich sich im Ernstfall gegen eine Seeblockade hätte verteidigen sollen?
 
Und was genau war an einer Flotte zur Abschreckung verwerflich? Was ist schlecht daran eine Flotte zu bauen um andere Großmächte abzuschrecken einen Krieg gegen das Deutche Kaiserreich zu führen?...

Es geht ja auch nicht um Moral sondern um Wirkungen, denen ja meist Ursachen zugrunde liegen.
Und die deutsche Flottenrüstung hatte eben absehbare Folgen, ohne entsprechenden Nutzen zu erweisen.
 
Ich antworte mal auf deine Fragen, ich hoffe flavius-sterius sieht es mir nach ... :winke:
Und was genau war an einer Flotte zur Abschreckung verwerflich? Was ist schlecht daran eine Flotte zu bauen um andere Großmächte abzuschrecken einen Krieg gegen das Deutche Kaiserreich zu führen?
Gegenfrage, wer hat Deutschland zur See bedroht, daß es eine Flotte zur Abschreckung benötigte?
Wenn die Flotte überflüssig war, könntest Du dann bitte mal erläutern, wie das Deutsche Kaiserreich sich im Ernstfall gegen eine Seeblockade hätte verteidigen sollen?
Aber die Flotte war doch unnütz gegen die Seeblockade! Und daran hätten auch 2 oder 3 zusätzliche Geschwader an Großkampfschiffen nichts geändert, aus dem Grund, daß die deutsche Flotte, vor allem der Kern der Linienschiffe, nicht für den Einsatz gegen eine Fernblockade gedacht und gebaut wurden ...
Die Fernblockade war nicht mit einer Entscheidungsschlacht aufzulösen, somit hatte sich Tirpitz mit seiner speziellen Ausrichtung der Flotte verspekuliert, den Gegner in der nähe der Deutschen Bucht zu vernichten.
 
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