Warum wurde in der BRD so lange privates Fernsehen bekämpft bzw verboten.

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nicht aus den Anfängen des deutschen Privatfernsehens.

Da aber vehement auf tagespolitischer emotionsgeladener Diskussion beharrt wird, rege ich an, den ebenfalls in diesem Faden völlig themafremden Festungsbau zu besprechen: dieser hat zumindest den einen Vorteil, nicht mit den Forumsregeln des GF zu kollidieren.
Du hast ja recht! Versuchen wir zum Thema zurückzufinden! Was war das doch gleich? Was haltet ihr von Dokutainment? Upps, falscher Thread! Das Thema war ja privates Fernsehen?

Ich muss gestehen, als RTL und Sat 1, Pro Sieben in den 1990ern anfingen, zu senden, hatte das schon etwas Erfrischendes. Da gab es dann auf einmal "Catchup" amerikanisches Wrestling aus den USA, kommentiert von Leuten, die etwas davon verstanden, die die Sache aber trotzdem nicht gar zu ernst nahmen. Da gab es ein bisschen Softporno-Erotik und man war noch nicht so reizüberflutet, und wenn man vorm Fernseher einpennte, wurde man angenehm um fünf Uhr morgens von alten Serien aus der Kindheit geweckt.

Bei RTL gab es eine coole Sendung im Vorabendprogramm: "Pronto Salvatore" Salvatore war sozusagen die Karikatur eines italienischen Hütchenspielers. Salvatore spielte mit Karten, mit Hütchen, Walnüssen, und man musste erraten, wo die Dame liegt, Rot, Gelb oder Blau, Russo, Sallo oder Blue". Bis zu 200, damals noch DM ließ Salvatore auch den Spieler gewinnen, gab sogar mal Tipps: "Bist du sicher?"

Salvatore war auch fair, führte die Spieler nicht aufs Glatteis. Bis zu 100-150 DM konnte man Salvatores Fingern noch folgen, wurde aber ein Spieler zu gierig, steigerte Salvatore die Geschwindigkeit, und dann war es purer Zufall, wenn man dann noch sicher sagen konnte, wo die Dame oder die Erbse lag. Wenn dann Salvatores Pauseneinlage beendet war, ertönte immer eine Polizeisirene, und Salvatores Auftritt war beendet.

Ja, das waren noch Zeiten, als das private Fernsehen noch Ideen und unverbrauchte Köpfe hatte, denen zuzuhören wirklich noch Spaß macht.

Ich habe mir kürzlich eine Uralt-Ausgabe der Sendung "Talk im Turm" angesehen. Die erste Sendung da ging u. a. es um die Legalisierung von Cannabis und Zulassung von Dia-Morphin (Heroin) u. a. mit der jungen Angela Merkel und Nina Hagen. Die andere mit Helmut Berger, der sich vor der Sendung gehörig die Kehle befeuchtet haben musste- beides großes Kino!
 
Ich habe jetzt aber mal eine Frage zum Threadtitel:

Wurde denn privates Fernsehen "bekämpft" bzw. verboten? Ist der Titel in seiner Aussage nicht eventuell irreführend? Hier im Thread wurden ja schon die technischen Probleme in dieser Hinsicht (z.B. zu wenig freie Kanäle) angesprochen.
 
Was haben wir in den 70ern bloß mit unserer Zeit angefangen? Das Fernsehprogramm startete erst um 16 Uhr und hörte gegen Mitternacht auf (nicht, dass ich damals solange aufbleiben durfte). Die Nationalhymne zum Programmschluss gab erst seit Kohl.

Was ich lange nicht kapiert hatte, warum es samstags eine Programmvorschau auf beiden Kanälen gab, wozu gab es die Hörzu und TV Hören und Sehen und die Tageszeitung. Dass das für die "Brüder und Schwestern" in der DDR die einzige Informationsquelle war, hab ich erst begriffen, als mir das mein Onkel auf Westbesuch erzählte.
 
Ich habe jetzt aber mal eine Frage zum Threadtitel:

Wurde denn privates Fernsehen "bekämpft" bzw. verboten? Ist der Titel in seiner Aussage nicht eventuell irreführend? Hier im Thread wurden ja schon die technischen Probleme in dieser Hinsicht (z.B. zu wenig freie Kanäle) angesprochen.

Nein, wurde es nicht! Aber der Thread-Eröffner hat sich das so vorgestellt.
 
Bei RTL gab es eine coole Sendung im Vorabendprogramm: "Pronto Salvatore"

Ich habe gerade recherchiert, dass Salvatore Franco Campana nicht mehr unter den Lebenden weilt. Er starb bereits 2017. Franco Campana kam anscheinend durch einen Zufall zum Fernsehen. Bei einem zufälligen Kontakt mit RTL-Unterhaltungschef Josef Filser staunte dieser über Campanas Begabung für das Hütchenspiel.

Ursprünglich war "Pronto Salvatore" ein reiner Pausenfüller, der geschaltet wurde, wenn genug Spots für die Werbeblöcke akquiriert werden konnten.

Der Darsteller Franco Campana hatte aber hohen Wiedererkennungswert und gewann schnell einen gewissen Kultstatus. Camapana war einer der Ersten, der bei RTL die Millionengrenze bei den Zuschauern knackte.

Bald wurde Salvatore dann auch bei Harald Schmidt oder Margarethe Schreinemaker eingeladen.
 
Nein, wurde es nicht! Aber der Thread-Eröffner hat sich das so vorgestellt.
Meiner Meinung nach müßte dann aber der Titel geändert werden, Ki sucht Infos zu dem Thema, Menschen suchen Infos dazu, dieser Titel aber impliziert genau das dann als Tatsache, wer den den Thread nicht komplett ließt, nur den Titel muß ja zu dieser unrichtigen Auffassung kommen!?
 
Was ich lange nicht kapiert hatte, warum es samstags eine Programmvorschau auf beiden Kanälen gab, wozu gab es die Hörzu und TV Hören und Sehen und die Tageszeitung. Dass das für die "Brüder und Schwestern" in der DDR die einzige Informationsquelle war, hab ich erst begriffen, als mir das mein Onkel auf Westbesuch erzählte.
Ja, mein Großvater hat jede Woche das gesamte Programm von ARD & ZDF per Schreibmaschine mitgeschrieben.
 
Ich stecke wahrlich nicht drin in den Zusammenhängen, und just ohne jegliche Recherche: aus meiner Pubertierzeit der frühen 80er erinnere ich durchaus kontroverse Ansichten hinsichtlich des Ausbaus von Kabelnetz und satellitengestützter Übermittlung nebst der damit einhergehenden Frage von Privatfernsehen ja/nein.
Korrigiert mich, wenn ich mit dieser erinnernden Grobeinschätzung auf politischer Ebene falsch liege: die sozialliberale Koalition unter Helmut Schmidt als in Teilen zumindest zögerlich zu verorten, während im Oppositionslager unter dem anderen Helmut die eher befürwortenden Stimmen angesiedelt waren. Auf jeden Fall war pro/contra auch in meinem Sozialkunde-Unterricht präsent.
Als ein Befürworter geistert mir der nach dem Regierungswechsel Postminister gewordene Schwarz-Schilling durch den Kopf.
 
Meiner Meinung nach müßte dann aber der Titel geändert werden, Ki sucht Infos zu dem Thema, Menschen suchen Infos dazu, dieser Titel aber impliziert genau das dann als Tatsache, wer den den Thread nicht komplett ließt, nur den Titel muß ja zu dieser unrichtigen Auffassung kommen!?

Genau das wurde im Forum auch schon einige Male moniert, moniert auch, dass in Eingangsfragen häufig haltlose Tatsachenbehauptungen enthalten waren.
 
Genau das wurde im Forum auch schon einige Male moniert, moniert auch, dass in Eingangsfragen häufig haltlose Tatsachenbehauptungen enthalten waren.
Ich kenne genau diese Masche aus dem "Gute Frage" Forum, da bin ich nach 6 Wochen wieder raus!!!!

Dort ist das von einer bestimmten politischen Klientel beabsichtigt. Das möchte ich hier keinesfalls unterstellen!
 
Zuletzt bearbeitet:
two points:
1.
Deutschland war nicht das letzte Land, das auf den Privatfernseh-Zug aufsprang. Z.B waren Italien und Österreich später dran. Obwohl ich beim schnellen Surfen nicht für alle Länder valide Daten gefunden habe, halte ich die lange andauernde Monopol- (oder zumindest Vormachtstellung) öffentlichen Fernsehens für eine zumindest mitteleuropäische, wenn nicht vielleicht sogar kontinentaleuropäische Tradition.
2.
Die Gründe hierfür werden wahrscheinlich vielfältig sein. Technische Einschränkungen (Sendernetz und Frequenzen), ev. mangelnde ökonomische/finanzielle Möglichkeiten der Akteure sowie Schwierigkeiten ein adäquates Geschäftsmodell zu finden/etablieren kann ich mir als mögliche Engstellen vorstellen. Persönlich kann ich mich auch nicht erinnern, dass Privatfernsehen vor Mitte/Ende der 70er - da hatte dann auch schon jedeR einen Fernseher - ein irgendwie erörtertes Politikum war. Möglicherweise war das Interesse daran also auch abhängig von der Anzahl potentiell erreichbarer Personen. Zudem boten die zu dieser Zeit ins Kraut schießenden Kabelgesellschaften auch eine neue Verbreitungsart.
 
Deutschland war nicht das letzte Land, das auf den Privatfernseh-Zug aufsprang. Z.B waren Italien und Österreich später dran. Obwohl ich beim schnellen Surfen nicht für alle Länder valide Daten gefunden habe, halte ich die lange andauernde Monopol- (oder zumindest Vormachtstellung) öffentlichen Fernsehens für eine zumindest mitteleuropäische, wenn nicht vielleicht sogar kontinentaleuropäische Tradition.
In Österreich definitiv. Bei uns gab es bis weit in die 90er hinein massiven politischen Widerstand gegen Privatfernsehen (zugunsten einer Beibehaltung des Monopols des öffentlich-rechtlichen ORF) und auch Privatradio. (Für die Beibehaltung des Monopols waren vor allem die Sozialdemokraten, zumal dem ORF schon damals eine gewisse Nähe zu ihnen nachgesagt wurde.) Es bedurfte einer Entscheidung des EGMR (Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte des Europarats - nicht zu verwechseln mit dem EuGH der EU), um das Rundfunkmonopol zu brechen. Erst in den späten 90ern konnte es dann mit Privatradio und Privatfernsehen losgehen; den ersten terrestrisch empfangbaren Privatsender gab es überhaupt erst im neuen Jahrtausend.

Nebenbei: Kritiker des Rundfunkmonopols bezeichneten Österreich in den 90ern gerne als "Medienalbanien". In Wahrheit war Albanien in diesem Bereich aber viel fortschrittlicher.
 
Ich muss gestehen, als RTL und Sat 1, Pro Sieben in den 1990ern anfingen, zu senden, hatte das schon etwas Erfrischendes.
In Österreich war es ähnlich. Der erste echte Privatsender „Wien 1“ startete 1997, anfangs allerdings nur über Kabel und nur in Wien zu empfangen. Sein Programm wirkte zu Beginn noch recht improvisiert und amateurhaft, es wurde allerdings auch einiges ausprobiert, was dem Sender vor allem in Studentenkreisen anfangs einen gewissen Kultstatus bescherte. Als einzige internationale Produktion wurde im Hauptabendprogramm die mäßig erfolgreiche US-Serie „Pretender“ ausgestrahlt (für mehr reichte das Geld wohl nicht).

Nach einigen Jahren wurde der Sender dann professioneller, unter dem neuen Namen „ATV“ österreichweit ausgebaut und schließlich auch terrestrisch empfangbar. In den ersten Jahren gab es weiterhin interessante Formate (z.B. eine wöchentlich ausgestrahlte gut gemachte Nachrichtensendung-Persiflage), mittlerweile beschränkt sich sein Programm aber leider weitgehend auf das Abspielen eingekaufter Spielfilme und Fernsehserien sowie eigenproduzierter „Doku-Soaps“ und „Scripted Realities“ – also wie in vielen deutschen Privatsendern.
 
In Österreich war es ähnlich. Der erste echte Privatsender „Wien 1“ startete 1997, anfangs allerdings nur über Kabel und nur in Wien zu empfangen. Sein Programm wirkte zu Beginn noch recht improvisiert und amateurhaft, es wurde allerdings auch einiges ausprobiert, was dem Sender vor allem in Studentenkreisen anfangs einen gewissen Kultstatus bescherte. Als einzige internationale Produktion wurde im Hauptabendprogramm die mäßig erfolgreiche US-Serie „Pretender“ ausgestrahlt (für mehr reichte das Geld wohl nicht).

Nach einigen Jahren wurde der Sender dann professioneller, unter dem neuen Namen „ATV“ österreichweit ausgebaut und schließlich auch terrestrisch empfangbar. In den ersten Jahren gab es weiterhin interessante Formate (z.B. eine wöchentlich ausgestrahlte gut gemachte Nachrichtensendung-Persiflage), mittlerweile beschränkt sich sein Programm aber leider weitgehend auf das Abspielen eingekaufter Spielfilme und Fernsehserien sowie eigenproduzierter „Doku-Soaps“ und „Scripted Realities“ – also wie in vielen deutschen Privatsendern.

Eigentlich wirklich traurig wie sich Sender wie RTL oder Sat 1 entwickelt haben. Als die Ende der 1980er anfingen zu senden, gab es doch einiges, das sehenswert war, dass innovativ, kreativ auch frech war. Es gab Moderatoren, die unverbraucht und experimentierfreudig waren.
 
Na Framing an sich nicht, eher der Umstand, dass das Framing nicht im Interesse des eigenen Weltbildes verläuft. Denn die Gruppierungen, die ja regelmäßig diese Schiene fahren, haben ja überhaupt kein Problem damit selbst zu versuchen Diskurse in ihrem Sinne zu framen.

Und ein guter Teil derer, die sich heute über "Ausschließeritis" beschweren und darüber dass ihre Meinung angeblich nirgendwo mehr stattfinden darf, die waren doch vor 15 Jahren selbst noch die größten Fans und Beführworter von "Ausschließeritis", so lange sich das gegen andere Gruppierungen richtete.
Z.B. die Leute, die sich heute in oder um die AfD tummeln und sich darüber beschweren, dass angeblich niemand mit ihren reden möchte, sind doch dieselben, die vor 15 Jahren die ersten waren, die einem erzählten, dass man aber mit diesen SED-Nachfolgern von ganz links auf keinen Fall reden dürfte und die selbiges immernoch erzählen.


Das mag allerdings insgesamt an einer Fragmentiegierung von politischen Gruppierungen liegen, die es in dieser Form vor 10-15 Jahren auch noch nicht in dieser Form gab.
In meinen Augen eine ungesunde Folge davon, dass durch vernachlässigung anderer Themenfelder in den vergangenen 1-2 Dekaden, kulturelle Themen politisch extrem aufgewertet wurden und damit natürlich auch die Auseinandersetzung darum.
Kürzlich bin ich auf eine "Reportage" von Y-Kollektiv gestoßen. Die sind bereits in der Vergangenheit mit schrägen Beiträgen aufgefallen, u. a. ein Beitrag von Caroline von der Groeben über Alkohol und ihre Herausforderung 30 Tage abstinent zu bleiben. Ich würde Caroline von der Groeben nicht für eine Alkoholikerin halten wie es einige Kritiker getan haben. Von einem problematischen Konsum und einer psychischen Abhängigkeit kann man aber durchaus schon sprechen. Niemals würde man bei anderen Drogen so positiv und distanzlos berichten nicht über Heroin oder Kokain, auch nicht über Cannabis oder Zauberpilze.

Auch in einem Bericht über Salafismus ließ Y-Kollektiv die nötige kritische Distanz vermissen, gab Salafisten ein Podium.

In einem anderen Beitrag von Y-Kollektiv wurde die Youtuberin Michelle Gollan (eingollan) ziemlich stark als rechtsextem, ja als Neo-Nazi geframt. Diese You Tuberin ist sicher politisch eher im konservativen Spektrum einzuordnen, meinetwegen auch rechts. Man muss sie nicht lieben, und auch sie selbst bedient sich zuweilen des Framing, ist sicher auch polemisch.

Sie oder auch andere Youtuber als rechtsradikal, als Neonazi zu framen, wenn deren Content nichts enthält, was sich wirklich als rechtsradikal interpretieren lässt, halte ich tatsächlich für sehr problematisch.

Vor einigen Tagen lief eine Sendung der ARD "Klar" darin ging es um Migration, um die Frage ob die BR die Kontrolle verloren hat. Ich habe diese Sendung gesehen, fand sie ausgesprochen ausgewogen, tatsächlich war das eine der besten Sendungen, die die Öffentlich-Rechtlichen überhaupt seit langem zum Thema gesendet haben.

Ausgerechnet diese Sendung wurde aber von Jan Böhmermann und einigen NGOs in der Luft zerrissen, wurde als "migrantenfeindlich", "populistisch", "rassistisch" bezeichnet.

Wenn selbst so ein Format so vehement angegangen wird, eine Sendung, die sachlich nicht zu beanstanden war, dann halte ich das schon für bedenklich. Bedenklich auch die Neigung, summarisch jede Form von Kritik, jede Position, die der eigenen widerspricht, als xy-feindlich zu framen und sich damit auch gründlich gegen jede Kritik und Kontroverse zu immunisieren. Wenn etwas "populistisch", "rechtsradikal", "rassistisch", "queer-, trans-, frauenfeindlich" diskreditiert, dann muss man sich auch nicht damit auseinandersetzen.

Wenn alles, aber auch alles inflationär als "rassistisch" und "Nazi" etikettiert wird, banalisiert man die tatsächlichen Nazis und Neo-Nazis und banalisiert man wirklichen Rassismus, über den man dringend sprechen müsste. Sich permanent an Banalitäten und läppischem Kram abzuarbeiten, Dinge zu skandalisieren, die nicht skandalös sind, führt zu Unmut.

Ja, ich halte auch das sich Beklagen über Framing in vielen Fällen für unglaubwürdig und inkonsequent, und man beschwert sich ja auch nur über Framing der Gegenseite, während man oft selbst munter framt. Völlig aus der Luft gegriffen sind aber die Vorwürfe über Framing, über tendenziöse Berichterstattung nicht, und von den Öffentlich-Rechtlichen, so finde ich, sollte man erwarten, dass sie den Kulturkampf und die Spaltung der Gesellschaft nicht noch immer weiter anheizen und die Spaltung fördern. Wenn dann auch dubiose Vereine gefördert und mit Steuergeld überschüttet werden, kann man sich auf fragen, ob die Demokratie wirklich nur darauf gewartet hat, von der Antonio Amadeu Stiftung oder den Omas gegen Rechts verteidigt zu werden. Ob sie da nicht der eine oder die andere sehr ungefragt aufdrängt und ob eher peinliche Auftritte nicht das Ganze eher konterkarieren.
 
Wir haben damals in meiner Jugendzeit ab und an bei Bier und Schnaps das Testbild angeschaut, just for fun.:)

Wir auch! Aber nicht bloß "just for fun". Wenn man zu viel Schnaps intus hatte, und das Testbild in den Blick nahm, drehte sich das Zimmer nicht mehr so stark! Man blieb stehen wie ein Seemann, der umzingelt von Irrlichtern, St. Elmsfeuern und Klabautermännern sich einen fernen Punkt am Horizont sucht, um der Seekrankheit zu trotzen.


Das sich einen fernen Punkt am Horizont suchen und ihn im Auge behalten, hilft tatsächlich ungemein, sich bei Seereisen an den stärkeren Seegang zu gewöhnen.

Wie auch immer, vielleicht war es Autosuggestion, vielleicht Placebo-Effekt- Das Testbild half jedenfalls ungemein!
 
Wenn alles, aber auch alles inflationär als "rassistisch" und "Nazi" etikettiert wird, banalisiert man die tatsächlichen Nazis und Neo-Nazis und banalisiert man wirklichen Rassismus, über den man dringend sprechen müsste. Sich permanent an Banalitäten und läppischem Kram abzuarbeiten, Dinge zu skandalisieren, die nicht skandalös sind, führt zu Unmut.
Da greift aber einfach ein anderes Problem, dass weit über Funk und Fernsehen hinausgeht und das liegt in einer, undurchdachten öffentlichen Erinnerungskultur und einem ungeschickten Umgang auch im Schulwesen mit der NS-Thematik.

Zum einen der Umstand, dass beim Thema NS meines Erachtens zu viel in Schemen gearbeitet und zu wenig erklärt wird.

Wenn dem Schüler eingepaukt wird: "Erkennungsmerkmale des Nationalsozialismus waren unter anderem, Antisemitismus, konservative Geschlechterrollen, etc. etc.", ist das inhaltlich zwar richtig, aber wenn man es bei derartigen Formeln belässt ohne das im Einzelnen näher zu erklären und damit eben nur dieses Schema implementiert, hat das Nebenwirkungen.
Wenn man das tut, nimmt man natürlich aber auch in Kauf, dass ohne näheres ausdifferenzieren, in den Kategorien solcher Schematas gedacht wird und Umkehrschlüsse à la "das ist ja wie bei den Nazis" provoziert werden.

Wenn sich das auf ein Schematisches Lernen und Denken ohne ausdifferenzierung beschränkt, darf man sich nicht wundern, wenn eine Person, die gelernt hat, dass etwa ein konservatives Frauenbild ein typisches Merkmal der extremen Rechten war und ist, im Umkehrschluss dann Personen oder Gruppen die solche Vorstellungen vertreten, als extrem rechts verortet.

Zumal ohnehin fraglich ist, wie gut solche Schemata in the long run überhaupt tragen, weil sich Dinge natürlich auch ändern.
Man versuche z.B. mal mit den in der Schule gelernten, aus der Totalitarismustheorie abgeleteten Annahmen, über Rechtsextremismus heutige politische Phänomene, wie etwa die Trump-Bewegung in den USA zu fassen.
Das haut nicht hin, weil die theoretischen Grundsätze, die man in diesem Land in der Schule mal vermittelt bekommen hat, z.B. davon ausgehen, dass sich Rechtsextremismus mit dem Modell eines stark autoritären bis totalitätren, übergriffigen Staatsmodell/-verständnis verbindet.
Da kann man sagen, dass ist die historische Erfahrung in Europa, aber offensichtlich kein dauernd greifendes Erkennungsmerkmal.



Der andere Punkt, den ich sehe, den man aber auch nicht mehr korrigieren kann, ist derjenige, dass Anwürfe, etwas sei rechtsextrem oder jemand sei ein Nazi, vor allem auch in Zeiten über Gebühr verwendet wurden oder mit absurden Szenarien zum Teil Panik fabriziert wurde, in denen die öffentliche Zustimmung zu tatsächlich rechtsextremen Ideen historisch niedrig war.
Wie gesagt, ich bin vor allem in den 2000ern zur Schule gegangen. Das war deutlich nach dem Abebben der "Baseballschlägerjahre" in den 1990ern, in denen auch faktisch auf Bundesebene keine in dem Sinne rechtsextreme oder rechtsradikale Partei besondere Erfolge verbuchen konnte.
Trotzdem hatte ich in der Zeit in den höheren Klassen noch genügend Lehrer die Klamotten wie den bescheuerten Satz: "Denkt drann, wer nicht wählt, wählt die NPD!" durch die Gegend parolierten, als hätte die damals 30% gehabt und kurz vor der Machtübernahme gestanden.

Angesichts des Umstands, dass diese Partei damals eine wirklich unbedeutende politische Splittergruppe war, die nur in Sachsen und McPomm (was von meiner Lebenswirklichkeit im Ruhrpott ohnehin weit entfernt war) ernsthafte Chancen hatte ggf. in den Landtag einzuziehen, war das einfach nur lächerlich.

Ich denke, die von dir beobachtete Banalisierung dieser Begrifflichkeiten, haben wir vor allem deswegen, weil durch solche und vergleichbare Aktionen vor allem in den Jahren, in denen es relativ ruhig war (2000er bis 1. Hälfte 2010er), viele der Versuchung nicht wiederstehen konnten, alles in Hitler zu messen und Dinge an die Wand zu malen, die realiter nicht da waren um sich und ihre Anliegen wichtig zu machen.

Das fällt uns jetzt wo wirklich problematische Entwicklungen da sind, durch die Beliebigkeit natürlich auf die Füße.
Aber ich sehe da nicht unbedingt beim Fernsehen die Hauptverantwortung oder eine neue Entwicklung der letzten Jahre, sondern eher die Sünden der Zeit am Werk, in der die Vorstellung des "Endes der Geschichte" und dass alles auf Demokratie und Liberalismus zuliefe und deterministisch zulaufen müsse extrem wirkmächtig war, denn das hat nachhaltig Maßstäbe verschoben und demontiert, die dann heute vielfach fehlen.

Da ist das Fernsehen mMn weniger die Quelle des Problems, als viel mehr Vehikel, dass Dinge transportiert, die anderswo schief gelaufen sind und die durch das Fernsehen sichtbar werden.
 
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Wenn alles, aber auch alles inflationär als "rassistisch" und "Nazi" etikettiert wird, banalisiert man die tatsächlichen Nazis und Neo-Nazis und banalisiert man wirklichen Rassismus, über den man dringend sprechen müsste. Sich permanent an Banalitäten und läppischem Kram abzuarbeiten, Dinge zu skandalisieren, die nicht skandalös sind, führt zu Unmut.
Auch hier gilt natürlich, dass es immer nur die anderen sind, die banalisieren und verharmlosen …

Unschön zu beobachten etwa während der Pandemie:
Wenn manche Corona-Maßnahmen-Gegner Maßnahmen gegen Ungeimpfte mit der Judenverfolgung im Dritten Reich verglichen, wurde das (zu Recht) als Verharmlosung des Nationalsozialismus und des Holocaust angeprangert.
Wenn aber z.B. der österreichische Vizekanzler in einer Parlamentsrede pauschal alle Corona-Maßnahmen-Kritiker als „Nazis“ abqualifizierte, hatte das natürlich nichts mit einer Verharmlosung der echten Nazis zu tun …
 
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