War Merseburg einst römische Exklave ?

@Opteryx

nein, nicht was diese beiden Formen betrifft. Zwar wurde die Schleuder im Mittelalter noch zur Vogeljagd verwendet, jedoch vorwiegend mit runden Tonkugeln. Für größere Geschosse im Heer nahm man die Stabschleuder zu Hilfe.
 
Salve,
als jemand, der sich mit der Schifffahrt beschäftigt und der auch gern deutsche Flüsse befährt, wollte ich kurz meine Einschätzung mitteilen:
Eine absolute unschiffbarkeit gibt es bei zu wenig Wasser. Da können selbst Kähne nur schlecht beladen werden. So etwas sehe ich bei Saale und Unstrut nicht.
Dann gibt es eine Schiffahrt, die durch Baumstämme erschwert wird. Heute werden die Baumstämme in der Regel an Schleusen weggeräumt, damit sie die Tore nicht versperren. Bei nicht personeller Besetzung der Schleuse gibt es ein Telefon, so dass innerhalb einer ca. halben Stunde jemand kommt und die mit Haken rausholt.

Für Kaufleute des Mittelalters waren das sicher echte Gefahren und behinderten sie. Für eine Militärmaschinerie eigentlich weniger, da mehr Manpower da war, um die Baumstämme zu entfernen.

Eine partielle Behinderung besteht, wenn z.B. durch Felsen, Wasserfälle etc. ein weiterbefahren nicht möglich ist. Jedoch ist dort die Wahrscheinlichkeit höher, einen Umladeplatz anzulegen oder ein "kleines Lager", da die Nicht-Schiffbarkeit hinter der Barriere wieder endet.

An der Saale wäre das bei Merseburg und bei Bad Dürrenberg so. Merseburg ist auch bei gugel maps gut zu sehen, dass hier heute Kanäle zur Umgehung angelegt wurden, früher hätte man eher umgeladen.
 
Wir müssen von einer Situation von vor 2000 Jahren aus gehen. Ich zitiere mal aus "Das Bernburger Land ", Schriftenreihe des Köthener Museums, welches sich auf Bastian "Die Saale als Verkehrsweg" bezieht: "Bis ins 10 Jhd. diente der verwilderte und verschlammte Fluss als Grenzwehr. Mit dem 14. Jhd setzten Versuche zur Regulierung ein."
 
Salve,
alles richtig, Opteryx, jedoch, wenn die Römer da waren, war das lange vorher und keiner weiß, in welchem Zustand der Fluss war. Er kann durchaus vorher entwildert gewesen sein und ein paar Jahrhunderte später verwildert.
 
Vergleichen wir Saale und Lippe. Militäroperationen auf den Flüssen waren für das römische Heer eines der Mittel rasch in das Hinterland zu gelangen. Selbst Flüsse wie Lahn, Agger und Sieg waren mit flachen Booten zu erkunden. Die Frage ist für mich eher: gab es Wirtschaftsgüter die auf dem Fluss transportiert wurden? Was lohnte den Aufwand? Waren es wirtschaftliche oder militärische Interessen? Von der Saale aus war über die Elbe selbst Böhmen zu erreichen.
 
Salve,
ich las einmal von der Bernsteinstraßee......
Es gab mehrere Straßen. Die von der Nordsee kommende Straße zweigte an der Saalemündung nach Süden ab. Mit viel Phantasie konnte man aus der von mir erwähnten sehr einfachen römischen Straßenkarte annehmen, dass die Stichstraße aus dem Mainzer Raum an der unteren Saale im Merseburger Raum die Bernsteinstraße erreichen wollte, obwohl die Darstellung viel zu ungenau ist. Aber die Bernsteinstraßen stammen aus weit älterer Zeit.
 
Ganz sicher hatten die Franken nicht mehr die arbeitsteilige, standardisierte, industrielle Waffenproduktion wie sie für das römische Heer typisch war.
 
Um 150/160 n. Chr. brechen die elbgermanischen Gräberfelder entlang der Elster ab. Das würde auch zu den historischen Quellen passen, da auf einmal Hermunduren als Feinde Roms an der Donau auftauchen.

Die Hermunduren tauchen schon viel früher an der Donau auf. Erstmals bei Cassius Dio (kurz vor 1 v. Chr.), als Ahenobarbus, damals noch in seiner Funktion als Verwalter der "Gebiete an der Donau" die Hermunduren in der Markomannis (Böhmen) ansiedelte.

In dieser Region waren die Hermunduren - als Nachbarn der Markomannen und Quaden - auch immer wieder militärisch aktiv. Sie vertrieben Marbods Nachfolger Catualda und traten als indirekte Gegner Roms spätestens 51 n. Chr. in Erscheinung, als sie den von den Römern als König über Markomannen und Quaden eingesetzten König Vannius bekämpften und schließlich über die Donau vertrieben. Der römische Statthalter Palpellius Histrus musste damals auf Befehl des Kaisers Claudius eine Legion und mehrere Auxiliareinheiten an der Donau zusammenziehen, um Vannius die Flucht zu ermöglichen und sowie die Hermunduren und ihre Verbündeten am Überschreiten der Donaugrenze zu hindern. (Tac. ann. 12,29)

Danach müssen die hermundurisch-römischen Beziehungen für längere Zeit sehr gut gewesen sein, denn Tacitus erwähnt in der "Germania" die Hermunduren als den Römern treu ergebene Donauanrainer (sic nunc Danuvium sequar, Hermundurorum civitas, fida Romanis).
 
Die in Mitteldeutschland lebenden Hermunduren waren aber keine Donauanrainer, und deshalb vermutet man, dass sie nicht identisch waren.
 
Das Bild, das in der Römerzeit in Thüringen Gestalt annimmt, lässt mich denken, dass die Römer mehrmals außerhalb der Grenzen von Limes geblieben sind, um nicht nur Krieg zu führen, sondern auch das Territorium, insbesondere die Minen, auszubeuten. In Tacitus 'Annales grub Commander Curtius Rufus mit römischen Soldaten Silberminen im Gebiet von Mattium. In Hebborn bei Bergisch Gladbach gibt es eine germanische Siedlung, in der die Einwohner in den Minen arbeiteten, um Materialien zu gewinnen, die in die nahe gelegene Köln geschickt werden sollten. Diese Siedlung aus typisch germanischen Hütten wurde von einer römischen Garnison bewacht, die in einem Gebäude mit typisch römischen Kacheln lebte. Die Siedlung dauerte bis ins 3. Jahrhundert nach Christus.
 
Ich glaube nicht dass die Römer in Nordhessen Bergbau betrieben haben, schon gar nicht in Mattium.
Wo genau Mattium gelegen hat, ist äußerst umstritten. Maden, Metze, Alt-Geismar sind Kandidaten - die Altenburg bei Niedenstein mit eventuell keltischen Siedlungsresten scheint eher nicht in Frage zu kommen.
Im Kellerwald ist Kupferbergbau ab dem Mittelalter belegbar. Goldabbau ist am Eisenberg (Gold vom Eisenberg klingt ein wenig irreführend o_O) ebenfalls ab dem Mittelalter belegbar. Beide Abbaugebiete liegen aber mindestens einen Tagesmarsch von allen Mattiumkandidaten entfernt und Hinweise auf römische Schürfungen gibt es dort meines Wissens nicht. Deswegen denke ich, dass Pardela recht hat. Cyrus' Tacitus Quelle würde mich dennoch interessieren, falls die jemand parat hat.
 
Tacitus schreibt "in agro Mattiaco".
Auf Ptolemäus' Karte kommt Mattiacum auch vor, damit könnte der Dünsberg gemeint sein.
Ansonsten haben wir natürlich Aquae Mattiacorum, also Wiesbaden.
 
Ich bin offen gestanden ein wenig überfordert, den Irrungen und Wirrungen dieses Threads zu folgen. Eigentlich geht es doch laut Threadtitel um die Frage, ob Merseburg einst eine römische Exklave war.

Und da hat Herumdure geschrieben:

Auch diesen Sommer war ich wieder rund um Merseburg an Saale und Luppe unterwegs. Neben weiteren römischen Münzen fand ich auch zum x-ten Male Militärequipment (diesmal Gürtelbeschlagteile). Die absoluten Knallerfunde waren aber eine Kleinbronze eines Knaben (1./3. Jh.) und 2 römische Bleisiegel aus der claudischen und flavischen Zeitepoche.

Das numismatische Fundmaterial um Merseburg ist u.a. auch sehr flavisch (Denare) geprägt. Das Bleisiegel Q P C könnte auf eine Versorgung durch Quintus Petilius Cerealis, einem Schwager des Vitellius, hinweisen. Für das Bleisiegel PRO gibt es sogar ein identisches Gegenstück der Initialen bei einem Gegenstempel auf claudischen Sesterzen des Jahres 42 n. Chr. (U. Werz, 147.1/8 S3). Der Stempel kommt laut U. Werz nur auf diesen Stücken vor, so dass der Zeitraum sehr gut korreliert. Weitere Gürtelbeschlagteile aus dem näheren Umfeld von Merseburg zeigen, dass ein reger Kontakt bis ins 3. Jh. fortbestand. Kleinere Eisensachen wie Nägel etc. habe ich erst einmal nicht detektiert. Jedoch konnte ich einen kleinen Eisenhortfund inkl. einen 10 Kilo-Barren in Kastenbrotform vom Fundplatz an der Luppe detektieren (reiche ich noch nach). Von diesem Platz stammte auch die Sigillata-Scherbe, welche ich hier schon mal eingestellt hatte.

Davon ausgehend, dass die vorgenannten Funde korrekt als römisch identifiziert worden sind, würde sich die Frage nach den Befunden stellen, also dem Fundkontext. Wo sind die Funde gemacht worden? Alle an einem Ort oder lagen die irgendwo im Umkreis von Merseburg herum? Falls an einem Ort aufgefunden, war das ein germanisches Dorf oder ein Hauptort eines germanischen Stammes? Oder war da möglicherweise ein römisches Marschlager (oder mehrere davon) und die Funde sind lediglich von den Römern vergessen worden? Fragen über Fragen....

Unter einer Exklave würde ich ein Gebiet verstehen, dass in irgendeiner Weise mit dem Römischen Reich verbunden war. Das könnte jetzt ein Stützpunkt mitten im Barbaricum sein oder eine Art von Klientelstaat. Aber vermutlich würde man dann auch römische Baustrukturen erwarten können, so wie z. B. wie in Waldgirmes, das aber aus der römischen Okkupationsphase bis 9. n. Chr. stammt).
 
Salve,
alles richtig, Opteryx, jedoch, wenn die Römer da waren, war das lange vorher und keiner weiß, in welchem Zustand der Fluss war. Er kann durchaus vorher entwildert gewesen sein und ein paar Jahrhunderte später verwildert.
Wer soll ihn denn "entwildert" haben? Uns fehlen immer noch die Bootsfunde. Bei Dessau gab es immerhin sogar vorgeschichtliche Einbaumfunde in der Elbe.
 
Die Hermunduren tauchen schon viel früher an der Donau auf. Erstmals bei Cassius Dio (kurz vor 1 v. Chr.), als Ahenobarbus, damals noch in seiner Funktion als Verwalter der "Gebiete an der Donau" die Hermunduren in der Markomannis (Böhmen) ansiedelte.

Domitius ist "ausgewanderten" Hermunduren und Cheruskern begegnet. Letztere hat er wieder versucht im Stamm zu integrieren - was bekanntlich misslang. Die Folge war die Missachtung der Germanen gegenüber den Römern. Das Grab der quadischen Adligen von Profen zeigt die Verbindung der Hermunduren mit den Quaden sehr deutlich an. Du denkst zu kleinräumig...

Die Prinzessin von Profen
 
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