Die Völkerwanderung als große Migration

Jaja, erst durch die übereinstimmende Willenserklärung kommt ein Rechtsgeschäft zustande.
Ist zwar ein Allgemeinplatz, Hauptsache widersprochen ...aber naja, geschenkt.

Nein. Individualismus, d.h. auch individuelle Entscheidungen sind neuzeitliche Entwicklungen. Das gab es damals einfach nicht. Es gab kein "Heute will ich ein Westgote sein" oder "Heute will ich kein Westgote mehr sein", solche Entscheidungen waren nur wenigen vergönnt. Der Rest hatte sich dem Personenverbandssystem in dem er sich befand zu fügen.

Und genau dies ist die Fehldenke die Dich immer wieder ins 19. Jahrhundert zurück wirft. Die erobernden Goten oder Franken hatten kein ethnische Identität die sie hätten aufgeben können.
Selbstverständlich hatten sie diese Identität. Isidor von Sevilla unterscheidet z.B. die Westgoten von der Iberoromanischen Bevölkerung anhand der Kleidung.
An der ethnischen Identität festzuhalten ist kein Rückfall ins 19. Jahrhundert. Man hat diese ethnische Identität früher an "rassischen" Aspekten festgemacht. Davon ist man (bis auf einige ewiggestrige) nach 1945 glücklicherweise abgekommen. Die ethnische Identität aber zu verleugnen hieße, das Kind mit dem Bade auszuschütten, also vom rassistischen Extrem zur Undifferenziertheit zu kommen

Nix mit kraftstrotzenden jungen Völkern. Die Heere zogen ihre Identität aus anderen Quellen, nicht aus der "ethnischen Abstammung"

Ich zitiere nochmals aus dem Ploetz
Vielleicht solltest Du den Ploetz mal richtig lesen.

Im Übrigen habe ich mit keinem Wort geschrieben, dass es sich bei der Ethnizität um eine Sache des Blutes (oder um "kraftstrotzende junge Völker") handele. Das ändert aber nichts daran, dass der einzelne nicht individuell entscheiden konnte, sondern als Klient seinem Personenverband verpflichtet war (dem vom Fürsten bis zum Sklaven alle angehörten) und dass man vom Rest der Gruppe als dazugehörig anerkannt sein musste.
 
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Da zugleich mit dem Übertritt der Westgoten zur Katholischen Kirche das Heiratsverbot (Connubium) zwischen Westgoten und der altansässigen romanisierten Bevölkerung entfiel,

Es entfiel eben zunächst nicht! Erst unter Rekkesvinth, also gerade mal ein halbes Jahrhundert vor der Eroberung wurde das Connubiumverbot aufgehoben.

Zur Zeit der Reconquista erfolgte eine Rückbesinnung auf das Reich der Westgoten, woraus die christlichen Könige unter anderem die Legitimation zur Rückeroberung bezogen und die unter dem Schlagwort "Neogotizismus" bekannt ist.

Genau das ist es, was den Begriff Reconquista ausmacht: Legitimation. Denn die Bevölkerung war ja die gleiche gebleiben, lediglich die Herrscherkaste war ausgetauscht worden.
 
Ergo: Die Zugehörigkeit durch "Willenserklärung" ist viel entscheidender als die ethnische Zugehörigkeit, 400 nChr. nicht anders als heute.

Das ist sicherlich korrekt. Bei den germanischen Stämmen der Völkerwanderung geht es aber darum, dass man nach Einschmelzung der heterogenen Gruppen und Volkssplitter von einer neuerlichen Ethnogenese spricht: so z.B. bei den Goten nach der Errichtung ihres Schwarzmeer-Reichs, oder bei den Langobarden nach ihrer Einwanderung nach Italien.

In beiden Fällen gab es eine ethnische Ausgangssituation, bei den Langobarden in ihren ursprünglichen Sitzen an der mittleren Elbe und bei den Goten in ihren alten Stammessitzen am südlichen Ostseeufer, vielleicht sogar in Skandinavien, obwohl das umstritten ist. Diese ursprünglichen Völker bildeten nach Hinzutreten anderer Stammes- und Volksgruppen die genannten Traditionskerne, die im Rahmen einer erneuten Ethnogenese und im Verlauf mehrerer Generationen mit den neuen Gruppierungen zu einer neuen Einheit verschmolzen.

Die Langobarden, die man um 700 in Italien findet und die Westgoten, die man um 700 in Spanien antraf, waren nicht mehr vergleichbar mit den gleichnamigen Stämmen vierhundert Jahre zuvor in ihren Ursitzen. Es war ein Assimilationsprozess erfolgt, der in Italien und Spanien auch noch von der romanisierten autochthonen Bevölkerung gespeist wurde, und damit neue Ethnien unter alten Namen hervorbrachte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Um wieder zum Thema zu kommen. Wie heterogen diese wandernden germanischen Völker waren, zeigt auch ein Abschnitt im Lexikon des Mittelalters. Es bemerkt zu den Westgoten:

"Das nach der im 3. Jh. erfolgten Spaltung der Goten entstandene Volk der Terwingen, die sich selbst wohl Vesier (die Guten, Edlen) nannten, war die namengebende und beherrschende Gruppe der auch Taifalen, Sarmaten, dako-kap. Provinzialen, kleinasiatische Gruppen und Iranier umfassende "terwingisch-vesischen Völkergemeinschaft", die nach Aufgabe der Provinz Dakien bis zum Hunnensturm des Jahres 376 für etwa hundert Jahre nördlich der Donau und westlich des oberen Dnjestr und unteren Proth beheimatet war."

Hier wird ganz deutlich, was für ein Völkergemisch da wanderte, dieselte und erneut wanderte. Geblieben war der "Firmenname", aber dahinter verbarg sich nun etwas anderes als das, was aus den ursprünglichen Sitzen aufgebrochen war.
 
Es entfiel eben zunächst nicht! Erst unter Rekkesvinth, also gerade mal ein halbes Jahrhundert vor der Eroberung wurde das Connubiumverbot aufgehoben.

Habe ich gegoogelt, was lese ich
"Erst gegen 580 fiel das Cannubiumverbots"
so werden aus einem halben Jahrhundert 135 Jahre.
 
Habe ich gegoogelt, was lese ich
"Erst gegen 580 fiel das Cannubiumverbots"
so werden aus einem halben Jahrhundert 135 Jahre.

Das Connubiumverbot fiel mit den Gesetzen des Rekkesvinth, dessen Regierungszeit auf die zweite des 7. Jahrhunderts fällt. Da hat sich jemand mit Rekkared vertan, der um 590 zum Katholizimus übertrat. Es ist ja gerade so, dass beide Ereignisse nicht gleichzeitig passierten.
 
Für mich ist das Thema nach wie vor interessant, leider verliert es sich zunehmend in kleinteilige Nebenfragen.
Haben mir die spanisch-gotisch-maurischen Beispiele noch eine Facette der Völkerwanderungszeit gezeigt, kann ich aus der Hasting´schen Sprachgrenze wenig lernen.
In den Beiträgen auf den Seiten 3 und 4 von Tejason, Maglor u.a. ergab sich für mich eine spannende Spur des Zeitgeistes des 1. Jahrtausends und darum ging es Repo doch, oder?
Nationen im Sinne des 18./19.Jhd. gab es nicht, schon klar. Hilft es vielleicht weiter, sich den Erfahrungshorizont der damaligen Zeit vor Augen zu führen.
Zumindest das Römische Reich war bekannt, bes. in der Spätzeit wurde doch einigen römischen Soldaten auch mit "germanischem" Migrationshintergrund das Bürgerrecht verliehen. Mußte zur Willenserklärung Römer zu werden vielleicht noch eine kriegerische Vorleistung hinzukommen?
Im darauffolgenden Mittelalter strukturierte sich die Gesellschaft durch Gefolgschaften und Hörigkeiten.
In der Hörigkeit schwingt für mich auch Zugehörigkeit mit und die Anerkennung derselben durch andere.
Muß man bei der Diskussion über die Identitäten des 1. Jahrtausends vielleicht unterscheiden zwischen dem in Gefolgschaften folgenden "Volk" und den durch Kriegsglück oder Ahnenstammbaum mit "Königsheil" oder Prestige gesegneten Anführern?
 
Das Connubiumverbot fiel mit den Gesetzen des Rekkesvinth, dessen Regierungszeit auf die zweite des 7. Jahrhunderts fällt. Da hat sich jemand mit Rekkared vertan, der um 590 zum Katholizimus übertrat. Es ist ja gerade so, dass beide Ereignisse nicht gleichzeitig passierten.

Kann ja sein.
Aber zuerst mal lediglich eine Behauptung.
Könntest Du bitte eine Quelle nennen?

Meine Quelle für ca. 580:
Die Kirche in den Reichen der Westgoten und Suewen bis zur ... - Google Buchsuche-Ergebnisseite
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von Knut Schäferdiek - 1967

Seite 6
 
Meine Quelle ist wirklich eine, nämlich das Gesetzbuch des Chindasvinth und des Rekkesvinth. Darin sind die Gesetze aufgeführt als Gesetze des Chindasvinth, als Gesetze einiger anderer Könige - ich glaube sogar bis Rekkared zurück - und natürlich als Gesetze des Rekkesvinth, der das Gesetzeswerk seines Vaters Chindasvinth fortgeführt hat, und als Antiquae, also als alte Gesetze. Das Gesetz, welches das Connubiumverbot aufhebt, ist klar als Gesetz des Rekkesvinth deklariert und hebt auch deutlich die Änderung vom alten Recht zum neuen Recht hervor:

bk3
FLAVIUS RECESVINTUS, KING.
II. It shall be as Lawful for a Roman Woman to Marry a Goth, as for a Gothic Woman to Marry a Roman.

The zealous care of the prince is recognized, when, for the sake of future utility, the benefit of the people is provided for; and it should be a source of no little congratulation, if the ancient law, which sought improperly to prevent the marriage of persons equal in dignity and lineage, should be abrogated. For this reason, we hereby sanction a better law; and, declaring the ancient one to be void, we decree that if any Goth wishes to marry a Roman woman, or any Roman a Gothic woman, permission being first requested, they shall be permitted to marry. And any freeman shall have the right to marry any free woman; permission of the Council and of her family having been previously obtained.
 
bin ich auf folgendes Werk gestoßen:
Regna and Gentes. The Relationship between Late Antique and Early Medieval Peoples and Kingdoms in the Transformation of the Roman World, hg. v. Goetz, Hans-Werner/Jarnut, Jörg/Pohl, Walter. Brill, Leiden 2003. IX, 704 S.
aus einer Rezension dieses Werkes von Herwig Wolfram

. So konzentrierte man sich auf drei Fragen: Wie veränderten sich die von Königen beherrschten Gentes, aber auch die königliche Verfassung selbst in den weitgehend römisch verwalteten Königreichen (Anmerkung: Möglichkeit oder Unmöglichkeit des Aufstiegs von kuning und reiks zu monarchischen Königen wird freilich nicht behandelt)? Was bedeutete die politische und nicht ethnische Zusammensetzung der Gentes, oder mit anderen Worten, wen meinten die Völkernamen „Franken, Goten, Vandalen, Burgunder usw.“ je zu einer bestimmten Zeit? Wenn die Völker keine Abstammungsgemeinschaften, sondern Traditionsgemeinschaften waren, in die man auch als ursprünglich Fremder aufgenommen werden konnte, was dachten sie von sich selbst (Goetz, S. 5)
weiter unten

Isabel Velázquez behandelte die im Reich von Toledo relevante Formel pro patriae gentisque statu (161ff.). Ann Chrystys konnte zeigen, daß sich die Sieger von 711/25 ebenso als Gens verstanden, wie die Besiegten die arabisch-berberischen Neuankömmlinge als eine solche wahrnahmen (219ff.). Letzteres ist zwar nicht weiter verwunderlich, wird aber von den zentraleuropäischen Mediävisten oft zu wenig bedacht. Wenn man Patrick Geary richtig versteht, dürften Angehörige der septimanischen Elite nach 711/25 in kürzester Zeit von Goten zu Sarazenen und nach dem fränkischen Ausgreifen nach Süden und der Anerkennung ihres Rechtes durch Pippin wieder Goten geworden sein (vgl. Geary, Aristocracy in Provence 76, 126-128). Die gentile Identität konnten aber nur deshalb so leicht getauscht werden, weil sie auch für die Gegenseite eine vergleichbare Wirklichkeit darstellte.
Und es ist hier die Rede vom 8. Jahrhundert
 
Zuletzt bearbeitet:
Die gentile Identität konnten aber nur deshalb so leicht getauscht werden, weil sie auch für die Gegenseite eine vergleichbare Wirklichkeit darstellte.
Wobei sich die Frage stellt, ob es eine gentile/ kulturelle/ nationale Identität gibt bzw. entsteht, wenn es keine "Gegenseite" gibt. Oder, etwas überspitzt ausgedrückt : Schafft erst mein Feind meine "völkische" Identität ?
 
Meine Quelle ist wirklich eine, nämlich das Gesetzbuch des Chindasvinth und des Rekkesvinth. Darin sind die Gesetze aufgeführt als Gesetze des Chindasvinth, als Gesetze einiger anderer Könige - ich glaube sogar bis Rekkared zurück - und natürlich als Gesetze des Rekkesvinth, der das Gesetzeswerk seines Vaters Chindasvinth fortgeführt hat, und als Antiquae, also als alte Gesetze. Das Gesetz, welches das Connubiumverbot aufhebt, ist klar als Gesetz des Rekkesvinth deklariert und hebt auch deutlich die Änderung vom alten Recht zum neuen Recht hervor:

bk3


Finde ich wieder was dazu.
Nach Isidor soll Recared dann die Konversion der Westgoten auf dem Konzil von Toledo von 589 nach dem Tod des Vaters vorangetrieben haben. Isidor stellt Vater und Sohn als Antagonisten gegenüber – heute glauben die Historiker aber, dass schon Leovigild die Konversion zum Katholizismus vorbereitet hatte. Denn er war es, der schon 580 die Ehe zwischen Katholiken und Arianern, die bis dato verboten war („Connubium-Verbot“), autorisierte.
Was ja nun heißen würde, dass der Übergang zum Katholizismus und das aufgehobene Heiratsverbot tatsächlich nicht zeitgleich, aber in umgekehrter Reihenfolge wie von Dir dargestellt stattfand.
 
Wobei sich die Frage stellt, ob es eine gentile/ kulturelle/ nationale Identität gibt bzw. entsteht, wenn es keine "Gegenseite" gibt. Oder, etwas überspitzt ausgedrückt : Schafft erst mein Feind meine "völkische" Identität ?


Dein Gedanke ist vermutlich gar nicht so falsch.
Die kpl. Rezension kannst Du hier nachlesen:

OT:
Ich habe mal gelesen, (weiß der Teufel wo, ist lange her) dass das Desinteresse Friedrich II. 1241 als die Mongolen drohten, zum Zerfall der Kaiser und Reich-Idee wesentlich beigetragen hätte.
 
Repo, wir diskutieren hier auf zwei Ebenen. Während Du immer noch meinst, hier gegen das Urteil des 19. Jahrhunderts anzudiskutieren, nämlich dem Stamm als "rassisch homogener" Gemeinschaft und dagegen Argumente ins Feld führst, argumentiert niemand für eine "rassisch homogene" Gemeinschaft.

Es steht völlig außer Frage, dass einzelne Volksteile liegen blieben und dafür andere mitgeführt wurden, und dass jemand der bei der Schlacht von Adrianopel noch Gote war einige Zeit später keiner mehr sein musste und jemand, dessen Vorfahre bei der Schlacht bei Adrianopel kein Gote war, trotzdem im Toledanischen Westgotenreich als Gote anerkannt wurde. Das ändert aber nichts daran, dass

- dies keine individuelle Entscheidung war (Personenverband)
- es gewisse Merkmale geben musste, welche dazu führten, dass man als Angehöriger eines Stammes anerkannt wurde, oder nicht.
Diese Merkmale dürften im Wesentlichen durch Glaubensvorstellungen und Lebensweise bestimmt gewesen sein, d.h. es musste eine gewisse kulturelle Affinität geben.

Wenn im Zitat von Herwig von der "leichten" Austauschbarkeit der gentilen Identität die Rede ist, dann kann damit nicht gemeint sein, dass dies eine Willensentscheidung von Einzelpersonen war, sondern dies muss in der Relation zur der Vorstellung festgefügter Stammesverbände gesehen werden.

Woran sich natürlich auch ein Teil des grundsätzlichen Missverständnisses in diesem Thread festmacht, dass sind die unterschiedlichen Ausdeutungen von Ethnizität. Die eine Seite nimmt eine Ethnie als eine Kultur-, die andere als eine Abstammungsgemeinschaft wahr, die Grenzen zwischen beidem sind fließend.

Noch etwas zu dem vorgestellten Buch:

Es war eine ausgesprochen glückliche, allerdings von der innovativen Forschergruppe zu erwartende Entscheidung, diese Fragestellungen nicht bloß auf germanische Wandervölker zu beschränken, sondern auch auf die Araber/Berber in Spanien, [...] Ann Chrystys konnte zeigen, daß sich die Sieger von 711/25 ebenso als Gens verstanden, wie die Besiegten die arabisch-berberischen Neuankömmlinge als eine solche wahrnahmen (219ff.).

Dem möchte ich widersprechen. Sicher die Altbewohner der iberischen Halbinsel nahmen die Araber und Berber nach den ihnen bekannten Mustern war. So wie die Ungarn in Mitteleuropa mit den Hunnen (hungaros) verbunden wurden (eben ein bekanntes Muster) und noch bis heute eher als solche, denn als Magyaren bekannt sind, so nannte man in Spanien, wo man ja in der römischen Kaiserzeit Maureneinfälle erlebt hatte, die Neuankömmlinge Mauren. Gut, die Berber waren natürlich teilidentisch mit jenen Mauren 500 Jahre zuvor, die Araber, selbst "Neubürger" im Maghreb aber eben nicht.
Dass die Araber und die Berber sich aber als gemeinsame Ethnie wahrgenommen hätten mag eher ein Wunsch der Berber gewesen sein, bei den Arabern war dies eher nicht der Fall. So wie die muwalladun nicht als vollwertige Muslime anerkannt wurden, so wurden die Berber ebenfalls lange als zweitklassige Muslime angesehen (im Übrigen entgegen der eigentlichen Lehren). Den Arabern wurde das fruchtbare Land in den Flusstälern zugewiesen, die Berber erhielten ihr Landzuteilungen im Gebirge. Das berichten sowohl die Quellen, als sich das auch durch Namenmaterial auf der iberischen Halbinsel nachweisen lässt. Insofern ist zuzustimmen: Die Außensicht spricht von Mauren, die Innensicht ist differenzierter. Nicht einmal die Araber waren eine homogene Gruppe, neben den Aufständen und Bürgerkriegen von muwalladun und Berbern gab es, zumindest in den ersten Jahrzehnten von al-Andalus, auch noch bewaffnete Auseinadersetzungen zwischen Nordarabern und Südarabern, Stammeskonflikte, die noch aus der vorislamischen Zeit herrührten, und die in al-Andalus wieder aufblühten. Dies sind Sachverhalte, die nicht gerade für die Korrektheit des Urteils von Ann Chrystys sprechen. Aber ich werde mir das bei Gelegenheit mal zu Gemüte führen, vielleicht kann mich Chrystys' Argumentation ja doch überzeugen.
 
Finde ich wieder was dazu.
Was ja nun heißen würde, dass der Übergang zum Katholizismus und das aufgehobene Heiratsverbot tatsächlich nicht zeitgleich, aber in umgekehrter Reihenfolge wie von Dir dargestellt stattfand.

Du willst also ernsthaft eine Laienhistorikerdarstellung gegen eine historische Quelle anführen, und zwar keine historiographische, sondern eine Rechtsquelle?
 
Zuletzt bearbeitet:
Du willst also ernsthaft eine Laienhistorikerdarstellung gegen eine historische Quelle anführen, und zwar keine historiographische, sondern eine Rechtsquelle?


Ja, will ich.
Denn jetzt habe ich noch in den Ploetz geschaut, Seite 548
"Seit Leowigilds (568-586) geht jedoch die westgotische Minderheit in kirchlicher. religiöser, jurisdiktioneller und rechtlicher Hinsicht allmählich in der hispanoromanen Mehrheit auf. Auch der Adel verschwistert und verschwägert zunehmend mit dem hispanoromanen Adel."

Was wird da dramatisches passiert sein? Die Gesetzeslage ist zeitverzögert der tatsächlichen gefolgt. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Passiert bis heute.

OT: Den bundesdeutschen "Kuppelei§" hat auch jahrzehntelang keiner mehr ernstgenommen, obwohl es ihn noch gab. Oder die bayerisch + hessische Verfassung mit der darin noch vorgesehenen Todesstrafe.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zitat ElQ
Wenn im Zitat von Herwig von der "leichten" Austauschbarkeit der gentilen Identität die Rede ist, dann kann damit nicht gemeint sein, dass dies eine Willensentscheidung von Einzelpersonen war, sondern dies muss in der Relation zur der Vorstellung festgefügter Stammesverbände gesehen werden.
Er heißt Wolfram, Herwig ist tatsächlich der Vorname

Auch damals wird das Individuum wenig gegolten haben. Aber wie die "Übernahme" der gentilen Identität tatsächlich geschah, da kann man sich dann doch einige mögliche Szenarien ausdenken. Von der Gruppe die zu 10oder20 auf "fröhlicher Raubfahrt" sind, bis zu den Alanen die sich, mehr oder weniger kpl. den Vandalen anschlossen.

Aber auch das Individuum muss eine Rolle gespielt haben, Beispiel Burgunder, es sind Fälle nachgewiesen, dass noch 60 Jahre nach dem Abzug vom Rhein der "Hauptgruppe" einzelne Nachzügler vom Rhein in die Sabaudia "gewandert" sind.
Hier muss es ja schließlich 2mal zu einer recht "individuellen" Entscheidung gekommen sein.

AiD Sonderheft 2005 darin Das Volk der Nibelungensage Aufsatz von Dieter Neubauer
"...Der die Katastrophe überlebende Bevölkerungsrest aus dem linksrheinischen Stammesgebiet wurde 438 in die Sapaudia umgesiedelt, noch um 500 folgten Spätaussiedler ins Burgunderreich um Lyon nach."

Repo, wir diskutieren hier auf zwei Ebenen. Während Du immer noch meinst, hier gegen das Urteil des 19. Jahrhunderts anzudiskutieren, nämlich dem Stamm als "rassisch homogener" Gemeinschaft und dagegen Argumente ins Feld führst, argumentiert niemand für eine "rassisch homogene" Gemeinschaft.

Ich kämpfe eigentlich weniger gegen das 19. Jahrhundert an, sondern dagegen, dass hier von einzelnen (Individuen:devil:) der aktuelle Forschungsstand nicht realisiert wird.
 
Er heißt Wolfram, Herwig ist tatsächlich der Vorname.

Du könntest jetzt den Schluss daraus ziehen, dass ich Herwig Wolfram duze.

Das tue ich natürlich nicht, da ich ihn nicht kenne. Eigentlich weiß ich, wie er heißt, Flüchtigkeitsfehler.


Ich kämpfe eigentlich weniger gegen das 19. Jahrhundert an, sondern dagegen, dass hier von einzelnen (Individuen:devil:) der aktuelle Forschungsstand nicht realisiert wird.

Ich bin viel weniger weit vom Forschungsstand weg, als du zu realisieren bereit bist. Wie schon gesagt: Du schüttest das Kind mit dem Bade aus, weil Du dem alten Extrem ein neues gegenüberstellst.
 
Ich bin viel weniger weit vom Forschungsstand weg, als du zu realisieren bereit bist. Wie schon gesagt: Du schüttest das Kind mit dem Bade aus, weil Du dem alten Extrem ein neues gegenüberstellst.

Bin ich anderer Meinung.
Seis drum, Argumente sind ausgetauscht, Konsens finden wir keinen.

Vielleicht, falls mir ein Termin platzt, schaffe ich es heute einen weiteren Punkt zur Völkerwanderung hier rein zusetzen.
 
Neubewertung der Arbeit in der Spätantike und dem beginnenden Mittelalter

Am Anfang dieses Threads habe ich geschrieben, dass mir der Ansatz weiterer "Disziplinen der Wissenschaft" zur Auflösung etlicher Rätsel dieser Zeit folgerichtig und ergebnisorientiert erscheint.

In der Prophyläen Technik Geschichte Band 1 findet sich die Beschreibung eines revolutionären Vorgangs, der sich genau in dieser Zeit abgespielt hat.
 
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