Hitler , Nationalsozialismus und Sozialismus/Kommunismus als unterschiedliche Ideologien und Wirtschaftssysteme

Dennoch lässt sich Hitler wohl kaum als Klassenkämpfer vorstellen.
Was das Vorstellen angeht, fragt sich von welcher Seite her, denn zum "Klassenkampf" gehören immer theoretisch immer zwei Seiten. Und da könnte man durchaus argumentieren, dass die Zerschlagung der Arbeiterparteien, die Zerschlagung der Gewerkschaften, der verordnete Lohnstopp und andere Maßnahmen durchaus auf der Linie eines "Klassenkampfes von oben" her gelegen haben würden.

Letztendlich passt allerdings natürlich auch das nicht in das Konzept der rassistsich orgainisierten "Volksgemeinschaft".
 
:)Sicher, aber trotz allem ein beachtlicher Aufstieg.
Auf jeden Fall, ja. Ich würde auch nicht bestreiten wollen, dass sich im Kaiserreich ein Wandel vollzogen hat, den Shinigami beschrieb und auf den Du mit Ludendorff zu Recht angespielt hast. Mein Einwand bezog sich zunächst nur auf den Gedanken, im NS-Regime habe erstmals die Möglichkeit für jemanden aus dem Arbeitermilieu bestanden, bis zur Spitze des Staates aufzurücken. Dies wurde bereits in der Weimarer Republik ermöglicht (und mit Ebert gleich praktisch verwirklicht), und in seiner tapferen Rede hat Otto Wels 1933 dieses (zumindest formale) Ende der Klassengesellschaft explizit erwähnt und darauf hingewiesen, dass die Nationalsozialisten daran nicht rühren könnten, ohne "ihren eigenen Führer preiszugeben". Es wurde also schon auch zeitgenössisch - wenn auch aus sozialdemokratischer Perspektive - ein gewisser Bruch in diesem Bereich mit 1918/19 verbunden.
 
ad armer Konrad:
Prinzipiell Zustimmung, aber ich plapper halt gern.

ad EL Q.:
Schwer, als Antwort auf Einwand 1 nicht tagespolitisch zu werden. Ich probiers auf Umwegen:
1.
Nicht jedeR, der/die behauptet oder glaubt "Links" zu sein, ist es auch. Für mich ist da das tiefe Engagement für gesellschaftliche Gleichstellung schon eine Grundvoraussetzung. Bös gesagt, reicht mir Engagement gegen die Klimaerwärmung oder für Montessori-Kindergärten dafür nicht aus. Ausgehend vom anglosächsischen Raum ist es mittlerweile auch modern, die Begriffe "Links" und "Liberal" fast schon synonym zu verwenden; ich halte das für falsch. Faßt man "Linke" also sehr sehr weit (also, alle, die sich irgendwie so verstehen), dann wird man wohl auch mehr Antisemitismus finden.
Natürlich gibt es auch unter Linken - in dem von mir angerissenen engeren Bedeutungszusammenhang - Antisemiten, aber - wie eigentlich alle ernstzunehmenden Studien nahelegen - prozentuell deutlich weniger als in der Geamtbevölkerung.
2.
Nachdem es ja im Kern um Palästina ging: Auseinanderzuhalten vom Antisemitismus sind Gegnerschaften zur konkreten Politik des Staates Israel, ob man sie nun als anti-zionistisch oder irgendwie anders bezeichnet. Leider ist dieser (also der Staat Israel) ja auch in seiner Politik durchaus "robust" und - sagen wir mal - wenig rücksichtsvoll gegenüber Menschen, die auf seinem erweiterten Hoheitsgebiet leben. Solche Kritik halte ich nicht für antisemitisch, sondern den Umständen entsprechend für gerechtfertigt.
Dass manche, die solche Meinungen äußern, auch in einigen Fällen die Grenzen zum Antisemitismus überschreiten (oder sich als Antisemiten an den Protest anhängen), konzediere ich ausdrücklich.
Persönlich ziemlich philosemitisch erzogen habe ich eine anerzogene persönliche Abneigung dagegen, an irgendetwas Antisemitisches auch nur anzustreifen. Bevor ich im angeschnittenen Themenkomplex - also Palästina - irgendeine Meinung äußere, bin ich daher sehr vorsichtig und äußere sie erst dann, wenn ich einen jüdischen oder israelischen Autor oder Intellektuellen (am besten im Doppelpack: jüdisch-israelisch) finde, der das schon vor mir - am besten wissenschaftlich belegt - behauptet hat. Zwei Zeugen oder zusätzlich eine Erwähnung in einer israelischen Publikation sind natürlich besser. Leider (wenn man Israel ausschließlich positiv sieht) kommt man mit dieser Methode relativ weit. Die Einsicht etwa, daß "Anti-Zionismus" nicht mit "Anti-Semitismus" gleichzusetzen ist und auch interjüdisch kontroversiell diskutiert wird, verdanke ich einem ausführlichen Interview mit dem Soziologen und Historiker Moshe Zuckermann - ich war damals darob sehr überrascht.
3.
In einer Tageszeitung habe ich zum Anwurf "linker Antisemitismus" wegen Zeichenbeschränkung etwas prägnanter und polemischer formuliert. Ich geb das abschließend wieder:
"Karl Marx, Rosa Luxemburg, Julius Tandler, Otto Bauer, Lew Bronstein, Leo Jogiches, Gregori Sinowjew, Ruth Fischer, Eduard Bernstein, Rudolf Hilferding, Karl Radek, Hanns Eisler: Antisemiten, soweit das Auge reicht..."
 
ad EL Q.:
Schwer, als Antwort auf Einwand 1 nicht tagespolitisch zu werden. Ich probiers auf Umwegen:
1.
Nicht jedeR, der/die behauptet oder glaubt "Links" zu sein, ist es auch.
Richtig.
2.
Nachdem es ja im Kern um Palästina ging: Auseinanderzuhalten vom Antisemitismus sind Gegnerschaften zur konkreten Politik des Staates Israel, ob man sie nun als anti-zionistisch oder irgendwie anders bezeichnet. Leider ist dieser (also der Staat Israel) ja auch in seiner Politik durchaus "robust" und - sagen wir mal - wenig rücksichtsvoll gegenüber Menschen, die auf seinem erweiterten Hoheitsgebiet leben. Solche Kritik halte ich nicht für antisemitisch, sondern den Umständen entsprechend für gerechtfertigt.
Sehe ich genau so, doch genau hier liegt das Problem. Juden merken an: Es gibt das Wort Israelkritik. Aber gibt es ein Wort wie Chilekritik? Oder Indonesienkritik?
Oft verstecken sich hinter berechtigter Kritik an den Handlungen der israelischen Regierung und ihrer ausführenden Organe antisemitische Beweggründe.
Wenn aber jüdischen Kommilitonen - auch solchen ohne israelischen Pass - aufgrund eines Krieges zwischen Israel und Palästina von antikolonial eingestellten Kommilitonen der Zugang zur Uni versperrt wird, dann ist das aber so was von 1933!
Wenn Feminist*innen, die gestern noch gegen Victim Blaming/Täter-Opfer-Umkehr however I dress, whereever I go - yes means yes and no means no skandiert haben, Vergewaltigungsopfern ihre Herkunft vorwerfen, weil die Vergewaltiger ihrerseits den Narrativ pflegen, einen antikolonialen Kampf zu führen, dann läuft ganz gehörig etwas schief bei diesen Feminist*innen (da können freilich alle anderen Feminist*innen nichts für).
Diese seltsame Allianz von manchen Linken und Islamisten unter einem gemeinsamen Banner des Antikolonialismus, obwohl die Islamisten gegen all das stehen, wofür die Linken stehen, ist mindestens so seltsam, wie der plötzliche (verlogene) Philosemitismus bei einigen Rechtsextremen.

Die Einsicht etwa, daß "Anti-Zionismus" nicht mit "Anti-Semitismus" gleichzusetzen ist und auch interjüdisch kontroversiell diskutiert wird, verdanke ich einem ausführlichen Interview mit dem Soziologen und Historiker Moshe Zuckermann - ich war damals darob sehr überrascht.
Das Problem ist, dass die Begriffe mittlerweile durcheinander gebracht werden.
In einer Tageszeitung habe ich zum Anwurf "linker Antisemitismus" wegen Zeichenbeschränkung etwas prägnanter und polemischer formuliert. Ich geb das abschließend wieder:
"Karl Marx, Rosa Luxemburg, Julius Tandler, Otto Bauer, Lew Bronstein, Leo Jogiches, Gregori Sinowjew, Ruth Fischer, Eduard Bernstein, Rudolf Hilferding, Karl Radek, Hanns Eisler: Antisemiten, soweit das Auge reicht..."
Wie gesagt, ich halte linken Antisemitismus für eine Verirrung. Linke oder Leute, die glauben links zu sein, aber an (vermeintlichen) ethnischen Linien anstatt an Tätern und Opfern, Falken und Tauben ansetzen, folgen eigentlich keinem linken, sondern einem völkischen Gedankengut. Sobald man meint, ein Opfer sei aufgrund der Familie, in die es hineingeboren wurde, mehr oder weniger wert, ist man ein Menschenfeind. Sobald man meint, ein Täter habe aufgrund der Familie, in die er hineingeboren wurde ein größeres oder kleineres Anrecht darauf Gewalt anzuwenden, ist man ein selbstgerechter Heuchler.

Aber ich wollte auch gar nicht diesen Konflikt diskutieren, ich habe dem armen Konrad ja Recht gegeben, ich wollte nur auf eine Stolperfalle in seinen Ausführungen aufmerksam machen.
 
Aber ich wollte auch gar nicht diesen Konflikt diskutieren,
Weiß ich. Aber mittlerweile fühl ich mich von "linken Antisemitismus" - wie das modern heißt - "getriggert". Nervt zumindest mich schon ungemein.

Das Problem ist, dass die Begriffe mittlerweile durcheinander gebracht werden.
Ja, ja, ja. Aber sollte man nicht dann mal versuchen, sie ordentlich auseinanderzunehmen und klarzustellen?

Israelkritik. Aber gibt es ein Wort wie Chilekritik? Oder Indonesienkritik?
Oft verstecken sich
"Israelkritik" als Wort (ich bin nicht sehr vertraut damit) gibt es wahrscheinlich gerade deshalb, um Staatskritik (im Sinne von Kritik an der Politik eines bestimmten Staates) von der rassistischen Kritik an den Bewohners dieses Staates unterscheidbar zu machen. "Geschuldet" ist diese Wortkreation eigentlich den dunklen Bereichen der europäischen Geschichte, die halt Juden (als hauptsächliche Bewohner Israels) lange Zeit als besonderes Problem wahrnahm, aber nicht Chilenen oder Indonesier.
"Oft" tät ich bezweifeln, "manchmal" hätt ich schon konzidiert.

Ok, ist aber jetzt wirklich ein Nebenthema. Von meiner Seite daher - wenn genehm - Schluß der Detaildebatte?
 
Das Geldvermögen, richtig, aber bei Immobilien sah das wesentlich anders aus.
Ist Dir bekannt, dass es nach der Hyperinflation eine Hypothekengewinnabgabe gab? Immobilieneigentümer mussten eine Abgabe auf den Immobilienbesitz leisten. Durch Geldentwertung waren - falls vorhanden - deren Schulden obsolet geworden. Dieses Geld griff sich dann der Staat ab. Vor etwa dreißig Jahren habe ich noch häufig in den Grundbüchern die Hypothekengewinnabgabe als staatliche Belastung in den Grundbüchern der Einfamilienhäusern gefunden - hauptsächlich in den Neuen Bundesländern.

Hypothekengewinnabgabe – Wikipedia
 
Ist Dir bekannt, dass es nach der Hyperinflation eine Hypothekengewinnabgabe gab? Immobilieneigentümer mussten eine Abgabe auf den Immobilienbesitz leisten. Durch Geldentwertung waren - falls vorhanden - deren Schulden obsolet geworden. Dieses Geld griff sich dann der Staat ab. Vor etwa dreißig Jahren habe ich noch häufig in den Grundbüchern die Hypothekengewinnabgabe als staatliche Belastung in den Grundbüchern der Einfamilienhäusern gefunden - hauptsächlich in den Neuen Bundesländern.

Hypothekengewinnabgabe – Wikipedia
Du möchtest damit aber nicht sagen, das der Haueigentümer genauso vor dem Ruin stand wie der Sparer mit dem Bankkonto!?
 
Nein. Das nicht. Aber man muss da Abstriche machen. Das Silberbesteck im Esszimmer oder Opas Goldzähne hat keiner mit einer Abgabe belegt. ;)
 
Der Nationalsozialismus und der Kommunismus sind zwei Ideologien, die auf unterschiedlichen historischen Voraussetzungen beruhen. Deutschland war 1930 industriell betrachtet ein hochmodernes Land, mit antiquierten gesellschaftlichen Strukturen. Die Sowjetunion war ein ökonomisch unterentwickeltes Land, das mit Gewalt modernisiert werden sollte. Die Gleichschaltung gesellschaftlicher Zustände in Deutschland erfolgte über den "Volksstaat". Die Finanzierung dieses Volkstaates lief über die Plünderung von Minderheiten und die Ausbeutung fremder Staaten. In Russland wurde vor allem das Land ausgeplündert (z.B. die ländlichen Regionen der Ukraine). Der Nationalsozialismus und der Kommunismus beruhten auf denselben Methoden, jedoch auf anderen Zielsetzungen. Z.B. hatte die Landbevölkerung im Nationalsozialismus einen viel höheren Stellenwert ("Blut und Boden").
 
Nationalsozialismus und Kommunismus waren nicht nur unterschiedliche, sondern auch konkurrierende Ideologien.
Mir fallen aber vor allem im Ästhetischen gravierende Unterschiede auf:

Im Kommunismus in Malerei, Grafik, bildender Kunst die Ideologie eines "Neuen Menschen", gerade auch im Konstruktivismus. Und der Glaube an die Technik.

Beim Nationalsozialismus, in der Ideologie der "Kampfphase" das vorherrschende Element des Revanchismus und des Hasses auf die Juden. Nach der Machtergreifung die angestrebte Homologisierung, aller Gesellschaftsschichten, der "völkischen Gemeinschaft". Ästhetisch vor allem rückwärtsgewandt, sehr dumpf wirkend.

Ich sehe nur wenige Übernahmen aus der kommunistischen Ideologie und Ästhetik im Nationalsozialismus, am ehesten noch in Grafik (Plakatkunst) und Architektur.

In den 1930er Jahren sind sich Personenkult und Ideologie des Stalinismus und des Nationalismus ähnlicher.
 
Der Nationalsozialismus und der Kommunismus sind zwei Ideologien, die auf unterschiedlichen historischen Voraussetzungen beruhen. Deutschland war 1930 industriell betrachtet ein hochmodernes Land, mit antiquierten gesellschaftlichen Strukturen. Die Sowjetunion war ein ökonomisch unterentwickeltes Land, das mit Gewalt modernisiert werden sollte. Die Gleichschaltung gesellschaftlicher Zustände in Deutschland erfolgte über den "Volksstaat". Die Finanzierung dieses Volkstaates lief über die Plünderung von Minderheiten und die Ausbeutung fremder Staaten. In Russland wurde vor allem das Land ausgeplündert (z.B. die ländlichen Regionen der Ukraine). Der Nationalsozialismus und der Kommunismus beruhten auf denselben Methoden, jedoch auf anderen Zielsetzungen. Z.B. hatte die Landbevölkerung im Nationalsozialismus einen viel höheren Stellenwert ("Blut und Boden").
Im Grunde fast alles (über Einzelnes könnte man diskutieren) richtig was du schreibst - aber meine Satzstruktur ist ja schon so angelegt, dass hier nur ein aber kommen kann - aber unvollständig.
Deutschland war ein industriell hochmmodernes Land mit antiquierten gesellschaftlichen Strukturen - ich erkenne diese Aussage jetzt mal als richtig an, obwohl ich geneigt bin ihr zu widersprechen.
Das Zarenreich (hier schreibst du vorschnell von der SU, aber ich denke, ich verstehe dich richtig, wenn ich das zum Zarenreich übersetze) war ein ökonomisch unterentwickeltes Land mit antiquierten gesellschaftlichen Strukturen. Hier wird vielleicht deutlich, warum man über die Aussage diskutieren kann. Woran gemessen war Dtld. gesellschaftlich antiquiert? Im Vergleich mit dem Zarenreich stand es gut da.
Nach der Revolution, die nach dem bis dahin orthodoxen Marxismus niemals vom zaristischen Russland hätte ausgehen sollen, sondern eher von England, Frankreich, Deutschland oder auch der amerikanischen Ostküste, also Gegenden, wo es ein relevantes und "klassenbewusstes" Industriearbeitertum gab, da wurde dann natürlich versucht, durch einen radikalen Umbau der Gesellschaft (der natürlich scheiterte) aus der SU einen sozialistischen Staat zu machen.
Was nun die Landwirtschaft anbelangt, so hatte Marx die Bauern ja schon als Hort des reaktionären Konservatismus ausgemacht, die Nazis hatten zum "Bauernstand" eine eher romantisierende Sichtweise vom Bauern, der seit Jahrhunderten, wenn nicht gar Jahrtausenden "auf seiner Scholle"
saß und der Erde seine Nahrung "abrang" (das war natürlich völkisches und sozialdarwinistisches Gedankengut (Kulturkreislehre, "Leben ist Kampf") auch hier), wohingegen die SU danach strebte, auch die Landwirtschaft zu industrialisieren und somit auch ein klassenbewusstes Landarbeitertum neben dem imaginierten klassenbewussten Industriearbeitertum zu schaffen. Was beiden Ideologien abging, war den Menschen als Individuum zu betrachten.
 
Der Nationalsozialismus und der Kommunismus sind zwei Ideologien, die auf unterschiedlichen historischen Voraussetzungen beruhen. Deutschland war 1930 industriell betrachtet ein hochmodernes Land, mit antiquierten gesellschaftlichen Strukturen. Die Sowjetunion war ein ökonomisch unterentwickeltes Land, das mit Gewalt modernisiert werden sollte. Die Gleichschaltung gesellschaftlicher Zustände in Deutschland erfolgte über den "Volksstaat". Die Finanzierung dieses Volkstaates lief über die Plünderung von Minderheiten und die Ausbeutung fremder Staaten. In Russland wurde vor allem das Land ausgeplündert (z.B. die ländlichen Regionen der Ukraine). Der Nationalsozialismus und der Kommunismus beruhten auf denselben Methoden, jedoch auf anderen Zielsetzungen. Z.B. hatte die Landbevölkerung im Nationalsozialismus einen viel höheren Stellenwert ("Blut und Boden").
Ich würde dem widersprechen.

Von der Frage abgesehen, ob man die Sowjetunion zur Blaupause des Kommunismus schlechthin erklären kann, würde ich auch durchaus erhebliche Unterschiede in den Methoden sehen.

Nicht nur darin, wer ausgeplündert wurde und zu welchen Zweck das geschah sondern auch auf welche Art und Weise das passierte.

Die Nazis finanzierten im späteren Verlauf der Geschichte vor allem die Kriegsanstrengungen und soziale Wohltaten für die eigene Bevölkerung (bzw. die erwünschten Teile davon) über die systematische Ausplünderung der besetzten Länder.
Mit der Ausplünderung im Besonderen der jüdischen oder für jüdisch erklärten Minderheit verhält es sich, so weit es mir geläufig ist schon wieder etwas komplizierter, weil die antijüdischen Repressionen durchaus nicht durchweg darauf abzielten jüdisches oder für jüdisch deklariertes Eigentum dauerhaft durch den Staat zu vereinnahmen.
D'arrcord gab es unter den Nazis etwa das Instrument der "Reichsfluchtsteuer"* und auch bei den berüchtigten Versteigerungen des Eigentums deportierter jüdischer oder für jüdisch erklärter Personen, hielt der NS-Staat die Hand auf, allerdings verhielten sich die oft etwas anders, wenn es um die Enteignung von Produktionsmitteln (Unternehmen, deren Immobilien, Maschinen etc.) im Rahmen so genannter "Arisierungen" ging.

Unternehmen und Betriebe, die unter dem NS enteignet wurden, wurden vielfach nicht in staatliche Regie übernommen und dem staatlichen Besitz zugeschlagen, sondern der NS-Staat erzwang hier vielfach einen Verkauf an als vollwertige Deutsche anerkannte Interessenten/Konkurrenten, zu erheblich zu niedrigen Preisen, aber er Zog das nicht direkt an sich.
Dabei strichen die NS Stellen zum Teil "Provisionen" für ihre "Vermittlungsleistung" (was de facto den Zwangsverkauf und weitgehende Enteignung meint) ein, aber in erster Linie kamen diese Maßnahmen wirtschaftlich wohl nichtstaatlichen Interessenten zugute, ausgenommen die Betriebe wurden von faktischen Staatsbetrieben oder Betrieben, an denen die NS-Parteibonzen direkt beteiligt waren geschluckt, allerdings scheint das nach meinem Informationsstand auf die meisten Fälle von "Arisierungen" nicht zugetroffen zu haben (man korrigiere mich, wenn ich hier irren sollte).

Im Gegensatz zu den Bolschewiki und später der Kommunistischen Partei, die ganz gezielt durch Enteignungen nicht nur bewegliche Vermögenswerte abgriffen, sondern versuchten sämtliche Produktionskapazitäten des Landes mehr oder weniger dirtekt in staatliche Hand oder durch die Zwangskollektivierung mindestens unter direkte staatliche Kontrolle zu bringen, griff der NS-Staat hier also nicht nach allen potentiellen Vermögenswerten um sie der eigenen Kontrolle zu unterstellen, sondern verziechtete in der Regel jedenfalls darauf, sich Betriebe und Produktionskapazitäten selbst anzueignen.



Mit der Ausplündereung der besetzten Länder ging es eigentlich erst ab 1939 (Tschechoslowakei) richtig los, als der Krieg mehr oder weniger vor der Tür stand, bzw. im Herbst 1939 dann angefangen hatte.
In seiner Anfangszeit setzte das System zu seiner Finanzierung und auch zur Finanzierung der Arbeitsbeschaffungsprogramme und der Aufrüstung allerdings in erheblichem Maße (nicht vollständig, dass Instrument der "Reichsfluchtsteuer" etwa wurde von Anfang an exessiv eingesetzt) auf Freiwilligkeit und Lösungen innerhalb mehr oder weniger kapitalistischer Strukturen.
Das gesamte berüchtigte System der "MeFo-Wechsel", dass für die Finanzierung der Aufrüstung relevant war, war im Prinzip nichts anderes, als Emittierung befristeter und verzinster Staatsanleihen, die dadurch, dass die "Metallurgische Forschungsgesellschaft" als Scheinfirma, über die das emittiert wurde, zwischengeschaltet war, zwar nicht so hießen, es aber de facto waren.
NS-Deutschland ging zur Finanzierung der Aufrüstung und der Arbeitsbeschaffungsprogramme erstmal einen Weg, über die Aufanhme von Staatsschulden und eine antizyklische Wirtschaftspolitik, die man im Prinzip als keynsianischen Ansatz verstehen kann, mit dem Nachteil allerdings, dass Investition in Rüstung und Rüstungsgüter wenig Multiplikatoreffekte erzeugt, weil die dabei produzierten Güter im Prinzip nicht ihrerseits produktiv eingesetzt werden konnten.

Nun kann man natürlich die Frage stellen, ob durch die wachsende Staatsverschuldung qua Aufrüstung die Ausdehung der Ausplünderungspolitik zur Finanzierung des gesamten Systems unumgängliche logische Folge und damit der Weg in eine wesentlich auf Ausplünderung beruhende Stützung des Systems, die es während des Krieges zweifellos gab, vorgezeichnet war.

Allerdings war hemmungslose Plünderungspolitik zur Stützung des Systems, vollständig an marktwirtschaftlichen Mechanismen vorbei, im Gegensatz zur Sowjetunion nicht das von Angang an das Mittel der Wahl, wobei es mindestens vor dem Krieg in beiden Systemen eigentlich weniger um das Stützen des Systems an und für sich ging, als eben um das Erreichen von dessen Zielen Aufrüstung und Arbeitsbeschaffung (NS) Modernisierung und Steigerung des allgemeinen Lebensstandards (Sowjetunion), wobei man letzteres, angesichts der Opfer der Politik unter Stalin, letztendlich auch schon einiger Maßnahmen Lenins, sicherlich nicht durch die rosarote Brille sehen sollte, nur weil es sich schön liest.

Rein um das System zu stützen, im Sinne konsumptiver Ausgaben wäre es wahrscheinlich nicht notwendig gewesen. In der Sowjetunion wurde durch die forcierte Industrialisierung und die Konzentration aller Ressourcen auf diesen Sektor in der Stalinzeit der allgemeine Lebensstandart wahrscheinlich künstlich niedriger gehalten, als er hätte sein können, weil man Überschüsse eben nicht der Bevölkerung zu gute kommen ließ (z.B. in Form subventionierter Lebensmittelpreise o.ä.) sondern alles, was man an Überschüssen irgendwie zusammenkratzen konnte exportierte um im Ausland know-how und moderne Maschinen einkaufen zu können.
Im NS-Staat, wären die umfangreichen Arbeitsbeschaffungsprogramme und staatlichen Hilfsaktionen wahrscheinlich durchaus finanzierbar gewesen, wenn man statt in unproduktive Rüstungsgüter zu investieren, sozusagen vollständig den keynsianischen Weg in der Wirtschaftspoltitik gewählt hätte, um nicht nur in der Krise antizyklisch durch Investition gegenzusteuern um die Wirtschaft mit Aufträgen zu versorgen, sodern eben dabei auch produktives, von Staatsaufträgen langfristig unabhängiges Wirtschaftswachstum zu finanzieren um sich die Investitionen über steigende Steuereinnahmen zurück zu holen.
Großbritannien ging diesen Weg staatlicher Investitionen vor allem in die zivile Wirtschaft und kam damit einigermaßen gut aus der Weltwirtschaftskrise heraus.

Ohne die Unterschiede in irgendeiner Form moralisch werten zu wollen (natürlich ist jedes System, dass Teile seiner Bevölkerung ausplündert, verfolgt oder gar umbringt als moralisch verwerflich zu betrachten), sehe ich da auch in der Wahl der Mittel durchaus erhebliche Unterschiede.





*wobei die eigentlich eine Erfindung der Weimarer Republik war, die allgemein für die Eindämmung von Kapitalflucht (Wirtschaftskrise) ersonnen und von den Nazis dann später zur verbrecherischen Aneignung im Besonderen jüdischer Vermögen umfunktioniert wurde.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das ist nur zum Teil richtig.

Die Sowjetunion war ein System der nachholenden kapitalistischen Modernisierung unter Staatsregie, das nationalsozialistische Deutschland eher eine kapitalistische staatlich dirigierte Kommoandowirtschaft mit marktwirtschaftlichen Elementen (formelles Privateigentum). Beide Systeme haben ihre Industrie wesentlich durch Zwangsarbeit hochgepuscht, Deutschland v.a. ab 1941/1942. Ich denke nicht, dass die Rüstungsproduktion allein mit Reichsangehörigen hätte aufrechterhalten bzw. gesteigert werden können.

Ein zentrales Element der damaligen Konjunktur war Stahl. Gemessen an der Stahlproduktion war das Deutsche Reich 1939 z.B. produktiver als die UDSSR.

Dabei ist nicht zu vergessen, dass auch der Keynsianische Weg auch in den USA wesentlich durch Kriegsproduktion bestimmt war. Es gab Anfang der 1930er Jahre allgemein eine zunehmende Rüstungskonjunktur. Die Kriegswirtschaft führte in allen am Zweiten Weltkrieg beteiligten Ländern zu Vollbeschäftigung und Arbeitskräftemangel. In Großbritannien und Japan wurden Arbeiter ähnlich der Einberufung zur Wehrpflicht zur Arbeit in kriegswichtigen Betrieben zwangsverpflichtet. In Großbritannien war das Arbeitsministerium für die Verteilung der Arbeiter auf die Zivilwirtschaft, die Kriegswirtschaft und die Streitkräfte zuständig. In vielen Ländern war es Arbeitern während des Kriegs verboten, die Arbeit in kriegswichtigen Betrieben aufzugeben oder zu wechseln. In den USA wurde die Wochenarbeitszeit von 38 auf 45 Stunden erhöht. Durch effektives Management sowie durch konsequente Umstrukturierungs- und Rationalisierungsmaßnahmen gelang Speer zwischen Anfang 1942 und Juli 1944 - dem Höhepunkt der Produktivität - eine beachtliche Steigerung des Rüstungsindex von 100 auf 322. Der Ausstoß von Panzern verfünffachte sich in diesem Zeitraum. Verbunden mit der ideologischen Mobilisierung der Bevölkerung wurde diese unter den Bedingungen des "totalen Krieges" ab 1943 zu Höchstleistungen bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von über 70 Stunden animiert und angetrieben.

Unter den fordistischen Bedinungen der damaligen Zeit wirkte sich Rüstung besonders auf die Stahl- und Kohleproduktion und damit auf die Maschinenproduktion aus. Bedeutende Teile der heutigen deutschen Maschinenindustrie im ländlichen Raum haben ihre Ursprünge im dritten Reich. Ich denke, dass die Depression der 20er und 30er Jahre mit keynsianischen Methoden erst in den 1950er hätte behoben werden können. Auch die Konjunktur der Bundesrepublik war nicht zum geringen Teil eine Rüstungskonjunktur (Korea-Krieg). Nicht vergessen werden darf auch nicht, dass viele Industriebetriebe nach 1945 nur geringfügig beschädigt waren. Rüstung hat schon Multiplikatoreffekte, wenn der Maschinenfuhrpark sich nämlich ausdehnt und im Friedensfall umfunktioniert wird. Dieser Prozess war ausgesprochen kompliziert und dauerte nach 1945 natürlich ungefähr ein Jahrzehnt.

Allerdings muss auch gesagt werden, dass bestimmte Industriezweige wie der Landmaschinenbau nicht dazuzuzählen sind. Unerlässlich für die deutsche Kriegswirtschaft waren ausländische Zwangs- und Fremdarbeiter, deren Rekrutierung der Generalbevollmächtigte für den Arbeitseinsatz, Fritz Sauckel (1894-1946), aufgrund des steigenden Arbeitskräftemangels ab 1942 intensivierte und die schließlich gut 20 Prozent der Gesamtbeschäftigten ausmachten. Eingesetzt waren sie vor allem in Rüstungsbetrieben und gut zur Hälfte in der Landwirtschaft, in der die propagierte "Erzeugungsschlacht" auch unter schwersten Kriegsbedingungen auf Hochtouren laufen sollte. Der gesamte Agrarsektor war von einem Rückgang der Nutzflächen und der Produktionsergebnisse gekennzeichnet. Die chemische Industrie war nicht in der Lage, die Bedürfnisse der Landwirtschaft an Stickstoffdünger zur Ertragssteigerung zu befriedigen. Zwischen 1939 und 1944 reduzierte sich die Getreideernte von rund 24 auf 18 Millionen Tonnen. Im gleichen Zeitraum sank die Kartoffelernte von etwa 51 auf 38 Millionen Tonnen. Auch die Herstellung von Landmaschinen ging um 50 Prozent zurück, was den Übergang zur verstärkten Hand- und Spannarbeit unumgänglich machte. Unter dem Defizit fehlender Mechanisierung hatte die deutsche Landwirtschaft auch nach Kriegsende 1945 noch lange zu leiden.

Man kann also keine Pauschalaussagen treffen.

Ich glaube, dass erst die Produktivitätssteigerungen durch den Weltkrieg sowie der technologische Wandel ab den 1950er Jahren dem Fordismus-Keynsianismus die volle Kraft gegeben haben. Waschmaschinen, Staubsauger, Autos, Kühlschränke wurden zu Gütnern, die sich jeder leisten konnte, was vorher so nicht oder überhaupt nicht der Fall war. Die Arbeitslosen brachte Roosevelt erst mit dem Krieg so richtig von der Straße. Die hohe Produktivität der westdeutschen Industrie ab den 1950er Jahren versteht man nicht ohne den Rohstoffmangel der Kriegszeit und die aufgebauten Produktionspotenziale.

Großbritannien war ein großer Verlierer, weil dort während der 30er und 40er Jahre keine adäquate industrielle Basis aufgebaut wurde. Westdeutschland erholte sich weitaus rascher.
 
Das ist nur zum Teil richtig.

Die Sowjetunion war ein System der nachholenden kapitalistischen Modernisierung unter Staatsregie, das nationalsozialistische Deutschland eher eine kapitalistische staatlich dirigierte Kommoandowirtschaft mit marktwirtschaftlichen Elementen (formelles Privateigentum). Beide Systeme haben ihre Industrie wesentlich durch Zwangsarbeit hochgepuscht, Deutschland v.a. ab 1941/1942. Ich denke nicht, dass die Rüstungsproduktion allein mit Reichsangehörigen hätte aufrechterhalten bzw. gesteigert werden können.

Ein zentrales Element der damaligen Konjunktur war Stahl. Gemessen an der Stahlproduktion war das Deutsche Reich 1939 z.B. produktiver als die UDSSR.

Dabei ist nicht zu vergessen, dass auch der Keynsianische Weg auch in den USA wesentlich durch Kriegsproduktion bestimmt war. Es gab Anfang der 1930er Jahre allgemein eine zunehmende Rüstungskonjunktur. Die Kriegswirtschaft führte in allen am Zweiten Weltkrieg beteiligten Ländern zu Vollbeschäftigung und Arbeitskräftemangel. In Großbritannien und Japan wurden Arbeiter ähnlich der Einberufung zur Wehrpflicht zur Arbeit in kriegswichtigen Betrieben zwangsverpflichtet. In Großbritannien war das Arbeitsministerium für die Verteilung der Arbeiter auf die Zivilwirtschaft, die Kriegswirtschaft und die Streitkräfte zuständig. In vielen Ländern war es Arbeitern während des Kriegs verboten, die Arbeit in kriegswichtigen Betrieben aufzugeben oder zu wechseln. In den USA wurde die Wochenarbeitszeit von 38 auf 45 Stunden erhöht. Durch effektives Management sowie durch konsequente Umstrukturierungs- und Rationalisierungsmaßnahmen gelang Speer zwischen Anfang 1942 und Juli 1944 - dem Höhepunkt der Produktivität - eine beachtliche Steigerung des Rüstungsindex von 100 auf 322. Der Ausstoß von Panzern verfünffachte sich in diesem Zeitraum. Verbunden mit der ideologischen Mobilisierung der Bevölkerung wurde diese unter den Bedingungen des "totalen Krieges" ab 1943 zu Höchstleistungen bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von über 70 Stunden animiert und angetrieben.

Unter den fordistischen Bedinungen der damaligen Zeit wirkte sich Rüstung besonders auf die Stahl- und Kohleproduktion und damit auf die Maschinenproduktion aus. Bedeutende Teile der heutigen deutschen Maschinenindustrie im ländlichen Raum haben ihre Ursprünge im dritten Reich. Ich denke, dass die Depression der 20er und 30er Jahre mit keynsianischen Methoden erst in den 1950er hätte behoben werden können. Auch die Konjunktur der Bundesrepublik war nicht zum geringen Teil eine Rüstungskonjunktur (Korea-Krieg). Nicht vergessen werden darf auch nicht, dass viele Industriebetriebe nach 1945 nur geringfügig beschädigt waren. Rüstung hat schon Multiplikatoreffekte, wenn der Maschinenfuhrpark sich nämlich ausdehnt und im Friedensfall umfunktioniert wird. Dieser Prozess war ausgesprochen kompliziert und dauerte nach 1945 natürlich ungefähr ein Jahrzehnt.

Allerdings muss auch gesagt werden, dass bestimmte Industriezweige wie der Landmaschinenbau nicht dazuzuzählen sind. Unerlässlich für die deutsche Kriegswirtschaft waren ausländische Zwangs- und Fremdarbeiter, deren Rekrutierung der Generalbevollmächtigte für den Arbeitseinsatz, Fritz Sauckel (1894-1946), aufgrund des steigenden Arbeitskräftemangels ab 1942 intensivierte und die schließlich gut 20 Prozent der Gesamtbeschäftigten ausmachten. Eingesetzt waren sie vor allem in Rüstungsbetrieben und gut zur Hälfte in der Landwirtschaft, in der die propagierte "Erzeugungsschlacht" auch unter schwersten Kriegsbedingungen auf Hochtouren laufen sollte. Der gesamte Agrarsektor war von einem Rückgang der Nutzflächen und der Produktionsergebnisse gekennzeichnet. Die chemische Industrie war nicht in der Lage, die Bedürfnisse der Landwirtschaft an Stickstoffdünger zur Ertragssteigerung zu befriedigen. Zwischen 1939 und 1944 reduzierte sich die Getreideernte von rund 24 auf 18 Millionen Tonnen. Im gleichen Zeitraum sank die Kartoffelernte von etwa 51 auf 38 Millionen Tonnen. Auch die Herstellung von Landmaschinen ging um 50 Prozent zurück, was den Übergang zur verstärkten Hand- und Spannarbeit unumgänglich machte. Unter dem Defizit fehlender Mechanisierung hatte die deutsche Landwirtschaft auch nach Kriegsende 1945 noch lange zu leiden.

Man kann also keine Pauschalaussagen treffen.

Ich glaube, dass erst die Produktivitätssteigerungen durch den Weltkrieg sowie der technologische Wandel ab den 1950er Jahren dem Fordismus-Keynsianismus die volle Kraft gegeben haben. Waschmaschinen, Staubsauger, Autos, Kühlschränke wurden zu Gütnern, die sich jeder leisten konnte, was vorher so nicht oder überhaupt nicht der Fall war. Die Arbeitslosen brachte Roosevelt erst mit dem Krieg so richtig von der Straße. Die hohe Produktivität der westdeutschen Industrie ab den 1950er Jahren versteht man nicht ohne den Rohstoffmangel der Kriegszeit und die aufgebauten Produktionspotenziale.

Großbritannien war ein großer Verlierer, weil dort während der 30er und 40er Jahre keine adäquate industrielle Basis aufgebaut wurde. Westdeutschland erholte sich weitaus rascher.
Laßt uns bitte schauen, hier nicht zu weit vom Threadthema abzukommen. Danke
 
In der Sowjetunion wurde durch die forcierte Industrialisierung und die Konzentration aller Ressourcen auf diesen Sektor in der Stalinzeit der allgemeine Lebensstandart wahrscheinlich künstlich niedriger gehalten, als er hätte sein können, weil man Überschüsse eben nicht der Bevölkerung zu gute kommen ließ (z.B. in Form subventionierter Lebensmittelpreise o.ä.) sondern alles, was man an Überschüssen irgendwie zusammenkratzen konnte exportierte um im Ausland know-how und moderne Maschinen einkaufen zu können.
Vor kurzem ging es um die Frage, ob die Sowjetunion innerhalb des COMECON vor allem Rohstoffe und Agrargüter gegen Industriegüter getauscht hat, da hätte ich schon gern makroökonomische Zahen gesehen, die sich so ohne weiteres nicht finden lassen.
Hier würde mich interessieren, inwieweit der Aufbau eines industriellen Kapitalstocks in der Sowjetunion unter Stalin über den Import aus dem Ausland oder doch mehr über Eigenproduktion lief.
In der Global Macro Database von Karsten Müller, Chenzi Xu, Mohamed Lehbib und Ziliang Chen finden sich ein paar Angaben für die Relation der Exporte zum (natürlich schwierig zu schätrzenden) Bruttoinlandsprodukt ab 1928 (keine Importquote, die aber ähnlich gewesen sein dürfte): Für die Jahre von 1928 bis 1930 waren das etwa 9%, 1931 5%, danach auf unter 1% sinkend. Vermutlich hängen die Werte um 1930 tatsächlich mit der forcierten Industrielisierung zusammen, 9% sind aber auch für die damalige Zeit nicht besonders hoch.
 
Das ist nur zum Teil richtig.

Die Sowjetunion war ein System der nachholenden kapitalistischen Modernisierung unter Staatsregie, das nationalsozialistische Deutschland eher eine kapitalistische staatlich dirigierte Kommoandowirtschaft mit marktwirtschaftlichen Elementen (formelles Privateigentum). Beide Systeme haben ihre Industrie wesentlich durch Zwangsarbeit hochgepuscht, Deutschland v.a. ab 1941/1942. Ich denke nicht, dass die Rüstungsproduktion allein mit Reichsangehörigen hätte aufrechterhalten bzw. gesteigert werden können.
Was verstehst du unter "Komandowirtschaft"?
Bezüglich der industriellen Entwicklungen gibt es allerdings sehr große Unterschiede zwischen der damaligen UdSSR mit seinem "Stalinismus" und der "Diktatur" der NSDAP und deren Entscheidungsträgern.
Wie du richtig angemerkt hast, wurde die Zwangsarbeit im dritten Reich erst in der mittleren und besonders in der Endphase des Krieges erheblich in ihrer Bedeutung ausgebaut, wo hin gegen diese Endwicklung in der UdSSR schon erheblich früher und noch in Friedenszeiten begann.

Die Steigerung der Kriegsindustrie im dritten Reich hat viele Gründe, der Einsatz von Zwangsarbeitern, hier im besonderen die "Ostarbeiter" ist nur ein Teilaspekt hiervon.
 
Beide Systeme haben ihre Industrie wesentlich durch Zwangsarbeit hochgepuscht, Deutschland v.a. ab 1941/1942. Ich denke nicht, dass die Rüstungsproduktion allein mit Reichsangehörigen hätte aufrechterhalten bzw. gesteigert werden können.
Natürlich hätte es das nicht, das besteite ich auch gar nicht, nur war die Aufrüstung und die Kriegführung Ziel der NS-Staates, nicht unbedingt für das politische System im engeren Sinne systemimmanent.
Die Zwangsarbeit/Ausplünderung war notwendig um Deutschlands Kriegsanstrengungen zu stützen, aber nicht zwangsläufig dafür den NS-Staat vor dem Krieg lebensfähig zu halten.

Ähnliches bei der Sowjetunion. Hätte man (womit in erster Linie Stalin gemeint ist) weniger ambitionierte Modernisierungsziele gehabt, hätte man wahrscheinlich auf die Zwangskollektivierung und weite Teile der ausbeuterischen Wirtschaftspraktiken verzichten und am System der NEP aus den 1920er Jahren festhalten können.
Das war offensichtlich hinreichend stabil, um das politische System des Landes tragen zu können.

Ein zentrales Element der damaligen Konjunktur war Stahl. Gemessen an der Stahlproduktion war das Deutsche Reich 1939 z.B. produktiver als die UDSSR.
Das lag allerdings nicht daran, dass Deutschland seine Stahlproduktion in besonderem Maße bereits vor dem Krieg durch Zwangsarbeit lebensfähig gehalten hatte, sondern daran, dass der industrielle Vorsprung einfach gegeben war und dass Deutschland die Österreichische und Tschechische Stahlindustrie zusätzlich schlucken konnte.
Mindestens in Österreich und in den Sudetengebieten mit überwiegend deutschen Fabrikbelegschaften, wurden da aber keine besonderen Ausbeutungspraktiken eingeführt, die sich vom Arbeitsalltag im übrigen Reich unterschieden hätten.

Natürlich profitierte die Stahlindustrie stark von den Rüstungsaufträgen, aber die finanzierten sich gerade vor dem Krieg mehr über das System der MeFo-Wechsel und Staatsverschuldung als aus Enteignungen und Zwangsarbeit.

Dabei ist nicht zu vergessen, dass auch der Keynsianische Weg auch in den USA wesentlich durch Kriegsproduktion bestimmt war.
??? Die New Deal-Gesetzgebung war definitiv schwerpunktmäßig nicht auf Aufrüstung ausgerichtet.

Was im Krieg passierte, ist eine andere Nummer. Das im Krieg kriegsteilnehmende Staaten zu einer Kriegs-/Kommndowirtschaft übergehen liegt in der Natur der Sache und ist nicht unbedingt systemspezifisch.
In UK und den USA spielten Kriegsgefangene natürlich schon deswegen keine besondere Rolle für die Aufrechterhaltung der Kriegswirtschaft, weil über den größten teil des Krieges keine signifikannten Zahlen an Kriegsgefangenen, die man dafür einsetzen konnte vorhanden waren. Bis zur Kapitulation der Achsenmächte in Afrika hatte man an Gefangenen ja nicht viel mehr, als ein paar abgeschossene Fliegerpiloten.

Gleichzeitig gab es in UK und US keine allgemeine Wehrpflicht, so dass deutlich weniger Arbeitskräfte in den Rüstungsbetrieben kriegseinsatzbedingt fehlten.
Das sind natürlich gewisse Unterschiede, die sich aber aus anderen Parametern herleiten, als aus dem politischen System.

Zumal, auch wenn ich das nicht gleichsetzen möchte, weil die Massenmorde im NS und in der Sowjetunion eine besondere Qualität haben, durch die Faktizität der entsprechenden Kolonialreiche natürlich auch das Wirtschaftsmodell in Großbritannien und Frankreich in gewissem Maße auf Ausbeutung/Ausplünderung/Zwangsarbeit beruhte, nur dass die eben nicht in Europa, sondern an der Kolonialen Peripherie stattfand, so dass jetzt in meinen Augen der Umstand, dass bestimmte Gruppen ausgebeutet/ausgeplündert wurden allein in meinen Augen kein gesondertes Alleinstellungsmerkmal von NS und Sowjetkommunismus ist.
Da kommt es, wenn es Alleinstellungsmerkmal sein soll schon auf die Art und die Qualität an und hier unterscheiden sich beide Systeme voneinander, auch wenn sie sich beide hier von den klassischen Kolonialimperien abheben.
Nicht vergessen werden darf auch nicht, dass viele Industriebetriebe nach 1945 nur geringfügig beschädigt waren.
Das ist richtig, dafür wurde aber zum Teil auch umfangreich demontiert und es wurde eine Entflechtungspolitik seitens der Siegermächte betrieben, die die vertikale Integration vor allem der Groskonzerne zerschlug und hieraus resultierende Synergieeffekte erstmal aufhob.

Durch effektives Management sowie durch konsequente Umstrukturierungs- und Rationalisierungsmaßnahmen gelang Speer zwischen Anfang 1942 und Juli 1944 - dem Höhepunkt der Produktivität - eine beachtliche Steigerung des Rüstungsindex von 100 auf 322.
Und dadurch Teile der Industrie, im Besonderen die Bergwerke absolut auf Verschleiß zu fahren.

üstung hat schon Multiplikatoreffekte, wenn der Maschinenfuhrpark sich nämlich ausdehnt und im Friedensfall umfunktioniert wird.
Nein.
Wenn Rüstungsindustrie im Krieg auf nach kommandowirtschaftlichen Gesichtspunkten geführt wird, unter Hinterlegung von Kriegsanleihen, Zahlungsversprechungen etc. etc. statt harter Währung und mit dem Ende des Krieges dann laufende Aufträge wegfallen, weil kein Kriegsmaterial mehr benötigt wird und die Aufträge storniert werden, gleichzeitig Zahlungsversprechungen nicht vollumfänglich erfüllt und Anleihen nicht termingerecht oder vollumfänglich eingelöst/rückbezahlt werden können, bricht die damit verbundene Industrie zusammen, weil sie erstmal ohne Aufträge auf Überkapazitäten und zu vielen Arbeitskräften bei mangelhafter Auftragslage und zu geringen Geldreserven für den Ankauf von Rohstoffen im Ausland sitzt.
Die Konsequenz ist dann die Notwendigkeit durch Rationalisierung das ganze gesund zu schrumpfen und sich von Teilen des Maschinenparks und Produktionsstäten zu trennen.

Außerdem wird im Krieg natürlich Produktion auf Verschleiß gefahren, was bedeutet, dass sich zwar der Maschinenpark vergrößert, ein Großteil davon allerdings, wenn der Krieg lange genug dauert am eine eine relativ kurze Restlebensdauer hat oder völlig vernutzt ist und im Prinzip schrottreif ist.
 



Da kommt es, wenn es Alleinstellungsmerkmal sein soll schon auf die Art und die Qualität an und hier unterscheiden sich beide Systeme voneinander, auch wenn sie sich beide hier von den klassischen Kolonialimperien abheben.
Eben das genau ist der Punkt. Der "Nationalsozialismus" ist eine "völkische" krude Weltanschauung auf der Basis einer "verrückten" "Rassenlehre, Rassentheorie" die dann, ganz im Gegensatz zu der theoretischen Idee des Kommunismus, auch nur für ganz wenige "Völker" gelten soll und kann.
 
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