Wie romanisiert waren die dortigen "Germanen", wie "germanisiert" die "Romanen" ?
dass das nicht so eindeutig unterscheidbar war, und im Lauf der Zeit ging ja die eine Gruppe in der anderen auf.
Aber solange einige Leute Romanisch sprachen und die anderen Germanisch, gab es ja wohl schon einen eindeutigen Unterschied.
Mehrere Voraussetzungen müssen da meiner Ansicht nach berücksichtigt werden:
1. allerhand völkerwanderungszeitliche
Gruppen, die in den Quellen ethnische Namen haben (Goten, Vandalen, Römer/Romani etc) waren durchaus (peu a peu) polyethnisch (geworden) - bestes Beispiel "die Hunnen"
2. völkerwanderungszeitliche
Gruppen unterschieden sich auf noch intakten wie auch eroberten römischen Gebieten in ihrem sozialen Rang von der demographischen Mehrheitsgesellschaft (vereinfacht romanische Provinzbevölkerung), lange Zeit galten für diese Gruppen unterschiedliche Gesetze.
3. hohe römische Ämter oder deren Äquivalent waren für die Anführer der "Barbaren"Gruppen attraktiv, in ihrer Herrschaftsausübung kopierten sie die römischen Vorbilder
4. religiöse Unterschiede zeigten sich auch innerhalb der "Barbaren"Gruppen: während die ganz hohen Anführer (sicher oft aus politischen Gründen) mit Bischöfen (röm./christl. Verwaltung oder als deren Konkurrenz arian. kirche) kooperierten, konnten ihre Kriegsleute noch heidnisch oder synkretistisch sein
5. auf hoher sozialer Ebene (reges, duces, senatorischer Adel in hohen Kirchenämtern) fand die gegenseitige Akkulturation schneller statt, merowingische Adelige mit lateinischen Namen und "römische" Bischöfe mit germanischen Namen im 6. Jh.
6. eine ebenso funktionierende Angleichung der hohen Stände (Warlords, Kriegsherren, Adel etc) fand im expandierenden Merowingerreich statt (verkürzt gesagt: thüringischer, alemannischer, bayrischer, senatorischer Adel wurde nicht füsiliert, sondern wurde zu Merowingern)
Zwar gibt es kaum Quellen zu den Verhältnissen im heutigen Bayern kurz vor und kurz nach der merowingischen Annexion, aber es gibt keinen triftigen Grund anzunehmen, dass es da sonderlich anders als bei "den Franken", "den Goten", "den Burgunden" usw verlaufen sei.
Die sehr prunkvolle Fibel mit der lateinischen Inschrift kann so gesehen als Exempel für die kulturelle Anpassung der "oberen Zehntausend" an die oben ausgeführte Akkulturation an römisches Herrschaftserbe gedeutet werden. Das bedeutet nicht, dass die beerdigte Adelige sich als "Römerin" unter bayrischen Barbaren empfunden hätte, sondern die Beigaben lassen sie als christionisierte/christliche typische merowingische "Hoch"adelige erscheinen.