War Merseburg einst römische Exklave ?

Wie ich schon mal irgendwo geschrieben hatte, war das nicht die einzige vorgeschichtliche Wallanlage, die Thietmar für römisch hielt. Buch 6:

...


Offensichtlich hielt Thietmar alle bronzezeitlichen Befestungen für römisch...
Archäologie
Wobei aber nichts gegen eine römische Nachnutzung älterer Wallanlagen in guter strategischer Lage spricht. Besonders bei Merseburg.
 
Sicherlich überall dort, wo die strategische Situation es zwingend erforderte. Man hat wohl kaum den alten Wall abgetragen, um an seine Stelle das 08/15-Lager zu errichten. Aber man hat ihn sicherlich durch Palisaden ergänzt.
 
Da müsste ich länger recherchieren. Kandidaten wären späte Lager mit völlig unstandardgemäßen Formen, die nicht von der Geologie vorgegeben waren. Hier vor Ort wurde z.B. ein bronzezeitlicher Siedlungspunkt slawisch umwallt und im Mittelalter zusätzlich mit Palisaden befestigt. Die Römer waren aber wohl nicht hier.
 
So, wie Heinrich vorhandene Substanz nutzte, hätten ja auch die Römer den bronzezeitlichen Wall genutzt haben können. Thietmar fand damals vielleicht noch konkrete Hinweise, die heute archäologisch nicht mehr nachweisbar sind.
Very unlikely. Ich erinnere noch einmal daran, dass Thietmar ein mittelalterlicher Mönch und Bischof war, kein neuzeitlicher Archäologe.
 
Nun, es muss nicht gerade die Schrifttafel gewesen sein, die, wie Pflug vermutete, noch vorhanden war und aus der Thietmar entnommen haben könnte, dass, (ein Ti kassiert) Caesar der Erbauer war. Aber es könnte andere gegenständliche, schriftliche oder mündliche Überbleibsel gegeben haben.
 
Erinnern wir uns: Thietmar etymologisiert Merseburg falsch als Mars-Burg. Im Mittelalter war Alter eine wichtige Größe. Desto älter, desto bedeutender. Deshalb hat man Xanten (und anderen Orten) eine trojanische Herkunft angedichtet, Trier die Herkunft von einem fiktiven assyrischen Prinzen Trebetas und die Welfen hat man versucht mit Catilina in einen Verwandtschaftsgrad zu setzen (catulus, Hündchen, Welpe). Es war einfach im Mittelalter "in" Dinge als römisch oder älter zu deklarieren. Älter = bedeutsamer. Für Thietmar als Bischof einer gerade mal 200 Jahre alten Stadt war das kaum tragbar, wenn er sich mit Köln, Trier oder Passau verglich. Eine Gründung Caesars würde seine Stadt älter als Köln, Passau und andere echte Römerstädte machen. Das und nur das ist der Grund, warum Thietmar - ob er das nun selber glaubte oder nicht - Merseburg zu einer römischen Gründung erklärte.
 
Nun, es muss nicht gerade die Schrifttafel gewesen sein, die, wie Pflug vermutete, noch vorhanden war und aus der Thietmar entnommen haben könnte, dass, (ein Ti kassiert) Caesar der Erbauer war. Aber es könnte andere gegenständliche, schriftliche oder mündliche Überbleibsel gegeben haben.

Die Überbleibsel römischer Kultur, auf denen Thietmars Einschätzungen basierten, nennt er doch selber. Ich halte mich lieber an die Fakten, dann muss ich mich nicht an Spinnereien und Wunschträume à la Pflug klammern.

Über diese Variante habe ich auch nachgedacht, dann hätte Thietmar allerdings sehr gut sein klassisches Latein gelernt.
Thietmar war mit klassischen Autoren gut vertraut; er verfasste Passagen seines Werkes in Hexametern und zitiert sinngemäß oder wörtlich aus Vergil, Horaz, Lucan usw.
 
Die Chatten und Cherusker stehen in Beziehung (siehe Flavus) zueinander. Die Salzschlacht kann aber meiner Meinung nach nur an der (thüringischen) Saale stattgefunden haben. Die Grenze der Siedlungsplätze im B1b (ab 10/15 n. Chr.) der Elb- und Rhein-Weser-Germanen verläuft entlang der Saale. Das hat sich im archäologischen Fundmaterial manifestiert. Siehe dazu auch die Karten von R. Uslar (1952) und J. Bemmann (2009).
 

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Eine ganz praktische Frage. Es wird keine befestigte bronzezeitliche Siedlung im Flachland am Ufer der Saale gegeben haben. Untypischer Standort.
Einen kaiserzeitlichen Siedlungsplatz oder eine wie auch immer geartete originär römische Anlage in Nähe der Saalefurt vielleicht doch. Das mit der bronzezeitlichen Wallanlage auf dem Siedlungsplatz Merseburger Altstadt ergibt keinen Sinn, da würde ich gerne Genaueres über die archäologischen Befunde erfahren.
 
Was es in kaiserzeitlichen wie mittelalterlichen Flusssiedelungen wie z.B. in Mittelhessen gab waren ausgedehnte Gräben für Reusensysteme zum Fischfang.
 
Die Chatten und Cherusker stehen in Beziehung (siehe Flavus) zueinander.
Damit lässt sich wohl kaum die Südgrenze des von den Chatten kontrollierten Gebiets bestimmen.
Sentius Saturninus wird wohl auf möglichst direktem Weg - den Main entlang - nach Böhmen gezogen sein. Da musste er durch das Gebiet der Chatten durch.

Die Salzschlacht kann aber meiner Meinung nach nur an der (thüringischen) Saale stattgefunden haben.
Deine Meinung weicht hier, wie in vielen anderen Fällen, von den Angaben der historischen Quellen ab. Diese kennen keine Hermunduren an der Saale.
 
Genausowenig wie die Quellen Chatten am Kocher kennen.

Ich würde ja auch nie behaupten: "Die Salzschlacht kann nur am Kocher stattgefunden haben".

Aber wo kann die von Tacitus erwähnte Schlacht Deiner Meinung nach stattgefunden haben?

Aus taciteischer Sicht grenzte das Dekumatland an das Gebiet der Chatten, Rätien grenzte an das Gebiet der Hermunduren, wo würdest Du die chattisch-hermundurische Grenze ansetzen?

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Aus taciteischer Sicht grenzte das Dekumatland an das Gebiet der Chatten, Rätien grenzte an das Gebiet der Hermunduren, wo würdest Du die chattisch-hermundurische Grenze ansetzen?
Da das heutige Thüringen zwischen den von Tacitus erwähnten Siedlungsgebieten "östlich der Elbe" und "an der Grenze zu Rätien" liegt, würde ich die Hermunduren auch dort vermuten. Die Werra wäre mein Favorit für die Schlacht am Salzfluß - die (Kali)Salze dort sind heute noch von Bedeutung. Aber das bleibt natürlich eine Vermutung.

Das schließt nicht aus, dass die Hermunduren oder Teile von ihnen auch südlich des Mains siedelten. Wissen wir denn, ob Tacitus mit der "chattischen Grenze zum Dekumatland" nicht damit die Mattiaker um das heutige Wiesbaden meinte, die ja um 58 n. Chr. schon innerhalb des Imperiums lebten?
 
Da das heutige Thüringen zwischen den von Tacitus erwähnten Siedlungsgebieten "östlich der Elbe"
Tacitus erwähnt keine Hermunduren "östlich der Elbe". Das waren Strabon und Velleius, die ca. 100 Jahre vor Tacitus schrieben.
Tacitus schreibt allerdings, dass die Elbe bei den Hermunduren entspringt(!). Aber auch mit dieser Angabe kommen wir beim besten Willen nicht nach Thüringen.
 
Tacitus erwähnt keine Hermunduren "östlich der Elbe". Das waren Strabon und Velleius, die ca. 100 Jahre vor Tacitus schrieben.
Wenn man also Strabon und Velleius hinzuzieht, käme man also u.U. mit
besten Willen (...) nach Thüringen.
?
Dass das heutige Thüringen in keiner antiken Quelle explizit als Siedlungsgebiet der Hermunduren erwähnt wird, ist mir dabei bewusst.
 
Zuletzt bearbeitet:
Bei Velleius werden die Hermunduren zusammen mit den Semnonen genannt. Da kann ich diese nicht in Raetien ansetzten. Tacitus sagt nur, dass diese zum Handeln nach Augsburg kommen. Er macht keinerlei Angaben zu deren Wohnsitze. Auch nicht bei den Kämpfen des Catwalda und später bei Vannius. Zu Zeiten Cassius Dio sitzen sie an der Elbquelle - also in Böhmen. Das ist auch einleuchtend, da sie mit Markomannen und Quaden gegen die Römer Ende 2. Jh. kämpften. Danach verliert sich die Spur.
 
Erinnern wir uns: Thietmar etymologisiert Merseburg falsch als Mars-Burg. Im Mittelalter war Alter eine wichtige Größe. Desto älter, desto bedeutender. Deshalb hat man Xanten (und anderen Orten) eine trojanische Herkunft angedichtet, Trier die Herkunft von einem fiktiven assyrischen Prinzen Trebetas und die Welfen hat man versucht mit Catilina in einen Verwandtschaftsgrad zu setzen (catulus, Hündchen, Welpe). Es war einfach im Mittelalter "in" Dinge als römisch oder älter zu deklarieren. Älter = bedeutsamer. Für Thietmar als Bischof einer gerade mal 200 Jahre alten Stadt war das kaum tragbar, wenn er sich mit Köln, Trier oder Passau verglich. Eine Gründung Caesars würde seine Stadt älter als Köln, Passau und andere echte Römerstädte machen. Das und nur das ist der Grund, warum Thietmar - ob er das nun selber glaubte oder nicht - Merseburg zu einer römischen Gründung erklärte.
Es gibt in Sachsen-Anhalt über 66 slawische Wallanlagen, ein Großteil davon zwischen Saale und Elbe. Manche Anlagen ähneln in ihrer Form weit mehr den römischen, als die Merseburger. Warum sollte sich Thietmar ohne nähere Begründung gerade für diese entschieden haben, wenn es keine zusätzlichen Hinweise (Mauerwerk?) gab?
Slawische Burganlagen in Deutschland
 
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