Muss Sendungsbewußtsein neben einem Inhalt nicht auch ein Ziel haben? Wem wollten den die Spartaner ihre Weltsicht geben?
Nur mal ein Beispiel: die Spartiaten mischten sich ständig in die Angelegenheiten fremder Städte ein, inbesondere bekämpften sie die Herrschaft von Tyrannen. Was schon erstaunlich ist, aber wenn ein Einzelner irgendwo die Macht an sich riß, oder sich irgendwo ein Bündnis solcher leute bildete, dann unternahm Sparta etwas, grundsätzlich.
Ferner waren die Spartiaten die ersten Griechen (wortwörtlich) d.h. die ersten die eine Erkenntnis einer Nationalen Identität mit den anderen Polis hatten.
Das Ziel des Sendungsbewußtseins war aber im Falle Spartas primär der Staat, den Staat zu erhalten und seine Macht zu vergrößern, alles dem Staat zu opfern. Die Spartiaten versuchten die Macht und Größe ihres Staates zu vergrößeren, mit allen Mitteln.
Wie gesagt war der Staat die Religion der Spartiaten. Dieser Religion opferten sie alles. Ziel der Religion war die Stärke des Staates und die Ausweitung des Staatsgebietes. Da die Spartiaten unvorstellbar wenige waren, wurden sie sozusagen Opfer ihres eigenen Erfolges, der zu groß war !!
Sie siegten und herrschten mit nur ein paar Tausend Mann über viel zu große Gebiete und mussten dann immer weiter weg agieren.
Interessant sei an dieser Stelle angemerkt, daß das klassische Sparta ca 5 Lochen Spartiaten maximal aufstellen konnte, daß sind nur 5000 Mann. Dazu kam eine "Zivilbevölkerung" aus Frauen und Kindern, insgesamt kann man von ungefähr 15 000 bis 20 000 Spartiaten ausgehen.
Der Staat Lakedaimon hatte aber ungefähr 200 000 Einwohner, davon waren vermutlich um die 150 000 Heloten. Man muß sich diese Kräfteverhältnisse mal vor Augen führen. Von den Heloten waren ungefähr zu diesem Zeitpunkt 100 000 Messener, daß heißt, daß nur 5000 Mann über 100 000 absolute Totfeinde herrschten, mit Gewalt und Unterdrückung.
eben weil Krieg die einzige wirkliche Beschäftigung der Spartiaten war.
Das war durchaus nicht so. Die Hauptbeschäftigung der Spartiaten war die Erziehung, danach der Wehrsport, erst dem folgend der Krieg. Auch Jagd, Religion und gemeinsame Musik waren Beschäftigungen.
Das Sparta durch die von Heloten getätigte LW so einzigartig war, lässt sich aber durch das handelsgestütze Athen des peleponnesischen Krieges relativieren.
Die Einzigartigkeit ist nicht das Heer an sich, sondern die Lebensweise. Die Bauern in Athen lebten nicht so wie die Spartiaten, niemand lebte derart radikal. Deshalb war das ja schon in der Antike ein einziger Mythos, wegen seiner Einzigartigkeit was die Radikalität der Sozialkultur und Gesellschaftsorganisation anging.
Man redet immer sehr leicht und schnell über das was die Spartiaten so taten, aber man muß sich das mal wirklich intensiv vorstellen, was das bedeutete. Was das für geistige und psychische Folgen erzeugte, so aufzuwachsen, so erzogen zu werden.
Die Hoplitenkriegsführung, um hier den Kreis wieder zu schließen, erforderte eine Psychische Härte, einen großen Willen den viele andere Völker nicht aufbringen konnten, aus kulturellen Gründen. Je härter der Wille war, desto größer die Erfolgsaussichten beim direkten Zusammenstoß von zwei Phalangen wirklich den Sieg davon zu tragen. Das ist der Grund für die Überlegenheit der Spartiaten selbst, ihre ganze Selbstwahrnehmung und Empfindungen waren auf den Krieg hin konditioniert.
Das war in dem Ausmaß in dem es in Sparta geschah in allen anderen Polis nicht möglich, schlicht und einfach wegen der aufgewendeten zeit und auch wegen der angewandten Methoden.
Man muß sich das mal wirklich vorstellen, was es bedeutet, mit Lanzen aufeinander loszugehen und sich diese mit Gewalt in dichter Formation gegenseitig mit Gewalt reinzustoßen.
Heute wissen wir von Messerstechereien u.ä. Auseinandersetzungen mit Klingenwaffen, daß hier die Psychische Einstellung absolut ausschlaggebend ist. Die meisten Messereinsätze enden interessanterweise nicht damit, daß Beide aufeinander einstechen, sondern damit, daß einer die Nerven verliert und wegrennt oder es versucht usw
Die Spartiaten verstanden jeden Schritt auf den Feind zu in der Feldschlacht als Hinwendung zu den Göttern und als Selbstopfer für den Staat. Andere Staaten opferten bei der Sphagia verschiedenen Göttern, die Spartiaten opferten auschließlich dem Eros.
Dann marschierte man gegen den Feind bis man aufeinander prallte, manchmal rannte man auch ineinander. Jeder wählte für den Augenblick des Aufpralls einen Gegner als Ziel und stieß dann mit aller Gewalt die Lanze in eine Lücke zwischen den Schilden oder gegen den Helm, man versuchte die Augenschlitze, die Kehle oder die Leistengegend zu treffen.
Sobald die vorderen Reihen auf diese Weise aufeinander geprallt waren, waren viele Männer dort mit einem einzigen Stoß tot. Dann prallten die hinteren Reihen auf und es entstand ein Schieben und drängen.
Oft aber, brach die Ordnung des Gegners schon beim ersten Anprall auseinander, oder sogar schon kurz davor, oder sie riß wenn es zum Schieben kam, das war eine reine Nervensache. Die Lebensweise der Spartiaten und ihr von allen anderen Hopliten Griechenlands völlig unterschiedliches Selbstbild führten dann dazu, daß sie in genau diesen Situationen immer die besseren Nerven hatten als der Gegner.
Während dem Schieben gingen einzelne zu Boden, wurden Niedergetrampelt, in die entstandenen Breschen stieß und schlug man mit den Lanzen, die Männer der zweiten und dritten Reihe versuchten in diese Breschen einzudringen. Man nannte das Othismos, wenn eine Lücke entstand und man mittels des Schildes diese Lücke durch Drücken zu vergrößeren versuchte.
Das führte dann wenn der Feind immer noch nicht brach irgendwann zum Pararexis, dem Durchbruch, war die Phalanx durchbrochen, wurde sie niedergemacht, erst jetzt enstanden die wirklich oft sogar kriegsentscheidenden Verluste.
Nun waren die Fliehenden, Geschlagenen der Reiterei und den Peltasten ausgesetzt, der leichten Infanterie, ferner waren sie durch den Kampf körperlich völlig erschöpft, was ihnen die Flucht noch mehr erschwerte. Und auch hier wirkte der brutale Drill der Spartiaten als Vorteil, sie erschöpften viel langsamer als jeder andere Hoplit.
Es gibt recht zuverlässige Berechnungen, die die Verluste bei einem Aufeinanderprall von Phalangen mit 10 bis 15 % der Männer angeben. Darüber habe ich schon mal Ausführlich mit Tiberius diskutiert, der der Meinung ist, die Verluste hätten zu schlimme Folgen für die Demographie gehabt und seien deshalb nicht so hoch gewesen. Eine indirekte Ableitung also, ich halte jedoch daran fest, daß die Verluste so hoch waren.
Die häufigste Todesart war neben Verbluten eine Bauchfellentzündung durch einen Stich in den Unterleib.
Entscheiden dafür, daß diese Art der Kriegsführung oft nicht entscheidend wirkte war, daß man die Fliehenden oft eben nicht !! verfolgte, fliehende Hopliten ließ man oft absichtlich entkommen. Hanson zeigt klar auf, daß die Griechen meist keinen totalen Sieg im neuzeitlichen Sinne anstrebten, mit der Ausnahme der Kämpfe zwischen den Messenern und Sparta.
Daher wird es viele Kämpfe gegeben haben, bei denen beide Seiten aufeinander marschierten, eine Floh und kaum verfolgt wurde und so die Schlacht sozusage nicht wirklich statt fand. Die Spartiaten waren deshalb überlegen, weil sie immer bereit waren, das bis zum letzten wirklich durchzuziehen.
Das erfordert eine enorme psychische Anstrengung bzw auch Abstumpfung.
Trotzdem war die Kriegsführung der Phalangen im Kern inkonsequent. Kam es wirklich zur vollen Entfaltung, war diese Art der Kriegsführung eine extrem verlustreiche, der Verlierer war meist mit einer Schlacht völlig geschlagen und kaum noch in der Lage weiter zu machen.
Der Grund warum es den Spartiaten nie gelang, mehr von ihnen hervor zu bringen liegt meiner Ansicht nach in genau diesen Verlusten begründet. Leider gibt es keine übergreifenden Studien dazu, wie hoch eigentlich die Sterblichkeit und die Geburtenraten in Sparta waren mit einer Aufgliederung der Ursachen der Tode nach Anteilen getrennt. Meiner Meinung nach aber waren es primär die Verluste im Krieg, die die Möglichkeiten der Spartiaten ihren Staat noch weiter auszudehnen begrenzten und ihnen einen langsamen Bvölkerungsschwund bescherten. Auf der Gegenseite war es die tatsächliche geistige Fähigkeit, solche Verluste zu ertragen und tatsächlich die Hoplitenkriegsführung bis in die letzte Konsequenz durchzuziehen, die ihnen eine Überlegenheit verschaffte, welche ihnen Erfolge brachte mit denen sie dann nicht fertig wurden.
Sparta war im Endeffekt ein Opfer seines eigenen zu schnellen, zu großen militärischen Erfolgs. Auf der Gegenseite hatte Sparta nie wie die anderen Griechischen Polis ein Überbevölkerungsproblem, die anderen Polis lösten dieses durch Auswanderung Sparta durch Krieg.