Das ist aber doch eher unwahrscheinlich. Es ist ja nicht so, dass die Römer nicht ähnliche Landschaften schon zuvor kennen gelernt und erobert hätten. Sei es in Gallien, in Spanien, in Kleinsasien, im Libanon, in den Alpen, oder im pannonisch-illyrischen Raum.
Naja, ich wollte das nicht unbedingt als These formulieren, sondern eher als Zweifel. Beim Anblick dieser Landschaft drängt sich mir einfach die Frage auf, wie es mit Methoden der Antike möglich gewesen sein soll, eine solche Region zu kontrollieren. Allein die Gegend mit schwer bepackter Infanterie zu durchqueren, muss eine unglaubliche Strapaze gewesen sein. Selbstverständlich haben die Legionen deshalb in großem Umfang leichte Hilfstruppen eingesetzt. Diesen leichten Truppen fehlte dann allerdings auch die taktische Überlegenheit der Legionen.
Der Hinweis auf Pannonien ist natürlich richtig. Die Gegend ist mindestens genauso krass, und da haben sich die Römer auch durchgesetzt. Allerdings hat es sie auch alle Kraft gekostet. Vergleiche mit Gallien und Süddeutschland halte ich dagegen für verfehlt. Es war ja nicht die Topografie allein, mit der die Römer zu kämpfen hatten. Hinzu kam der militärische Gegner. In Gallien und Süddeutschland sind die Legionen gegen die keltische Oppida-Kultur angetreten. Dort gab es Verwaltungs- und Machtzentren, die erobert werden konnten. Von diesen Zentren aus ließ sich danach das umliegende Land kontrollieren. In Germanien konnte diese Strategie nicht funktionieren, weil es dort keine solchen Zentren gab. Da war niemand, den man mit einem konzentrierten Angriff besiegen konnte. Es gab nur viele kleine Gruppen, die alle nacheinander unterworfen werden mussten. Und wenn diese Gruppen verteilt in den Mittelgebirgen wohnten, dürfte es ziemlich schwer gewesen sein, sie überhaupt alle zu finden.
Ein großes Problem der Römer scheint ja wohl darin gelegen zu haben, dass sie nie wussten, was ihr Sieg wert war, wenn sie einen "Stamm" geschlagen und dessen Unterwerfung entgegen genommen hatten. Die Stämme waren so inhomogen, dass immer unsicher blieb, wie groß der Kreis der Menschen, die sich an die Unterwerfung gebunden fühlten, überhaupt war. Zumindest kann man das aus den Berichten der römischen Geschichtsschreiber schließen, in denen es heißt, dass die Germanen sich immer wieder unterworfen und kurz darauf "unter Preisgabe ihrer Geiseln" wieder erhoben hätten. Wolters und Dreyer haben das meiner Ansicht nach schön dargelegt.
Deshalb jetzt nochmal als Diskussionsgrundlage, nicht als These, folgendes Szenario:
Die Römer haben versucht, Germanien mit den gleichen Mitteln zu unterwerfen, die im Falle Galliens wirkungsvoll waren. Sie haben sich an einigen zentralen Orten niedergelassen. Da es vor ihrer Ankunft keine Zentralorte gab, haben sie selbst welche errichtet. Und sie haben gehofft, von dort aus jeweils das Umland unter Kontrolle halten zu können. Sie sind davon ausgegangen, dass diese Strategie weitgehend erfolgreich war. Sie dachten, Germanien wäre fast schon eine Provinz. In der Phase schickten sie Varus als Statthalter, um nunmehr zivile römische Strukturen aufzubauen. Der Aufstand unter Arminius hat dann gezeigt, dass Rom zu keinem Zeitpunkt die flächendeckende Kontrolle über die Stämme hatte, an die man immer geglaubt hatte.
MfG