Was wäre, wenn der Erste Weltkrieg nicht stattgefunden hätte?

Ändert allerdings nichts am Befund, dass am Beginn des 1. Weltkriegs die USA nicht bevölkerungsreicher waren, als die zwei großten europäischen Staaten, außer Russland, sondern dass das Verhältnis zu diesem Zeitpunkt noch umgekehrt war.

(...)

Das die USA deutlich bevölkerungsstärker sind, als die beiden größten nichtrussischen Akteure innerhalb Europas ist eigentlich etwas, was sich erst nach dem 2. Weltkrieg ergibt.

Wie oben gezeigt, diskutierst du Fragen die keiner stellt. Wenn ich von Langzeittendenzen ohne Krieg schreibe, schreibe ich natürlich nicht über das Jahr 1910. Bitte auf den Strangtitel achten.
1914 hatten die USA 98 Millionen Einwohner. Die Briten übrigens 42 und nicht wie du oben behauptest 63.
Hier die Entwicklung:
191092.228.49621 %
1920106.021.53715 %
1930123.202.62416,2 %
1940132.164.5697,3 %
1950151.325.79814,5 %

Spätestens ab 1925 wäre die USA bevölkerungsmäßig stärker gewesen als die zwei größten europäischen Staaten (mit Ausnahme Russlands). Und diese Entwicklung wäre nicht aufzuhalten gewesen.
 
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Hier eine
Und wie bitte sollte Österreich-Ungarn ohne Bündnis mit Deutschland im Konzert der Großmächte überleben?

Gar nicht. Es ist zwar nicht unbedingt so, dass Österreich-Ungarn vor dem Zusammenbruch stand, aber die Entscheidungsfindungen waren wahnsinnig schwierig und langwierig und im Wettbewerb der Großmächte nicht wettbewerbsfähg.
 
Ich verstehe den Strangtitel so, dass die Frage ist, was wäre passiert, wenn 1914 kein Krieg stattgefunden hätte und die Entwicklung dann 10, 15 oder 20 Jahre so weitergelaufen wäre. Genau so habe ich meine Punkte aufgeschrieben, und dies entspricht auch dem Strangtitel.
Tut es insofern nicht, als dass die Vorraussetzung, es wäre alles einfach imer so weiter gegangen, wenn es nur nicht zu einem Weltkrieg gekommen wäre nichts taugt.
Das ist - Verzeihung - dann doch etwas versimpelt.

Das Wachstum der USA war gigantisch und wäre auch ohne Krieg über Jahre gigantisch gewesen.
Dazu hatte ich bereits etwas geschrieben. Demographisch war massives Wachstum vorhanden, dass zum Teil aber auch von der Zuwanderung abhing. Und es ist durchaus nicht ausgemacht, dass ohne den zusätzlichen Wirtschaftsboom durch den Krieg die USA weiterhin eine relativ offene Einwanderungspolitk betrieben hätten.
Realiter gab es seit den frühen 1920er Jahre zum ersten Mal Einwanderungsbeschränkungen. Ohne die zusätzliche Kriegskonjunktur, mag es sein, dass die Zeit dafür bereits früher gekommen und die Bestimmungen möglicherweise härter ausgefallen wären.

Hinzu kommt die bis in den Weltkrieg hinein vorhandene Abneigung der USA, sich überhaupt irgendwie in die europäischen Angelegenheiten einzumischen.
Deswegen stelle ich mir die Frage, warum du so versessen darauf bist eine Konkurrenz zwischen den USA und den europäischen Mächten zu konstruieren. Die war wirtschaftlich vorhanden, aber machtpolitisch eigentlich eher nicht.
Kommen noch 2 Dinge hinzu:

1. Die extremen Wachstumsraten der USA korrespondierten mit einer extrem kleinen Armee und einem extrem kleinen Militäretat.
Damit hätten die USA machtpolitisch überhaupt in keine offene Konurrenz mit den europäischen Großmächten treten können.
Das hätte erstmal das Aufstellen entsprechender Streitkräfte vorausgsetzt, deren dauernder Unterhalt allerdings die Wachstumsraten runtergezogen hätten, weil es dauerhafte, stärkre Besteuerung und Einziehen von Wehrpflichtigen vorausgesetzt hätte.
Damit wäre der US-Amerikanische Vorsprung in Sachen Wachstum allerdings dahingeschmolzen.

2. Darf man die innenpolitischen Konflikte nicht übersehen, im Fall der USA vor allem die weitgehende Entrechtung der Afroamerikanischen Bevölkerungsteile. Möglicherweise wäre das ohne Weltkriege früher auf der politischen Agenda gelandet und diese Frage hatte das Land schon einmal tief gespalten.

Das Wachstum der Russen aber auch, ohne zwei Kriege gigantisch.
Da sollte man aber auch vor allem Russlands Probleme nicht aus dem blick verlieren.
Die Nationalbewegungen in Polen und der Ukraine waren vorhanden und wären mittelfristig massiv stärker geworden zummal die russische Politik ziemlich repressiv war, wenn man sie mit der Österreichischen vergleicht, so dass die Nationalitäten in Russland wesentlich größeres Potential zum Aufruhr hatten.

Der Krieg von 1904/1905 gegen Japan und die Revolution von 1905 hatten 3 Dinge offen gelegt:

1. Russland hatte massive innenpolitische Probleme und einen immensen Reformstau, was die Regierbarkeit dieses Landes, wenn die Dinge nicht angegangen worden wären mittelfristig massiv in Mitleidenschaft gezogen hätte.

2. Russland War nicht länger eine Macht am Rand des Europäischen Mächtesystems, die alle ihre expansiven Energien auf Europa konzentrieren konnte, Japan hatte sich als ernstzunhmender Konkurrent im Osten erwiesen, mit dem man irgendwie hätte umgehen müssen.

3. Russlands militärisches Potential war bei weitem nicht so hoch, wie sich das auf dem Papier rein quantitativ ausnahm, ansonsten hätte es ihm nämlich relativ leicht fallen müssen den Krieg gegen Japan zu gwinnen.

Mit fortschreitennder Entwicklung hätten sich natürlich auch die ersten 2 Probleme massiv verschärft und das Zarenreich von innen heraus massiv geschwächt.

Bei den Industriellen Wachstumsraten ist zusätzlich noch zu bedenken, dass die prozeentualen Raten zwar ganz ansehnlich waren, Russland aber von einem erbärmlich niedrigen Niveau aus kam, während Westeuropa bereits seit einem halben Jahrhundert aus industriegesellschaften bestand die anno 14 nicht mehr so hohe Wachstumsraten hatten, aber wesentlich höhere Ausgangswerte.

Die jeweils kleineren Bündnispartner wären jeweils immer abhängiger geworden.
Das ist konstellationsabhängig.

Österreich-Ungarn wäre über kurz oder lang zu einem Anhängsel Deutschlands geworden, und genauso hatte Grey es auch schon mindestens ab 1908 behandelt.
Grey hat es so behandelt, aber Grey hatte im Gegensatz zu uns keinen Einblick in die politischen Interna Berlins und darein, wie stark sich die Deutsche Regierung ihrerseits auf den österreichischen Bündnispartner angewiesen fühlte.
Ob die Kalkulation der Berliner Politik in dieser Hinsicht objektiv richtig war, darf man bzweifeln, aber sie war unstrittig vorhanden und dass erlaubte Wien durchaus eigenständige Schritte und verlieh der Donaumonarchie ein außenpolitisches Gewicht innerhalb des Dreibundes, das seine militärischen und wirtschaftlichen Potentiale überstieg.

Das gleiche auch auf der anderen Seite.
Warum meinte St.Petersburg Serbien unbedingt beistehen zu müssen? Zum Teil weil an fürchtete nach Bulgarien infolge des 2. Balkankrieges nun auch den letzten Balkan-Verbündeten zu verlieren, wenn man es nicht tat.

Wenn aber eher klein oder mittlere Mächtee, wie Bulgarien oder Italien sich von ihren Großmacht-Bündnispartnern emanzipieren und ihre eigenen Wege gehen konnten, konnte eine Macht wie Österreich-Ungarn das erst recht.


Frankreich wäre in der Verbindung zu Rußland in eine totale Abhängigkeit geraten. Es wäre gar nicht mehr fähig gewesen eine eigenständige Außenpolitik zu machen. Ein starkes Rußland hätte im Jahr 1925 nur mit einer Lockerung des Bündnis drohen müssen, und Frankreich wäre gegen Deutschland völlig chancenlos gewesen.
Durchaus nicht unbedingt.

Frankreich hätte durch Verzicht auf Revanche wegen Elsass-Lothringen und anerkennung der Verhältnisse die Beziehungen zu Deutschland jederzeit normalisieren und diesen Konflikt abbauen können. Berlin hätte sicherlich nichts dagegen gehabt sich auf Basis des Status Quo zu einigen.
So lange Frankreich dazu nicht bereit war, brauchte es eine verbündete Landmacht in Europa um Deutschland einhegen zu können und eben das Bündnis mit Großbritannien.
Die europäische Landmacht musste aber nicht Russland sein. Eine Kombination aus Frankreich und der Donaumonarchie möglicherweise unterstütz durch Großbritannien als Seemacht hätte Deutschland ebenfalls effektiv einhegen können.

Der Umstand hinter die eigenen Bündnispartner immer weiter zurück zu fallen, hätte sowohl für Paris, als auch für Wien Motivation sein können, sich aus den bisherigen Bündnissen zu verabschieden und mit dem jeweils anderen zusammen zu arbeiten um einen Partner zu haben, dem man mehr auf Augenhöhe hätte begegnen können und eine Interessengemeinschaft gegen die eigene Marginalisierung zu bilden.
Ein starkes Rußland hätte im Jahr 1925 nur mit einer Lockerung des Bündnis drohen müssen, und Frankreich wäre gegen Deutschland völlig chancenlos gewesen.
Frankreich allein wäre schon 1914 gegen Deutschland chancenlos gewesen und es wäre bereits im ausgehenden 19. jahrhundert vor dem russischen Bündnis allein gegenüber dem Dreibund völlig chancenlos gewesen.
Das war ein sicherheitspolitisches Problem aber keineswege das Ende Frankreichs als relevanter Macht. Ob Russland mit der Drohung einer Kündigung des französischen Bündnisses Erpressungspotential gegenüber Paris hatte, hing maßgeblich davon ab, ob die Donaumonarchie als alternativer außenpolitischer Partner zur Einhegung Deutschlands zur Verfügung stand.
Wäre man in Wien zu dem Schluss gekommen, im Bündnis mit Deutschland zu sehr unter die Räder zu kommen und hätte das zur Disposition gestellt, mit dem Ziel schwächere Partner zu suchen um die eigene Handlungsfähigkeit zu erhalten, hätte Paris eine Alternative gehabt.
 
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Wie oben gezeigt, diskutierst du Fragen die keiner stellt. Wenn ich von Langzeittendenzen ohne Krieg schreibe, schreibe ich natürlich nicht über das Jahr 1910. Bitte auf den Strangtitel achten.
Es ist mir relativ egal worüber du schreibst, die unmittelbare Vorkriegszeit, das heißt die Zeit ab der Jahrhundertwende gehört selbtredend zum historischen Rahmen.

1914 hatten die USA 98 Millionen Einwohner. Die Briten übrigens 42 und nicht wie du oben behauptest 63.
Die Aussage hatte ich oben bereits korrigiert, wie dur aufgefallen wäre, wenn du alle meine Beiträge gelesen hättest.

Im Übrigen stimmt es auch so nur bedingt. Großbritannien hatte 42 Millionen Einwohner in Europa, das Empire in Übersee aber weitere 300 Millionen + X, als demographisches Potential, dass zumindest aktivierbar war.

Spätestens ab 1925 wäre die USA bevölkerungsmäßig stärker gewesen als die zwei größten europäischen Staaten (mit Ausnahme Russlands). Und diese Entwicklung wäre nicht aufzuhalten gewesen.
Du übersiehst, dass diese Entwicklung ohne den 1. Weltkrieg möglicherweise nicht stattgefunden hätte und dass ohne den 1. Weltkrieg auch die Bevölkerungsentwicklung in Europa möglicherweise durchaus eine andere gewesen wäre.

Da legst du dir einiges zurecht, was so vorherbestimmt nicht war.

Ich könnte z.B. genau so behaupten, dass wenn das britische Empire nicht nach dem 2. Weltkrige auseinandergebrochen wäre (und hätte es den 2. ohne den 1. gegeben?) die USA dieses Empire demographisch bis heute nicht eingeholt hätten und es wahrscheinlich auch im 21. Jahrhundert nicht schaffen würden.

Du packst in deine Darstellung definitiv zu viele ex-post- Aspekte hinein.
 
Durch einen Verzicht auf eine imperiale Balkanpolitik, als Basis für einen Ausgleich mit Russland und einer Allianz mit Frankreich zwecks gemeinsamer Einhegung Italiens.
Eine Allianz Österreich-Ungarns mit Frankreich hätte unweigerlich zu einem Bündnis zwischen Deutschland und Russland geführt und damit zu einer sicheren Niederlage im nächsten Krieg und sehr wahrscheinlich dem Ende als eigenständigem Staat. Egal was für Zugeständnisse die Donaumonarchie den Russen gegenüber gemacht hätte, um das Verhältnis zu verbessern: Deutschland hätte mehr bieten können, da es auf dem Balkan keine eigenen Interessen hatte. Zumindest keine, die man nicht hätte opfern können.

Die europäische Landmacht musste aber nicht Russland sein. Eine Kombination aus Frankreich und der Donaumonarchie möglicherweise unterstütz durch Großbritannien als Seemacht hätte Deutschland ebenfalls effektiv einhegen können.
Erstens ist es alles andere als sicher, dass Großbritannien in einem solchen Szenario auch zu einem Ausgleich mit Frankreich gekommen oder gar in einen potentiellen Krieg auf Seite Frankreichs eingetreten wäre.

Zweitens: Selbst wenn das der Fall gewesen wäre, würde ich Deutschland und Russland im Kriegsfall immer noch als Gewinner sehen. Österreich-Ungarn wäre in einem solchen Szenario schnell besiegt. Die Donaumonarchie könnte sich niemals gegen Deutschland und Russland gleichzeitig für längere Zeit behaupten. Frankreich wäre kaum in der Lage, da effektiv zu helfen. Selbst wenn nach einer Niederlage Österreich-Ungarns am Ende doch noch Großbritannien und Frankreich gewinnen sollten, wäre es sehr wahrscheinlich dennoch das Ende der Doppelmonarchie. Siehe das Schicksal des Zarenreichs am Ende des Ersten Weltkriegs.
 
Eine Allianz Österreich-Ungarns mit Frankreich hätte unweigerlich zu einem Bündnis zwischen Deutschland und Russland geführt und damit zu einer sicheren Niederlage im nächsten Krieg und sehr wahrscheinlich dem Ende als eigenständigem Staat.
Nur dann, wenn die Donaumonarchie an ihrer Balkanpolitik festgehalten hätte. Hätte sie die geopfert, hätte für Russland keine Notwendigkeit bestanden, sich auf ein Bündnis mit Berlin einzulassen.

Zweitens: Selbst wenn das der Fall gewesen wäre, würde ich Deutschland und Russland im Kriegsfall immer noch als Gewinner sehen.
Das Szenario erledigt sich, wenn Wien seine Balkanpolitik begraben und einen Ausgleich mit Russland herbeigeführt hätte.
Welchen Anlass hätte Russland gehabt sich für die deutsche Sicherheitspolitik einspannen zu lassen, wenn Deutschland keine adäquate Gegenleistung hätte bieten können?

Um sich auf dem Balkan oder gegen das Osmanische Reich durchsetzen zu können, brauchte Russland Deutschlands Unterstützung nicht, wenn Österreich-Ungarn keinen Widerstand dagegen leistete oder keinen adäquatenn Bündnispartner darauf verpflichten konnte.
Um efffektiv russische Interessen in Asien unterstützen zu können, fehlten Deutschland die Mittel. Es hatte dort keine militärisch brauchbaren Positionen, und die Flotte war offensichtlich zu schwach um Großbritannie entscheidend unter Druck setzen zu können.

Hätte Wien seine Balkanpolitik an den Nagel gehängt, wäre auch bei einem bündnis mit Frankreich die wahrscheinlichste Auswirkung in Richtung Russland dessen Neutralisierung gewesen.
 
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Hätte Wien seine Balkanpolitik an den Nagel gehängt, wäre auch bei einem bündnis mit Frankreich die wahrscheinlichste Auswirkung in Richtung Russland dessen Neutralisierung gewesen.
Was hätte Wien konkret anders machen sollen? Hätte man z.B. zulassen sollen, dass Serbien und damit indirekt Russland einen Zugang zum Mittelmeer bekommt? Hätte das die Politik Serbiens gegenüber Österreich-Ungarn wirklich substantiell geändert? Hätte Serbien und insbesondere die Schwarze Hand dann das Ziel der Befreiung der Südslawen vom Joch der Doppelmonarchie aufgegeben? Hätte man dann Bosnien-Herzegowina opfern sollen? Eventuell auch noch Kroatien?
 
Was hätte Wien konkret anders machen sollen? Hätte man z.B. zulassen sollen, dass Serbien und damit indirekt Russland einen Zugang zum Mittelmeer bekommt?
Du übersiehst, dass es bei einer Anerkennung russischer Vormacht auf dem Balkan durch Wien überhaupt keinen Anlass für Russland gegeben hätte an der serbischen Politik festzuhalten.
Serbien war für Russland nicht mehr als das Werkzeug seines Vormachtsstrebens, dass dann unnötig geworden wäre.

Warum, wenn die Donaumonarchie Russlands vorrang am Balkan anerkannt hätte und beide in Polen und der Ukraine beim Niederhalten der dortigen Nationalbewegungen weiterhin gut kooperiert hätten, hätte Russland ein Interesse daran haben sollen serbische Großmachtsträume auf Kosten der Donaumonarchie zu unterstützen?

Eigentlich ein abwegiger Gedanke, wie ich meine. Hätte Wien Russlands Vormacht auf dem Russland auf dem Balkan anerkannt, wäre es möglicherweise sogar im russischen Interesse gewesen, die Balkanstaaten möglichst klein zu halten um ihre Abhängigkeit von Russland so stark als möglich zu gestalten.
 
Warum, wenn die Donaumonarchie Russlands vorrang am Balkan anerkannt hätte und beide in Polen und der Ukraine beim Niederhalten der dortigen Nationalbewegungen weiterhin gut kooperiert hätten, hätte Russland ein Interesse daran haben sollen serbische Großmachtsträume auf Kosten der Donaumonarchie zu unterstützen?
Sie mussten die Großmachtträume gar nicht aktiv unterstützen, Serbien verfolgte die auch so. Hätte Russland dann also wirklich Serbien im Regen stehen lassen, sobald es dadurch zu einem Konflikt Serbiens mit Österreich-Ungarn gekommen wäre? Unwahrscheinlich.
 
Sie mussten die Großmachtträume gar nicht aktiv unterstützen, Serbien verfolgte die auch so. Hätte Russland dann also wirklich Serbien im Regen stehen lassen, sobald es dadurch zu einem Konflikt Serbiens mit Österreich-Ungarn gekommen wäre? Unwahrscheinlich.
Serbien allein wäre für Österreich-Ungarn aber nicht gefährlich gewesen.

Hätte Russland dann also wirklich Serbien im Regen stehen lassen, sobald es dadurch zu einem Konflikt Serbiens mit Österreich-Ungarn gekommen wäre? Unwahrscheinlich.
Warum einen mächtigen Partner verprellen, um einen mindermächtigen zu saturieren? Das wäre Schwächung der eigenen Position.
 
Du übersiehst, dass es bei einer Anerkennung russischer Vormacht auf dem Balkan durch Wien überhaupt keinen Anlass für Russland gegeben hätte an der serbischen Politik festzuhalten.
Serbien war für Russland nicht mehr als das Werkzeug seines Vormachtsstrebens, dass dann unnötig geworden wäre.

Warum, wenn die Donaumonarchie Russlands vorrang am Balkan anerkannt hätte und beide in Polen und der Ukraine beim Niederhalten der dortigen Nationalbewegungen weiterhin gut kooperiert hätten, hätte Russland ein Interesse daran haben sollen serbische Großmachtsträume auf Kosten der Donaumonarchie zu unterstützen?

Eigentlich ein abwegiger Gedanke, wie ich meine. Hätte Wien Russlands Vormacht auf dem Russland auf dem Balkan anerkannt, wäre es möglicherweise sogar im russischen Interesse gewesen, die Balkanstaaten möglichst klein zu halten um ihre Abhängigkeit von Russland so stark als möglich zu gestalten.
Ein origineller Gedanke.
 
Serbien allein wäre für Österreich-Ungarn aber nicht gefährlich gewesen.
Serbien wäre in dem Szenario aber nicht allein.

Warum einen mächtigen Partner verprellen, um einen mindermächtigen zu saturieren? Das wäre Schwächung der eigenen Position.
Welchen mächtigen Partner?

Erstens sind Österreich-Ungarn und Russland in Deinem Szenario doch keine Partner, nur weil Österreich-Ungarn Russlands Hegemonie auf dem Balkan anerkennt, oder habe ich Dich missverstanden und Du gehst davon aus, dass beide auch ein Bündnis haben?

Zweitens reden wir über ein Szenario, in dem Österreich-Ungarn sich als Großmacht quasi aufgegeben hat und von praktisch allen Seiten von Feinden oder potentiellen Feinden umgeben ist. Ein Krieg mit Österreich-Ungarn wäre in einem solchen Szenario für Russland überhaupt keine Bedrohung gewesen. Sie hätten keinen Grund gehabt, irgendwie auf die Doppelmonarchie Rücksicht zu nehmen.
 
Erstens sind Österreich-Ungarn und Russland in Deinem Szenario doch keine Partner, nur weil Österreich-Ungarn Russlands Hegemonie auf dem Balkan anerkennt, oder habe ich Dich missverstanden und Du gehst davon aus, dass beide auch ein Bündnis haben?
Man muss kein formelles Bündnis unterhalten auf einer gewissen Ebene Partner zu sein.

Österreich-Ungarn hiel Galizien, Siebenbürgen und die Bukowina, Russland Kongesspolen, den Löwenanteil der Ukraine und Bessarabien.

Folglich hatten beide um ihren eigenen Territorialbestand zu schützen Interesse daran die Polnische, die Ukrainische und die Rumänische Nationalbewegung, die Ansprüche auf Teile des eigenen Territorialbestands anmeldete oder das vielleicht in Zukunft mal tun würde, zu unterdrücken.
Folglich waren sie hierin logische Partner.

So lange die Beziehungen zwischen Österreich-Ungarn und Russland gut waren, konnte Russland damit rechnen, dass im Falle eines polnischen oder ukrainischen Aufstands die Österreicher aus Eigeninteresse bereit sein könnten, bei dessen Niederschlagung mitzuhelfen und damit dass dise jedenfalls diese Rebellen nicht unterstützen würde.

Was hätte demgegenüber Serbien Russland anzubieten gehabt, was Russland bei der Stabilisierung des eigenen Imperiums hätte helfen können? Nichts.

Zweitens reden wir über ein Szenario, in dem Österreich-Ungarn sich als Großmacht quasi aufgegeben hat und von praktisch allen Seiten von Feinden oder potentiellen Feinden umgeben ist.
Warum aufgegeben?
Österreich war eine Großmacht qua des Umstands, seines demographischen Potentials, seines Millionenheeres und des Umstands, dass es wirtschaftlich in Europa noch immer zu den Top 5, weltweit wahrscheinlich noch immer zu den Top 6 oder 7 gehörte.
Nicht qua des Umstands, dass es so etwas wie ein inoffizielles Protektorat über den Zwergstaat Albanien innehatte oder Serbien herumschubste.

Zu den Feinden, wie gesagt:

Das Problem Russland war hausgemacht, das hätte man abstellen können.
Wären Rumänien, Italien und Serbien verblieben, keinen davon hätte man fürchten müssen.

Eine Allianz mit Frankreich hätte einen Gegensatz zu Deutschland erzeugt, was aber erträglich gewesen wäre, wäre Deutschland ohne kontinentalen Verbündeten geblieben, gleichzeitig hätte Allianz mit Frankreich Italien ein Vorgehen gegen Österreich-Ungarn verunmöglicht, im Bezug auf Rumänien hätte man sich Bündnis oder nicht, auf russische Unterstützung verlassen können, wenn die Beziehungen zu St.Petersburg vernünftig gewesen wären, weil auch Russland wegen Bessarabien kein großes Rumänien freiwillig wollen konnte.

Ein Krieg mit Österreich-Ungarn wäre in einem solchen Szenario für Russland überhaupt keine Bedrohung gewesen.
Hätte Frankreich als Partner hinter Wien gestanden, wäre das durchaus ein Problem geworden, die aufaddierten militärischen Potentiale Österreich-Ungarns und Frankreichs hätten Russland oredentlich ins Schwitzen gebracht.
Hätte sich noch Großbritannien hinzugesellt, wäre das eine Neuauflage des Krimkriegs gewesen, nur mit erheblich verschlechterter Ausgangslage für Russland.

Sie hätten keinen Grund gehabt, irgendwie auf die Doppelmonarchie Rücksicht zu nehmen.
Nein, aber auf einen Austro-Französischen Block, eventuell mit britischer Rückendeckung schon.
 
Zuletzt bearbeitet:
So lange die Beziehungen zwischen Österreich-Ungarn und Russland gut waren, konnte Russland damit rechnen, dass im Falle eines polnischen oder ukrainischen Aufstands die Österreicher aus Eigeninteresse bereit sein könnten, bei dessen Niederschlagung mitzuhelfen und damit dass dise jedenfalls diese Rebellen nicht unterstützen würde.
Bei den diversen polnischen Aufständen im 19. Jhdt. (von denen Österreich bezeichnenderweise am wenigsten betroffen war) kooperierten die drei Teilungsmächte allerdings auch wenig bis gar nicht – am wenigsten Österreich. Im Wesentlichen musste jede Teilungsmacht mit ihren Aufständen selbst fertig werden.
Österreich hatte – vom Krakauer Aufstand abgesehen – die wenigsten Probleme mit seinen polnischen Gebieten. Im Rahmen des Königsreichs Galizien und Lodomerien verfügten die österreichischen Polen über eine akzeptable Autonomie.
Eine Allianz mit Frankreich hätte einen Gegensatz zu Deutschland erzeugt, was aber erträglich gewesen wäre,
Du hast in einem früheren Beitrag selbst betont, dass in Frankreich nicht einfach mal so die Teilnahme an einem (fremden) Krieg beschlossen werden konnte, weil es ein gewähltes Parlament, Gewerkschaften etc. gab, die einen Strich durch die Rechnung machen hätten können.

Ähnlich gilt das aber auch für Österreich-Ungarn: In der österreichischen Reichshälfte waren (gefördert durch das lange Zeit bestehende Zensuswahlrecht) in den deutschsprachigen Gebieten jahrzehntelang deutschnationale Politiker und Parteien recht einflussreich, die auch entsprechend stark im Abgeordnetenhaus des Reichsrats vertreten waren. (Ihre Bedeutung ging erst mit der Einführung des allgemeinen Wahlrechts erheblich zurück.) Sie hätten unmöglich eine Allianz mit Frankreich (die sich infolge des deutsch-französischen Gegensatzes notwendigerweise gegen das Deutsche Reich gerichtet hätte) akzeptiert.
 
Österreich hatte – vom Krakauer Aufstand abgesehen – die wenigsten Probleme mit seinen polnischen Gebieten. Im Rahmen des Königsreichs Galizien und Lodomerien verfügten die österreichischen Polen über eine akzeptable Autonomie.
Ist mir durchaus bekannt.

Dennoch konnte Wien natürlich keine erfolgreiche polnische Nationalbewegung in Russland eventuell mit dem Resultat eines polnischen Nationalstaats wünschen, der dann permanent in Richtung Krakau und Galizien geschielt hätte.

Und für gegenseitige Unterstützung bei der Niederschlagung revolutionärer Nationalbewegungen gibt es ja durchaus Beispiele. 1848 hatten ja die Russen Habsburg mit tatkräftiger militärischer Hilfe bei der Niederschlagung der ungarischen Rebellen unterstützt.
Warum hätte das nicht durchaus auch anders herum möglich sein sollen, zumal wenn es sich um polnische, ukrainisch oder rumänische Nationalisten gehandelt hätte, deren Wünsche auch Wien gegen den Strich gehen mussten?

Du hast in einem früheren Beitrag selbst betont, dass in Frankreich nicht einfach mal so die Teilnahme an einem (fremden) Krieg beschlossen werden konnte, weil es ein gewähltes Parlament, Gewerkschaften etc. gab, die einen Strich durch die Rechnung machen hätten können.
Da war von einem Angriffskrieg die Rede, für den es keine, wie auch immer gearten bündnistechnischen Verpflichtungen gab.

Ich denke doch der Unterschied zu einem Krieg der aus Verpflichtungen aus einem Defensivbündnis resultieren würde, ist offensichtlich.
Ähnlich gilt das aber auch für Österreich-Ungarn: In der österreichischen Reichshälfte waren (gefördert durch das lange Zeit bestehende Zensuswahlrecht) in den deutschsprachigen Gebieten jahrzehntelang deutschnationale Politiker und Parteien recht einflussreich, die auch entsprechend stark im Abgeordnetenhaus des Reichsrats vertreten waren. (Ihre Bedeutung ging erst mit der Einführung des allgemeinen Wahlrechts erheblich zurück.) Sie hätten unmöglich eine Allianz mit Frankreich (die sich infolge des deutsch-französischen Gegensatzes notwendigerweise gegen das Deutsche Reich gerichtet hätte) akzeptiert.
Aber das Zensuswahlrecht war seit 1907 passé, jedenfalls in Cisleithanien.
Und dann wäre natürlich auch die Frage, wie man ein Bündnis verkauft hätte. Ein Defensivpakt mit Frankreich mit dem vorrangigen Ziel Deutschland in Schach zu halten wäre in der Tat sicherlich eher unpopulär gewesen.

Allerdings ein Defensivpakt mit Frankreich, mit dem vorrangigen Ziel aus (aus Wiener Sicht) einer Absicherung gegen das immer unzuverlässigere Italien und die zunehmend nationalistischen Tendenzen und Großmachtsträume dort?

Das hätte man sicherlich dergestalt verkaufen können, dass die Konsequenz eines Defensivbündnisses mit Frankreich auch gegen Deutschland eher Nebensache gewesen wäre.
Eine andere Frage wäre ebenfalls ob die Zuammenarbeit mit Deutschland in Österreich-Ungarn noch lange populär geblieben wäre, wenn Berlin tatsächlich verssucht hätte sich auf Kosten von Wiens Balkaninteressen mit Russland zu verständigen oder ob man sich dann nicht doch etwas verraten gefühlt und die Konsequnzen daraus gezogen hätte.
Denn in diesem Fall, wäre es wahrscheinlich selbst den Deutschnationalen schwergefallen das Bewerben eines weiteren Zusammengehens mit Deutschland noch zu rechtfertigen.
 
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Moin

Ich werfe das einfach mal so in den Raum, das KuK Reich scheint mir stabiler gewesen zu sein, als die "Landläufige Lehrmeinung" dies darstellt. Trotz
der vielen "Völker" scheint es relativ wenig Unabhängigkeitsbestrebungen gegeben zu haben, von Böhmen und den rumänischen Bevölkerungsteilen vielleicht einmal abgesehen. Auch die wirtschaftliche Entwicklung scheint in den Jahren vor dem Weltkrieg erheblich an Fahrt aufgenommen zu haben. Zum Militär läßt sich sagen, das der Krieg zum "falschen Zeitpunkt begann", Reformen und Umrüstung waren geplant/gerade begonnen.
 
Das mag ja sein, allerdings hatten sie weder damals noch heute die Befugnis mal eben eigenmächtig über Krieg und Frieden zu entscheiden.

Es waren eben genau jene Diplomaten und Regierungs- und Staatschefs die den Ersten Weltkrieg verbrochen haben.
Frankreich hatte kein Söldnerheer, dass man mal eben in Kabinettskriege hätte schicken können

Und trotzdem war Poincaré willens genau dies zu tun. Und das der angedachte Präventivschlag sicher kein Kabinettskrieg sein würde, das muss ich dir sicher nicht erläutern.

Die Schnapsideallerdings einen russischen Angriffskrieg gegen Österreich zu unterstützen, mit dem man eigentlich kein Problem hatte unter Gefahr damit einen Weltkrieg loszutreten, hätte wohl aum besondere Zustimmung gefunden.

Schnappsidee? Im Prinzip schon.
Aber für Poincaré war Österreich-Ungarn nur ein Anhängsel des Deutschen Reichs. Gewissermaßen der Befehlsempfänger. Dabei wissen wir, das beispielsweise ein Aehrenthal sich von Berlin keine Vorschriften machen ließ.

Und der Nachweis dafür? Gibt es irgendwelche Nachweise dafür, dass Poincaré mal in der Regierung oder im Parlament sondiert hätte, ob an bereit gewesen wäre einen Angriffskrieg am anderen Ende Europas mitzutragen um damit möglicherweise den nächsten Konflit mit Deutschland anzuzetteln, während auf britische Unterstützung dann nicht zu rechnen gewesen wäre?

Habe ich jetzt nicht. Die DDF habe ich für dieses Thema nicht durchgewühlt. Aber alles andere wäre ja einfach krass unlogisch. Nimm mal die Julikrise. Wer hat das den Kurs bestimmt? Richtig, das war Poincaré. Der französische Außenminister war nicht für Krieg. Poincaré brachte ihn auf der France auf Kurs.

Ich mich aber daran, dass sich die Regierung Bethmann-Hollweg 1914 sehr darum bemühte etwaiger Aggitation gegen den Krieg und Streikmaßnahmen seitens der Sozialdemokratie vorzubauen, weil man sich durchaus darüber im Klaren war, dass Krieg zu führen war, wenn ein Viertel bis ein Drittel der Bevölkerung strikt dagegen gewesen wäre und Gefahr bestand, dass ein Generalstreik Fabriken und Bahnen lahmlegen und Teile der Armee sich weigern würden da mit zu machen.
Und wurden diese Maßnahmen umgesetzt? Nein, es war gar nicht notwendig. Und Deutschland war mit solchen Vorkehrungen nicht allein.

Aber Frankreich ist nicht Russland. Poincaré konnte nicht mal eben die sozialistischen Zeitungen und Organisationen verbieten dafür musste er aber mit wesentlich stärkeren Netzwerken in genau diesem Millieu rechnen, die gegen einen Angriffskrieg auf die Barrikaden gehen würden.

In Frankreich war die Pariser Presse ausschlaggebend. Häufig genug reichte ein wohlgefülllter Briefumschlag. Aber die französische Regierung war ganz und gar nicht ohne Einfluss auf die Presse.

Österreich-Ungarn hielt in 1914 aber niemand in Frankreich für den Erzfeind, noch war eine Mobilisierung Österreich-Ungarns, dass überhaupt keine Grenze zu Frankreich hatte, geeignet die französische Bevölkerung in Panik wegen eines evt. bevorstehenden Überfalls zu versetzen.

Frankreich sicher nicht. Aber Russland und Serbien ganz sicher. Und wenn Wien Deutschlands militärische Unterstützung in Anspruch nehmen wollte, dann war der Krieg gegen Frankreich eineNotwendigkeit.
 
Durch einen Verzicht auf eine imperiale Balkanpolitik, als Basis für einen Ausgleich mit Russland und einer Allianz mit Frankreich zwecks gemeinsamer Einhegung Italiens.

Du bist ja lustig. Das wäre die Abdankung als Großmacht gewesen. Der Balkan war der einzige "Spielplatz" der Monarchie. Russland hatte deren viele. Und das wäre ein Zurückweichen vor den Panslawisten gewesen und gleichbedeutend mit einen erheblichen Verlust an Prestige. Deine These ist unrealistisch.

Nur dann, wenn die Donaumonarchie an ihrer Balkanpolitik festgehalten hätte. Hätte sie die geopfert, hätte für Russland keine Notwendigkeit bestanden, sich auf ein Bündnis mit Berlin einzulassen.

Aber das ist doch eben einfach unrealistisch. Österreich-Ungarn hätte seine Hinterhof nie freiwillig geräumt.

Welchen Anlass hätte Russland gehabt sich für die deutsche Sicherheitspolitik einspannen zu lassen, wenn Deutschland keine adäquate Gegenleistung hätte bieten können?

Ds monarchische Prinzip und die gleichen Sicherheitsinteressen wie im 19.Jahrhundert. Das die Abmachung nicht wirklich zukunftsträchtig war, das war in Persien gut zu beobachten.

Hätte Wien seine Balkanpolitik an den Nagel gehängt, wäre auch bei einem bündnis mit Frankreich die wahrscheinlichste Auswirkung in Richtung Russland dessen Neutralisierung gewesen.

Siehe oben.

u übersiehst, dass es bei einer Anerkennung russischer Vormacht auf dem Balkan durch Wien überhaupt keinen Anlass für Russland gegeben hätte an der serbischen Politik festzuhalten.

Das waren immerhin die slawischen Brüder; das allein ist schon hinreichend Anlass.

Warum, wenn die Donaumonarchie Russlands vorrang am Balkan anerkannt hätte und beide in Polen und der Ukraine beim Niederhalten der dortigen Nationalbewegungen weiterhin gut kooperiert hätten, hätte Russland ein Interesse daran haben sollen serbische Großmachtsträume auf Kosten der Donaumonarchie zu unterstützen?

Dein ganzes Gedankengebäude stützt sich auf die unreale These, das Österreich-Ungarn freiwillig als Großmacht abgedankt. Wie das wohl in Rumänien und Italien gewirkt hätte?

Serbien allein wäre für Österreich-Ungarn aber nicht gefährlich gewesen.

Serbien war aber nicht allein und würde auch zukünftig nicht allein gewesen.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Du bist ja lustig.
Das hört man gern;)

Das wäre die Abdankung als Großmacht gewesen. Der Balkan war der einzige "Spielplatz" der Monarchie.
Also ist man nur Großmacht, wenn man einen Spielplatz außerhalb der eigenen Grenzen hat? Dementsprechend - entschuldige die ketzerische Frage - ist Deutschland erst duch den Erwerb von Kolonien Mitte der 1880er Jahre zu einer Großmacht geworden?

Was war es vorher? Eine subalterne Mittelmacht, die in Europa nichts zu melden hatte?
Wäre ja die Konsequenz, wenn man den Status "Großmacht" einzig an "Spielplätzen" außerhalb der eigenen Grenzen festmachen wollte oder?

Und das wäre ein Zurückweichen vor den Panslawisten
Ja, natürlich, die Panslawisten.
Kannst du mir verraten, wer deren wirre Ideen nach dem 2. Balkankrieg, als sich die serbischen und die bulgarischen Slawen gegenseitig aus übelste zerfleischten noch ernst nehmen sollte?
Spätestens der 2. Balkankrieg war der ideologische Bankrott des Panslawismus.

Aber das ist doch eben einfach unrealistisch. Österreich-Ungarn hätte seine Hinterhof nie freiwillig geräumt.
Es wäre nicht der erste Hinterhof gewesen, den Österreich in seiner Geschichte geräumt hätte.

Das waren immerhin die slawischen Brüder; das allein ist schon hinreichend Anlass.
Die Bulgaren waren auch Russlands slawische Brüder.
Hat die Russen nicht davon abgehalten, sie fallen zu lassen, wie eine heiße Kartoffel, als sie von Serbien das einforderten, was vertraglich wegen Mazedonien vereinbart war.

Und bevor jetzt der Einwand kommt, dass sich da Russland zwischen zwei slawischen Parteien hatte entscheiden müssen, sich aber niemals in einer Auseinandersetzung zwischen einer slawischen und einer nichtslawischen zu Gunsten der letzteren entschieden haben würde, Russland hat Bulgarieen bekanntlich nicht nur gegenüber Serbien fallen lassen, was Mazedonien betrifft, sondern ist auch nicht gegen Rumänien vorgegangen, als dieses den slawischen Brüdern in Bulgarien deren Teil der Dorbuja abpresste.
 
Was hätte demgegenüber Serbien Russland anzubieten gehabt, was Russland bei der Stabilisierung des eigenen Imperiums hätte helfen können? Nichts.
Serbien war ein slawischer Bruderstaat, den man nicht im Stich lassen konnte und schon gar nicht wollte, in Deinem Szenario hätte Serbien Russland außerdem Zugang zur Adria und dem Mittelmeer ermöglicht und perspektivisch die Kontrolle über die gesamte östliche Adriaküste bis einschließlich Triest.

Warum aufgegeben?
Österreich war eine Großmacht qua des Umstands, seines demographischen Potentials, seines Millionenheeres und des Umstands, dass es wirtschaftlich in Europa noch immer zu den Top 5, weltweit wahrscheinlich noch immer zu den Top 6 oder 7 gehörte.
Nur konnte Österreich-Ungarn als Vielvölkerstaat sein demographisches Potential nur zu einem Teil ausschöpfen und auch das Militär benötigte man allein schon, um die ganzen Völker unter Kontrolle zu halten.

Zu den Feinden, wie gesagt:

Das Problem Russland war hausgemacht, das hätte man abstellen können.
Wären Rumänien, Italien und Serbien verblieben, keinen davon hätte man fürchten müssen.
Du hast Deutschland in der Liste vergessen.

Und natürlich Russland. Selbst wenn man als Partner vielleicht punktuell zusammen gearbeitet hätte, wäre man doch früher oder später wieder in Gegensatz zueinander geraten. Entweder über Galizien oder über Bosnien-Herzegowina oder über Kroatien.

Eine Allianz mit Frankreich hätte einen Gegensatz zu Deutschland erzeugt, was aber erträglich gewesen wäre, wäre Deutschland ohne kontinentalen Verbündeten geblieben, gleichzeitig hätte Allianz mit Frankreich Italien ein Vorgehen gegen Österreich-Ungarn verunmöglicht, im Bezug auf Rumänien hätte man sich Bündnis oder nicht, auf russische Unterstützung verlassen können, wenn die Beziehungen zu St.Petersburg vernünftig gewesen wären, weil auch Russland wegen Bessarabien kein großes Rumänien freiwillig wollen konnte.
Deutschland wäre wohl nicht von sich aus gegen Österreich-Ungarn militärisch vorgegangen, hätte aber mit Sicherheit die Möglichkeit genutzt in einen Krieg zwischen Österreich-Ungarn und einer anderen Macht einzutreten, um sich aus der ungünstigen strategischen Lage zu befreien.

Hätte Frankreich als Partner hinter Wien gestanden, wäre das durchaus ein Problem geworden, die aufaddierten militärischen Potentiale Österreich-Ungarns und Frankreichs hätten Russland oredentlich ins Schwitzen gebracht.
Hätte sich noch Großbritannien hinzugesellt, wäre das eine Neuauflage des Krimkriegs gewesen, nur mit erheblich verschlechterter Ausgangslage für Russland.
Ich denke, im zwanzigsten Jahrhundert war die Zeit vorbei, wo Frankreich und/oder Großbritannien Russland mit einem Expeditionskorps besiegen konnten

Und es ist sehr unwahrscheinlich, dass Frankreich größere Teile seines Heeres nach Österreich-Ungarn geschickt hätte, um zum Beispiel in Galizien gegen Russland zu kämpfen. Das wäre sicherheitspolitischer Selbstmord gewesen, da sie immer damit rechnen mussten, dass Deutschland in den Krieg eintritt, wenn es nicht ohnehin schon von Anfang an involviert gewesen wäre. Hätte das Gros des französischen Heeres erst mal irgendwo im Osten der Donaumonarchie gestanden, hätten Deutschland diesem leicht den Rückzug und die Versorgungswege abschneiden können

Nein, aber auf einen Austro-Französischen Block, eventuell mit britischer Rückendeckung schon.
Russland hat schon auf den für sie viel gefährlicheren Block der Mittelmächte nur wenig Rücksicht genommen.
 
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