War Merseburg einst römische Exklave ?

Weil Thietmar kein Archäologe war. Der wusste nicht, wie ein Römerlager auszusehen hat- Und wahrscheinlich wäre es ihm auch egal gewesen, siehe oben: Thietmar ging es darum, Merseburg alt, also bedeutsam zu machen.
 
Weil Thietmar kein Archäologe war. Der wusste nicht, wie ein Römerlager auszusehen hat- Und wahrscheinlich wäre es ihm auch egal gewesen, siehe oben: Thietmar ging es darum, Merseburg alt, also bedeutsam zu machen.
Aber man wusste noch genau, wie z.B. slawische Wallanlagen aussehen, denn die Slawen waren noch präsent. Ohne ein Unterscheidungsmerkmal hätte man ihm das Römische nicht abgekauft.
 
Gestern hast du in der Diskussion mit Sepiola die Römerthese noch zu retten versucht, indem du für die römische Nachnutzung bronzezeitlicher Anlagen eingetreten bist, heute versuchst du für die römische Anwesenheit zu argumentieren, indem du schreibst, dass Thietmar wohl slawischen Anlagen habe unterscheiden können. Akzeptiere doch einfach, dass Thietmar eine römische Anlage - so sie überhaupt noch obertägig zu sehen gewesen wäre - nicht als solche hätte differenzieren können. Selbst wenn Merseburg zufälligerweise tatsächlich ein Römerlager gewesen wäre, er hätte es nicht als solches von einer bronzezeitlichen Anlage - von der Bronzezeit wusste er eh nichts - unterscheiden können. Dann wäre seine Behauptung nur zufällig zutreffend. Da aber die Archäologie offensichtlich weiß, dass es sich um eine bronzezeitliche Anlage handelt, wird dieses Hin und Her langsam etwas albern.
 
Zwar hatte man am Schloss und der Oberaltenburg Funde aus der römischen Kaiserzeit gemacht, jedoch keine Militaria. Diese habe ich in einiger Entfernung vom Schloss an anderer Stelle am Hochufer der Saale gemacht, da man aus strategischer Sicht die Luppe sehr gut einsehen konnte.
 

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Wenn man also Strabon und Velleius hinzuzieht, käme man also
... auf das Gebiet östlich der Elbe, da liegt bekanntlich Thüringen auch nicht.

Bei Velleius werden die Hermunduren zusammen mit den Semnonen genannt. Da kann ich diese nicht in Raetien ansetzten.
Die Hermunduren bei Velleius sicher nicht, weil die nun mal östlich der Elbe saßen. Wir sprechen hier aber nicht von Velleius, sondern von Tacitus. Und die Hermunduren, die laut Tacitus 51 n. Chr. die Donaugrenze bedrohten, werden zwar sicher nicht "in Raetien", aber wohl nicht allzuweit von Raetien zu suchen sein.


Tacitus sagt nur, dass diese zum Handeln nach Augsburg kommen. Er macht keinerlei Angaben zu deren Wohnsitze.
Doch, diese Angaben macht er sehr wohl:
propior, ut, quo modo paulo ante Rhenum, sic nunc Danuvium sequar, Hermundurorum civitas
... Eaque Germaniae velut frons est, quatenus Danuvio peragitur.

=
"Näher- damit ich der Donau folge, so wie kurz vorher dem Rhein - ist der Verband der Hermunduren... Und diese sind gleichsam die Stirn Germaniens, soweit [es] von der Donau umgürtet wird."


Zu Zeiten Cassius Dio sitzen sie an der Elbquelle - also in Böhmen.
Dio schreibt nichts von der Elbquelle, das ist wieder Tacitus - der offensichtlich nicht so genau über den Verlauf der Donau informiert ist, wie er selber zugibt...
 
Dio sagt das die Elbe im vandalischen Gebirge entspringt. Das ist der Oberlauf der Elbe in Ostböhmen. Das Material aus den Gräbern dort (2. Jh.) passt mit denen aus Mitteldeutschland gut überein. Die hermundurischen Gräber wie in Bornitz werden aufgelassen. An der Donau haben wir keinen einzigen hermundurischen Nachweis. Weder in Siedlungen, noch in den Gräbern. Was sich nachweisen lässt ist die Überführung und Umsiedlung markomannischer Verbände von Böhmen nach Raetien zu tibetischer Zeit (B. Steidl). Steidl nimmt an, dass es sich um die kleine Gefolgschaft des Marbod handelt. Das Material an der Donau weist klar nach Böhmen (Grabkultur und Zusammensetzung der Materialien in den Urnen). Am besten weiß Ptolemaios über die Sitze der Stämme Germaniens Bescheid.
 
Dio sagt das die Elbe im vandalischen Gebirge entspringt.
... und dass sie in den nördlichen Ozean mündet. Von Hermunduren sagt er an dieser Stelle nichts.

Am besten weiß Ptolemaios über die Sitze der Stämme Germaniens Bescheid.
Und der kennt überhaupt keine Hermunduren.

An Stämmen, die am linken Elbufer siedelten, listet er auf:

1. an der Ozeanküste zwischen Weser und Elbe die Großen Chauker
2. Angrivarier
3. Lakkobarden
4. südlich davon die Dulgubnier
5. an der Mitte der Elbe die Angilischen Sueben, eines der größten Völker im Innern des Landes (ihnen gegenüber auf der rechten Seite der Elbe saßen die Semnonischen Sueben, südlich davon die Silingen)
6. Südlich der Silingen die Kalukonen - von ihnen heißt es ausdrücklich, sie wohnten "zu beiden Seiten der Elbe".
7. Südlich der Kalukonen die Cherusker und
8. die Chamaver "bis zum Melibocum-Gebirge" ("Gemeint sind wohl die Höhenzüge des Thüringer Waldes, des Erzgebirges und der Sudeten. Möglicherweise sind Melibocum- und Asciburgium-Gebirge identisch mit dem Sudeta-Gebirge.")
Südlich der Chamaver wohnen
9. die Chatten und
10. Tubanter
11. nördlich des Sudeta-Gebirges die Teuriochämen.

Am rechten Elbufer haben wir
1. die Sachsen [? Saxones oder Axones=Aviones?] jenseits der Großen Chauker, "am Hals der Kimbrischen Halbinsel"
2. Teutonoarier
3. Viruner
4. Semnonische Sueben (s. o.)
5. Südlich der Semnonischen Sueben die Silingen
6. Kalukonen (beidseits der Elbe, s. o.)
7. Bänochämen (Baginochämen), diese wohnen östlich der Cherusker und Chamaver "um die Elbe".


(Zitate aus "Klaudius Ptolemaios, Handbuch der Geographie", Hrsg. Alfred Stückelberger und Gerd Graßhoff, Basel 2006)
 
Deine Meinung weicht hier, wie in vielen anderen Fällen, von den Angaben der historischen Quellen ab. Diese kennen keine Hermunduren an der Saale.
Wenn ich nicht irre, nennt, bzw. kennt keine antike Quelle die Saale — folglich können auch keine an der Saale siedelnden Hermunduren erwähnt werden.

Wirklichen Sinn scheinen die antiken Angaben nur zu ergeben, wenn die Römer die Saale als Oberlauf der Elbe angesehen hätten. Dann hätten die Hermunduren zunächst am östlichen Saaleufer gesessen um sich dann in das Thüringer Becken und nach gewonnener Salzschlacht bis nach Franken auszubreiten.

Hätten die Römer eine Donau- mit einer Elbe(-Saale)-Grenze verbinden wollen, so wäre dieser Limes am sinnvollsten über das Fichtelgebirge (oder etwas östlich davon) verlaufen, in dem Flüsse entspringen, die sowohl zur Elbe, zur Donau wie auch zum Rhein hin entwässern (Saale, Eger ->Elbe; Fichtelnaab, Heidenaab -> Donau; Weißer Main -> Rhein).
 
Das habe ich auch nicht behauptet, sondern vielmehr, dass man mit gutem Willen Thüringen zwischen "östlich der Elbe" und "an der Grenze zu Rätien" lokalisieren kann.
Wenn man alle Angaben, die von verschiedenen Schriftstellern aus verschiedenen Zeiten stammen, zusammennimmt, und dann noch großzügig alle dazwischenliegenden Gebiete einschließlich Thüringens dazurechnet, bekommt man freilich ein beeindruckendes "Großhermundurisches Reich" zusammen:

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Strabon erwähnt die Saale, wenige Sätze nach der Erwähnung der Hermunduren.
Aha, danke, da hatte ich nicht aufgepasst. Allerdings verrät er nichts über diese Sala, als dass Drusus zwischen ihr und dem Rhein verstorben sei — wobei andere antike Autoren dieses Ereignis zwischen Albis und Rhein beschreiben.

Hier einmal eine Skizze, wie ich mir die römische Idealgrenze vorstelle (sie verliefe mit Ausnahme Thüringens ziemlich genau entlang des Eisernen Vorhangs des 20. Jahrhunderts):

es-nd-lim.jpg

(Einen angestrebten Grenzverlauf entlang der sächsisch/tschechischen Elbe, bzw. Moldau quer durch Böhmen halte ich für eher unwahrscheinlich.)

[Edit] Eines der größten Rätsel der römischen Präsenz in Germanien dürfte für die übergeordnete Frage auch eine Rolle spielen: Warum zum Henker haben die Römer den Main nicht erobert und das Gebiet zwischen Main und Donau? Lediglich Marktbreit zeugt von einem Vorstoß, der wohl wieder abgeblasen wurde.

An den Quellen des Mains wären sie gleichzeitig an den Quellen der Saale und einiger Naab(/Donau)- Zuflüsse gewesen. Das Fichtelgebirge wurde nicht umsonst "der Nabel Deutschlands" genannt.

— Und dann gab es im Fichtelgebirge auch noch Gold, Silber und Zinn...
 
Zuletzt bearbeitet:
@Sepiola

ja das ist richtig, dass Ptolemaios die Hermunduren nicht kennt. Jedoch sind die suebischen Langobarden u.a richtigerweise an der Lippe von ihm gesetzt. Die elbgermanischen Situlen des Laténe Stufe D1b/D2a (85-60 v. Chr.) finden sich plötzlich im Lippe-Gebiet (18 nachgewiesene Siedlungsplätze). Bei Caesars Treffen mit den Usipetern und Tenkterern sagen diese:

"Einzig den Sueben würden sie weichen, denen nicht einmal die unsterblichen Götter gewachsen seien..."

Das lässt sich mit der Einwanderung elbgermanischer Stämme in das Lippe-Gebiet in Einklang bringen. Problem ist nur, dass Ptolemaios die Chronologie außen vorlässt.

Zurück zu Steidl:

"Den Zeitpunkt für die Eingliederung größerer markomannischer oder der markomannischen
Machtsphäre angehörender germanischer Gruppen in Raetien wird man am
ehesten im Umfeld des Jahres 18 n. Chr. zu suchen haben. Damals floh Marbod nach seiner
Vertreibung durch Catualda „über die Donau, wo sie an der norischen Provinz vorüberfließt“
und erhielt daraufhin von Tiberius Ravenna als Wohnsitz zugewiesen. Aber auch Catualda
konnte sich nicht lange halten, sondern wurde 19 n. Chr. aufgrund einer von Rom angezettelten
Intrige durch die Hermunduren unter Vibilius gestürzt. Nach Tacitus siedelte man von
römischer Seite die Gefolge des Marbod und Catualda nördlich der Donau zwischen Marus
und Cusus unter König Vannius vom Stamm der Quaden an, „damit sie nicht, unter die Bewohner
der ruhigen Provinzen gemischt, Unruhen stifteten“. Es ist aber durchaus anzunehmen,
dass diese Aussage des Tacitus als Pauschalisierung und Verkürzung zu betrachten
ist. Es dürfte kaum in römischem Interesse gewesen sein, gerade die militärische Elite der
beiden Fürsten unter einem neuen König zusammenzuführen. Selbst unter direkter römischer
Aufsicht wird die Gefahr bestanden haben, dass ein neues germanisches Machtzentrum
unmittelbar vor der Reichsgrenze entsteht. Auch ist zu fragen, ob sich die rivalisierenden,
zuvor sogar bekämpfenden beiden Gefolgschaften überhaupt ohne weiteres zu einer neuen
Gemeinschaft zusammenführen ließen. Und schließlich würde es verwundern, wenn Rom
nach Aufnahme der Exilanten Marbod und Catualda die dem Imperium dabei in den Schoß
gefallenen germanischen Militärkontingente weitgehend nutzlos wieder abgeschoben hätte.
Hierzu war der Bedarf an Soldaten für die Auxiliartruppen zweifellos viel zu hoch − nicht
zuletzt nach den tragischen Ereignissen des Jahres 9 n. Chr."

Dem ist nichts hinzuzufügen.
 

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Wozu, denkst Du, marschierte Tiberius mit großem Heeresaufgebot in Böhmen ein?
Man könnte das auch für eine geplante Strafaktion halten. Damit endlich einmal eine Ruhe herrscht.

Wie sinnvoll wäre denn eine Grenzziehung quer durch Böhmen, wenn entlang von Donau/Naab und Elbe/Saale die topografischen Bedingungen viel besser sind?
 
Man könnte das auch für eine geplante Strafaktion halten. Damit endlich einmal eine Ruhe herrscht.
Nach all den jahrelangen Erfahrungen mit den bisherigen Germanenkriegen hätte sich ausgerechnet Tiberius der Illusion hingegeben, dass nach einer einmaligen Strafaktion "endlich Ruhe herrscht"?
 
Nach all den jahrelangen Erfahrungen mit den bisherigen Germanenkriegen hätte sich ausgerechnet Tiberius der Illusion hingegeben, dass nach einer einmaligen Strafaktion "endlich Ruhe herrscht"?
Hinter der Grenze, wohlgemerkt. Es ist doch noch lange nach Tiberius üblich gewesen, Strafexpeditionen hinter dem sich dann abzeichnenden Limes durchzuführen — um eben an der Grenze für Ruhe zu sorgen.
 
lange nach Tiberius
Mich interessiert eigentlich eher, was man zu Tiberius' Zeit gedacht hat. Velleius stellt den Feldzug gegen die Markomannen in eine Linie mit den unmittelbar vorangegangenen Feldzügen zur Unterwerfung der Canninefaten, Attuarier, Brukterer, Cherusker, Chauken und Langobarden. Das waren vermutlich auch nicht nur Strafexpeditionen, oder?
 
Vorausgesetzt man geht davon aus, dass alle Gebiete gleichzeitig unter einer hermundurischen Herrschaft standen - inklusive Marbods Markomannen.
Nicht dass ich dieser These in irgendeiner Weise anhängen würde, aber "Marbods Markomannen" existierten 18 n. Chr. schon nicht mehr.

Marbod wurde von dem "Gotonen" Catualda vertrieben und flüchtete ins römische Exil.

Catualda konnte sich jedoch nicht sehr lange halten, er wurde von dem "Hermunduren" Vibilius vertrieben und flüchtete ins römische Exil.

Seinen Platz nahm indes der "Quade" Vannius ein.
Dieser wurde dann von seinen Neffen, den "Sueben" Vangio und Sido vertrieben (auch diesmal war "Hermundure" Vibilius maßgeblich als Königsmacher beteiligt) und flüchtete ins römische Exil.
 
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