Wie gesagt, mir ging es nur darum, meine Verwunderung darüber zum Ausdruck zu bringen, dass die Macher der Serie die Schlacht darstellten, als hätten sie sich ihren Verlauf ausdenken müssen und keine Quellen zur Verfügung gehabt. Denn dass Vorbehalte wie Deine sie dabei beeinflussten, glaube ich eher weniger.
Ich deutete auch an, dass ich keinen Sinn darin sehe, die Diskussion zu vertiefen hinsichtlich der Wortwahl, die Dich skeptisch stimmt. Erstens ist sie für die Plausibilität von Dios Kernaussage womöglich unbedeutend, zweitens sehe ich selber keinen Verstoß gegen Naturgesetze, und damit sind wir an einem toten Punkt.
Ich bin sicher, dass man Umstände rekonstruieren könnte, unter denen sich seine Darstellung replizieren lässt; eingangs habe ich das versucht. Damit konnte ich Dich nicht überzeugen. Mag sein, dass Du Recht hast. Aber ich sage nicht, dass es so und so gewesen sei, nur, dass es so und so gewesen sein könne.
Denn ja, ich behaupte weiterhin: Mein Schuhwerk, meine Ortskenntnis, meine momentane Konstitution und die Frage, ob ich mich bergauf oder bergab bewege, machen einen gewaltigen Unterschied aus, wie sicher ich mich bei schlechtem Wetter über einen Waldboden bewegen kann.
Ich würde auch sagen, dass es durchaus möglich ist, dass Wetter und Windbruch die Römer mehr beeinträchtigten als die Germanen, nämlich unter Berücksichtigung des Umstands, dass sie im Gegensatz zu ihren Angreifern nicht die Bewegungsfreiheit hatten, Hindernisse zu umgehen.
Und ich würde bejahen, dass es möglich ist, Pfeile und Wurfspieße durch ein Gebüsch zum Einsatz zu bringen. Nämlich indem man es als Deckung benutzt und aufsteht, um dies zu tun, und sich sofort wieder dahinter verbirgt. Hier hätte ich Skepsis eher wegen des Windes erwartet, von dem der Autor spricht.
Allerdings glaube ich einfach nicht, dass wir uns damit aufhalten müssen, weil das hier in Interpretationskaskaden und Wortklauberei abdriftet. Denn als Nächstes wendet noch jemand ein, Cassius Dio habe doch nichts davon geschrieben, dass die Germanen zum Schießen
aufgestanden seien.
Was allerdings den Einwand eingeht, ohne den Dich störenden Wind bleibe nichts mehr übrig, an dem sich die Filmemacher orientieren könnten; da bin ich anderer Ansicht und kann nur empfehlen, die Serie anzuschauen. Denn tatsächlich ist die Schlachtenzene der Teil, in dem die Authentizität am meisten leidet.
Hier findet die Schlacht dergestalt statt, dass Arminius und Varus das römische Heer in Marschordnung über eine "Straße" genannte Waldschneise führen, bis Arminius auf einen Waldweg hinweist, der davon abzweigt.
Die römische Vorhut schwenkt daraufhin herum und marschiert in gestaffelter Kolonne (jeweils zwei Männer nebeneinander) durch den Hohlweg. Gefällte Baumstämme halten die Vorhut zuletzt auf.
Dann kommt ein Pfeilhagel, gefolgt von einem beidseitigen Angriff der im Hinterhalt liegenden Germanen. Die Vorhut erleidet schwere Verluste, und als Varus davon erfährt, befiehlt er sie zurück in die Waldschneise.
Als das Heer sich gerade zur Aufstellung sammelt, um auf dem Hauptweg weiterzumarschieren, tritt ein einzelner Germane mit einer Fackel aus dem Wald und steckt, ohne aufgehalten zu werden, einen Graben in Brand.
Plötzlich lodert überall in versteckten Gräben nach einer Art Battenberg-Muster Feuer auf, sodass die einzelnen Zenturien säuberlich voneinander getrennt werden und sich nicht mehr unterstützen können.
Daraufhin werden sie von den Germanen im Nahkampf niedergemacht.
Der Witz dabei ist, dass Arminius, sein Verrat und der Hinterhalt dadurch gehörig an Bedeutung verlieren. Die Verluste auf der Waldschneise sind nicht weltbewegend, und das Heer wäre wohl auch anders in der Waldschneise aufzuhalten gewesen, wäre dies das eigentliche Ziel gewesen.
Der Wald spielt in der Schlachtenszene kaum eine Rolle. Der Beschuss aus der Ferne spielt kaum eine Rolle. Das Überraschungsmoment wird völlig vergeudet. Im Endeffekt handelt es sich um eine offene Feldschlacht. Darum: Ja, die Darstellung des antiken Autors wäre der Wahrheit wohl nähergekommen.
Sie war wohl für das Durchschnittspublikum nicht bombastisch genug. Vielleicht sollte außerdem der moralische Vorwurf des Verrats gegen Arminius relativiert werden.
Apropos Moral: Man findet sehr viele Zuschauermeinungen, von Kommentaren auf Youtube bis hin zu ausführlichen Rezensionen bspw. für die Internet Movie Database, die nahelegen, das nicht-deutschsprachige Zuschauer eher den Römern die Daumen drückten.
Das fand ich bemerkenswert in einer Zeit, in der die Linke den Kolonialismus als Reizwort wiederentdeckt hat und die Rechte ständig gegen Überfremdung agitiert. Man sollte meinen, im heutigen gesellschaftlichen Klima wären die römischen Invasoren und Ausbeuter der Serie die idealen Bösewichte.