Hexenjagden gab es nicht nur in der frühen Neuzeit …

Nachtrag: Bei der Beschuldigten handelte es sich um ein damals 10jähriges Mädchen.

Bei einigen Verfolgungen waren es, ähnlich wie bei der Hexenjagd von Salem 1692 so, dass Aussagen von Kindern oder Jugendlichen oder auch Selbstbezichtigungen eine Untersuchung starteten.

In Bamberg oder Würzburg gab es einen Jugendlichen, der immer wieder in der Öffentlichkeit behauptete, an Hexensabbaten teilgenommen zu haben. Die Berichte fanden zunächst wenig Beachtung, schließlich wurde er aber doch festgenommen und schließlich exekutiert.
 
Die Hexenverfolgungen waren letztlich Ausdruck einer in Krisenzeiten in grausamen Fanatismus überschießenden Volksfrömmigkeit, und nur die xte Iteration einer Ingroup, die sich gegen eine Outgroup wendet.

Es gibt anekdotische Berichte über eine völlige Blindheit dieses Wahns, bis hin zur Geschichte jenes schottischen Dorfes, wo die Männer im religiösen Wahn alle Frauen im heiratsfähigen Alter verbrannt und einen Monat später schon die Schafe besprungen haben sollen – völliger Blödsinn. Die Prozessakten sind doch überliefert und vielfach ausgewertet worden, auch in leicht verdaulicher Form (z.B. durch Wolfgang Behringer).

Sicherlich gab es – wie in vergleichbaren Situationen in der Geschichte – auch viele Fälle, in denen Familienmitglieder sich im Wahn oder aus Angst gegenseitig denunzierten, und natürlich gab es auch Versuche, sich heimtückisch unliebsamer Rivalen zu entledigen.

Doch das waren eher Ausnahmen. Die meisten Opfer waren sozial schwache Eigenbrötler mit aus damaliger Sicht seltsamen Eigenschaften, übrigens in vielen Regionen mehr Männer als Frauen, die gleichsam als Spannungsableiter der Gesellschaft missbraucht wurden. Menschen also, die auch ohne einen Institoris diskriminiert oder gar misshandelt wurden.

Dass die Kirche den jahrhundertelang von ihr als Schwachsinn bekämpften Glauben an Hexenwerk überhaupt anerkannte – was im Klerus durchaus nicht unumstritten war –, hielt Behringer für einen Versuch der Organisation, "up to date" zu werden und die eigene Relevanz und Macht in einer Zeit zu erhalten, in der die Forderung nach einer Reform an Haupt und Gliedern bereits in aller Munde war.

Die Menschen glaubten an Hexen, also redete ihnen die Kirche nach dem Mund.

Wolfgang Behringer sagte, dass am Anfang von Prozesswellen häufig Menschen betroffen waren, bei denen Schutzmechanismen nicht mehr funktionierten, die keine Familie hatten.

Dass die Opfer aber mehrheitlich Außenseiter(innen) der Gesellschaft waren, lässt sich aus vielen Verfolgungen nicht unbedingt belegen. Prinzipiell konnte jeder zum Opfer werden. Aus Quellen lässt sich eigentlich keine besondere Dominanz von bestimmten Opfergruppen nachweisen. Hebammen spielten in Hexenprozessen eine wichtige Rolle als Sachverständige, wenn geklärt werden sollte, ob eine Beklagte noch Jungfrau oder schwanger war, aber Hebammen selbst waren sehr selten Opfer der Hexenverfolgung.

Frauen machten bei den meisten Verfolgungen die überwältigende Mehrheit der Opfer aus, es wurden durchaus aber auch Männer beschuldigt und hingerichtet. Wich ich schon sagte, erwischte es in Bamberg den 2. Bürgermeister.

Bei einer der letzten größeren Verfolgungen, bei den sogenannten Zauber-Jackl-Prozessen in Österreich Ende des 17. Jhds. waren sogar mehr Männer als Frauen betroffen. In katholischen Regionen war der Anteil der Männer größer als in protestantischen Regionen-
 
Man sieht meist klarer, wenn man die Empörung mal zurückfährt.

Dazu müsste man aber auch die Bereitschaft mitbringen, dass man klarer sehen will.
Das man bereit ist, Fehlurteile zu revidieren, bereit ist, Fakten zur Kenntnis zu nehmen.
Bereit ist, sich mit Quellen auseinanderzusetzen, bereit ist, Fehler einzugestehen.

Wer dazu nicht bereit ist, wessen Werturteil schon gesprochen ist,
Wer es vorzieht, wider besseres Wissen die immer wieder gleichen-längst widerlegten-Tiraden zu wiederholen-

Der braucht die Empörung, der will sich empören.
Die Empörung-(bei den ideologisch richtigen Tätern und Opfern) ist in der Wahrnehmung des Empörten ja auch gar keine Empörung, nicht blinder Hass, sondern gerechter Zorn.
Die Empörten sind auf der "richtigen" Seite der Geschichte, die Empörten sind die Guten,
und für die gute Sache ist Empörung absolut gemäß.

Der Empörte ist der Einzige, der Jahrtausend-Verbrechen und Jahrtausend-Verbrecher überhaupt erst als solche erkennt.
Er ist der Einzige, der historische Kausalketten erkennt.

Die Empörung dient der Selbstlegitimation, und die Empörung immunisiert auch gegen Widerspruch und Kritik.
Wenn man Gegenargumente und Gegner diskreditiert und Verharmlosung, Relativierung, Schönfärberei unterstellt, dann muss man sich damit auch nicht auseinandersetzen.
 
Ich suchte gerade nach zwei Büchern Franz Irsiglers, die ich leider nicht mehr habe, die viel zu diesem Thema zu sagen haben ('Außenseiter des Mittelalters' und 'Methoden der Hexenforschung'); zufällig gehört der erste Google-Treffer mit seinem Namen zu einer für das Lutherjahr 2017 eingerichteten Website der Evangelischen Kirche: (Link)

In meiner Erinnerung hat Irsinger das, was im zweiten Absatz steht, für das Erzstift Trier nachgewiesen. Ich versuche mal mein Glück per Ausleihe. (Es sei denn, jemand hier hat die genannten Titel?)

Es kann natürlich sein, dass seine Erkenntnisse wiederum nicht repräsentativ sind, aber das glaube ich eigentlich nicht.

Verfolgungswellen konnten in ihrem Verlauf alle und jede treffen, aber um von der Gesellschaft zum Abschuss freigegeben zu werden, muss man erst einmal in eine Situation gekommen sein, in der man ein leichtes Opfer ist und keine Freunde mehr hat.

Natürlich kann auch eine privilegierte Person in einer solchen Situation enden (z.B. ein Patrizier, der eine radikal andere Politik vertritt, oder dessen Reichtum ihm viele Neider geschaffen hat). Es ist aber nicht die Regel.

'Außenseiter des Mittelalters' ist übrigens auch zu anderen Themen interessant. Gangsterbanden im mittelalterlichen Köln …!

Übrigens, aus dem obigen Link (@Dion):

Das eine Buch, das du meinst, kenne ich, und Irrsigler hat es gemeinsam mit Arnold Lasotta verfasst:

Franz Irrsigler/Arnold Lasotta, Bettler und Gauner, Dirnen und Henker-Außenseiter in einer mittelalterlichen Stadt. 1987 erschienen, wenn ich mich nicht irre. Die Stadt war Köln, die Autoren haben vor allem Kölner Quellen verarbeitet.
 
Eine WDR-Doku ist kein Dokument, und auch Ferdinand Lauxner glaube ich nicht so recht, dass er Prozessakten persönlich eingesehen hat.
Klar, was dir nicht passt, wird als unglaubwürdig abgelehnt.

Das ist mal wieder bezeichnend für @Dions Umgang mit Quellen. Der verlinkte Text wurde nicht gelesen.
Bezeichnend ist vielmehr, dass du anscheinend nur den Art. 6 gelesen, nicht aber Art. 9, 21 oder den vom @schaf gebrachten 23. Außerdem habe ich diesen Wikipedia-Artikel beim ersten Mal als Antwort auf deinen Wergeld-Beitrag verlinkt und damit auf Ungleichbehandlung bei Tötungsdelikten, bei denen Kleriker die Opfer waren, verwiesen: Da konnte man sich nicht freikaufen. Bezeichnenderweise kam von dir dazu keine Antwort.

Wie sollen denn in Deiner Vorstellung die geistigen Ergüsse des Henricus Institoris bis nach Schottland gelangt sein, wenn nicht durch den Buchdruck?!
Das stellte ich nicht Abrede. Mich störte die Wortkombination “vor allem”. Das Buch selbst war die Ur-Ursache, dann die gesellschaftliche Situation in der Kernzeit der kleinen Eiszeit, in der man Schuldige suchte. Den Buchdruck gab es schließlich schon vorher, aber erst als die Gesellschaft für Hexenhammer-Blödsinn empfänglich geworden war, verkaufte sich das Buch gut.

Siehe @Scorpio's Kommentar.
@Scorpios Kommentar betraf nur den Artikel 6, es gibt aber auch andere - siehe oben -, auf die er nicht eingegangen ist. Und du auch nicht.

Kein denkender Mensch kann es gutheißen oder rechtfertigen, wenn jemand aufgrund einer bloßen Denunziation für naturwissenschaftlich unhaltbare Anschuldigungen auf die Folter gespannt wird. Muss ich nun extra betonen, dass ich ein denkender Mensch bin und das nicht gutheiße?
Der Unterschied ist: Das Schlimme wird mit einem oder zwei Worten beschrieben, aber die Ausnahmen davon, also das Gute im Schlechten, werden hervorgehoben.

Beispiele:

Die Vorstellung einer Hexensekte, die sich aus Hexen, Ketzern und Juden rekrutierte, die Idee von Teufelspakt und Hexenflug, das war durchaus schon vor Innozenz VIII. ausgeformt. - das war als Verteidigung von Innozenz VIII. gedacht, der ja derjenige war, der die Folter auch für Hexen erlaubte.

Die "Hexenbulle" von Innozenz VII. hat nicht Innozenz, sondern Heinrich Kramer Institoris verfasst. - auch das war als Verteidigung von Innozenz VIII. gedacht. Wer die Bulle geschrieben hatte, ist für die Wirkung völlig unerheblich, entscheidend war die Unterschrift des Papstes. Erst durch die päpstliche Autorität und der Anweisung, Bischöfe sollten Kramer bei der Hexenbekämpfung unterstützen, konnte Kramer sein Werk umsetzen.

Ganz abgesehen davon, dass die Folter als Mittel der Wahrheitsfindung eher die Ausnahme als die Regel darstellte, existierte eine Fülle von Vorschriften, die die Zufügung dauerhafter Schäden verboten und Erholungsphasen vorsahen. Wo das Gericht dagegen verstieß, geschah es jedenfalls nicht mit dem Willen des Systems. - Viele tausende sog. Hexen und Hexer wurden verbrannt, also ging man bei ihnen die ganze Prozedur bis zur Folter durch. Gut, manche haben aus Angst vor Folter schon “gestanden”, manche eben nie, und manche haben es nicht einmal auf dem Scheiterhaufen dem Teufel abgeschworen und wurden lebendig verbrannt. Außerdem habe ich schon gestern geschrieben, dass man die Fortsetzung der Folter als erlaubt in die Handbücher der Inquisitoren geschrieben hatte. Ob zurecht oder nicht, steht auf einem anderen Blatt. Für Hexen wie für Ketzer galten die normalen Gesetze nicht, sie waren praktisch rechtlos. Nicht ohne Grund haben Menschen Angst vor Inquisitoren gehabt, denn sie wussten, ein Hinweis von Nachbarn oder einem, der sonst nie als Zeuge zugelassen würde, genügte, um eingesperrt und peinlich befragt zu werden.

Einer bekannter Dominikaner war zum Beispiel Bartolomé de Las Casas der in seinem Geschichtswerk auf Massaker an Indianern einging, der auch in der Konvention von Valladolid für sie Partei ergriff. - das waren einzelne Mönche, die das Unrecht sahen und sich dagegenstellten, aber die Masse der Inquisitoren handelte, was sie für richtig hielten oder ihnen aufgetragen wurde, anders hätte es nicht zu tausenden und abertausenden Hexenverbrennungen kommen können.

Das ist ein wenig wie das Verhalten der Kirchen während der Nazizeit: Die Kirchen hielten still, nur wenige einzelne (niedere) Priester begehrten auf. Danach wurden und werden diese einzelne von den Kirchen als Märtyrer hervorgehoben – ein wenig so wie @Scorpio diesen Bartolomé de Las Casas jetzt erwähnte.

PS: Jetzt habe ich keine Zeit mehr, deshalb gibt es erst morgen eine Fortsetzung.
 
Danke für die Hinweise, @dekumatland. In der Tat, Sonstiges in der Neuzeit wäre die bessere Wahl gewesen. Ich bitte daher die Moderation, diesen Faden dahin zu verschieben.
...ich verstehe die Vehemenz der Diskussion nicht.
Der zitierte Beitrag erklärt, dass wir uns eigentlich in der Neuzeit befinden bzw neuzeitliches diskutieren sollen - aber stattdessen lese ich erbitterte Wortschlachten (du hast dies nicht / aber du hast das nicht gelesen) über einen fränkischen/karolingischen Rechtstext aus dem späten 8.Jh. ... das ist lange her, so lange, dass es keine Auskunft über das Fortleben heidnischer Vorstellungen im gesamten Mittelalter und darüber hinaus liefern kann.

Wohin soll die Diskussion driften? Soll es hier um Hexenverfolgung gehen? Wenn ja, benötigen wir da keine frühmittelalterlichen Quellen (was man in der Gelehrsamkeit des 8.Jhs. unter parca, venefica, herbaria, haegtessa etc verstand, das hat mit den viele Jahrhunderte späteren Vorstellungen nicht mehr viel zu tun)

Eine Relativierung der Hexenverfolgungen kann ich in der Diskussion nirgendwo finden, stattdessen finde ich diese Unterstellung ziemlich unverschämt. Hier hatten etliche Teilnehmer quellengestützt das vorgebracht, was in der Forschung zum Thema Hexenverfolgungen communis opinio ist.
 
Aber bezeichnenderweise kein Wort zu Capitulato de Partibus Saxoniae, wo u.a. auch auf Hexen eingegangen wird.

Die Capitulatio geht in einem einzigen Artikel auf strigae ('Hexen') ein, das ist der Artikel 6.
Den Inhalt dieses Artikels hat @Scorpio Dir zur Kenntnis gebracht.

Bezeichnend ist vielmehr, dass du anscheinend nur den Art. 6 gelesen, nicht aber Art. 9, 21 oder den vom @schaf gebrachten 23.

@Scorpios Kommentar betraf nur den Artikel 6, es gibt aber auch andere - siehe oben -, auf die er nicht eingegangen ist. Und du auch nicht.

In keinem dieser Artikel ist von Hexen die Rede. Auf diese oder die übrigen 30 Artikel im einzelnen einzugehen, erübrigt sich.


PS: Jetzt habe ich keine Zeit mehr, deshalb gibt es erst morgen eine Fortsetzung.
Du hast Deine Zeit einmal mehr mit dem mit dem Austeilen ungerechtfertigter Anwürfe und dem Werfen von Nebelkerzen verplempert. Vielleicht setzt Du Dich vor Deinem nächsten Beitrag mit Quellen und Fakten auseinander. (Ich wage es ja kaum noch zu hoffen...)
 
Das Schlimme wird mit einem oder zwei Worten beschrieben, aber die Ausnahmen davon, also das Gute im Schlechten, werden hervorgehoben.
Warum auch nicht …?

Der Regelfall ist das Bekannte, Diskutierte, ist nicht selten Gemeinwissen, das keiner weiteren Erörterung bedarf.

Die Ausnahme ist das Ungewöhnliche, häufig Unbekannte oder Ignorierte, es ist doch völlig natürlich, dass man darauf genauer eingeht.

Du hast Dir hier den abwegigsten hill to die on aller Zeiten ausgesucht. Wenn sich dieses von Dir behauptete "so schlimm war die Inquisition doch gar nicht" durch den kompletten Faden zöge, könnte ich es vielleicht noch verstehen, wie Du darauf kommst, aber so?!
 
Vielleicht mal eine Aufstellung



von Hexenverfolgungen und Verfolgungswellen:

1320-1350: Ketzerverfolgungen in Südfrankreich, seit 1360 auch in den Diözesen Como Novara und Lausanne, darunter auch Zauberer.
um 1400 begegnet erstmals das Wort Hexe

1420-1440 Hexenverfolgungen in der Provence und im Languedoc, im Wallis, Savoyen und im Baskenland.

1440-60 Ausdehnung in die Gascogne, die Dauphine, in Lothringen, in der Champagne und der Normandie

1446-47 Erste Prozesse in Heidelberg, Kurmainz Trier-

Bei Prozessen in Nord-Frankreich wurden 32 Menschen angeklagt, 18 davon wurden exekutiert.

1461 wurden Prozesse wegen Widerstand der Bevölkerung und Beschwerden eingestellt, einige Jahrzehnte später wurden einige Opfer sogar rehabilitiert.

Eine Verfolgung in Tirol von Kramer scheiterte. >Es gab wütende Beschwerden Die deutschen Erzbischöfe zeigten zunächst wenig Interesse. Die Erfolge der Inquisitoren war gering.

Erfolge erzielte Kramer aber in Ravensburg und im Bistum Konstanz um 1484 wo es zu Exekutionen kam.

Die Hexenverfolgung war nicht ein Phänomen der frühen Neuzeit, Schadenzauber war in den meisten antiken und mittelalterlichen Gesellschaften ein Vergehen. Es gab im frühen Mittelalter immer wieder Fälle von Lynchjustiz. Dagegen geht die Capitulatio de Partibus Saxoniae in § 6 vor.

Die Verschwörungstheorie von Hexenflug und Hexenpakt entwickelte sich im Späten MA. Das und nicht mehr Schadenzauber war der Anklagepunkt.

Dann folgte eine längere Periode wo man fast nichts von Hexenverfolgung hört. Dann ging es aber in der Zeit von 1560-1660 das ist die Zeit des Hexenwahns. Auch in diesem Zeitraum gab es nicht ständig Hexenprozesse, sondern die Verfolgungen konzentrieren sich auf bestimmte Jahre:

1563-64 Verfolgungen in Südwestdeutschland
1570-74 im Elsass und Lothringen, in Quedlinburg und erneut in Südwestdeutschland
1580-82 Südwestdeutschland, Lothringen, Hessen
1585-1592 Starke Verfolgung In Kurtrier, in Kurköln, im Stift Paderborn, Sachsen, Mecklenburg Niedersachsen, Bayern, Ostschwaben, Lothringen und im Elsass.
1611Fürstpropstei Ellwangen
1616-18 In Bamberg, Würzburg und Eichstätt extreme Verfolgung mit mehreren Tausend Hinrichtungen

1626--1630 In Franken Süddeutschland, im Rheinland in denen die Verfolgung ihren Höhepunkt erreicht.

Es folgte dann noch ein weiterer Schub in den 1640er und 1660er Jahren. Einige Städte haben im Verhältnis zur Einwohnerzahl hohe Verfolgungszahlen. Nördlingen hat Ende des 16. Jhd. einige Hinrichtungen durchgeführt, und die kleine Hansestadt Lemgo hat in zwei Generationen 200 Hexen getötet bei einer Einwohnerzahl von 5000 Einwohnern.
 
Bei einer der letzten größeren Verfolgungen, bei den sogenannten Zauber-Jackl-Prozessen in Österreich Ende des 17. Jhds. waren sogar mehr Männer als Frauen betroffen. In katholischen Regionen war der Anteil der Männer größer als in protestantischen Regionen-
In der Bibel steht: Exodus 22,18 (je nach Übersetzung): „Du sollst eine Hexe nicht am Leben lassen.“
Deshalb sollen in evangelischen Gebieten fast keine Männer wegen Hexerei verbrannt worden sein.
 
§ 6. Todesstrafe erleidet, der vom Teufel getäuscht, nach heidnischer Sitte glaubt, irgendein Mann oder eine Frau sei Hexe oder Menschenfresser und sie deshalb verbrennt oder deren Fleisch verzehrt oder zum Verzehr weitergibt.
Gibt es Erkenntnisse über Hexenverfolgungen bei den Germanen ?
Ich habe einige Isländersagas gelesen. Vielleicht etwas jugendschutzmässig gekürzt. Da kommen viele Tötungen vor aber keine Hexenverfolgungen. Über eine Frau wurde geschrieben, sie war wunderschön und kannte sich mit vielen Zauberdingen aus. Über eine andere , "Sie konnte ein wenig zaubern." Das wurde positiv gesehen.
Mindestens eine Frau wurde des Schadenszaubers beschuldigt und beschimpft. Man hat sie aber nicht getötet oder angegriffen (nicht geprügelt oder ihr Haus zerstört). Schwer zu glauben. Man könnte sie für zu mächtig gehalten haben.
 
Gibt es Erkenntnisse über Hexenverfolgungen bei den Germanen ?
@schaf wenn du mit dieser Frage das festlandgermanische Heidentum (Spätantike Frühmittelalter) meinst: dazu gibt es keine direkten Quellen.

Leider gibt die Etymologie von germanischsprachigen Begriffen wie Hexe-haegtessa oder Wiccam (altengl.) auch nicht viel her, da sie ziemlich unklar ist (es gibt differierende Deutungen). Wir wissen schlicht nicht sicher, was sich die german. Heiden unter den haegtessan geweorc des altengl. Zauberspruchs vorgestellt hatten (da geht es um "Hexenschuss" (! Rückenweh wie heute) austeilende mihtigun wif und wie man sich dagegen wehrt - aber von Verfolgungen solcher wif berichtet kein altengl Zauberspruch.

Ansonsten ist ein wenig "heidnisches" durch die Brille der Interpretatio Christiana überliefert, wo es negativ konnotiert wird (Glossare, Rechtstexte etc) Die frühmittelalterlichen Erwähnungen der germanischen Götter und evtl Bräuche dämonisieren diese.

Was die Bibel (Exodus 22,18) betrifft, dürften german.-heidnische Begriffe wohl nicht die Grundlage der originalen Wortwahl und der Übersetzungen sein.
 
Gibt es Erkenntnisse über Hexenverfolgungen bei den Germanen ?
Ich habe einige Isländersagas gelesen. Vielleicht etwas jugendschutzmässig gekürzt. Da kommen viele Tötungen vor aber keine Hexenverfolgungen. Über eine Frau wurde geschrieben, sie war wunderschön und kannte sich mit vielen Zauberdingen aus. Über eine andere , "Sie konnte ein wenig zaubern." Das wurde positiv gesehen.
Mindestens eine Frau wurde des Schadenszaubers beschuldigt und beschimpft. Man hat sie aber nicht getötet oder angegriffen (nicht geprügelt oder ihr Haus zerstört). Schwer zu glauben. Man könnte sie für zu mächtig gehalten haben.

Da bin ich nun kein Experte. Fast alle antiken Kulturen kannten das Delikt des Schadenzaubers, und in der germanischen Mythologie gab es auch Hexen oder Zauberinnen. Ich würde da schon davon ausgehen, dass einzelne Männer oder Frauen wegen Schadenzauber getötet wurden.

Der § 6 der Capitulatio de Partes Saxonorum verbietet die willkürliche Tötung von Hexen und spielt offensichtlich auf vorchristliche Vorstellungen an, wenn Leute, vom Teufel getäuscht, Hexen und Menschenfresser töteten.

Im Römischen Zwölftafelgesetz, in anderen Rechtsquellen findet man Schadenszauber als Delikt, und ich würde es für sehr wahrscheinlich halten, dass ähnliche Bestimmungen auch im germanischen Recht existierten.
 
Die Hexenverfolgungen waren letztlich Ausdruck einer in Krisenzeiten in grausamen Fanatismus überschießenden Volksfrömmigkeit, und nur die xte Iteration einer Ingroup, die sich gegen eine Outgroup wendet.
Das ist wahr und eigentlich könnte man diese Diskussion jetzt beenden. Aber es wäre zu einfach, die Hexenverfolgungen einfach auf Klimaverschlechterung zurückzuführen, denn es waren Menschen, die das Ganze veranstalteten.

Die Frage ist doch, warum sich in früheren Zeiten diese Volksfrömmigkeit nicht in solchem Fanatismus äußerte - wenn man einmal von den sich wiederholenden Judenpogromen absieht.

Meine Antwort darauf ist: Wenn, wie die Kirche es lehrte, alles auf Erden gottgewollt war, dann waren auch die schlechten Ernten und Pest gottgewollt. Anfangs haben Menschen das Geschehen auf sich bezogen, sprich die Schuld dafür bei sich selbst gesucht. Also haben sie Bittprozessionen veranstaltet und Buße gemacht, deren absurdeste Ausformung wohl in Geißlerprozessionen stattfand.

Aber das half anscheinend nicht mehr, denn die kleine Eiszeit dauerte an - also musste das außerhalb der menschlichen Verantwortung liegen. Und wer war der Böse schlechthin? Teufel war das personifizierte Böse. Das jedenfalls lehrte die Kirche damals und lehrt es bis heute. Das Ausmaß der (Natur-) Katastrophen war so groß, dass dafür nur der Teufel in Frage kam, der aber dafür menschlicher Helfer bedurfte: Hexen und Hexer.

Und flugs wurde die jahrhundertealte Tradition der Kirche, die Hexerei negierte, über Bord geworfen und die Theorie von Hexen, die mit Teufel im Verbund stehen, wurde zu offiziellen Lehre der Kirche. Und als Pfarrer das von der Kanzel verkündeten und die Leute aufforderten, ihnen Fälle zu nennen, die (angeblich) nur durch Hexerei zu erklären waren, dann gab es bald kein Halten mehr. Weil die kleine Eiszeit andauerte, sprich die Situation sich nicht grundlegend besserte.

Dieser Hexenwahn kam, wie gezeigt, nicht aus dem nichts. Die Autorität der Kirche war (selbstverschuldet, daher Luther ...) gefährdet, also inszenierte sie sich als Helferin, indem sie den Menschen bei deren Suche nach den Schuldigen half. Oder, wie @muck schon richtig feststellte, sie redete ihnen nach dem Mund. Hexenglaube war ein fester Bestandteil des Volkglauben, es bedürfte nur der offiziellen Bestätigung seitens der Geistlichkeit und die Hexenjagd konnte beginnen.
 
Ich habe noch einiges zu Lemgo gefunden:

Lemgo, eine Stadt von 5000 Einwohnern brachte es in vier Verfolgungswellen auf 200 Hinrichtungen. Lemgo erwarb sich damit den Beinamen "Lemje dat Hexennest".

Auch in Lemgo begann der Hexenwahn in der Krise des ausgehenden 16. Jhds. Die Justiz blieb zunächst recht skeptisch. Die Untersuchungen waren gründlich, man beachtete gesetzliche Regularien beim Gebrauch der Folter, holte Gutachten von Universitäten ein. Die Justiz ging durchaus auch gegen offensichtliche Verleumdungen vor, und mit Ausnahme von zwei oder drei Sonderfällen kam es in den Prozessen auch "nur" zu Landesverweisungen.

Im Dreißigjährigen Krieg aber änderte sich das massiv. 1628-1637 erfasste eine zweite Prozesswelle die Stadt, und nun kam es dazu, dass 90 Menschen den Tod fanden, darunter 6 Männer. 10 der Opfer kamen bereits bei der Folter ums Leben, 28 auf dem Scheiterhaufen, und der Rest wurde "zum Schwerdt begnadigt", da dadurch der Stadtkasse ansehnliche "Begnadigungsgelder" zuflossen. Es folgten eine dritte und eine vierte Prozesswelle in den Jahren 1653-56 und 1665-1681 mit 38, beziehungsweise 90 Opfern. In vier Prozesswellen waren dem Hexenwahn in Lemgo mehr als 200 Menschen zum Opfer gefallen.

Zunächst waren vor allem Frauen aus dem Handwerkerstand betroffen, aber sicher war zuletzt keiner mehr. Nicht der Prediger der Marienkirche Herman Müller, und auch nicht Catharina Cothmann oder der Lehrer Hermann Beschoren. Cothmann stammte aus einer Kaufmannsfamilie, war sogar verwandt mit dem berüchtigten "Hexenbürgermeister" Hermann Cothmann. Der Lehrer Beschoren wurde möglicherweise Opfer eines derben Schülerstreichs. Von ihm ging das Gerücht, er habe Schüler zum Teufelspakt verführt. Er wurde eingezogen und gefoltert und nannte 17 Mädchen und Jungen, denen er das Zaubern beigebracht habe, und er gestand, von "seiner Buhlin Sibilla" Kräuter bekommen zu haben, die er die Schwarzbunte seines Nachbarn und dessen Ferkel verfütterte, und machte, dass die Tochter seines Nachbarn Pottke "kollerhaft im Kopf" wurde. Die Lemgoer konsultierten die Uni Rinteln, das half dem Lehrer aber auch nicht. Er wurde hingerichtet und mit glühenden Zangen traktiert, und auch seine Frau musste dran glauben.

In der letzten Phase wurde die Hexenverfolgung auch zu einem Mittel der Auseinandersetzung zwischen den politischen und wirtschaftlichen Eliten der Stadt. Die Bürger belasteten sich gegenseitig, das "Bekläffen", um Rechnungen zu begleichen, wurde von einer kleinen Clique gesteuert: Der "Hexenbürgermeister Hermann Cothmann, der Ratssekretär Johann Berner und der Ratssiegler Kukuck errichteten ein Terrorregiment.

Lemgo war ziemlich von der Außenwelt abgeschnitten, Als Maria Rampendal, die couragierte Frau eines Barbiers Anfang der 1680er Jahre unter der Folter nicht starb, auch keine Namen nannte und nach ihrer Stadtverweisung das Reichskammergericht anrief, war der Bann gebrochen, war das Schweigen gebrochen. Die Lemgoer Hexenjäger mussten mit scharfer Kontrolle rechnen und verloren bald darauf ihr Amt und ihre Macht.

Im Rat der Stadt Lemgo setzten sich recht bald Leute durch, die der Aufklärung aufgeschlossen waren. Lemgo hat recht früh seine Vergangenheit aufgearbeitet und den Hexenwahn verurteilt.

Dezember 1715 notierte das Ratsprotokoll:

"Nachdem für dienlich befunden, das von den Vorfahren gemachte, bishero beibehaltene, also genannte Hexen- und Schwarzbuch zur Verhütung aller daraus etwa zu entstehenden Verdrießlichkeiten, zu abolieren, und weilen die darin angeführten Passagen guten Theils nunmehr für Torheiten gehalten werden, zu verbrennen. Ist dasselbe ex archivo gekriegt in senatu Gegenwart zerschnitten und öffentlich verbrannt worden. Und möchte man wünschen, alsdann diese gute Stadt noch wohl in besserem Flore seyn würde, weil sie guthen Theils durch solche fameusen Prozeß ruiniert worden"

Zitiert nach Heinz Schilling Aufbruch und Krise Deutschland 1517-1648 S. 390 ff.

Die Erfahrung, dass Hexenprozesse ruinös waren, dass sie den sozialen Frieden einer Stadt gefährdeten- diese Erfahrung haben wie Lemgo viele Städte gemacht. In der kleinen Stadt in Westfalen waren es tatsächlich aufklärerische Einflüsse, die zum Ende der Verfolgung und zu einer Aufarbeitung geführt haben.
 
Meine Antwort darauf ist: Wenn, wie die Kirche es lehrte, alles auf Erden gottgewollt war, dann waren auch die schlechten Ernten und Pest gottgewollt. Anfangs haben Menschen das Geschehen auf sich bezogen, sprich die Schuld dafür bei sich selbst gesucht. Also haben sie Bittprozessionen veranstaltet und Buße gemacht, deren absurdeste Ausformung wohl in Geißlerprozessionen stattfand.

Aber das half anscheinend nicht mehr, denn die kleine Eiszeit dauerte an - also musste das außerhalb der menschlichen Verantwortung liegen. Und wer war der Böse schlechthin? Teufel war das personifizierte Böse. Das jedenfalls lehrte die Kirche damals und lehrt es bis heute. Das Ausmaß der (Natur-) Katastrophen war so groß, dass dafür nur der Teufel in Frage kam, der aber dafür menschlicher Helfer bedurfte: Hexen und Hexer.

Und flugs wurde die jahrhundertealte Tradition der Kirche, die Hexerei negierte, über Bord geworfen und die Theorie von Hexen, die mit Teufel im Verbund stehen, wurde zu offiziellen Lehre der Kirche. Und als Pfarrer das von der Kanzel verkündeten und die Leute aufforderten, ihnen Fälle zu nennen, die (angeblich) nur durch Hexerei zu erklären waren, dann gab es bald kein Halten mehr. Weil die kleine Eiszeit andauerte, sprich die Situation sich nicht grundlegend besserte.

Dieser Hexenwahn kam, wie gezeigt, nicht aus dem nichts. Die Autorität der Kirche war (selbstverschuldet, daher Luther ...) gefährdet, also inszenierte sie sich als Helferin, indem sie den Menschen bei deren Suche nach den Schuldigen half. Oder, wie @muck schon richtig feststellte, sie redete ihnen nach dem Mund. Hexenglaube war ein fester Bestandteil des Volkglauben, es bedürfte nur der offiziellen Bestätigung seitens der Geistlichkeit und die Hexenjagd konnte beginnen.

Da kommst du nicht von los: Die allmächtige Kirche die alles plant und kontrolliert und ihre willigen Vollstrecker, die es in die Tat umsetzen.

Genau das aber lässt sich bei den großen Verfolgungswellen aus historischen Quellen so eben nicht ableiten. Hexenverfolgungen wurden vielfach von unten getriggert. Es spricht sehr viel dafür, dass es gerade ihr demokratischer Charakter war, der dazu beitrug, dass die Schweizer Eidgenossenschaft zu einer Kernzone der Hexenverfolgung wurde. Die Verfolgungen in Kurköln, Kurtrier, in Mecklenburg oder auch in Bamberg und Würzburg stießen anfangs auf große Zustimmung. In zeitgenössischen Flugblättern wurde vielfach Hexenverfolgung gefordert und die Obrigkeiten kritisiert als viel zu lasch.

Mal abgesehen von den Schlussfolgerungen war die Reaktion der Menschen auf auf Umweltkatastrophen, Missernten, Hungersnöte, Teuerungen eigentlich gar nicht so sehr verschieden von zeitgenössischen Reaktionen auf Klimawandel und Umweltkatastrophen: Da gibt es die einen Stimmen, die sagen: Ihr müsst euch ändern, ihr müsst euren Lebenswandel, eure Lebensweise ändern, wir haben selbst mit unserer Art zu leben die Katastrophen herbeigeführt, und dann gibt es Stimmen, die bestimmten Gruppen dafür die Schuld geben.

Was sind nicht alles für Verschwörungstheorien im Zuge der Corona-Pandemie aufgetaucht.

Die Kirche hat Schadenszauber und Hexerei keineswegs grundsätzlich negiert, sondern sie hielt Hexenflug und Hexenpakt für Aberglauben, und sie ging gegen Lynchjustiz an vermeintlichen Hexen vor.

Flugs ging das auch nicht, zwischen der Publikation des Hexenhammers und den ersten großen Verfolgungswellen in den 1560er Jahren verging mehr als ein Menschenalter. Es war auch keineswegs so, dass die Hexenbulle als Lehrmeinung sofort überall Bereitschaft zur Hexenverfolgung auslöste. Die Spanische Inquisition z. B. lehnte Hexenflug und Hexenpakt ab. Die hat wirklich Tausende von Leichen im Keller-aber eben keine oder kaum Hexen. 1538 hat sie sogar in Barcelona eine Verfolgung beendet. Auf der iberischen Halbinsel gab es wenige Prozesse, dafür aber häufig Lynchjustiz an vermeintlichen Hexen.

Selbst während des Hexenwahns, selbst in der Periode von 1560-1660 haben nicht dauernd die Scheiterhaufen gebrannt, die Hexenverfolgungen konzentrieren sich auf bestimmte Jahre und bestimmte Zonen: Deutschland, Frankreich und die Schweiz waren die Kernzonen, es gab Staaten in Europa, die kaum oder gar keine Verfolgungen hatten. In Irland gab es ganze vier, in Spanien und Portugal wenige Prozesse, trotz massivem Aberglauben, war Russland praktisch gar nicht berührt, ironischerweise tauchen da einige Fälle erst auf, als Russland sich, gezwungenermaßen Europa und der Aufklärung öffnete. Es gab wenige Fälle in England, viele in Schottland, wenige in Italien, in den Niederlanden, auf dem Balkan unter osmanischer Herrschaft keine, auch nicht in den Vasallenstaaten.

Jede zweite Hexe wurde auf dem Boden des Heiligen Römischen Reiches hingerichtet, aber auch im Reich gab es Kernzonen: Südwestdeutschland, das Herzogtum Westfalen, Kurköln, Kurtrier, Thüringen, Teile von Hessen, Mecklenburg. Aber auch im Reich, gab es in Regionen, die wenig oder kaum berührt waren, auch Städte, in denen keine Hexe hingerichtet wurde. Die freien Reichsstädte Ravensburg und Nördlingen waren eine Ausnahme, in Nürnberg wurde ein "Hexenfinder", der behauptete, er könne Hexen erkennen, um 1620 (?) hingerichtet. In Frankfurt wurden Verleumdungen unterbunden. Es haben auch nicht alle Städte juristische Formalien so leichtfertig über Bord geworfen wie die Lemgoer das in der 2. 3. und 4. Welle taten oder wie es in Bamberg, Würzburg und Eichstätt der Fall war.


Da war es dann tatsächlich so, dass Opfer, die in die Fänge der Justiz gerieten, praktisch chancenlos und dem Tod geweiht waren.
 
Bei einigen Verfolgungen waren es, ähnlich wie bei der Hexenjagd von Salem 1692 so, dass Aussagen von Kindern oder Jugendlichen oder auch Selbstbezichtigungen eine Untersuchung starteten.

In Bamberg oder Würzburg gab es einen Jugendlichen, der immer wieder in der Öffentlichkeit behauptete, an Hexensabbaten teilgenommen zu haben. Die Berichte fanden zunächst wenig Beachtung, schließlich wurde er aber doch festgenommen und schließlich exekutiert.
Es war wohl so, dass der pubertierende Junge gerne mal die Magd seiner Mutter beobachtet hat. Was ihn motiviert hat, ist unklar, Geltungsdrang, erotische Phantasien. Er lief auf jeden Fall irgendwann in der Stadt herum und erzählte, die Magd seiner Mutter habe ihn behext, habe ihn zum Blocksberg mitgenommen. Eine ganze Weile ging das so, ohne dass man den Erzählungen des Jungen große Beachtung schenkte.

Schließlich wurde er aber doch verhaftet, er wurde gefoltert, und mit ihm begann die Hexenverfolgung in Bamberg- das war wirklich eine grauenhafte Verfolgung in wenigen Jahren wurden mehr als 1000 Menschen hingerichtet, fast der gesamte Stadtrat und gut 1/10 der Einwohner von Bamberg fielen ihr zum Opfer, es traf hoch und niedrig, Männer und Frauen, es kam vor, dass ganze Straßenzüge dran glauben mussten, bei der Lektüre der Prozessakten läuft es einem kalt den Rücken herunter. Der Bürgermeister Julius konnte einen Kassiber an seine Tochter Veronika herausschmuggeln. Arme; Beine und Daumen wurden ihm gebrochen. Der Henker selbst, bekam Mitleid.

Bei den Verfolgungen in Bamberg pfiff man auf gesetzliche Regularien. Das Ende der Verfolgung war ähnlich wie in Lemgo. Eines der Opfer kam mit dem Leben davon und rief höhere Gerichte an. Das Eigentum der Verurteilten zu konfiszieren, war illegal und tastete Eigentumsverhältnisse stark an. Barbara Schwarz, die Wirtin des Gasthaus zur Gans wurde 1627 von einem Nachbarn denunziert, sie wurde verhaftet, achtmal gefoltert, ohne zu gestehen. Nach gesetzlichen Regularien hätte man sie längst freilassen müssen. Nach zwei Jahren Haft gelang ihr die Flucht, und sie schlug sich bis nach Regensburg durch, wo gerade der Reichstag tagte. Dort warf sie sich Kaiser Ferdinand II. zu Füßen und bat um ein korrektes Verfahren. Der verfügte ihre Freilassung. Die obersten Institutionen im Reich erließen Mandate gegen den Fürstbischof und drohten Strafgelder an. Das war der Beginn des Endes der Hexenverfolgung in Bamberg.

Es mehrten sich Stimmen, die zur Mäßigung aufriefen. Es gab Beschwerden gegen die Prozesse.
 
Hier hätte ich einen Link vom „Institut für Geschichtliche Landeskunde Rheinland-Pfalz e.V.“ 2001-2024.

Dieser Link enthält Aussagen:
Außerplanmäßer Prof. Dr. Ludolf Pelizaeus der JGU – Mainz.
Es wird zur Hexenverfolgung in:
  • Kurmainz/BL RP,
  • Bodenheim/BL RP,
  • Dieburg/BL HE,
  • Erfurt/BL TH,
  • Lohr/BL BY,
  • Stadt Mainz/BL RP und
  • Nachbarterritorien (Maas-Mosel-Saar)
einiges gesagt.

Hexenerfolgung in Erfurt und Thüringen - regionalgeschichte.net
 
Zuletzt bearbeitet:
In der Bibel steht: Exodus 22,18 (je nach Übersetzung): „Du sollst eine Hexe nicht am Leben lassen.“
Deshalb sollen in evangelischen Gebieten fast keine Männer wegen Hexerei verbrannt worden sein.

Die Zauberinnen sollst du nicht am Leben lassen
In protestantischen Gegenden sind tatsächlich sehr wenige Männer Hexenprozessen Opfer von Hexenprozessen, bei den Verfolgungen, bei denen ich mich etwas intensiver mit den Prozessakten beschäftigt habe, wüsste ich keinen einzigen Mann, der exekutiert wurde, während in katholischen Gegenden mir eine ganze Menge einfallen. In Bamberg, Würzburg und Eichstätt waren Handerker, Apotheker, Ratsherren, hoch und niedrig betroffen, in Bamberg war nicht nur der Bürgermeister, sondern fast der ganze Stadtrat und zuletzt 1/10 der Bevölkerung dem Hexenwahn zum Opfer gefallen, darunter viele Männer, bei einigen Verfolgungen waren 1/4 bis die Hälfte der Opfer Männer, bei den Zauber-Jack-Prozessen sogar mehrheitlich Männer die Opfer.

Da besteht tatsächlich ein großes Gefälle zwischen den Konfessionen.
 
Eine weitere Verschärfung war die Vorstellung eine processus extraordinarius eines außerordentlichen Prozesses, bei dem kein Ankläger auftreten musste, bei dem Denunziationen zugelassen war und auch die Aussagen von Kindern, Geisteskranken, Verbrechern und Komplizen zugelassen waren.
Danke für die Bestätigung meines diesbezüglichen Beitrags. Und trotzdem meinte @Shinigami danach, dass nichts dagegen spräche, “Jemandes Aussage in einem Prozess prinzipiell nicht zuzulassen”:
Jemandes Aussage in einem Prozess prinzipiell nicht zuzulassen, nur weil er sich irgendwann mal etwas anderes hatte zu Schulden kommen lassen, weil er einen niedrigen sozialen Rang hatte oder eher schlecht beleumdet war (was erstmal neutral betrachtet nur bedeutet, dass die Person aus welchen Gründen auch immer am Ort nicht sonderlich beliebt ist), hingegen dürfte dem Anliegen der Wahrheitsfindung eher hinderlich sein.
So unterschiedlich können, um es milde auszudrücken, gleiche Tatsachen beurteilt werden.

Ganz anders @El Quijote:
Die Hexenverfolgung bediente sich etwa der Methoden der Inquisition, hielt sich aber nicht an die Regeln, oft wurden hier fundamentale Rechtsbrüche begangen.
Das ist das, was ich von Anfang an sagte: Schon bei Ketzerprozessen achtete man nicht auf Rechte der Angeklagten, und später bei Hexenprozessen noch weniger. Die Begründung war: Sie wären mit dem Teufel im Bunde und wären damit z.B. fähig gewesen, die erste Folter zu überstehen - also wurden sie weiter gefoltert, bis sie unter Folter starben (10 allein in Lemgo) oder gestanden Taten, die sie nie begangen.

Dir ist klar, dass die Prozessakten der Spanischen und der Römischen Inquisition bis heute großteils überdauert haben?
Spanische Inquisition hatte meist andere Ziele als Hexen zu verfolgen, und die römische war strenger auf Einhaltung der Regeln bedacht, so dass es bei den wenigen aus anderen Ländern an Rom weitergereichten Fälle, dort regelmäßig zum Freispruch kam. Das sprach sich herum, so dass der spanische Großinquisitor Nicolas Eymerich, der im 14. Jahrhundert auch Hexen verfolgte, anderen Inquisitoren empfahl, die Urteile hieb- und stichfest zu formulieren, denn sonst käme es zu Berufungen in Rom, wo die meistens mit Freisprüchen endeten. Er war übrigens wahrscheinlich der erste, der entgegen der kirchlichen Order, Delinquenten mehr als einmal folterte.

Erstens: Die Todesstrafe war die Ausnahme, nicht die Regel. Die Regel waren Kirchen- und Geldbußen.

Zweitens: Die Folter war ebenso die Ausnahme wie die Todesstrafe.
Wenn das wahr wäre, dann müsstest du die Fälle in Nordfrankreich, wo laut @Scorpio von 32 Angeklagten mehr als die Hälfte exekutiert wurde, zur Ausnahme deklarieren. Ähnliches müsste dann auch für Nördlingen, Bamberg, Würzburg, Eichstätt und Lemgo gelten. Es gab mehrere tausend Hinrichtungen – wo kamen sie denn her, wenn das nur in Ausnahmefällen geschah?

Das Sujet der allmächtigen Terrororganisation Inquisition, aus deren Fängen niemand entkommt, ist eine Erfindung protestantischer und aufklärerischer Autoren.
Klar, sie alle haben sich geirrt bzw. bewusst übertrieben. Das mag auch geschehen sein, aber Tatsache ist, dass geschätzt 40.000 bis 60.000 Personen wegen Hexerei hingerichtet wurden – dir zufolge waren das alles nur Ausnahmen. Ich hoffe, du siehst selbst, dass diese deine Annahme nicht zu halten ist.

Aber vielleicht hilft dir dabei @Shinigami, der das gleiche behauptet:
Tatsache ist eher, dass nur ein geringer Teil der Prozesse mit der Todesstrafe endete, in der Regel kamen, wenn es überhaupt zu einer Bestrafung kam Kirchenstrafen dabei heraus, die aber nicht auf Todesurteile hinausliefen.
:rolleyes:

In keinem dieser Artikel ist von Hexen die Rede.
Indirekt schon:

Art 9: Sterben soll, wer einen Menschen dem Teufel opfert und nach heidnischer Sitte den Götzen als Opfer darbringt. - Das sind Handlungen, die auch Hexen vorgeworfen wurden.

Art 21: Wer Gelübde nach heidnischem Brauch an Quellen, Bäumen oder Hainen darbringt oder nach heidnischem Brauch opfert und ein Gemeinschaftsmahl zu Ehren der Götzen veranstaltet, zahlt als Edeling 60, als Friling 30, als Late 15 sol. Und wenn er das Geld nicht hat, soll er es im Dienste der Kirche abarbeiten. - Der Gemeinschaftsmahl zu Ehren des Teufels war das klassische Vorwurf Namens Hexensabbath.

Art 23: Die Wahrsager und Zauberer sollen den Kirchen und den Pfarrern ausgeliefert werden. - Einer der Hauptvorwürfe war, Hexen könnten mit Hilfe des Teufels zaubern, sprich durch die Luft fliegen, etc.

In der Bibel steht: Exodus 22,18 (je nach Übersetzung): „Du sollst eine Hexe nicht am Leben lassen.“
Deshalb sollen in evangelischen Gebieten fast keine Männer wegen Hexerei verbrannt worden sein.
Das war die Luther-Übersetzung. Diese Stelle ist eine schlüssige Erklärung, warum es auch in protestantischen Ländern Hexenverfolgungen gab.

Und wenn wir schon bei der Bibel sind – hier noch ein kleiner Hinweis auf Römer 16,17:

Ich ermahne euch aber, Brüder und Schwestern, auf die Acht zu geben, die im Widerspruch zu der Lehre, die ihr gelernt habt, Spaltung und Verwirrung verursachen: Haltet euch von ihnen fern!

In dem die Kirche Ketzer verfolgte, missachtete sie das Wort Paulus’. Wäre interessant zu erfahren, wie sie damals diese Abweichung begründete.

PS:
Die Kirche hat Schadenszauber und Hexerei keineswegs grundsätzlich negiert, sondern sie hielt Hexenflug und Hexenpakt für Aberglauben,
Du kannst mir den Unterschied zwischen grundsätzlicher Negation von Etwas und dieses Etwas für Aberglauben zu halten sicher erklären, oder?
 
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