Schärfe der Schwerter

Die Schärfe bleibt unbestritten. Ebenso die Pragmatik der Fechtbücher.

Aber auch das Aufkommen neuer Schwertformen. Und damit die Frage nach der Kontinuität der Technik. Denn diese kann damit nicht mehr einfach vorausgesetzt werden. Und vielleicht ist es ja gut, dass Oakeshotte die heutigen Rekonstruktionen des historischen Fechtens noch nicht nutzen konnte. So musste er vom Gegenstand ausgehen, ohne dass ihn die Tradition zu einer bestimmten Sichtweise zwang. Hier vertraue ich dem unvoreingenommenen Archäologen, der ja gerade selbst mit so manchem Mythos aufräumte, mehr als heutigen Fechtmeistern. Es wäre ja auch unsinnig davon auszugehen, dass die Fechtkunst keine Geschichte vor den Fechtbüchern hat, auch wenn wir sie zum größten Teil nicht rekonstruieren können.

Was ist eigentlich die erste Abbildung eines einfachen Zornhaus? (Zornhau-Ort kann man natürlich nur in Comichaften Bildabfolgen identifizieren, aber die Handhabung des Zornhaus selbst wäre doch darstellbar.) Und welche Techniken sind vor den Fechtbüchern in Abbildungen sicher zu identifizieren, bzw. entsprechen diese der späteren Technik? Ohne entsprechende Untersuchungen wäre ich mit Behauptungen von Kontinuität sehr vorsichtig.

Übrigens schreibt Oakeshotte ja selbst vom Nebeneinander verschiedener Waffentypen. Ich habe gerade schnell nachgelesen. Die frühen Typen, für die er lange, also zum zweihändigen Kampf geeignete Griffe erwähnt, sind zum Stich gut geeignet, wenn ich auf die schnelle nichts überlesen habe.
 
Eine weitere Anmerkung zum Thema Parieren mit der Klinge: Sogar exzellent gehärteter Qualitätsstahl nimmt bei jedem dynamischen Auftreffen auf irgendein Hindernis Schaden. Es konnte nachgewiesen werden, dass selbst ein Schlag auf einen Schaumstoffkörper zu mikroskopisch sichtbaren Abrasionen an der Klinge führt. Natürlich hatte man zu Olims Zeiten von solchen Details keine Ahnung, war sich aber zumindest darüber bewusst, dass auch Stoffe, die dem Stahl scheinbar nicht viel entgegenzusetzen hatten, z.B. Holz oder der menschliche Körper, bei wiederholter Belastung die Klinge stumpf machen oder gar Mikrorisse herbeiführen konnten.
Ich will damit sagen, die Klinge nimmt im Kampf sowieso Schaden und man wusste dies auch. Daher stellt sich die Frage, ob es für die Krieger von einst wirklich von Bedeutung war, dass ihre Klinge beim Parieren ebenfalls Schaden nahm. Zumal das besonders schädlich erscheinende Auftreffen im rechten Winkel, also ein "Verbeißen" der Klingen ineinander, im Kampf kaum jemals aufgetreten sein kann, wie HEMA-Übende zeigen konnten.
Zu einem ernsthaften Problem wächst sich die Angelegenheit m.E.n. erst bei explizit auf Schärfe ausgelegten Hiebschwertern aus, z.B. den sog. Messern. Hier raten die Fechtbücher, mit dem Klingenrücken zu parieren, um die Schärfe länger zu erhalten.
 
Hat denn so ein Schwertkampf überhaupt lange gedauert, wenn nicht beide Kontrahenten wie Plutoniumbergbauern geschützt waren ?
Man sollte meinen, dass da schnell einer aus dem Rennen gewesen sein müsste.
 
Es kommt auf die Begleitumstände an. Natürlich sind Angaben wie von diesem bis zu jenem Sonnenstand oder von Prim bis Terz mit Vorsicht zu genießen und mögen auch Übertreibungen beinhalten, um die Kämpfer zu glorifizieren, aber ich habe Berichte von Ritterspielen* und Gerichtskämpfen gelesen, in denen von Zweikämpfen die Rede war, die durchaus einige Zeit in Anspruch genommen zu haben scheinen. M.E.n. ist es zulässig, Vergleiche zu heute praktizierten Kampfsportarten zu ziehen — insofern, als sich auch dabei regelmäßig etwa gleichstarke Gegner messen, welche die gleichen Möglichkeiten zur gegenseitigen Überwindung haben. Und ein Boxkampf kann auch einige Zeit dauern.

Akut wurde diese Frage wohl eher im Schlachtverlauf, wenn keine Möglichkeit der Loslösung der erschöpften Kräfte bestand. Wo verlässliche Berichte existieren, scheint daraus hervorzugehen, dass mehrstündige Gefechte die Regel waren, in seltenen Fällen wurde von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang gekämpft. Unter solchen Bedingungen kann natürlich viel passieren. Aber: Bei Ritterspielen und Gerichtskämpfen ging es meist zu wie heute in der Formel Eins, wo nur soundsoviele Motoren pro Saison verwendet werden dürfen. ;) In einem Schlachtengetümmel wie bei Crecy oder Sempach dürfte es hingegen keine Schwierigkeiten bereitet haben, sich für eine beschädigte Waffe Ersatz zu verschaffen.

*Aufgrund der noch immer andauernden Begriffstreitigkeiten (was genau ist ein Buhurt usw.) spreche ich lieber von Ritterspielen; da weiß jeder, was gemeint ist.
 
Danke für die Antwort :)
Die sich länger hinziehenden Auseinandersetzungen betrafen aber Fälle, in denen die Kämpfer geschützt waren mit Rüstung, Schild etc.
In solchen Kämpfen wird nicht so viel mit den Schwertern pariert worden sein wie bei ungeschützten Kämpfen, denke ich mal.
Andererseits, wenn durch den Schutz eben bis zur Erschöpfung gekämpft werden konnte, dann wird insgesamt dann doch häufig Klinge auf Klinge (auf Rüstung/Schild ohnehin) gekracht sein und da zahlte sich Qualität in jedem Fall aus. Kurz: Ich war auf einem falschen Dampfer :):still:
 
Nun, man kann auch sagen, sie haben nicht pariert, weil die Recht Bücher von versetzen sprechen. Um, die Autokorrekturen kann ich nicht ändern. Die zweite auch nicht.

Was ich sagen wollte ist, dass das Versetzen als schlechte Möglichkeit gesehen wird. Man reagiert damit nur, lässt den Gegner handeln. Man kann den Schlag des Gegners z.B nutzen, um aus dem Schlag zum Stich oder in die Bindung zu kommen. Es ist also auch von der Technik her nicht immer das Beste zu parieren.
 
Man sollte auch unterscheiden zwischen Versetzen und Parieren. Parieren ist eher ein moderner Begriff und darunter versteht man eher das beiseite schlagen der gegnerischen Waffe. Das hat den Nachteil, dass zwar die gegnerische Waffe keine Gefahr mehr ist, aber die eigene Waffe auch für den Gegner nun ungefährlich ist.
Historische Fechtbücher sprechen daher vom "versetzen nach dem Mann". Dh man lenkt die gegnerische Waffe derart ab, dass man entweder gleichzeitig einen Angriff ausführen kann, oder nach dem versetzen sich in einer Position für einen Angriff befindet. Der oben genannte Zornhau-Ort ist so ein Fall. Man schlägt von oben zu (sei es als Angriff, oder als Verteidigung) und versetzt so, dass der Ort (die Spitze) des eigenen Schwertes zum Gesicht des Gegners zeigt um diesem anschließend den Ort ins Gesicht zu stechen.

Das "verbeißen" der Klingen ineinander funktioniert übrigens nur mit scharfen Schwertern.
 
Versetzen ist zunächst einmal der deutsche Begriff für parieren. Wie die allermeisten Übersetzungen hinkt diese natürlich etwas. Dafür zeigen die Begriffe gleichzeitig Unterschiede auf. Der eine nutzt die Vorbereitung auf den Angriff zur Benennung. Der andere betont, wie von Legat beschrieben, die eigene, offensive Reaktion. Dass diese auch nicht im modernen Fechten unter den Tisch fällt, zeigt die Verwendung von Parade. Jedenfalls auf Ebene der Sprache. Dennoch zeigt es einen Unterschied, da der Fechter nach der Deutschen Schule hier die Reaktion ganz anders betrachtet, jederzeit das vor, gleich oder nach beeinflussen kann.

Auch im modernen Fechten nach FrAnzösischer Schule gibt es ein ähnliches Manöver wie Zornhau-Ort, bei dem die Parade stärker ausfällt, um zu stechen. Nur ist der Fechtunterricht so lange her, dass ich mich an die Bezeichnung nicht mehr erinnere.

Edit: Natürlich ist die Verwendung von Versetzen in den Quellen nicht so reflektiert, wie wir es gerne hätten, wenn z.B. gesagt wird, dass der ein wahrer Meister ist, der die Meisterhäue Versetzen kann. So gesehen ist natürlich die Unterscheidung berechtigt. Ich ging von der Begrifflichkeit aus, sowie der Bevorzugung des Versetzen gegenüber dem Parieren.
 
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Interessant. Dieses Versetzen entspricht einer Boxtechnik, da schlägt man die schlagende Hand des Gegners mit einer sehr kurzen Bewegung der eigenen Führhand beiseite (eher nach unten), um mit derselben Hand direkt zu kontern. Ist nicht ganz einfach, aber effektiv.
Das wurde hier falsch dargestellt:
Versetzen ist KEINE Technik. Es meint einfach nur "abwehren".
Dabei steht (so wie das in jeder Kampfkunst/ in jedem Kampfsport gemacht wird) der Konter im Vordergrund. Sprich, wenn du kannst, sollst du kontern, eben nicht nur einfach "fressen". Geh in die Offensive, übernimm die Initiative. Das heißt nicht, dass man nicht simpel abwehrt im Sinne von Parieren. Man kann halt nicht immer einen Konter setzen, kommt eben auf die Qualität des Kämpfers an. Und dies verhält sich bei anderen Kampfsportarten, wie Boxen, natürlich genau so.

Kurz: davon hat jeder Ahnung, der sich mit Kämpfen, in welcher Form auch immer, auskennt. Aber immer wieder eine nettes Beispiel dafür, wie Semantik und Rhetorik die Leute in eine Überanalyse treiben, die den gesunden Menschenverstand überschattet.

(Zugegeben: das hat auch viel mit Promotion zu tun. Fechtmeister damals haben da auf das gleiche Pferd gesetzt, wie z.B. auch Bruce Lee)
 
Das wurde hier falsch dargestellt:
Versetzen ist KEINE Technik. Es meint einfach nur "abwehren".
Dabei steht (so wie das in jeder Kampfkunst/ in jedem Kampfsport gemacht wird) der Konter im Vordergrund. ...

Nu ja, so wie das "Versetzen" geschildert wurde kenne ich es vom Boxen.
Eine sehr kurze Bewegung die den gegnerischen Schlag nur beiseite lenkt, gefolgt vom direkten Konter mit derselben Hand welche den Schlag abgewehrt hat. In der Abwehr bereits den Angriff einleiten. Geht am besten wenn beide verschiedene Auslagen haben (Rechts/Linksausleger). Muss man nicht als Technik bezeichnen, kann man vielleicht auch als Prinzip generalisieren.
 
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Muss man nicht als Technik bezeichnen, kann man vielleicht auch als Prinzip generalisieren.
Genau das bringt es auf den Punkt.

Was ich nur hinzugefügt habe, war eben, dass das nicht exklusiv fürs Fechten gilt sondern ein ganz allgemeine Grundlage des Kämpfens. Deswegen gehen Boxer ganz genau so vor.
 
@Kraft: Ich sehe gerade nicht, in welcher Hinsicht Du dem Gesagten widersprichst. Auch mit meiner der Erklärung dienenden Betrachtung der Begriffe habe ich nichts anderes gesagt. Daher frage ich mich gerade, ob ich unverständlich schreibe?

Zudem bezog ich mich auf Fechtübungen und --lehre, nicht den Kampf selbst, was immer ein Unterschied ist.
 
Kurz: davon hat jeder Ahnung, der sich mit Kämpfen, in welcher Form auch immer, auskennt. Aber immer wieder eine nettes Beispiel dafür, wie Semantik und Rhetorik die Leute in eine Überanalyse treiben, die den gesunden Menschenverstand überschattet.
Da will ich gar nicht widersprechen. Und ich will auch nicht darüber spekulieren, ob und welchen Einfluß die Schärfe eines Schwerts auf das Verhalten im Kampf hat -- aber ich stelle ein ganz andere, sicher sehr naive Frage, auf die ich aber gerne eine Antwort hätte: was sagt das über die Schärfe frühmittelalterlicher, wikingerzeitlicher und mittelalterlicher Schwerter aus???

Literarische Quellen (überwiegend aus epischem Kontext) ergehen sich gerne in Superlativen über die Schärfe und Haltbarkeit von ganz besonderen Schwertern (mittelalterliche Epik der Kreuzzugszeit, Edda u.a.) wobei uns das nur indirekt Auskunft über die Qualität und Wertschätzung der Schwerter dieser Zeit gibt. Archäologische Funde (Ulfberht-Schwerter etc) sind heikel, da die gefundenen Klingen nicht mehr im Originalzustand sind... Und damit stellt sich eine ganz andere Frage: was wissen wir überhaupt bzgl. der Qualität (Schärfe, Haltbarkeit etc.) mittelalterlicher Schwerter???
 
Da will ich gar nicht widersprechen. Und ich will auch nicht darüber spekulieren, ob und welchen Einfluß die Schärfe eines Schwerts auf das Verhalten im Kampf hat -- aber ich stelle ein ganz andere, sicher sehr naive Frage, auf die ich aber gerne eine Antwort hätte: was sagt das über die Schärfe frühmittelalterlicher, wikingerzeitlicher und mittelalterlicher Schwerter aus???

Literarische Quellen (überwiegend aus epischem Kontext) ergehen sich gerne in Superlativen über die Schärfe und Haltbarkeit von ganz besonderen Schwertern (mittelalterliche Epik der Kreuzzugszeit, Edda u.a.) wobei uns das nur indirekt Auskunft über die Qualität und Wertschätzung der Schwerter dieser Zeit gibt. Archäologische Funde (Ulfberht-Schwerter etc) sind heikel, da die gefundenen Klingen nicht mehr im Originalzustand sind... Und damit stellt sich eine ganz andere Frage: was wissen wir überhaupt bzgl. der Qualität (Schärfe, Haltbarkeit etc.) mittelalterlicher Schwerter???

Wenn die Schärfe der Schwerter in den Epen gelobt wird, ist das jedenfalls ein Zeichen dass es eine erstrebenswerte Eigenschaft war und man nicht mit Stumpfen klingen aufeinander gedroschen hat. Einen Archäologischen Nachweis hat man jedoch durch Skelette mit Kampfverletzungen, Z.B. die auf Gotland in einem Massengrab bei Wisby gefundenen. Man hat sauber durchschlagene Knochen gefunden so wie einen Schädel an dem regelrecht eine Scheibe abgehauen wurde. Wie jemand weiter oben erwähnte, wurden an den Schnittflächen auch Rillen nachgewiesen die auf Scharten in den Klingen hinwiesen.

Spröde durften die Klingen ja auch nicht sein: Roland hat sein Durindal mehrfach auf einen Felsen geschlagen ohne es zerbrechen zu können. Am Ende warf er es über die Pyrenäen nach Frankreich wo es bei Rocamadour in einer Felswand stecken blieb.(Alles streng dokumentiert und das Schwert steckt heute noch dort :cool:)
 
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In dem Welt der Wunder Beitrag waren beide Schwerter gleich scharf .
Bei dem Versuch ob eine Klinge die andere zerschlagen kann hat das Samureischwert den kürzeren gezogen und war komplett verbogen .
Allerdings meine ich , es wirde ein Fehler gemqacht , die Klingen wurden mit den scharfen Seiten aufeinander geschlagen ....
 
... Archäologische Funde (Ulfberht-Schwerter etc) sind heikel, da die gefundenen Klingen nicht mehr im Originalzustand sind...

Das Metall selbst sollte aber doch noch zu untersuchen sein ?
Man könnte dann sehen, was damit machbar war und wohl getrost annehmen, dass die das nach Bedarf so passend schliffen wie möglich.
 
Das europäische Schwert - Fakten und Mythen

Ich möchte hierbei auf einen zwar etwas älteren, dennoch sehr informativen Beitrag in einem anderen Forum zu o.g. Thema hinweisen:
Das europäische Schwert - Fakten und Mythen. - Kampfkunst-Board

Da wird auch unterhaltsam auf ein paar im Umlauf befindliche Videos eingegangen. Ebenso auf hier bereits bekanntes und besprochenes. Allerdings kostet es etwas Zeit den Artikel durchzulesen, er ist es aber wert ;-)
 
Das Metall selbst sollte aber doch noch zu untersuchen sein ?
Man könnte dann sehen, was damit machbar war und wohl getrost annehmen, dass die das nach Bedarf so passend schliffen wie möglich.

Man hat ein paar frühmittelalterliche Saxe angeschliffen und poliert um sie metallographisch zu untersuchen. Die Qualität des Stahls war deutlich besser als das was man erwartet hatte, mann kann jedoch keine Aussage mehr über Härtung und Schärfe machen.
 
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