Ich möchte hierzu nochmals auf meine genannte Quelle zum Gräberfeld Schlotheim verweisen (ab Seite 54)
"Mit Einsetzen systematischer Forschungen zur germanischen Besiedlung Thüringens und der Kenntnis des sich verändernden Kulturguts seit dem Ende des I. Jh. wurde auch die Frage der ethnischen Zugehörigkeit ihrer Träger gestellt. Als erster interpretierte \'<1. SCHULZ (1923, 48 f.; 1928, 78) die Veränderungen im Findgut und im Bestattungsbrauch am Ende des I. Jh. v.u.Z. als Beleg für das Eindringen der in den Schriftquellen überlieferten Hermunduren (vgl. Zusammenstellung durch L SCHMIDT I'))'), 262 rr.). Auch für die .anschließende· römische Kaiserzeit machte R. V. USI.AR (I938, 177 f.) auf eine durchgehende Besiedlung vom 1. Jh. bis in die jüngere Kaiserzeit aufmerksam. Als deren Träger sah auch er die im I. Jh. von den Römern erwähnten Hermunduren an. Im Gegensatz zur Theorie der Kontinuität deutete TH. VOIGT (1940b, 111 f.) die unterschiedliche Fundstreuung östlich und westlich der Saale als Beleg des Besiedlungsabbruches westlich der Saale, die Funde des Mittelelbegebietes wies er ebenfalls den historisch überlieferten Hermunduren zu. Seitdem standen sich beide Theorien ambivalent gegenüber. Während J. WERN ER (I942, 152) die These der Räumung Thüringens auch unter Hinweis auf die Ergebnisse R. v. Uslars als unhaltbar ablehnte und eine Verringerung der Funde in Thüringen mit einem teilweisen Abzug von Siedlern nach Böhmen erklärte, schloss sich G. MILDENBERGER in mehreren Arbeiten (1948, 80 f.; 1958, 90 f.; 1959, 100 ff.) der Theorie TH. VOigts (1976, 319) - nochmal.~ durch das Gräberfeld von Borna bekräftigt - von der Verlagerung des in augusteischer Zeit den Hermunduren zuzuschreibenden Siedlungsgebietes vom Thüringer Becken nach Osten an und wies die zahlenmäßig geringeren frührömischen Funde aufgrund der rhein-weser-germanischen Keramik den Chatten zu, von denen er annahm, dass sie im 1. und 2. Jh. auch Macht über Thüringen ausübten. 54 Anders E. SCHMIDT-ThieELBEER (1978, 388 f. ) - sie wies die Funde des 1. und 2. Jh. im Mittelelbe-SaaleGebiet den Hermunduren zu , dagegen das Fundgut jenseits des Thüringer Waldes und des Eichsfeldes unter Hinweis auf die Lokalisierung der Schlacht um den salzhaltigen Fluss zwischen Chatten und Hermunduren im Jahre 58 den Chatten, Die Träger der rheinweser-germanischen Funde des Thüringer Beckens waren folglich die Hermunduren. Der Auffassung einer ." Entleerung" Thüringens vor der Mitte des I. Jh. u.Z. trat K. PESCHEL (1978, 143) entgegen, er verwies auf die zahlreichen Belege durchgehender Besiedlung im westsaalischen Thüringen nach Gräberfeldern, die im I. Jh. starke rheinische Bindung als Ausdruck eines wieder erstarkenden, vorübergehend unter elbgermanischen/hermundurischen Druck geratenen einheimischen Substrats aufweisen und eher den Hermunduren denn den Chatten zugewiesen werden. Der Kernfrage der germanischen Besiedlungsgeschichte Thüringern hat sich K. PESCHEL 1981 (623 ff.) erneut zugewandt, indem er zur Klärung von Besiedlungsabläufen und der Kontinuitätsfrage auch repräsentative Siedlungsplätze einbezog, Ließ die räumliche Nähe von Grabfunden mit elbgermanischer Keramik der Stufe B-I und solchen mit rhein-weser-germanischer Keramik schon auf Gleichzeitigkeit oder zeitliche Nähe schließen, so STellten die keramischen Reste der Siedlungsplätze die Wurzeln von beiden kulturellen Erscheinungen dar, die K. PESCHEI. (ebd., 642) in der einheimischen Latenekultur des Mittelgebirgsraumes erkannte. Sie bildeten das Substrat während der elbgermanischen Überlagerung in der Stufe LT-D-2 bis KZT-ß-l und sind als Wurzeln bei der Herausbildung des rhein-weser-germanischen Formenkreises erkennbar."
Siehe auch die folgenden Seiten.
Es wird also noch reichlich interpretiert, und zwar auf Basis von Grabungsbefunden.