Bewertung des Versailler Friedensvertrag

@Solwac: Ich würde den angeführten Punkte widersprechen.

Auf die Schnelle ein "Faktencheck" zu den Reparationen

Die Uneinigkeit in Bezug auf Reparationen - Frankreich, Belgien und Großbritannien haben sich nicht auf eine sinnvolle Aufteilung einigen können und die Erreichung der nationalen Ziele so über eine immer weitere Steigerung der Gesamtmenge versucht. Dadurch wurde die Gesamtgröße gigantisch und die wirtschaftliche Realität verschwand im Hintergrund.

Generell muss man deutlich sagen, dass es durchaus eine Einsicht, auch in deutschen nationalistischen Kriesen gab, dass Deutschland für die Kriegsschäden in Ostfrankreich und in Belgien verantwortlich ist. Und dass es in der Verantwortung war, diese zu reparieren bzw. instand zu setzen.

Die Frage der Reparationen war in der Tat kontrovers diskutiert worden und je länger der Krieg vorüber war, desto stärker wurden die unterschiedlichen Positionen akzentuiert.

Ansonsten: Für die einen waren es "Reparationen" und für die anderen waren es Schulden, die Frankreich und GB in den USA hatten. Ein Aspekt, der gerne bei dem Thema "Reparationen" übersehen wird und die Vlkswirtschaften ebenfalls massiv belastet hatte. Und auch zur Destabilisierung der internationalen Wirtschafts- und Finanzströme mit beitrug.

Aber: Was heißt da "gigantisch" und die "wirtschaftliche Realität verschwand im Hintergrund"? Die Daten beziehen sich auf Steiner (S. 820, Tab. a-4), die sich auf Schuker bezieht.

Der gesamte Haushalt der WR betrug von 1925 bis 1923 156,3 Mrd RM. Es wurden in dieser Phase 11.1 Mrd RM an Reparationen gezahlt. Wie auch immer diese Summe real finanziert worden ist. Das bedeutet, es wurden ca. 7 Prozent des Haushalts für Reparationen ausgegeben.

Dabei sind die verdeckten Kosten für die geheime Aufrüstung der Reichswehr nicht mit in das Gesamtbudget eingerechnet.

Das eigentlich Problem war die Wiedererlangung der wirtschaftlichen Position in den 20er Jahren. Und die Verwerfungen der Nachkriegsphase, die Hyperinflation als Folge des Krieges, die Restrukturierung der Kriegswirtschaft auf zivile Bedürfnisse etc. waren gravierende Randbedingungen. Generell ergaben sich gravierende Hindernisse von Wirth bis Brünung, um die wirtschaftliche Position wieder zu erlangen. (Ferguson, S. 440)

Ferguson, Nial (1998): The Balance of Payments Question: Versailles and After. In: Manfred F. Boemeke, Gerald D. Feldman und Elisabeth Gläser (Hg.): The Treaty of Versailles. A reassessment after 75 years. Washington, D.C., Cambridge, UK, New York, NY: German Historical Institute; Cambridge University Press
Steiner, Zara (2005): The lights that failed. European international history, 1919-1933. Oxford, New York: Oxford University Press
Schuker, Steven A. (1988): American Reparations to Germany, 1919-1933. In: Princeton Studies in International Finance (61).
 
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Die Kriegsschuldfrage - die Formulierung ist teils undiplomatisch und durch das Verschweigen eigener Versäumnisse teils auch unglaubwürdig.

Dass während und nach dem Krieg jede Seite ihre Sicht publiziert hatte ist sicherlich richtig. Und jede Seite hatte während des Krieges - mehr oder minder erfolgreich - eine ideologische Kriegsführung initiert. Und alle Seiten haben ihre spezifischen Verhaltensweisen im Umgang mit relevanten Dokumenten gehabt (vgl. z.B. Wilson)

Die Art, die Organisation und die Finanzierung in der Weimarer Republik der Polemik gegen den VV hatte durchaus eine eigene Qualität, wie Herwig deutlich macht.

Es wurden auf deutscher Seite in den 20er Jahren systematisch wichtige Dokumente der Öffentlichkeit vorenthalten, wie in "Die Grosse Politik der Europäischen Kabinette" erfolgt(zitiert in Herwig, S. 96), die die reale Lage der Kriegsursache illustriert hätte. Diese Dokumente wurde erst durch Fischer, Geiss u. a. der Öffentlichkeit in den sechziger bzw. siebziger Jahren präsentiert.

Insofern diskutierte die WR die "Kriegsschuldfrage" und den entsprechenden Artikel im VV in weitgehender Unkenntnis der realen Quellenlage. Obwohl kritische Stimmen auch zu der Zeit bereits alternative - "unpatriotische" - Sichten auf die Kriegsursachen anmahnten, aber bis weit in das sozialdemokratische Lager ausgegrenzt worden sind.

Ergo: Es war während des WW1 im DR nicht nur zur utopischen Behandlung von Kriegszielen gekommen, sondern man diskutierte auch nach dem WW1 über unrealistische Ursachen des WW1.

In der WR hätte man sich realistisch mit dem WW1 und seinen Ursachen auseinandersetzen müssen und wesentlich kritischer mit der Rolle von Kaiser und Armee auseinandersetzen sollen. Dann hätte ein Groener einen Hindenburg in 1918 nicht aus der "Schusslinie" nehmen können.

Außerdem gab man sich der Illusion hin, dass alleine durch die erpressten Unterschriften eine Akzeptanz entstehen würde.

Im Denken in Illusionen war man auf deutscher Seite durchaus bis 1917 erfahren, dank Hindenburg und Ludendorff. Aber wer sollte denn auf alliierter Seite geglaubt haben, dass mit der deutschen Unterschrift eine Akzeptanz entsteht. Das war natürlich nach diesem Krieg ein "Diktat-Frieden", wie Brest-Litowsk. Die Deutschen hatten es ja bereits vorgemacht, wie "Friedensbedingungen" formuliert werden.

Es ist auch unwahrscheinlich, dass die deutsche Delegation, die mit den Bolschewiken den - harten - "Friedensvertrag" von Brest-Litowsk ausgehandelt und unterschrieben hatte, davon ausging, dass die Bolschewiken den Vertrag "akzeptieren" würden.

Die Verantwortlichen haben mit der Unterzeichnung des VV auf die Revision hingearbeitet und die einzelnen Kabinette haben mit unterschiedlichen Strategien versucht, die Lasten des VV zu minimieren.

Nach dem "London Agreement" im Umfeld des Dawes-Plans (1925) war deutlich geworden, dass sich die Briten - in der Person von MacDonald - gegen die Strategie von Poincare gestellt haben. "No British statesman would allow France to increase ist power at the expense of Germany and alter the Versailles balance in its favor."(Steiner, S. 248)

Und zu diesem Zeitpunkt war das Diktat überwunden und es lag ein mit der WR ausgehandelter Vertrag vor, den MacDonald als ersten echten Friedensvertrag bezeichnet hatte.

Herwig, Holger W. (1996): Clio deceived: Patriotic self-censorship in Germany after the Great War. In: Keith Wilson (Hg.): Forging the Collective Memory. Government and International Historians through Two World Wars. New York, NY: Berghahn Books, S. 87–127.
Steiner, Zara (2005): The lights that failed. European international history, 1919-1933. Oxford, New York: Oxford University Press
Wilson, Keith (1996): Introduction: Governments, Historians, and Historical Engineering. In: Keith Wilson (Hg.): Forging the Collective Memory. Government and International Historians through Two World Wars. New York, NY: Berghahn Books, S. 1–28.
 
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@Solwac

Generell muss man deutlich sagen, dass es durchaus eine Einsicht, auch in deutschen nationalistischen Kriesen gab, dass Deutschland für die Kriegsschäden in Ostfrankreich und in Belgien verantwortlich ist. Und dass es in der Verantwortung war, diese zu reparieren bzw. instand zu setzen.
Das ist aber erst einmal eine qualitative Haltung und hat nichts mit dem Zustandekommen der Zahlen zu tun.
Ziemlich schnell hat man erkannt, dass echter Schadenersatz für die vielen Quadratkilometer umgepflügten Lands in Belgien und Nordfrankreich nicht leistbar war.

Das Hauptproblem ist aber für mich ein anderes: Im Versailler Vertrag wurde der Umfang nicht festgelegt, dies wurde an eine Kommision ausgegliedert. Desweiteren wurden viele übernommene Werte nicht angemessen oder gar nicht berücksichtigt. So wurden z.B. die Reichseisenbahnen in Elsaß-Lothringen einfach nur beschlagnahmt (im Gegensatz zu 1871). Die Vorstellungen der Franzosen, was und wie zu übergeben war, unterschieden sich beträchtlich von denen der Briten. So wurde letztlich keine Trennung in Schadensersatz und Bestrafung auch nur versucht, die Festsetzung von zunächst 20 Mrd. Goldmark pro war willkürlich und entsprang keinen belastbaren Analysen.
 
Insofern diskutierte die WR die "Kriegsschuldfrage" und den entsprechenden Artikel im VV in weitgehender Unkenntnis der realen Quellenlage. Obwohl kritische Stimmen auch zu der Zeit bereits alternative - "unpatriotische" - Sichten auf die Kriegsursachen anmahnten, aber bis weit in das sozialdemokratische Lager ausgegrenzt worden sind.
Es geht mir nicht um die Kriegsursachen oder die deutsche Sicht darauf. Es geht mir um die Formulierung im Vertragstext und wie weit dies dem Eigenbild der Entente entsprechen konnte.

Es ist auch unwahrscheinlich, dass die deutsche Delegation, die mit den Bolschewiken den - harten - "Friedensvertrag" von Brest-Litowsk ausgehandelt und unterschrieben hatte, davon ausging, dass die Bolschewiken den Vertrag "akzeptieren" würden.
Der Diktatfrieden von Brest-Litowsk ist natürlich eine Steilvorlage für die Entente gewesen, politisch dumm und von den Ergebnissen her bei weitem nicht so gut wie es die Macher sich vorgestellt haben. Auch im Osten war halt nicht mehr zu holen. Dennoch halte ich Brest-Litowsk für nur schwer vergleichbar mit dem Versailler Vertrag, alleine schon weil der Krieg als Ganzes sich noch fortsetzte.
 
Es geht mir nicht um die Kriegsursachen oder die deutsche Sicht darauf. Es geht mir um die Formulierung im Vertragstext und wie weit dies dem Eigenbild der Entente entsprechen konnte.

Die Sicht der "Deutschen" auf die Eigensicht der Alliierten war aber durch ihre eigene Sicht auf sich selber gefiltert. Wie konnte man eine "Schuld" in der WR akzeptieren, wenn man aufgrund mangelnder Fakten / Quellen dazu objektiv gar nicht in der Lage war.

Und das erklärt ja, warum man - subjektiv berechtigt - den "Schuldparagraphen" so massiv kritisiert und abgelehnt hatte.

Deswegen ist der Hinweis auf die deutsche Situation schon wichtig, um den deutschen Deutungsrahmen des VV zu verstehen.
 
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Das Hauptproblem ist aber für mich ein anderes:

Das Hauptproblem war im wesentlichen die Schwierigkeit für Deutschland, seinen Export heranzuziehen, um den notwendigen Überschuss aus seinem Export zu generieren, der notwendig gewesen wäre, um den Schuldendienst nachhaltig zu gewährleisten. (vgl. zu den Im- und Exporten Ferguson, S. 418-419 oder Steiner, S. 821)

So kam es seit Mitte der zwanziger Jahre zu der "absurden" Dreickssituation, dass die USA Kredite für Deutschland zur Verfügung stellte, die überwies das Geld an Frankreich und GB und diese beglichen damit ihre Schulden in den USA. (vgl. Eichengreen)

Das funktionierte so lange wie die USA Deutschland mit ausreichendem Geld - zum grossen Teil mit einer kurzen Laufzeit - versorgten.

Und somit war die WR für ihre Reparationszahlungen auf das Geld aus den USA angewiesen.

Im Sinne der Stabilisierung der europäischen Wirtschaft wäre ein freier Handel, im Sinne von Keynes, die beste Möglichkeit gewesen, den deutschen Export zu stimulieren und darüber kontinuierlich und nachhaltig die Reparationsforderungen zu bedienen.

Ein so ausgeglichener Handel hätte zudem bedeutet, dass der Kapitaltransfer aus der WR in den jeweiligen Währungen hätte erfolgen können und vermutlich hätte das zu einer Stabilisierung des Währungssystems beigetragen. Hätte, Könnte etc.

Eichengreen, Barry J. (1995): Golden fetters. The gold standard and the Great Depression, 1919-1939. New York: Oxford University Press
Ferguson, Nial (1998): The Balance of Payments Question: Versailles and After. In: Manfred F. Boemeke, Gerald D. Feldman und Elisabeth Gläser (Hg.): The Treaty of Versailles. A reassessment after 75 years. Washington, D.C., Cambridge, UK, New York, NY: German Historical Institute; Cambridge University Press , S. 401–440.
Steiner, Zara (2005): The lights that failed. European international history, 1919-1933. Oxford, New York: Oxford University Press
 
Die Pariser Vorortverträge haben mehrere ungute Faktoren zusammen gebracht, was auch später nicht mehr durch Locarno usw. aufgewogen werden konnte:
  • Abkehr von Wilsons 14 Punkten - Natürlich kann man den Franzosen und Briten nicht die mangelnde Unterstützung des Senats für seinen Präsidenten vorwerfen. Aber der demokratisch begründete Inhalt der 14 Punkte hätte zu anderen Entscheidungen führen müssen, basierend auf dem Selbstverständnis! Insbesondere die Abkehr vom Selbstbestimmungsrecht der Völker hatte eine verheerende Wirkung auf die Beziehung vieler Nationalstaaten untereinander.

Auf den Punkt würde ich gerne einmal eingehen, Wilsons berüchtigte 14 Punkte.

Führt man sich dieselben zu gemüte sind sie in sich Widersprüchlich.

Da wird in den Österreich-Ungarn und das Osmanische Reich betreffenden Punkten über das Selbstbestimmungsrecht der betreffenden einzelnen Nationen schwadroniert und damit eine Steilvorlage für die Auflösung dieser Staatsgebilde platziert. Ausgenommen im Hinblick auf Polen wird über selbiges Prinzip im Bezug auf Russland kein Wort verloren und gleichzeitig im 5. Punkt etwas von Ausgleich der kolonialen Interessenssphären erzählt.

Zunächst mal halte ich die Fortführung des Hochimperialismus, die damit impliziert wird für so einiges, aber nicht für demokratisch begründet, denn das Konzept des Imerpialismus beruht ja gerade darauf, dass eben nicht alle frei und gleichberechtigt sind.

Wenn man sich die angeführten Punkte einmal näher anschaut, muss auch auffallen, dass Wilson da eine recht eigenwillige Definition von "Völkern" hat, denen ein Selbstbestimmungsrecht zuzukommen hat, denn würde es sich hier um ein universelles Selbstbestimmungsrecht handeln, dürften die Kolonialvölker selbstverständlich nicht außen vor gehalten werden.
Man könnte jetzt behaupten, dass es sich auf Europa im Allgemeinen beziehen würde, aber auch das ist nicht der Fall, denn von Selbstbestimmungsrecht der Balten, Ukrainer oder Iren steht da selbstverständlich nichts, obwohl es bereits auch vor dem Krieg in diesesn Gebieten rumorte.

Insofern halte ich es hier für ein bisschen überzogen Wilson allumfasend hehere Prinzipien zu unterstellen, sondern schon die 14 Punkte waren durch eine ziemlich dicke Entente-Brille abgefasst und hatten in diesem Sinne ein ordentliches Ausmaß an inneren Wiedersprüchen und Partikularinteressen im Gepäck.
 
Meine These:
Die Pariser Vorortverträge waren ein Weltbeben, welche die alte Ordnung Europas wegfegte.
Sorry F-S,
aber das verdreht ja die Reihenfolge der Ereignisse.
Das „Weltbeben“ selbst war ja der erste globale Krieg und nicht etwa die Reaktion darauf.

Noch bevor die Verhandlungen begannen waren zwei große Reiche, Ö-U und das Osmanische, schlicht zerplatzt, Russland taumelte bereits am Abgrund, und das DR war nicht weit davon entfernt.

Mehr als 10 Mio. Tote, noch mehr Verletzte und Verstümmelte, und nochmal ca. 10 Mio. Todesopfer durch die Spanische Grippe, die 1918 über die ausgelaugten und erschöpften Menschen hereinbrach.

Und das ist die Bilanz des ersten totalen Krieges, der dadurch gekennzeichnet ist, dass alle wirtschaftlichen Kräfte für diesen mobilisiert wurden.
Und auch dadurch, dass diese eine nie gekannte Produktivität erreicht hatten.

Auch hatten die Verträge keinen wesentlichen Einfluss auf den Bürgerkrieg in Russland, der mehr Opfer fordern sollte als der erste Weltkrieg selbst, und der handlungsbestimmend weit über die eigenen Grenzen und den Zeitrahmen selbst hinweg ausstrahlte.

Deine These ist falsch.
 
Zitat von flavius-sterius:
6.
Was war der Sinn dieser Organisation? Wurden die Verliererstaaten des 1.Weltkrieges darin aufgenommen? Sollte der Völkerbund den Status Quo bewahren oder verändern?

Wenn Deutschland nicht in den Völkerbund aufgenommen wurde, warum konnte der Schnauzbärtige dort im Namen Deutschlands wieder austreten?
Das der Völkerbund nicht so funktionierte, wie erwünscht, ist bekannt, dass er durchaus den Zweck verfolgte internationale Streitigkeiten beizulegen sollten die Beispiele Abessinien und Spanien eigentlich zeigen. Das hätte möglicherweise auch funktioniert, wäre es nicht systematisch von Deutschland und Italien unterlaufen worden.
Das war eigentlich eine rhetorische Frage von mir gewesen, die ich zudem noch - altersmilde - wesentlich entschärft hatte zu meiner ursprünglichen Version.
Natürlich wurde Deutschland nicht in den Völkerbund aufgenommen. So wie auch die anderen Deliquenten von Paris 1919/1920 durften diese nicht mitmachen. Im Gründungsakt des Völkerbundes wurde klargestellt, dass die Mittelmächte charakterlich nicht geeignet gewesen seien, sich an solch einem tollen Projekt zu beteiligen PUNKT
Deutschland durfte 1926 beitreten, als Belohnung für seine konstruktive Mitarbeit in Locarno.
Österreich durfte bereits 1920 hinein, als Belohnung dafür, dass man noch einmal einem Beitritt zum Deutschen Reich abschwor.

Zu der Thematik Völkerbund und seine Einteilung in Mitglieder 1. und 2. Klasse gibt es von Bernd Sandbrink eine wirklich beeindruckende Seminararbeit

GRIN - Das Scheitern des Völkerbundes
 
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Zitat von flavius-sterius:
Militärisch verteilte man ebenfalls die Macht in der Alten Welt. Großbritannien brauchte keine große Landstreitkraft. Seine entscheidendes Verteidigungsmittel war seine Flotte. Weder Napoleon, Wilhelm II. oder Hitler konnte einen Fuß auf die britische Insel bekommen.

Großbritannien brauchte keine großen Landstreitkräfte, so lange die Russen keine Eisenbahnlinien an die Afghanische Grenze besaßen und die Japaner keinen Zugriff auf das Chinesische Festland. Die Vorstellung Großbritannien konnte das Empire alleine auf Grund seiner Flotte verteidigen ist schon um 1900 herum überholt. Viel mehr haben die Briten mit dem zusammenbruch Russlands im Fernen Osten ein ganz massives Problem, weil dadurch die ostasiatische Pattsituation in der sich die Expansionen Russlands und Japans auf Kosten britischer und französischer Positionen in China, gegenseitig neutralisierten, aufgehoben wurde. Insofern ist der Blick viel zu eurozentrisch.

Zitat von flavius-sterius:
Bekam Frankreich durch den Versailler Vertrag die Dominanz über die Landstreitkräfte in Europa, so bekam kurz darauf Großbritannien mit dem Washingtoner Vertrag die Dominanz zur See im Atlantik und im Indischen Ozean.

Großbritannien VERLOR die Dominanz im Atlantik, weil es im Nachgang im Rahmen der Washingtoner Folttenkonferenz der Parität mit den USA zustimmen musste. Auch wurde durch den weiteren Aufstieg Japans zur Seemacht Britanniens maritime Stellung im Pazifik zunehmend prekär. Wenn man nun berücksichtigt, dass das ökonomische Funktionieren des britischen Kolonialismus in Indien maßgeblich mit den Seeverbindungen in den Pazifik und den "Vertragshäfen" an der chinesischen Küste und der damit verbundenen informellen Einflussgebiete im Hinterland abhing, stimmt das doch eher bedenklich.

Ja, der Indische Ozean wurde für die Briten sicherer. Die britische Position in Singapur/Malaysia, Honkong und Shanghai verschelchterte sich demgegenüber deutlich, nicht zuletz auch dadurch, dass China zunehmend bestrebt war die "ungleichen Verträge" zu liquidieren, während Japan seine Position in Korea und der Mandschurei konsolidieren und sich damit eine Basis für den Aufstieg zur ostasiatischen Vormacht schaffen konnte.

Ich habe mal die entscheidende Passage von Dir fett gedruckt. Du bist da aber ganz weit weg von der britischen Militärführung der 20er und 30er Jahre. Die britische Ostasien-Militärstrategie basierte auf den Marinestützpunkt Singapur und die Ressourcen Australiens und Neuseelands. Der Verteidigungsrat (das höchste militärische Organ des Empires) hatte folgende Strategie:

Ausbau Singapurs zu einem Bollwerk, welches dadurch in der Lage versetzt wurde japanische Angriffe zu widerstehen bis die "Main Fleet" in Singapur eintreffen würde. Diese würde dann die Japaner in einer Seeschlacht besiegen und die Machtverhältnisse in Ostasien bereinigen.
Zu dem Thema kann ich das Buch von Russell Grenfell "Das Ende einer Epoche" empfehlen Im englischen Original "Main Fleet to Singapore" von 1955.
Grenfell war selbst britischer Marineoffizier und stand in vielen Fragen in Opposition zum Main Stream in Whitehall. Wie bei den Restaurantkritikern, welche manchmal nicht mal unfallfrei ein Spiegelei braten können, ist es besser mal die Köche zu fragen. Und Grenfell ist für mich ein exzellenter Koch.
 
Auf einige Dinge aus den letzten Beiträgen werde ich in den nächsten Tagen näher eingehen. Da ich morgen Früh einen Termin habe, muss ich dies leider verschieben.
Ich finde die Diskussion anregend und fundiert.
Angesichts der doch sehr harmonischen Grundstimmung (wie von EQ so schön angemerkt :cool: ) der GF-Gemeinde bei dieser Thematik, werde ich mal einen kritischen Blick mit einem anderen Schwerpunkt auf die damalige Zeit werfen.
 
Das war eigentlich eine rhetorische Frage von mir gewesen, die ich zudem noch - altersmilde - wesentlich entschärft hatte zu meiner ursprünglichen Version.
Natürlich wurde Deutschland nicht in den Völkerbund aufgenommen. So wie auch die anderen Deliquenten von Paris 1919/1920 durften diese nicht mitmachen. Im Gründungsakt des Völkerbundes wurde klargestellt, dass die Mittelmächte charakterlich nicht geeignet gewesen seien, sich an solch einem tollen Projekt zu beteiligen PUNKT
Deutschland durfte 1926 beitreten, als Belohnung für seine konstruktive Mitarbeit in Locarno.
Österreich durfte bereits 1920 hinein, als Belohnung dafür, dass man noch einmal einem Beitritt zum Deutschen Reich abschwor.

Zu der Thematik Völkerbund und seine Einteilung in Mitglieder 1. und 2. Klasse gibt es von Bernd Sandbrink eine wirklich beeindruckende Seminararbeit

GRIN - Das Scheitern des Völkerbundes
Deutschland wurde nicht direkt in den Völkerbund aufgenommen, sondern eben erst nach einiger Zeit. Richtig ist, dass man Deutschland zunächst mal ausschloss. Man muss aber nicht so tun, als wäre dieser Ausschluss von Dauer gewesen.
Das die ehemaligen Entente-Partner im Völkerbund ihre Lieblinge und politischen Partner hatten, zu denen Deutschland auch im nachhinein nicht unbedingt gehörte geschenkt.


Ich habe mal die entscheidende Passage von Dir fett gedruckt. Du bist da aber ganz weit weg von der britischen Militärführung der 20er und 30er Jahre. Die britische Ostasien-Militärstrategie basierte auf den Marinestützpunkt Singapur und die Ressourcen Australiens und Neuseelands. Der Verteidigungsrat (das höchste militärische Organ des Empires) hatte folgende Strategie:

Das mag ja alles richtig sein, nur, ich hatte mich nicht darüber ausgelassen, was die britische Generalität und Admiralität auf Basis ihrer Möglichkeiten zu tun gedachte, sondern die Behauptung war, dass das Empire allein auf Basis einer überlegenen Marine unter bestimmten Vorraussetzungen überhaupt nicht mehr zu verteidigen war.

Denkbare Szenarien in diese Richtung:

- Russischer/Sowjetischer Ausbau des Eisenbahnnetzes nach Asien hinein und Aufkündigung der Kompromisse hinsichtlich der Neutralisierung Afghanistans und Persiens. Versetzen sich die Russen/Sowjets in die Lage größere Truppenkontingente in die Grenzregionen zu Indien zu verlegen, wäre die Flotte kaum in der Lage gewesen Indien effektiv zu verteidigen.
- Japanisches Ausgreifen auf die Gegenküste des Ostasiatischen Festlandes. Eine Flotte kann die britischen Einflusszonen in China nicht effektiv verteidigen, wenn die Japaner die Möglichkeit haben schon vor einer Konfrontation truppen dort hinüber zu bringen. Hinzu kommen Formosa und Ryu-Kyu, die hervorragende Basen abgeben den britischen Schiffsverkehr im japanischen oder Südchinesischen Meer deutlich zu stören, die Torpedowaffe lässt grüßen.
- Zusammenstoß mit Frankreich in den afrikanischen Kolonien, selbes Szenario.

Die sind natürlich kontrafaktisch. Aber so natürlich, dass die Briten sich ausschließlich auf ihre Flotte konzentrieren würden, war es nach dem Ende des Weltkrieges nicht, denn je nachdem wie die drei genannten anderen Akteure ihre weitere politische und militärische Vorgehensweise absteckten, konnte das Empire alleine auf diesem Weg nicht mehr gesichert werden.

Ich habe dem gegenüber mit keinem Wort behauptet, die Briten hätten sich nicht massivst auf maritime Verteidigung eingeschossen, weil es eben das war, was sie aus ihrer Position heraus leisten konnten. Den Russen Sibiren abnehmen, den Franzosen ihre Kolonien in Afrika und Japan vom chinesischen Festland weghalten konnten sie sicherlich nicht, sie hätten entsprechenden Aktionen allerdings ein Stück weit mit der Beibehaltung größerer Landstreitkräfte vorbeugen können. Ganz abwegig ist der Gedanke nicht, zumal mit dem maritimen Aufrüsten der USA und dem Aufstieg Japans zur Industrienation Großbritanniens Vorherrschaft zur See erkedigt hatte.
Vom "Two-Power-Standart", nicht mal als einem hohlen rethorischen Phänomen, war jedenfalls in Washington keine Rede mehr, da hätten die Ammis die Briten allenfalls ausgelacht, insofern wäre es nicht vollkommen abwegig gewesen die Verteidigung des Empire oder mindestens dessen bedeutender Teile stärker zur Landgestützten Verteidigung einzurichten, womit der dezidiert radikale Abbau der Landstreitkräfte nach dem Frieden durchaus kein strategisch alternativloser Weg und damit kein Selbstläufer war.
Zumal, die Briten die gleichen, wenn nicht noch schärfter Probleme hatte, wie sie auch aus Deutschland bekannt sind.

Die Truppen die man einmal ausgehoben hatte, zumal die kolonialen Einheiten, die den Krieg nachher am Verhandlungstisch nachträglich verloren, weil die von den jeweiligen Regierungen (Frankreich betrifft das ja auch) gemachen oder angedeuteten Zusagen hinsichtlich Besserung der Lage in den Kolonien in weiten Teilen nicht eingehalten wurden zu entlassen und zu entwaffnen, war alles andere als risikolos.
Sowas kann sehr schnell auch mal nach hinten los gehen, weswegen sich auch hier die Überlegung aufdrägt, Teile der Truppen besoldet im Dienst zu lassen um Gewaltpotentiale abzukaufen und das Risiko von Revolten zu verkleinern.
Auch von dieser Warte her betrachtet war die völlige Eindampfung der britischen Landstreitkräfte nach dem Weltkrieg nicht die einzig logisch und denkbare Konsequenz. Darum geht es mir. Nicht um den Weg, für den sich die Briten dann entschienden.
Mit dem hast du zweifelsohne recht.
 
Insofern halte ich es hier für ein bisschen überzogen Wilson allumfasend hehere Prinzipien zu unterstellen, sondern schon die 14 Punkte waren durch eine ziemlich dicke Entente-Brille abgefasst und hatten in diesem Sinne ein ordentliches Ausmaß an inneren Widersprüchen und Partikularinteressen im Gepäck.

Die Vorstellungen von Wilson waren im Prinzip antikolonial. Allerdings bedeutete das auch, dass er im Rahmen einer weit gefaßten Monroe-Doktrin, einer "Open Door Policy" bzw. einer "Good neigbor policy" (wie sie später FDR konkret praktizierte) auch Strategien eines auf wirtschaftliche Macht basierten indirekten Imperialismus verfolgte.

Dennoch ist vor allem Wilson, so Mazower (S. 118), nicht nur wegen seiner 14 Punkte bedeutsam, sondern vor allem war er wegen seines "Internationalismus" relevant, der sich in seiner Betonung der Bedeutung des "Völkerbunds" für die zukünftige Lösung von Konflikten ausdrückte. Und in diesem Instrument ist im Zusammenhang mit den 14 Punkte das bahnbrechende in dem Denken von Wilson zu erkennen. Und an diesem Punkt wird die eigentliche Leistung von Wilson deutlich, die Idee der vertraglich abgesicherten kollektiven Sicherheit zu verfolgen.

Und noch im Rahmen der Sudetenkrise 1938 und der Konferenz von München hätte das System zu einem "Containment" von Hitler führen können, wenn man die UdSSR im Osten mit in das System integriert hätte. Ansätze gab es und ein Scheitern war nicht zwangsläufig.

Ansonsten war Wilson natürlich in das Geflecht der damaligen Großmachtdiplomatie und den damit zusammenhängenden real existierenden Machtstrukturen konfrontiert. Die hatte er zu akzeptieren und in Paris zu berücksichtigen. Vor diesem Hintergrund hatte Wilson alle Teilnehmer - bereits im Vorfeld - gewarnt, unrealistische Erwartungen an diese Punkte zu formulieren und auf die Erfüllung zu pochen.

Die Ausgangssituation war durchaus kompliziert. So schreibt MacMillan (Pos. 9499), dass die "Friedensmacher" in Paris an vielen Punkten die Realitäten nachvollziehen bzw. gestalten konnten, aber nicht grundsätzlich ändern.

Dabei waren eine Reihe konträrer Prämissen zu beachten. Der Forderung nach Selbstbestimmungsrecht von ethnisch, nationalistisch bzw. religiös definierten Minoritäten stand die Notwendigkeit gegenüber, politisch stabile und wirtschaftlich handlungsfähige Staaten zu schaffen. Die zudem in der Lage sein sollten, den Völkerbund in seiner Arbeit effektiv zu unterstützen (vgl, Mazower)

Da, wo es notwendig erschien, sollten die Minoritäten innerhalb der neu geschaffenen Nationalstaaten einen ausreichenden Minoritätenschutz erhalten, allerdings ohne dass sie gleichzeitig als "Staat im Staate" agieren konnten. (vgl. Neff, S. 360ff))

Die realpolitische Umsetzung der Vorstellungen von Wilson brachte - aus der Sicht der Betroffenen, häufig durchaus nachvollziehbar - gravierende Härten. In Europa alleine waren ca. 30 Millionen in Staaten beheimatet, in denen sie den Status von Minoritäten hatten. Ohne gravierende, erzwungene Migration (sprich Vertreibung, nur einmal gab es eine vertragliche Regelung zwischen Griechen und Türken)) war es nicht möglich, die Ziehung von Grenzen entlang ethnisch homogener Gebiete vorzunehmen (MacMillan, Pos. 9499)

So wurden von Paris aus separate "Minoritäten-Verträge" mit Polen, der Tchechoslowakei und Jugoslavien geschlossen, deren Einhaltung kontinuierlich überprüft wurde (Neff, S. 360).

Mit Polen wurde beispielsweise ein Staat mit 27 Mio Einwohnern neu geschaffen, wobei aus polnischer Sicht davon ca. 18 Mio als "Polen" - nicht unwidersprochen - zu klassifizieren waren. Von diesen 27 Mio "Polen" waren 3 bis 5 Mio Ukrainer, 1 Mio Weiss-Russen, 2 bis 3 Mio Juden und eine Mio Deutsche (Marks, S. 24). Gleichzeitig verfolgte Polen eine ausgesprochen aggressive Ostexpansion, die auf massive Ablehnung auch im Bereich der baltischen Staaten traf. Und entfremdete sich so fast von allen seinen Nachbarn.

Zur Tschechoslowakei, die ca. 14.5 Mio Einwohner zählte, gehörten u.a. 3,25 Mio Deutsche (vgl. ethnische Zusammensetzung MacMillan, S. 265) Für den Balkan lassen sich ebenfalls relativ hohe Anteile an Minoritäten feststellen

Dabei wurde beispielsweise in Oberschlesien ein spezielles "Tribunal" eingerichtet, vor das die Polen und Deutschen ihre Angelegenheiten bringen konnten, allerdings erwies es sich als nicht sehr effizient, um einen Ausgleich zu schaffen (vgl. Neff, S. 360)

Die Neustrukturierung der Staaten in Ost-Europa, über das zerfallene ungarisch-österreichische Imperium, über den Balkan bis in das aufgelöste Osmanische Reich erbrachte die gravierendsten Konflikte, da sich in dieser Region der ethnisch, religiös fundierte Nationalismus seit dem Ende des Neunzehnten Jahrhundert am militantesten aufführte (vgl. z.B. Steiner zur religiösen Heterogenität in Süd-Ost-Europa, S. 260)

Im Ergebnis stellt Neff fest: "Over time, the League`s minorities system became increasingly unpopular." (S. 360) Auch als Ergebnis einer massiven ultra nationalistischen Propaganda, die die Interessen der Minoritäten vereinnahmten und für ihre jeweilige revanchistische Politik zu instrumentalisierten versuchten. Erfolgreich wie sich nach München 1938 zeigen sollte.

Die Wirkungen von Wilson im Jahr 1919 auf das aufkommende Selbstverständnis der nationalen Befreiungsbewegungen in den Kolonien ist dabei separat zu betrachten. So ist beispielsweise Ho Chi Minh 1919 in Paris und wird durch die Ideen von Wilson geprägt.

https://de.wikipedia.org/wiki/Hồ_Chí_Minh#Reisen_in_Europa_und_in_die_Vereinigten_Staaten

Marks, Sally (2003): The illusion of peace. International relations in Europe, 1918-1933. 2nd ed. Houndmills, Basingstoke, Hampshire, New York: Palgrave Macmillan (Making of the 20th century).
Mazower, Mark (2012): Governing the world. The rise and fall of an idea. London: Allen Lane.
Fink, Carole (1998): The Minority Question at the Paris Peace Conference: . The Polish Minority Treaty, June 28.1919. In: Manfred F. Boemeke, Gerald D. Feldman und Elisabeth Gläser (Hg.): The Treaty of Versailles. A reassessment after 75 years. Washington, D.C., Cambridge, UK, New York, NY: Cambridge University Press , S. 249–274.
MacMillan, Margaret (2003, c2002): Paris 1919. Six months that changed the world. Random House trade paperback ed. New York: Random House.
Neff, Stephen C. (2014): Justice among nations. A history of international law. Cambridge, Massachusetts: Harvard University Press.
Steiner, Zara (2005): The lights that failed. European international history, 1919-1933. Oxford, New York: Oxford University Press
 
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Die Vorstellungen von Wilson waren im Prinzip antikolonial. Allerdings bedeutete das auch, dass er im Rahmen einer weit gefaßten Monroe-Doktrin, einer "Open Door Policy" bzw. einer "Good neigbor policy" (wie sie später FDR konkret praktizierte) auch Strategien eines auf wirtschaftliche Macht basierten indirekten Imperialismus verfolgte.

Dennoch ist vor allem Wilson, so Mazower (S. 118), nicht nur wegen seiner 14 Punkte bedeutsam, sondern vor allem war er wegen seines "Internationalismus" relevant, der sich in seiner Betonung der Bedeutung des "Völkerbunds" für die zukünftige Lösung von Konflikten ausdrückte. Und in diesem Instrument ist im Zusammenhang mit den 14 Punkte das bahnbrechende in dem Denken von Wilson zu erkennen. Und an diesem Punkt wird die eigentliche Leistung von Wilson deutlich, die Idee der vertraglich abgesicherten kollektiven Sicherheit zu verfolgen.

Naja, auf Guam, Puerto Rico, in der Kanalzone in Panama, auf diversen Pazifikinseln und in Teilen auf den Philippinen war der US-Amerikanische Einfluss auch zur Zeit der Wilson-Administration und danach schon ein bisschen mehr als indirekt spürbar.
Dass sich Wilsons Ideen in welcher Weise Imperialismus zu betreiben sei sehr stark an die erste hälfte des 19. Jahrhunderts anlehnte, in dem eben der imperiale Einfluss weitgehend darauf basierte ist mir wohl klar, aber stramm antikolonial war das was Wilson da tat nicht, er war weder Bereit die US-Amrikanisch Quasi-Kolonien vollständig in die Unabhängigkeit zu entlassen, noch sie als ordentliche Bundesstaaten (das ist Puerto rico ja bis heute nicht) in die USA einzugliedern und ihren Bewohnern Bürgerrechte zuzugestehen.


Und noch im Rahmen der Sudetenkrise 1938 und der Konferenz von München hätte das System zu einem "Containment" von Hitler führen können, wenn man die UdSSR im Osten mit in das System integriert hätte. Ansätze gab es und ein Scheitern war nicht zwangsläufig.

Du missverstehst , glaube ich, gerade ein bisschen meine Intention. Ich bin weit von der Vorstellung entfernt, das das Geflecht der Pariser Vorortverträge das Scheitern der darauf augebauten Staatenordnung determiniert hätte.

Mir geht es viel mehr darum, dass ich der Meinung bin, dass Versailles, Saint-Germain und Trianon (Sèvres ist eine vollkommen andere Kiste), so weit von dem was Wilson in seinen 14 Punkren fabriziert hat nicht weg ist, wenn man seine Äußerungen in den realpolitischen Kontext der Zeit setzt.


Ansonsten war Wilson natürlich in das Geflecht der damaligen Großmachtdiplomatie und den damit zusammenhängenden real existierenden Machtstrukturen konfrontiert. Die hatte er zu akzeptieren und in Paris zu berücksichtigen. Vor diesem Hintergrund hatte Wilson alle Teilnehmer - bereits im Vorfeld - gewarnt, unrealistische Erwartungen an diese Punkte zu formulieren und auf die Erfüllung zu pochen.

Eben.
Und genau deswegen muss man einmal akzeptieren, dass Wilson Teil dieses Systems war und nicht als eine Art moralisierender Humanist (Im Bezug darauf, wie man in seinem Land nach wie vor mit den Schwarzen umging und außenpolitisch mit den Lateinamerikanern und Asiaten ohnehin ein Hohn, ihn dazu zu verklären) über dem System stand.
Wenn man aber das akzeptiert, müsste man sehen, dass Wilson vielleicht für sich selber sprechen konnte, mit seinen 14 Punkten und vielleicht auch noch für die US-Administration. Für die gesammten USA schon nicht mehr und für das versammelte Entente-Bündnis 3 mal nicht.
Insofern war das 14-Punkte-Programm bereits auf einen Kompromiss mit den Entente-Mächten ausgelegt, wodurch sich etwaige moralisierende Ideen von vorn herein erledigt hatten.

Einerseits das Selbstbestimmungsrecht der Völker der Donaumonarchie stark zu machen, andererseits den Franzosen die Annexion Elsass-Lothringens ohne vorherige Abstimmung eignet sich einmal nicht zur Herleitung eines allgemeinen Selbstbestimmungsrechtes.

(Im Übrigen, damit ich hier nicht falsch verstanden wäre , ich möchte hier keinerlei revisionistische Rethorik betreiben, schon weil ich wegen der politischen Diskriminierung im Kaiserreich und auch der Reparationsproblematik, die bei einem Verbleib bei Deutschland geblüht hätte, davon ausgehe, dass die Bevölkerung des Landstrichs eher für Frankreich optiert hätte).

Nichtsdesto weniger bleibt das Problem Polen, Tschechen, Rumänen etc. ein dezidiertes Selbstbestimmungsrecht zuzugestehen, Balten, Ukrainer und Iren nicht einmal zu erwähnen und ein Selbstbestiimunsrecht der Bevölkerungen des des erweiterten Siebenbürgens, Kroatiens, Elsass-lothringens etc. über deren Schicksal bereits in vorherigen Abmachungen innerhalb des Entente-Bünsnissen Abmachungen getroffen worden waren vom Tisch zu wischen und die Forderungen der kolonialen Untertanen der Entente Partner, der eigenen Quasi-Kolinien und auch der schwarzen Bevölkerungsteile im eigenen Land nicht einmal zur Kenntnis zu nehmen.



Deswegen verdiehnt der ausgehandelte Kompromiss durchaus Anerkennung als Verdiehnst um den europäischen frieden, das würde ich niemals in Abrede stelllen. Nicht aber als das, wozu er im besonderen in der populären Darstellung gerne verklärt wird, nämlcih als qualitativer Meilenstein in Sachen Völkerrecht, Demokratie und Ablehung imperialistische Tendenzen.

Das Programm war ganz bewusst so formuliert, dass es die Erfüllung der politischen Wünsche der Entente mindestens in einem ziemlich weit gefassten Maße zuließ. Und deswegen missversteht man dieses Programm mMn, wenn man eine dezidiert deutsche Lesart daran setzt, es im, für Deutschland vorteilhaften Sinne auslegt (sofern das angesichts des verlorenen Krieges möglich ist) und dann der Meinung ist, Wilsons Programm sei in Versailles komplett untergraben worden.
Dieser Meinung kann man nur sein, wenn man Wilsons Einlassungen über das Selbstbestimmungsrecht als Einlassungen über ein universales Selbstbestimmungsrecht ließt und angesichts der Punkte beteffs der Abtretung Elsass-Lothringens ohne die dortige Bevölkerung zu fragen, und eine sehr schwammige Formulierung hinsichtlich der zukunft der Kolonien, die durchaus auch ein ziemlich undemokratisches Verschieben dieser Kolonien zulässt, kann schon auf Basis der 14 Punkte Wilsons von einem universalen Selbstbestimmungsrecht nicht die Rede sein, sondern lediglich von einem Selbstbestimmungsrecht für ausgewählte Völker von Gnaden der Entente.

Die Diskriminierung übrigens weniger der Deutschen und der Ungarn, denn die behielten ja immerhin ihre Staatlichkeit und so konnten diejenigen, die dann in andere Staatswesen eingemeindet wurden und das partout nicht wollten, denn die konnten ja noch immer in ihre Wahlheimat auswandern, war damit festgeschriebn.
Gegenüber den Völkern, die den Imperien der Entente angehörten, egal ob in Europa (Irland) oder in Afrika (Ägypten) oder Asien (Indochina vor allen Dingen) und dies nicht länger wollten, wäre eine Erklärung von Wilsons 14 Punkten und auch das Ergebnis der Versailler Vorortverträge, tradiert diese Diskriminierung auch in der heutigen Zeit noch, wenn man Wilson zu dem Meilenstein stilisiert, den er nicht geleistet hat,


Deswegen nochmal:

Wilsons Verdienst um den Frieden wil ich nicht klein reden und ebenso wenig behauptet, dass die Staatenordnung, die in Paris entworfen wurde nicht tragfähig hätte werdenn können, wären die politischen Akteure der Zeit in der Folge kompromissbereiter gewesen. Diese Position teile ich.

Nur gemäß meiner bisherhigen Einlassungen hinsichtlich des Systems der Praiser Verträge als Kompromiss der Interessen der Entente-Partner (und keinesfalls einseitige Diskriminierung Deutschlands), ist eben auch das 14-Punkte-Programm ein Kompromiss, der eben diese Verträge und die daraus resultierende Diskriminierung der Kolonialvölker und Europäischen Teile der Entente-Staaten (neben Irland wären auch die französischen Departements an der algerischen Gegenküste zu nennen), die eben nicht gefragt wurden, durchaus zulies.

Deswegen macht es keinen Sinnsich darüber auszulassen, die 14-Punkte seien in Versailles unter den Tisch gefallen. Sie kamen in Versailles tatsächlich größtenteils zur Wirkung. Nur eben nicht im Sinne eines universalen Prinzips und auch nicht in der Lesart der Deutschen, sondern in der dezidierten Lesart der Entente.



Demgegenüber hätte es durchaus im Vorhinein Möglichkeiten gegeben auf allgemeinere Prinzipien zu drängen, hätte man von amerikanischer Seite nach Abwehr der Deutschen Offensiven 1918 den übrigen Entente Partnern gegenüber anheim gestellt sich auf solche zu verpflichten und mit den Zentralmächten an den Verhandlungstisch zu setzen bei Strafe des Aussetzens weiterer direkter militärischer oder materieller Unterstützung für die Entente und der Drohung mit Separatsfriedensgesprächen mit den Zentralmächten.
Eine solche Drohung hätte mit Sicherheit angesichts des bereits schwer angeschlagenen Zustands Frankreichs in nicht unerheblichem Maße gezogen.

Seine eigenen Bündnispartner in Teilen in rassistisch-herablassender Weise zu behandeln (China/Japan) und ihnen die gleichberechtigte Annerkennung auf diplomatischer Ebene in Teilen schlicht zu verweigern, passt auch nicht so ganz zu universalen Prinzipien.

Von daher war was Wilson zusammenschusterte ein grundsätzlich wahrscheinlich tragfähiger Kompromiss. Weder die praktische Einführung universaler Völker- und Menschenrechte, noch ein Heilsversprechen an die Deutschen, zu dem es gerne verklärt wird, sondern schlicht ein Modus Vivendi unter nicht unerheblicher Berücksichtigung der Intetessen der Entente zu Lasten allgemeiner Prinzipien.
 
Von Frankfurt/Main über Versailles nach Versailles

Klingt erst mal paradox, das müsste aber der Weg von deutscher Seite sein, sich die Pariser Vorortverträge anzuschauen.

Die offizielle deutsche Geschichtsschreibung ist daran jedoch nicht interessiert. Nun wird man sofort einwenden:

Offizielle deutsche Geschichtsschreibung, was soll das sein?

Geschichte wird durch einen Lehrplan der Schulbehörden gelehrt. Diese wiederum unterstehen den jeweiligen Kultusministerien und damit dem Einfluss der Politik. Sieht man sich die Schwerpunkte dieses Lehrplans an, dann geht das so

  • Französische Revolution (Entstehung der Demokratie)
  • 1848/1849 Deutsche Revolution (Scheitern der Demokratie in Deutschland durch Widerstand des Adels)
  • Industrielle Revolution (Ausbeutung der Massen durch Kapitalisten)
  • Imperialismus (Ausbeutung Afrikas, Lateinamerika und Asien durch Europäer)
  • 1. Weltkrieg mit Schwerpunkt auf die deutsche Schuld
  • Weimarer Republik (Scheitern der Republik durch das Versagen des Bürgertums)
  • 3. Reich hoch ³ (die ureigenste Aufgabe des Geschichtsunterrichtes in Angst vor einem Wiedererwachen der Nazis - eine geistige Impfkampagne unter Verzicht auf Knoblauch)
  • II. Weltkrieg mit all seinen Verbrechen von deutscher Seite (Pazifikkrieg oder China? Lenkt nur unnötig ab)
So im Mai 1945 endet dann Geschichte meistens. Mit rund 160 Jahren sollte es dann auch genug sein. Am Schluss sollte der Geschichtslehrer die Kinder zu aufrechten Demokraten, Antiimperialisten und Feinde des ausbeuterischen Kapitals gemacht haben. Das ist alles löblich.

Welch Verantwortung Geschichtslehrer haben, sieht man an die unterschiedliche Weltsicht von Ost und West. Bei allen Befragungen zur Meinung über die USA werden diese in den Neuen Bundesländern stets deutlich kritischer gesehen als im Westen unabhängig ob Bush jun., Obama oder Trump. Bei anderen Themen (NATO oder Russland) ist das ähnlich. Was man Kindern und Jugendlichen in der Schule und durch Medien mitgibt, bleibt auch viele Jahre später prägend.

Wir im Geschichtsforum dürfen uns von dieser offiziellen Geschichte lösen und auch querdenken. Dies ist gefahrlos, weil für oi,oi, oi ist dieses Forum vermutlich so interessant, wie alkoholfreies Bier. Meine folgenden Gedanken sind offiziell gar nicht möglich, da wir uns in einem Koordinatensystem zwischen Auschwitz, Petersberg und Elysee befinden bzw. von dort herkommen. Tolle Literatur von C4-Professoren brauchen wir dafür nicht, wir haben ja obige schulische Laufbahn genossen. Es genügt der einfache Menschenverstand.

Also starten wir mit der Paulskirche 1848/49. Vielleicht der entscheidende Moment der deutschen Geschichte.
Wie allseits bekannt, scheiterte der Versuch einer Demokratie an dem Widerstand der Aristokratie und ihrer konservativen Administration. Ob einen kleindeutschen oder einen großdeutschen Weg, Demokratie blieb dem Volk verwehrt.

1870/71 kam es zu einer kleindeutschen Lösung. Diese jedoch wurde von oben gestaltet und realisiert. Die Parlamentarier waren bei der Ausrufung des Reiches in Versailles nur am Katzentisch zugelassen. Kaiser und Militär echauffierten sich über das Erscheinen der Parlamentarier allgemein oder machten sich über deren Bekleidung lustig. Zivil war unangebracht und irgendwelche Reserveuniformen wurden verspottet. Dies sollte symptomatisch für die Verhältnisse im Kaiserreich werden. Parlamentarier waren nicht wirklich wichtig.

1919 fanden sich die Deutschen wieder in Versailles. Jetzt hätte die große Stunde der Deutschen kommen können. Zuvor hatte man auf Seiten der Entente noch getönt, man würde nur mit einer demokratischen Regierung in Deutschland Friedensgespräche führen. Die deutschen Parlamentarier dachten daher, die Entente würde zwischen Kaiser mit der alten Ordnung und der Republik unterscheiden. Bekommen hat man in Versailles den Hass, welcher in Frankreich seit Sadowa und Sedan gehegt worden ist.
 
Eingekreist? Diesmal ja

Durch das Zusammenbrechen der Hohenzollern- und Habsburger-Monarchien wurden die Grenzen in Europa neu sortiert. Insbesondere letzteres brachte neue Staaten auf die Landkarte. Nun hätte sich eigentlich die großdeutsche Lösung von 1848/49 ergeben müssen. Die Fürsten hatten abgedankt, die Deutsch-Österreicher aus ihrem Vielvölkerstaat entlassen. Jedoch ging nun das seit 300 Jahren altbekannte Spiel wieder los. Frankreich zog alle Register um den Deutschen zu schaden. Die Briten waren diesmal auf französischer Seite, was selten in der Geschichte der Fall war. Machen wir eine kurze Rundreise entlang der deutschen Grenzen

  • angefangen im Norden: Dänemark war im Krieg neutral geblieben. Nun wurde sich in Versailles jedoch der dänischen Minderheit in Deutschland angenommen. Dies war kein großer Aufreger, weil man schon unter Bismarck überlegt hatte, Nordschleswig an Dänemark zurück zu geben. Es war leider nie der passende Moment gekommen um es zu realisieren. Jedoch ist das Interesse in Versailles an dieser Frage dadurch ausgelöst, weil man erstmal Deutschland Menschenressourcen entziehen wollte
  • weiter geht es in den Nordosten. Der Aufreger damals schlechthin. Die Idee, Polen brauche einen Zugang zum Meer. Hierzu realisierte man einen Korridor und gab mit Gdingen den Polen die Möglichkeit einen Hafen zu bauen. Dadurch wurde jedoch Ostpreußen vom Reich geographisch abgetrennt. Besonders ungerecht wurde die Umwandlung von Danzig als Freistaat und Völkerbundverwaltung betrachtet. 70% der Danziger bekannten sich zu Deutschland, also eine 2-Drittel-Mehrheit. Silesia hat vor Jahren darauf hingewiesen, dass man als Deutscher diese Lösung als positiv sehen sollte. Man hätte ja Danzig einfach so an Polen geben können. Eine sehr pragmatische Sicht. Um diesen Gedanken fortzuführen, man hätte auch einfach Hamburg als Teil der Tschechoslowakei geben können. Schließlich hatten die Tschechen und Slowaken auch keinen Seehafen. Und die Einrichtung von entsprechenden Freihandelsrechten der CSR am Hamburger Hafen genügte wohl für Danzig nicht. Mein Gedanken dazu: Der Korridor und die Behandlung Danzigs dienten einzig und allein dazu, Polen in Feindschaft zu Deutschland zu bringen bzw. zu halten. Durch diesen deutsch-polnischen Konfliktherd musste Polen zwangsläufig dem bedeutsamsten Feind Deutschlands, Frankreich, als Verbündeten suchen
  • die Provinz Posen war mehrheitlich polnisch bewohnt. 3/5 waren polnisch und 2/5 deutsch. Man bemühte sich hier auf Entente-Seite, rein deutsche Gebiete bei Deutschland zu belassen. In den 1920er und 30er Jahren war das Schicksal der Deutschen in diesem Gebiet ein Thema, aber hier hätte man wohl ein Übereinkommen zwischen Deutschen und Polen finden können
  • Oberschlesien: In einer Abstimmung in bestimmten Gebieten, welches Polen für sich reklamierten wollten jedoch nur 40% dem polnischen Staat angehören. 60% der Einwohner stimmten für Deutschland. Frankreich versuchte jedoch die "Korfanty-Linie" durchzusetzen. Dadurch sollte die Schwerindustrie (Kohle und Stahl) Oberschlesiens komplett an Polen fallen und dem Deutschen Reich als Ressource entzogen werden. Dies konnte nicht im vollen Umfang durchgesetzt werden, aber Frankreich konnte hier seine Pläne zumindest teilweise realisieren
  • Deutsch-Böhmen: In dem Gebiet lebten etwa 2 Millionen Deutsche und 100.000 Tschechen. Die Bevölkerung wollte Teil Deutsch-Österreichs werden. Dies wurde ihnen verwehrt, man zwang sie Teil der CSR zu werden. Dies brachte die CSR in Konflikt zu Deutschland. Um deutsche Ansprüche auf dieses Gebiet abwehren zu können, brauchte die CSR die Unterstützung Frankreichs, dessen Bündnispartner man wurde
  • Deutsch-Österreich: Die Provisorische Nationalversammlung für Deutsch-Österreich beschloss am 12.11.1918 den Anschluss an Deutschland. Dies konnte Frankreich und Italien nicht gefallen. War es doch französische Staatsraison die Deutschen auf unterschiedliche Nationalstaaten zu verteilen und sie militärisch zu dominieren. Entgegen dem klaren Willen der Deutsch-Österreicher mussten diese einen eigenen Staat gründen und durften nicht dem Deutschen Reich betreten.
  • Südtirol: Den Italienern wurden bereits 1915 durch Russland und - welch Überraschung - Frankreich das weitgehend deutsch besiedelte Südtirol als Gegenleistung für einen Kriegsbeitritt auf Entente-Seite versprochen. Wilsons Versprechungen zur Selbstbestimmung der Völker spielte daher für die Südtiroler keine Rolle
  • Kanaltal: das mehrheitlich deutsch, teilweise auch slowenisch bewohnte Gebiet erweckte die Begehrlichkeit Italiens. Diese ließen es sich 1919 in St. Germain abtreten
  • Elsass und Lothringen: Hatten wir schon ausgiebig diskutiert. Hier hatten es die Deutschen vermasselt, so dass der Weg nach Frankreich unumgänglich war
  • Saargebiet: In Frankreich meinte man, dass die Saarkohle und die lothringischen Eisenhütten so eng verwoben seien, dass man das Saargebiet für 15 Jahre beherrschen müsse. Frankreich dachte, man könne die Saarländer für Frankreich gewinnen. Gefragt wurden die Saarländer 1935. Die Antwort war so eindeutig, dass die Franzosen aus allen Wolken gefallen sein dürften
  • Ostbelgien (Eupen und Malmedy): Damit auch jedes an Deutschland angrenzende Land etwas Beute abbekam, wurden Belgien die Landkreise Eupen und Malmedy zugeschanzt. Da klar war, dass die Bevölkerung mehrheitlich dies nicht gutheißen würde, fand eine Pseudo-Abstimmung statt. Diese war weder geheim noch frei. Wer für Deutschland stimmen wollte, wurde nach Deutschland ausgewiesen. 1925 wollten die Belgier die Gebiete an Deutschland zurück verkaufen. Das verboten jedoch die Franzosen. Durch die Übertragung dieser Gebiete konnte doch Frankreich hoffen, zwischen Deutschland und Belgien einen offenen Konflikt zu schaffen und dadurch für die Belgier als Schutzmacht erforderlich zu sein
Wird fortgesetzt
 
Offizielle deutsche Geschichtsschreibung, was soll das sein?

Geschichte wird durch einen Lehrplan der Schulbehörden gelehrt. Diese wiederum unterstehen den jeweiligen Kultusministerien und damit dem Einfluss der Politik. Sieht man sich die Schwerpunkte dieses Lehrplans an, dann geht das so

Dieses Modell wird schon durch den Föderalismus ausgehebelt und dementsprechend dadurch, dass Bildungsinhalte Sache der jeweiligen Länder sind.
Darüber hinaus gibt es ja auch nichtschulische Institutionen des Bundes oder seiner Glieder - es sei z.B. die Bundeszentrale für politische Bildung genannt - die sich mit der Pflege und Vermittlung auch der jüngeren deutschen Geschichte befassen und deren Inhalte etwas differenzierter ausfallen als das komprimierte Lernmaterial des Schulunterrichts.

Das die entsprechenden Lehrpläne zumeist auf Kontinuitäten und Narrative abstellt, die einen sehr starken pädagogischen Ansatz verfolgen und Themen nur oberflächlich aufgreifen ist demgegenüber korrekt. Man wird dann aber auch zugestehen müssen, dass die Problematik der beschränkten Zeit für den Geschichtsunterricht das in wesentlich detaillierterer Form nicht her gibt. Ebenso, dass der Schulunterricht ein Aspekt in der Genese populärer Geschichtsauffassungen bzw. Ansichten zu historischen Inhalten ist, aber bei weitem nicht der einzige.


Wenn ich irgendeinen Mangel am Geschichtsunterricht feststellen kann, liegt der darin, dass man die Schüler zu wenig zur Eigenrecherche motiviert, denn das setzt meiner Erfahrung nach zumeist erst in der Oberstufe und stringent erst im Leistungskurs ein.
Wenn es in Sachen Unterricht gravierende Defizite gibt, dann an dieser Stelle


Welch Verantwortung Geschichtslehrer haben, sieht man an die unterschiedliche Weltsicht von Ost und West. Bei allen Befragungen zur Meinung über die USA werden diese in den Neuen Bundesländern stets deutlich kritischer gesehen als im Westen unabhängig ob Bush jun., Obama oder Trump. Bei anderen Themen (NATO oder Russland) ist das ähnlich. Was man Kindern und Jugendlichen in der Schule und durch Medien mitgibt, bleibt auch viele Jahre später prägend.

Zum einen möchte ich darauf hinweisen, dass sich das nun mittlerweile doch ziemlich an tagespolitische Bereiche annähert, zum anderen mag es prägend bleiben, was das Kind oder der Jugendliche aber für sich mitnimmt hängt stark von dessen eigener Verfasstheit ab und dementsprechend davon ob der Schüler oder die Schülerin eher ein integratives oder ein emanzipatorisches Bedürfnis mitbringt.
Demnach möchte ich in Frage stellen, dass in Ostdeutschland die allgemeine Meinung mehr mit tradierten Ansichten von vor 1990 zusammen hängt, als mit tatsächlich intensiverer Beschäfftigung mit den Themen, im Bezug auf die NATO sehe ich Ostdeutschland auch wesentlich kritischer, im Bezug auf Russland allerdings nicht.

Bevor ich nun einen dafür drüber bekomme, erkläre ich meinen Abstecher in die Betrachtungen zur Lage der Nation hiermit für beendet.

Wir im Geschichtsforum dürfen uns von dieser offiziellen Geschichte lösen und auch querdenken. Dies ist gefahrlos, weil für oi,oi, oi ist dieses Forum vermutlich so interessant, wie alkoholfreies Bier. Meine folgenden Gedanken sind offiziell gar nicht möglich, da wir uns in einem Koordinatensystem zwischen Auschwitz, Petersberg und Elysee befinden bzw. von dort herkommen. Tolle Literatur von C4-Professoren brauchen wir dafür nicht, wir haben ja obige schulische Laufbahn genossen. Es genügt der einfache Menschenverstand.

Blöde frage am Rande? Wer sollte sich nicht von bestimmten Deutungs-Tracks lösen dürfen? Ich habe mir in der 12. Klasse LK im Rahmen einer Klausur im Hinblick auf die Aufgabenstellung, mal den Realitätsgehalt der Forderungen des Alldeutschen Verbandes bzw. der "Deutschen Vaterlandspartei" nach einem Siegfrieden, Stand Anno Ende 1917 Anfang 1918 zu erörtern.

Was habe ich also damals getan? Ich habe dreist und vorlaut, wie man in dem Alter einmal ist, im Besonderen wenn man es besser zu wissen glaubt und mit dem System Schule ohnehin auf Kriegsfuß steht, da reingeschreiben, dass die prinzipielle Forderung nach einem Siegfrieden dem Kriegsverlauf Anno Ende 1917 anhand des Kriegsverlaufes nicht gänzlich unrealistisch gewesen sei, da:

- Umstand der Propaganda
- Keine aus Sicht der Zentralmächte negativen Entwicklungen an der Westfront
- Absehbarer militärischer Zusammenbruch Russlands und damit in absehbarer Zeit freie Truppen für andere Kriegsschauplätze.
- Amerikaner noch nicht in Erscheinung getreten und noch mit der Aufstellung einer Armee beschäfftigt
- Italienische Front aus sicht der Entete gefährlich am Wackeln.

- Daraus resultierend: Fortschritte oder mindestens keine Rückschritte an den für die Kriegslage in Europa relevanten Fronten, die durch die Entente nicht egalisiert werden konnten, daher Stand 1917 keine Aussichten der Entente die besetzten Gebiete mit Gewaltmitteln wieder in die eigene Hand zu bringen, daher gegebene Basis für einen wie auch immer gearteten Siegfrieden.



Das würde ich mit dem was ich heute darüber weiß selbstredend nicht mehr in zum Besten geben, damals aber schon und das war mit Sicherheit nicht dass, was der Lehrplan so produzieren sollte.

Das hat mir keinen Schulverweis eingebracht. Auch keinen Termin bei der Rektorin oder irgendeine andere Sanktion. Die Arbeit ging mit 1 - durch, mit der Begründung, dass das zwar nicht nicht den objektiven Tatsachen entsprach, man in der Form aus der Sicht der beteiligten an den Entsprechenden Programmen unter Berücksichtigung des Umstands der allgegenwärtigen Kriegspropaganda und in Ermangelung einer transparenten Informationslage in der Tat so argumentieren könnte.

Insofern ist, die Behauptung abweichende Interpretationen im schulischen Kontext würden zwangsläufig negative Konsequenzen nach sich ziehen so nicht korrekt, dafür bin ich der lebende Beweis.
Im Übrigen hatte mir diese Äußerung durchgehen zu lassen nebenbei den positiven Effekt zu meiner Überzeugung beizutragen, dass auch in dem Kontext keine dezidierte Meinungsdiktatur herrscht.:)



Überhaupt sehe ich, wenn ich mich da auf populäre Narative einschieße das Problem gar nicht so sehr im Bildungspolitischen Kontext oder in solcherm, der in anderer Form mit staatlichen Institutionen verpflochten ist, denn der Staat und seine Glieder kommen aus der politischen Verantwortung (zum Glück, würde ich meinen) einmal nicht heraus und sind deswegen an bestimmte Rahmeninhalte gebunden, die sich mit der politischen Linie vertragen und insofern ist eine gewisse Verbindung von Geschichtschreibung und Geschichtspolitik im Sinne von druch den Staat aus politischen gründen bevorzugte (dadurch nicht zwangsläufig völlig falsche) Ansichten, wie ich das sehe einmal Systemimmanent.

Geschichte ist einmal eine desktiptive Disziplin, Politik eine weitgehend Normative, die vollkommen "sine ira et studio" mindestens in demokratischen Systemen wo die Befindlichkeiten der Massen eine erhebliche Rolle spielen, nicht zu leisten ist, das verträgt sich einmal nicht.
Wer Politik machen will, muss egal in welche Richtung er Politik machen will einmal Menschen mobilisieren und das geht nur mit dem Vereweis auf Pathos, Narrative und Mythen, nicht mit Verweis auf faule, historische Kompromisse, die sich zur Heroisierung nicht eignen.
Und deswegen sind der Staat und seine Glieder systemimmanent die falschen Adressaten einer solchen Kritik, denn die können auf Grund ihrer Funktion gar nicht anders als sich Lesarten zu bediehnen die die politische Arbeit so wenig als möglich Konterkarrieren.

Die eigentlichen Adressaten einer solchen Kritik können nur die freie Presse und die freien Medien sein, denn wozu hat man so etwas? Die in diversen Fällen vollkommen augenscheinliche Differenz zwischen dem öffentlich kaum wirklich repräsentierten Forschungsdiskurs und der aus politischen Gründen bevorzugten Lesart bestimmter Ereignisse müsste sich ja, wenn es eben um diese Themen geht, es sei der 1. Weltkrieg, der Investiturstreit, der amerikanische Bürgerkrieg oder sonst etwas, eigentlich gut eignen um diese Betrachtungsdifferenz aufzugreifen und zu besprechen.
Im Gegensatz zum Staat liegen hier keine politischen Verpflichtungen auf eine bestimmte Generallinie vor und somit ist der Spielraum gegeben, er wird aber nicht genutzt und das ist ein orriginäres, selbstgemachtes Problem der Medienlandschaft und nicht der Politik.

Ich finde das gerade deswegen schade, da heute mit den Möglichkeiten des Internets eigentlich auch die Möglichkeit gegeben wäre sich nicht in kurzen Abrissen, sondern ausführlich und jederzeit abrufbar über diese Dinge zu verbreiten.
 
Gehen wir auch das inhaltlich nochmal an:


. Frankreich zog alle Register um den Deutschen zu schaden. Die Briten waren diesmal auf französischer Seite, was selten in der Geschichte der Fall war. Machen wir eine kurze Rundreise entlang der deutschen Grenzen

Hätte Frankreich alle Register gezogen um den Deutschen zu schaden, hätte es nachdem sich Deutschland gemäß der Waffenstillstandsbedingungen von Compiègne weitgehend selbst entwaffnet und die französischen und belgischen Gebiete geräumt hatte die Verhandlungen einfach platzen lassen und wäre im Rheinland einmarschiert. Dagegen hätte sich Deutschland militärisch nicht mehr wehren können.
Hätten die Briten ein solches Unterfangen unterstützt, hätten sich die Franzosen davon erst recht nicht abhalten lassen. Tatsächlich bemühte man sich von britischer Seite her mit der Aussicht auf Britische und US-Amerikanische Garantien für die französische Ostgrenze den Franzosen die Forderung nach Rhein und Saar abzukaufen.
Konsequentes Handeln gegen deutsche Interessen sieht anders aus.

  • weiter geht es in den Nordosten. Der Aufreger damals schlechthin. Die Idee, Polen brauche einen Zugang zum Meer. Hierzu realisierte man einen Korridor und gab mit Gdingen den Polen die Möglichkeit einen Hafen zu bauen. Dadurch wurde jedoch Ostpreußen vom Reich geographisch abgetrennt. Besonders ungerecht wurde die Umwandlung von Danzig als Freistaat und Völkerbundverwaltung betrachtet. 70% der Danziger bekannten sich zu Deutschland, also eine 2-Drittel-Mehrheit. Silesia hat vor Jahren darauf hingewiesen, dass man als Deutscher diese Lösung als positiv sehen sollte. Man hätte ja Danzig einfach so an Polen geben können. Eine sehr pragmatische Sicht. Um diesen Gedanken fortzuführen, man hätte auch einfach Hamburg als Teil der Tschechoslowakei geben können. Schließlich hatten die Tschechen und Slowaken auch keinen Seehafen. Und die Einrichtung von entsprechenden Freihandelsrechten der CSR am Hamburger Hafen genügte wohl für Danzig nicht. Mein Gedanken dazu: Der Korridor und die Behandlung Danzigs dienten einzig und allein dazu, Polen in Feindschaft zu Deutschland zu bringen bzw. zu halten. Durch diesen deutsch-polnischen Konfliktherd musste Polen zwangsläufig dem bedeutsamsten Feind Deutschlands, Frankreich, als Verbündeten suchen.
  • .
Fangen wir hier erstmal mit der folgenden Frage an: Wer hat denn damit angefangen einen polnischen Staat nach eigenem Gusto für eigene Zwecke konstruieren zu wollen? Hatte man da nicht von deutscher Seite anno 1916 im Warschauer Schloss mal so etwas wie ein "Regentschaftskönigreich Polen" proklamieren lassen?

War die Idee, das Polen einen Zugang zum Meer brauchte per se ein Aufreger? Das hing wohl von der Gestaltung dieses Zugangs ab. Während des Krieges wurde, wenn man MacMillan (Peacemakers, sofern ich nicht irre) folgt, durchaus diskutiert ob man eine hinreichende Anbindung Polens an die Ostsee nicht bereits durch eine Internationalisierung der Weichsel und der Umwandlung Danzigs in eine Art Freihandelszone erreichen könnte, ein Standpunkt der von britischer Seite ventiliert wurde (was im Übrigen einmal mehr der Behauptung wiederspricht, die Briten hätten sich mit den Franzosen verschworen mum alles erdenkliche Schlechte über die Deutschen zu bringen).
Insofern war die Idee Polen brauche eine Anbindung zum Meer per se kein Aufreger. Auch die Überlegung der Abtretung der Kaschubei an Polen so dass es eine Landverbindung zum Meer gehabt hätte, wäre auf Grund der slawisch-Sprachigen Bevölkerung keinallzu großer Aufreger gewesen, wenn man an die Abtretung dieser Region die Bedingung des zollfreien Transits ziviler Güter zwischen Ostpreußen und Pommern gebunden hätte. Hier war eher die Ausgestaltung ein Problem, als die Tatsache das..... .

die Provinz Posen war mehrheitlich polnisch bewohnt. 3/5 waren polnisch und 2/5 deutsch. Man bemühte sich hier auf Entente-Seite, rein deutsche Gebiete bei Deutschland zu belassen. In den 1920er und 30er Jahren war das Schicksal der Deutschen in diesem Gebiet ein Thema, aber hier hätte man wohl ein Übereinkommen zwischen Deutschen und Polen finden können
Man bemühte sich nicht nur darum, sondern beließ dies sgn. "Grenzmark Posen-Westpreußen" ja auch tatsächlich bei Deutschland. Warum hätte man das noch gleich tun sollen, wenn es darum gegangen war den Deutschen maximalen Schaden zuzufügen?
 
  • Oberschlesien: In einer Abstimmung in bestimmten Gebieten, welches Polen für sich reklamierten wollten jedoch nur 40% dem polnischen Staat angehören. 60% der Einwohner stimmten für Deutschland. Frankreich versuchte jedoch die "Korfanty-Linie" durchzusetzen. Dadurch sollte die Schwerindustrie (Kohle und Stahl) Oberschlesiens komplett an Polen fallen und dem Deutschen Reich als Ressource entzogen werden. Dies konnte nicht im vollen Umfang durchgesetzt werden, aber Frankreich konnte hier seine Pläne zumindest teilweise realisieren
Auf die Problematik des oberschlesischen Abstimmungsergebnisses war ich in einem Vorherigen Beitrag schonmal eingegangen.

- Man hätte behaupten können, die Region habe mehrheitlich für Deutschland bestimmt und sie damit im Reich belassen können. Dann hätte man aber den politischen Wunsch der südostlichen Abstimmungsbezirke missachtet, die deutlich für Polen votierten.
- Man hätte das streng nach Astimmungsergebnissen Sezieren können, dann hätte man bei dem Ergebniss allerdings zum einen das Problem von Exklaven gehabt und nebenher wäre der Wirtschaftsraum Oberschlesien hin gewesen, denn ein von Zollgrenzen durchzogenes Konglomerat von Industriestädten funktioniert einmal nicht. Die dort lebenden Menschen hätten dann zwar ihren politischen Wunsch erfüllt bekommen, aber ihre wirtschaftliche Lebensgrundlage verloren und der europäischen Industrieleistung, die zwecks Wiederaufbau wieder hochgefahren werden musste, hätte das auch nicht geholfen.
- Man konnte versuchen die Provinz unter Missachtung der Ergebnisse einzelner Bezirke zu teilen. Das war der Kompromiss zwischen politischer Selbstbestimmung und Erhaltung des Wirtschaftsraumes der beiden Problematiken Rechnung trug.

Hier waren durchaus ernstzunehmende Sachzwänge neben politischen Erwägungen für das Ergebnis verantwortlich. Im Übrigen vergisst du einmal wieder die Britische Meinung dazu zu erwähnen, die mit der französischen alles andere als d'accord war. Die Briten hatten demgegenüber ein orriginäres Interesse daran dass möglichst viel von Oberschlesien bei Deutschland bleibt, damit Deutschland seine Reparationen würde bedienen können. An Polen hatte man ja keine Forderungen und ein dezidiertes Interesse Deutschland auf dem Kontinent Schaden zuzufügen auch nicht. Die Britische Haltung ist im übrigen ursächlich dafür, dass es überhaupt zu einer Abstimmung und dem Verbleib des Nordwestteils der Provinz mit immerhin einem Viertel der dortigen Industrie und Kohlevorkommen blieb. Ohne britisches Insistieren, wäre das auf polnsich-französisches Betreiben auch weg gewesen.

Übrigens verstehe ich deinen Verweis auf die Prozentzahlen des Abstimmungsergebnisses dahingehend dass dir ein Verbleib der ganzen Region bei Deutschland als dass legitime vorschwebte. Kann man natürlich so sehen. Dann ist allerdings deine vorherige Einlassung betreffs der Provinz Posen inkonsequent, denn die hätte dann komplett an Polen gehen müssen, inklusive des südlichen Teils der "Grenzmark Posen - Westpreußen". Posen hatte ja mehr oder weniger bereits im Vorhinein mit seinem Aufstand gegen Preußen kundgetan dass man eine Emanzipation von Berlin wünschte und der war ja nun eine durchaus von der Bevölkerung mitgetragene Angelegenheit.


Saargebiet: In Frankreich meinte man, dass die Saarkohle und die lothringischen Eisenhütten so eng verwoben seien, dass man das Saargebiet für 15 Jahre beherrschen müsse. Frankreich dachte, man könne die Saarländer für Frankreich gewinnen. Gefragt wurden die Saarländer 1935. Die Antwort war so eindeutig, dass die Franzosen aus allen Wolken gefallen sein dürften

Genau wie Danzig taugt das Saargebiet nur bedingt als Aufreger, weil keine dezidierte endgültige Annexion vorgenommen wurde. Sowohl der Status des Saarlandes, als auch Danzig wurden ja bewusst so zugeschnitten, dass sie später revidiert werden konnten. Warum hätte man das tun sollen, wäre es von Beginn an darum gegangen Deutschland so weit als möglich zu schaden?



Fazit

- Als Aufreger in Sachen Versailles und Saint-Germain kann man im Bezug auf den deutschsprachigen Raum sicherlich festhalten, dass man die Bevölkerungen Elsass-Lothringens, von Alto-Adige (Südtirol ist zu weit gefasst, denn das Trentino war ja sprachlich schon damals mehrheitlich italienisch, so dass dessen Abtrennung im Geiste des Selbstbestimmungsrechtes der Völker nicht völlig illegitim war) der tschechischen Grenzgebiete und Westpreußens inklusive Danzigs, ausnehmlich Grenzmark und Kreis Marienwerder nicht fragte und dass man in Eupen-Malmédy und Österreich in den demokratischen Selbstbestimmungsprozess hineinfuhrwerkte und diesen abwürgte.
- Als weiteren Aufreger würde ich persönlich noch hinzusetzen, dass Danzig unter Polnische Zollhoheit gestellt wurde, was Polen die Möglichkeit gab Ostpreußen, dass auf Danzig als Ausfuhrhafen, wegen der geringen Tiefe des frischen Haffs und der dadurch nut bedingten Eignung des Königsberger Hafens, eigentlich dringen angewiesen war, durch rigoriose Zollpolitik wirtschaftlich zu drangsaliern. Auch das hätte mMn nicht sein dürfen.

Da ist aber festzuhalten, dass die Problematiken Danzig und Österreich durch spätere Regelungen durchaus noch revidierbar gewesen wären, zum wirklich dauerhaften Aufreger taugen sie also weniger.

In Oberschlesien, auch wenn das wirtschaftlich weh tat, lagen bei dem Abstimmungsergebnis einmal Probleme vor, die einen Kompromiss und damit eine Teilabtretung nahelegten um sowohl dem Gedanken der politsichen Selbstbestimmung, als auch der wirtschaftlichen Funktionalität Rechnung zu tragen. Anderswo wurden in Westpreußen und Posen (Grenzmark, Kreis Marienwerder) Territorien ausgegliedert und bei Deutschland belassen, so dass von einseitiger Diskriminierung Deutschlands bei Grenzfragen im Osten in so krassem Ausmaß bei Lcihte besehen keine Rede sein kann.



Alto-Adige, Elasass-Lothringen, Sudetengebiete und Teile Westpreußens sind natürlich kaum revidierbare Ärgernisse, wirtschaftlich (wenn wir mal beachten, dass der wirtschaftlich interssante Teil Lothringens ohnehin der französischsprachige war, der sich unter Bismarck unter eher fragwürdeigen Umständen angelacht wurde), aber kein größeres Problem.
Sicherlich schade für alle, die sich ein Großdeutschland gewünscht hatten. Andererseits Frankreich musste und muss ja auch auf die Wallonie verzichten.

Insofern stellst du das überzogen dar. Konspirative interalliierte Maßnahmen um Deutschland zu Grunde zu richten, hätten anders ausgesehen.
 
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Geschichte wird durch einen Lehrplan der Schulbehörden gelehrt. Diese wiederum unterstehen den jeweiligen Kultusministerien und damit dem Einfluss der Politik. Sieht man sich die Schwerpunkte dieses Lehrplans an, dann geht das so

  • Französische Revolution (Entstehung der Demokratie)
  • 1848/1849 Deutsche Revolution (Scheitern der Demokratie in Deutschland durch Widerstand des Adels)
  • Industrielle Revolution (Ausbeutung der Massen durch Kapitalisten)
  • Imperialismus (Ausbeutung Afrikas, Lateinamerika und Asien durch Europäer)
  • 1. Weltkrieg mit Schwerpunkt auf die deutsche Schuld
  • Weimarer Republik (Scheitern der Republik durch das Versagen des Bürgertums)
  • 3. Reich hoch ³ (die ureigenste Aufgabe des Geschichtsunterrichtes in Angst vor einem Wiedererwachen der Nazis - eine geistige Impfkampagne unter Verzicht auf Knoblauch)
  • II. Weltkrieg mit all seinen Verbrechen von deutscher Seite (Pazifikkrieg oder China? Lenkt nur unnötig ab)
So im Mai 1945 endet dann Geschichte meistens.

Kann ich so in den Plänen nicht nachvollziehen.. Generell - vereinfacht - zielt die Thematik deutlich stärker auf sozialen Wandel im Rahmen der Moderne ab. Und die Brüche innerhalb des Politischen System im Spannungsfeld zwischen Monarchie, Demokratie und Diktatur. Unter besonderen Berücksichtigung interdisziplinärer Aspekte.

In den Plänen kann ich lediglich den Versuch erkennen, eine Didaktik zu praktizieren, die den Erkenntnisstand des Faches Geschichte immanent und reflexiv vermittelt.

Allgemeine Zielsetzungen (Bayern)
http://www.isb-gym8-lehrplan.de/contentserv/3.1.neu/g8.de/index.php?StoryID=26390

Die Themen im Einzelnen:
https://www.lehrplanplus.bayern.de/fachlehrplan/gymnasium/11/geschichte

Zu den Themen im Einzelnen: (BW)
http://www.bildungsplaene-bw.de/bildungsplan,Lde/Startseite/BP2016BW_ALLG/BP2016BW_ALLG_GYM_G
 
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