Es war nach meiner Meinung in den Jahren vor dem Kriegsausbruch ein typisches Wettrüsten und Wettdrohen.
Wettrüsten impliziert die Anhäufung militärischen Potentials. Das ist insofern nicht zutreffend, als dass es zu dieser Zeit eigentlich noch keine größeren stehenden Heere gab, die dauerhaft unterhalten wurden und mit denen man einen Rüstungswettlauf im Sinne des ausgehenden 19. oder 20. Jahrhunderts hätte veranstalten können.
Die katholische Kirche sah ihre Felle davonschwimmen und trotz Augsburger Religionsfrieden (1555) wurde durch die Rekatholisierung versucht, verlorenes Gebiet wieder zurückzugewinnen.
Der Augsburger Religionsfrieden hatte mit den Vorgängen in der ersten Phase des 30-Jährigen Krieges und auch mit der Vorgeschichte nur bedingt etwas zu tun.
Der Augsburger Religionsfrieden von 1555 war ein Kompromiss zwischen den katholischen und den lutherischen Reichsständen. Er sicherte keine religiösen Rechte anderer protestantischer Gruppen, wie den Calvinisten, und er Verbot den jeweiligen Landesherren auch nicht das Durchsetzen ihrer Konfession, sondern im Gegenteil er legitimierte sie mit dem Grundsatz "cuius regio eius religio".
Insofern waren die Rekatholisierungsmaßnahmen der Habsburger in den österreichischen Erblanden vor den Bestimmungen des Religionsfriedens völlig legal und von den Lutheranern auch akzeptiert.
Auch die späteren erzwungenen Rekatholisierungen in Böhmen und der Pfalz waren an und für sich kein Bruch des Religionsfriedens, weil Böhmen und die Pfalz zwar im weiteren Sinne protestantisch, aber nicht lutherisch waren und hier protestentische Glaubensrichtungen vorherrschten, über die der Augsburger Religionsfrieden keine Bestimmungen enthalten hatte.
Mit der Rekatholisierung in den Erblanden unternahmen die Habsburger im Kern nichts anderes, als die protestantischen Fürsten, die bei sich in ihren Territorien die Reformation eingeführt hatten und ihre Durschetzung mit Gesetzen und Strafandrohungen flankierten. Auch dass war vom Augsburger Religionsfrieden grundsätzlich gedeckt.
Und dann kommt noch dazu, dass bei den konfessionellen Streitigkeiten die am Ende in den 30-Jährigen Krieg führten mehr die Habsburger und Wittelsbacher eine agressive Politik verfolgten, als die katholische Kirche selbst.
Der Habsburger Kaiser Mathias, der am Beginn des böhmischen Aufstands noch lebte (Ferdinand II. folgte erst 1619 als Kaiser nach) hatte mit dem Kardinal und Wiener Bischof Melchior Khlesl durchaus einen Berater aus dem katholischen Klerus, der so etwa wie die Stellung eines leitenden Ministers einnahm (auch wenn es formal ein solches Amt noch nicht gab), der sich vor Ausbruch des Konflikts eigentlich sehr darum bemühte die Streitigkeiten mit den böhmischen Ständen wegen der Kirchen in Braunau und Klostergrab in irgendeiner Form gütlich zu schlichten.
Das hatte zwar durchaus auch etwas mit der schlechten finanziellen Situation Habsburgs und den Problemen zu tun, die dass für einen Krieg mit sich bringen musste, letztendlich fungierte hier ein hoher Würdenträger der Katholischen Kirche aber als jemand, der den direkten Zusammenstoß mit den Protestanten in Böhmen und die Esklalation nicht wollte und versuchte das aufzuhalten.
Die Protestantische Seite wehrte sich durch die Gründung der Union, die katholische wiederum reagierte mit der Gründung der Liga.
Die Gründung der protestantischen Union war eine Reaktion auf Die Annexion und Rekatholisierung von Donauwörth durch Herzog Maximilian von Bayern. Bei der liefen, insofern sie sowohl Bruch des Religionsfriedens, als auch des Reichsrechts war verschiedene Problemfelder zusammen.
Hier muss aber verstanden werden, dass nicht einseitig von katholischer Seite der Religionsfrieden gebrochen wurde, sondern dem war ein Bruch des Religionsfriedens von Seiten der protestantischen Einwohner Donauwörths, die katholische Prozessionen gestört hatten vorrausgagangen.
Insofern kann man das nicht einfach als anlasslose katholische Expansionspolitik betrachten.
Wenn man sich die Zusammensetzung von "Liga" und "Union" anschaut, fällt es da auch etwas schwer explizit von konfessionellen "Seiten" zu reden.
Bei der protestantischen Union waren wichtige evangelische Fürsten als Norddeutschland überhaupt nicht dabei. Aus Mittel- und Norddeutschland gehörten der Union mit der Landgrafschaft Hessen (Hessen-Kassel) und Kurbrandenburg nur 2 größere Territorien an und das waren beides Territorien, deren Fürsten kürzlich zum Calvinismus übergetreten waren und die damit selbst den Schutz, den der Augsburger Religionsfrieden ihnen als Lutheranern gewährt hatte verlassen hatten.
Deren religiöses Interesse dürfte weniger Protest gegen die Rekatholisierung des (teilweise) lutherischen Donauwörth gewesen sein, als viel mehr die Anerkennung des Calvinismus als gleichberechtigter Konfession zu erreichen um nicht mehr vom Schutz des Religionsfriedens ausgeschlossen zu sein.
Daneben dürfte es für den Anschluss an die Union aber auch dynastische Interessen gegeben haben, weil beide sich in Territorialstreitigkeiten befanden und Verbündete dafür suchten. Der Landgraf von Hessen-Kassel stritt sich mit dem Darmstädter verwandten um Territorien um Marburg herum, und der Markgraf Johann Sigismund von Brandenburg erhob anspruch auf die Nachfolge in den "Vereinigten Herzogtümern" (Jülich-klevischer Erbfolgestreit) und war vorwiegend aus taktischen Gründen zum Calvinismus konvertiert (um sich die Unterstützung der Niederlande für seine Erbansprüche zu sichern). Brandenburg schloss sich der Union erst 1610, also 2 Jahre nach ihrer Gründung an und dass dürfte einfach auch etwas damit zu tun gehabt haben das eigene Netzwerk an Verbündeten, die bei der Durchsetzung der eigenen Erbansprüche hilfreich sein konnten, zu erweitern. Hier dürfte vor allem eine Annäherung an die Kurpfalz von Interesse gewesen sein, weil Johann Sigismunds schärfster Widersacher im Streit um das jülich-klevische Erbe Wolfgang Wilhelm von Pfalz-Neuburg aus einer Nebenlinie der Pfälzer Wittelsbacher stammte. Somit könnte da auch die Kalkulation dahinter gestanden haben, über die wittelsbachischen Familiennetzwerke der pfälzischen Wittelsbacher Wolfgang Wilhelm zum Rückzug seiner Ansprüche auf das jülisch-klevische Erbe zu bewegen bzw. Druck in dessen eigener Verwandtschaft in diese Richtung aufzubauen.
Daneben gab es für den Brandenburger sicherlich auch noch den Anlass, angesichts der Expansionspolitik Bayerns, nachdem dieses Donauwörth annektiert hatte in die Schranken zu weisen, weil Donauwörth eine reichsunmittelbare Stadt war und somit die Reichsverfassung tangiert war.
Das war für Brandenburg deswegen interessant, weil es damals noch die fränkische Nebenlinie der Hohenzollern gab, die in Ansbach und Kulmbach herrschte, was im Einflussbereich des Herzogtums Bayern lag.
Entsprechend war hier möglicherweise das Bedürfnis gegeben die eigenen Verwandten zu schützen.
Ansonsten interessierte sich in Noddeutschland eigentlich kein größerer Fürst für die protestantische Union. Der einzige größere lutherische Fürst, der dort Mitglied war, und gegen dessen Konfession der Bayer tatsächlich mit Billigung Habsburgs vorgegangen war war der Herzog von Würtemberg.
Und da stellt sich die Frage, war es so sehr wegen der Rekatholisierung von Donauwörth oder wegen der territorialen Expansion Bayerns und der Missachtung der Rechte des schwäbischen Reichskreises und der Autorität des Würtemberger Herzogs als Kreisobrist des schwäbischen Kreises?
Insofern sich die lutherischen Fürsten Norddeutschlands von der Union fernhielten scheinen die meisten lutheranischen Fürsten in Sachen Donauwörth eher die Auffassung vertreten zu haben, die Donauwörther seien da am Ende durch die Missachtung des Religionsfriedens selbst schuld gewesen. Denn wenn sie darin einen Generalangriff auf protestantische Glaubensrichtungen gesehen hätten, hätten sie sich der Union angeschlossen.
Bei der Katholischen Liga ähnliches.
Die Katholische Liga war ein Bündnis des Bayerischen Herzogs mit den katholischen Fürstbischöfen um Bayern herum und im Rheinland. Die Habsburger gehörten nicht dazu und andere weltliche katholische Landesherren, im Besonderen in der Mitte und im Norden des Reiches, wo die Protestanten ein Übergewicht hatten und katholische Fürsten vielleicht Anlässe gehabt haben könnten, sich bedroht zu sehen, waren da auch nicht vertreten.
Das es mitunter die Lesart gibt, die katholische Liga sei mehr als instrument wittelsbacher Hausmachtspolitik (und damit potentiell auch gegen Habsburg ausgerichtet), als als antiprotestantischer Block (denn dann hätte es keinen Grund gegeben Habsburg und anderer katholische Fürsten außen vor zu halten) zu sehen, hatte ich schonmal angeführt.