Dass ein Jude Ministerpräsident eines deutschen Staates wurde, war ein Novum und für einen konservativen Kirchenfürsten unvorstellbar. In seiner Silvesterpredigt 1918 gab Faulhaber schon die Richtung für seine späteren Angriffe gegen Eisner vor, als er die neuen Machthaber als „Regierung von Jehovas Zorn“ bezeichnete.
Das scheint in der Interpretation nicht ganz unumstritten zu sein:
www.historisches-lexikon-bayerns.de
In einem am 2. Februar 1919 zu verlesenden Hirtenbrief sprach Faulhaber von einer „christusfeindlichen Staatsregierung“, was natürlich eine besondere Pointe enthält, wenn diese von einem jüdischen Ministerpräsidenten angeführt wird.
Meinte er mit "christusfeindlich" Religionszugehörigkeit oder Abstamung Eisners, oder vielmehr den Umstand das die damalige Bayerische Regierung eine mehr oder minder ausschließlich aus Sozialdemokraten und Sozialisten bestehende Regierung war, deren Einstellung zur Rolle der Religion in verschiedenen Lebennsbereichen (z.B. auch im Schul- und Unterrichtswesen) einen klaren Bruch gegenüber der Einstellung bisheriger Regierungen darstellte und deren Einstellung zum Privateigentum und anderen Dingen sie in Gegensatz zu den katholischen Auffassungen brachte?
Eine öffentliche Verurteilung des Mordes oder gar eine Ehrung des ermordeten Ministerpräsidenten, wie sie Kirchenfürsten in der Regel für verstorbene hohe politische Würdenträger vorsahen, kam für Faulhaber ebenso wenig infrage wie Trauerbeflaggung und Kirchengeläut.
Zugegeben kein besonders schöner Zug, aber mehr erstmal auch nicht.
Auf Gustav Landauers Trauerrede, in der dieser Kurt Eisner mit Jesus und dem als Ketzer verbrannten Jan Hus verglichen hatte, reagierte Faulhaber mit Entrüstung, denn schließlich war der Jude Landauer ebenso wie Eisner ein „Teil von jener Kraft, die Jesus gekreuzigt hat, nicht aber von Jesus selber“.
Hat Faulhaber das so gesagt (und wo wäre das belegt) oder hat Brenner das ohne weiteren Beleg in dieser Form geschlussfolgert?
Denn das ein katholischer Bischof es sich aus seiner Glaubensauffassung heraus verbittet sozialistische Politiker und Jan Hus mit Jesus in einen Topf zu werfen, halte ich erstmal für nicht weiter ungewöhnlich. Den Vergleich dürften im Übrigen auch diverse Sozialdemokraten, die es mit der Religion nicht so hatten für eher geschmacklos gehalten haben.
Während Faulhaber Eisner zeitlebens aus dem Weg ging, so empfing er einige Jahre später seinen Mörder, Graf Arco.
Und ist auch bekannt zu welchem Zweck?
Denn für den Fall, das Arco sich irgendwann aus Gewissensbissen heraus in der Rolle eines räuigen Sünders auf der Suche nach Vergebung an Faulhaber gewandt haben sollte, würde letzterem die katholische Lehre wahrscheinlich verboten haben Arco ein Treffen und die Möglichkeit seine Sünden zu bekennen und um Vergebung zu bitten, glatt zu verweigern.
Deswegen reicht der bloße Umstand, dass er Arco empfangen hat eher nicht aus, um ihm einen Vorwurf daraus zu drehen, sondern es käme auf den Kontext an, ob er in diesem Fall etwaige persönliche Sypathien für Arco ausdrückte, oder ob er ihn empfing, weil seine Amtspflichten als katholischer Priester es verlangten.
Das mit verweigertem Glockengeläut zum Tod von Ministerpräsidenten Kurt Eisner ist interessant, denn zu Hitlers Geburtstag, zum Münchner Abkommen oder auch zur Einnahme Warschaus ließ Faulhaber die Glocken läuten.
Wäre die Frage, was dann im Einzelnen die Motivation dahinter war. Wurde zu Hitlers Geburtstag geläutet, weil Faulhaber so ein riesen Hitler-Fan war oder einfach um den NS-Behörden keinen Grund zu geben (durch abweichendes Verhalten in einer minderbedeuteden Angelegenheit) die katholische Kirche ins Visier zu nehmen?
Zum Münchner Abkommen konnte man sicherlich durchaus guten Gewissens läuten lassen, immerhin konnte man wenn man Hitlers interne Absichten nicht kannte, die Vorstellung haben, dass hier ein Krieg verhindert und der Frieden gesichert worden sei. Und das Vermeiden eines Krieges, ist aus christlicher Sicht natürlich kaum etwas schlechtes.
Auch bei der Einnahme Warschaus wäre die Frage, was war die Intention? War das Zustimmung zur Eroberungspolitik, der schlichte Wunsch zu vermeiden als politischer Dissident darzustehen (was im Kriegszustand selbst wenn das kein diktatorisches Regime gewesen wäre gewisse Risiken mit sich gebracht hätte) oder ein Begrüßen des Endes der Kämpfe und des Krieges im Osten (so konnte es ja zunächst erscheinen) oder in der Hoffnung, dass es nach dem Ende der Kämpfe im Osten und nachdem im Westen nicht viel passiert war, möglicherweise in näherer Zukunft sogar einen allgemeinen Frieden geben könnte?
Da ist mir offen gesagt einiges zu unsicher, bzw. so einseitig interpretiert, dass ich das ohne nähere Belege so nicht als gegeben hinnehen würde.
Ob man Straßen nach irgendwelchen katholischen Bischöfen und Kardinälen benennen muss, ist wiederum eine andere Frage, offen gesagt, sehe ich in dem, was hier vorgetragen wurde, ohne weitere Belege für diese Auffaussunge eher keinen Grund, warum man etwas unbedingt umbenennen müsste.
PS: ganz übersehen:
Andererseits kann auch Schweigen laut sprechen: Die katholische Obrigkeit schwieg beharrlich zum Judenboykott, zu den Nürnberger Gesetzen, zum Judenpogrom 1938, zur Deportation der Juden, Sinti und Roma.
Bei allem Respekt, wenn wir bereits das Vermeiden der Stellungnahme zu Verbrechen, selbst zum Verbrechen erklären, da hätten wir viel zu tun.
Zumal sich bei diesen Themen und während des Regimes das Verhalten im Punkto Stellungnahmen des Großteils der katholischen Obrigkeit nicht im negativen Sinne von dem Verhalten anderer gesellschaftlicher Gruppen unterschied.
Deswegen erscheint es mir etwas unausgewogenn sich aus der Masse derer die es vermieden öffentlich gegen diese Verbrechen Stellung zu beziehen, eine bestimmte Gruppe herauszupicken und diese deswegen für besonders schuldig oder besonders verachtenswert erklären zu wollen.
Wenn wir jeden, der nicht im aktiven Widerstand gegen das NS-Regime war für unwürdig im Bezug auf öffentliche Ehrungen erklären würden, dann kämen wir aus dem Abreißen und Umbenennen von Denkmälern nicht heraus.