Kalkriese als Ort der Varusschlacht zweifelhaft

Ich bitte darum sich die kurze Filmsequenz auf dem Link den ich im vorigen Post eingestellt habe anzuschauen. Ich glaube kaum, dass freiwillig Legionäre durch ein Schussfeld durchgezogen sind wo gerade Geschosssalven ihren Weg kreuzten. Ich hatte die Textquelle über den Kampf am Angrivarierwall angeführt wo explizit genau dieses Verhalten des Zurücknehmens des vor den Geschützen kämpfenden Heeres genannt wird. Für den der es überlesen hat hier noch einmal: „Er zog dagegen die Legionen ein wenig zurück und befahl den Schleuderern und Wurfschützen, ihre Geschosse zu werfen und den Feind vom Wall zu vertreiben. Von den Geschützen wurden Speere abgeschossen, und je sichtbarer die Verteidiger waren, mit um so größeren Verlusten wurden sie heruntergeworfen.“ Tacitus/Ann. II 20

Ein Punkt der bisher fast völlig außer Acht gelassen wurde ist der Umstand das die eigentliche Wegetrasse durch die Kalkrieser Senke nicht über den Hangsandbereich entlang des Walles führte, sondern entlang der Flugsandrücken entlang des Großen Moores. Nur hier war ein relativ ungehindertes Vorrankommen möglich. Alte Karten zeigen deutlich die Prioritäten der einstmaligen Wegeführung. Als Beispiel die Karte von Major Le Croq von 1805: http://www.lwl.org/westfaelische-geschichte/kar-zoom/kar366.html

Der Hansandbereich war um ein Vielfaches schlechter zu passieren und es gab hier allenfalls Trampelpfade über hangseitige Klüfte und quellnasse Feuchtzonen. Erst mit der Fertigstellung der Chaussee von Engter nach Venne im Jahr 1845 der heutigen B 218 wurde eine neue überörtliche Strassentrasse direkt am Fuße des Kalkrieser Berges gewählt. Es versteht sich von selbst, dass ein römisches Heer bei der Durchquerung der Kalkrieser Senke bevorzugt die sichere Trasse nahm. Warum sollten flüchtende Legionäre einen Fluchtweg wählen, der sich nach kurzer Zeit in ein bodenloses Schlammloch verwandelte und zudem noch von einem Wall begleitet wurde von dem herab man abgeschlachtet wird, wenn in wenigen hundert Metern parallel dazu ein fest begehbarer, trockener und hindernisfreier Weg existierte der einem ein sicheres Fortkommen garantierte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Maelo, laß die von einem Artilleristen und Bogenschützen sagen, solange genug Munition da ist, hinterlassen die auch reichlich für die Archäologen zum Ausgraben. Da findet kein Germane Geschosse, da mußt du in einem Wall und davor buddeln.

Wilfried, du überschätzt die Erhaltungsbedingungen. Es kommt auf sehr viele verschiedene Faktoren an, die auch fünf Meiter weiter schon wieder völlig anders sein können, was wie lange und wie gut konserviert wird. Organische Materialien und Textilien bleiben z.B. besonders gut in feuchten Umgebungen unter Luftverschluss erhalten, die sind dagegen "tödlich" für viele Metalle (insbesondere Eisen). Kalkriese ist ein wunderbares Bespiel dafür, wie es um die Erhaltung von Knochen bestellt ist. In den Knochengruben, die mit Kalksteinen ausgestattet waren, sind Knochen erhalten geblieben. Einige Meter entfernt hat man einen dort liegenden Kiefer nachweise können, obwohl der Knochen nicht mehr erhalten war. Aber die Zähne - das dauerhafteste Material am menschlichen Körper - lagen hier noch in der Anordnung. Wie viele Knochen, ob bestattet oder nicht in den zwei Jahrtausenden durch den allmählichen Calciumentzug verloren gegangen sind, ist nicht zu ermessen.

Die Hunte wird heute als Fluss bezeichnet, und war es früher umso mehr.

Flüsse haben die Eigenschaft, nicht von der Quelle an in Mündungsbreite durch dir Landschaft zu fließen. Ein Bild von der Hunte etwa an Punkt, ab dem sie sich nur noch vom Schlachtfeld entfernt, habe ich oben verlinkt. Sie ist dort ein etwa ein Meter breiter Bach, durch den man waten kann, kein Fluss oder gar Strom.

Ich will sagen, dass sämtliche Aussagen des Tacitus über die Beschaffenheit des Kampfplatzes am Angrivarierwall mit den tatsächlichen Gegebenheiten in der Kalkrieser Senke übereinstimmen. Diese Kongruenzen zu negieren grenzt an Ignoranz.

Umgekehrt wird ein Schuh draus. Es ist ignorant, einen zehn km entfernten Bach als den in den Quellen beschriebenen Strom zu interpretieren. Es ist ignorant, einen taktisch angelegten Wall von 400 m Länge, als Grenzwall zwischen zwei Stämmen zu interpretieren. Es ist ignorant anzunehmen, dass die gemeinsam gegen die Römer kämpfenden Heere der Angrivarier und Cherusker einen Wall zwischen sich aufgeworfen hätten, der keinerlei taktisch Sinn hatte. Es ist ignorant anzunehmen, dass in Kalkriese die Römer auf der Berg- und die Germanen auf der Sumpfseite waren, wie das für die Schlacht am Angrivarierwall beschrieben ist. Es ist ignorant anzunehmen, dass Germanicus den Tross gegen den Wall vorgeschickt hätte - genau das ist nämlich der archäologische Befund in Kalkriese, dass hier der Tross unmittelbar am Wall entlang kam und in die Kampfhandlungen verstrickt wurde. Dies lässt sich bei allergrößtem Wohlwollen nicht mit den Beschreibungen der Schlacht am Angrivarierwall harmonisieren.


Auf dem Oberesch wurde nur ein Fragment eines Gladius gefunden, etwas wenig für die Varusschlacht, oder? Im Ernst, es wurde nicht nur hier im Forum vermerkt, dass die einzigen Fernkampfgeschosse die drei Schleuderbleie gewesen wären, die zudem noch entfernt vom Wall und zusammenliegend aufgefunden wurden. Das wurde als Indiz dazu gewertet, dass das römische Heer nicht in der Lage war den Gegner effektiv zu bekämpfen, sondern dass am Wall eine sich auflösende Truppe vorbeigezogen ist und sich wahllos hat abschlachten lassen.

Dass die römische Truppe, die in Kalkriese kämpfte in Auflösung begriffen war, ist angesichts des archäologischen Befundes wohl kaum in Abrede zu stellen.

Im Übrigen deckt sich auch dieser Befund mit der literarischen Überlieferung des Tacitus über den Kampf am Angrivarierwall: „Er zog dagegen die Legionen ein wenig zurück ...
...und jagte den Tross in den Wall." :fs: Ironie off.
Und über die Knochen haben wir damit noch gar nicht geredet.
 
Ich bitte darum sich die kurze Filmsequenz auf dem Link den ich im vorigen Post eingestellt habe anzuschauen. Ich glaube kaum, dass freiwillig Legionäre durch ein Schussfeld durchgezogen sind wo gerade Geschosssalven ihren Weg kreuzten. Ich hatte die Textquelle über den Kampf am Angrivarierwall angeführt wo explizit genau dieses Verhalten des Zurücknehmens des vor den Geschützen kämpfenden Heeres genannt wird. Für den der es überlesen hat hier noch einmal: „Er zog dagegen die Legionen ein wenig zurück und befahl den Schleuderern und Wurfschützen, ihre Geschosse zu werfen und den Feind vom Wall zu vertreiben. Von den Geschützen wurden Speere abgeschossen, und je sichtbarer die Verteidiger waren, mit um so größeren Verlusten wurden sie heruntergeworfen.“ Tacitus/Ann. II 20

Ein Punkt der bisher fast völlig außer Acht gelassen wurde ist der Umstand das die eigentliche Wegetrasse durch die Kalkrieser Senke nicht über den Hangsandbereich entlang des Walles führte, sondern entlang der Flugsandrücken entlang des Großen Moores. Nur hier war ein relativ ungehindertes Vorrankommen möglich. Alte Karten zeigen deutlich die Prioritäten der einstmaligen Wegeführung. Als Beispiel die Karte von Major Le Croq von 1805: http://www.lwl.org/westfaelische-geschichte/kar-zoom/kar366.html

Der Hansandbereich war um ein Vielfaches schlechter zu passieren und es gab hier allenfalls Trampelpfade über hangseitige Klüfte und quellnasse Feuchtzonen. Erst mit der Fertigstellung der Chaussee von Engter nach Venne im Jahr 1845 der heutigen B 218 wurde eine neue überörtliche Strassentrasse direkt am Fuße des Kalkrieser Berges gewählt. Es versteht sich von selbst, dass ein römisches Heer bei der Durchquerung der Kalkrieser Senke bevorzugt die sichere Trasse nahm. Warum sollten flüchtende Legionäre einen Fluchtweg wählen, der sich nach kurzer Zeit in ein bodenloses Schlammloch verwandelte und zudem noch von einem Wall begleitet wurde von dem herab man abgeschlachtet wird, wenn in wenigen hundert Metern parallel dazu ein fest begehbarer, trockener und hindernisfreier Weg existierte der einem ein sicheres Fortkommen garantierte.

Du setzt voraus, dass die Wege um 1800 dieselben gewesen sind wie 1800 Jahre zuvor, und dass die Römer sich dort auskannten.
 
...
Und über die Knochen haben wir damit noch gar nicht geredet.

Wie wird eigendlich von den Kritikern der Varusschlacht-These die Existenz der Kochengruben erklärt?

Wer soll mehrere Jahre nach dem vermeindlichen Kampf am Angrivarierwall für die Beerdigung gesorgt haben? Die Germanen in einem Anflug von schlechtem Gewissen?

Dagegen haben wir einen klaren Bericht über die Begräbnisaktion unter Germanicus 16 n. Chr.!
 
maelo, das mit dem drunter herlaufen glaube ich dann für Dich mit,sicher läuft man nichtdirekt vor dem Geschütz lang, aber so etwas steht ja auch nicht direkt hinter den Linien. Ich hätte mit meinen 1,94 keine Bedenken, 30-40 m vor dem Geschütz zu stehen.

El quichote, ich meinte mit meiner Frage, "mit wieviel Gegnern mußte Varus rechnen"
mit wievielen Aufständischen mußte Varus bei seinem Abmarsch ins Winterlager rechnen?
Das ihm am Ende zwischen 10 000 und ~30 000 gegenüberstanden, steht auf einem anderen Blatt.

Das ist das , was ich meinte mit" falsche Vorraussetzungen für das Varusschlachtfeld"
Alle suchen nach einem großen Schlachtfeld Römer gegen Germanen. Es kämpften aber römisch bewaffnete Auxiliartruppen, germanisch bewaffnete Germanen gegen "Rumpflegionen" und wenige Auxiliareinheiten. Und der Kampf zog sich über angeblich 3 Tage hin. Also sind die Zahlen der Legionäre eher bei 3000 und weniger als bei 18 000 anzusetzen in der Endschlacht
 
Gestellt habe ich die Frage auch schon häufiger, eine sinnvolle Antwort habe ich - so weit ich mich erinnern kann - darauf noch nicht erhalten.
 
Du setzt voraus, dass die Wege um 1800 dieselben gewesen sind wie 1800 Jahre zuvor, und dass die Römer sich dort auskannten.

Nein, ich gehe von geologischen Fakten aus. Der Flugsandrücken am Rande des Großen Moores datiert spätweichselzeitlich bis holozän. Er existierte so vor zweitausend Jahren und er war der sogenannte Heelweg vor dem Sandforde der auch schon als antike Autobahn bezeichnet wurde. Der Hangsandbereich hingegen war vor seinen anthropogenen Überlagerungen seit dem Mittelalter kaum brauchbar um dort überhaupt mit einer schweren Karre durchzukommen. Hier wäre die Lektüre "Sondierungen in der Kalkrieser Senke" von Joachim Harnecker und Eva Tolksdorf Lienemann sinnvoll um sich ein Bild der einstmaligen Gegebenheiten zu machen.

Du glaubst doch nicht im Ernst, dass der Umstand eines weitaus besseren Weges den Römern nicht bekannt war. Er lag ihnen quasi vor Augen.
 
El quichote, ich meinte mit meiner Frage, "mit wieviel Gegnern mußte Varus rechnen"
mit wievielen Aufständischen mußte Varus bei seinem Abmarsch ins Winterlager rechnen?

Da alleine Cassius Dio etwa 200 Jahre später von diesem angeblichen weit entfernten Aufstand berichtet und auch keinerlei Angaben darüber macht, wie groß dieser Aufstand gewesen sein soll, lassen sich darüber keinerlei seriöse Angaben machen. Cassius Dio ist der von den ausführlichen Autoren der zeitlich entfernteste und ausführlichste; das flösst mir nicht gerade Vertrauen in seine Darstellungen ein.

Alle suchen nach einem großen Schlachtfeld Römer gegen Germanen. Es kämpften aber römisch bewaffnete Auxiliartruppen, germanisch bewaffnete Germanen gegen "Rumpflegionen" und wenige Auxiliareinheiten. Und der Kampf zog sich über angeblich 3 Tage hin. Also sind die Zahlen der Legionäre eher bei 3000 und weniger als bei 18 000 anzusetzen in der Endschlacht

Ganz nachvollziehbar sind diese Überlegungen nicht, auch wenn man die Nachgeschichte betrachtet.
a) es ist klar die Rede davon, dass drei Legionen verloren gingen
b) diese drei Legionen wurden nie wieder aufgestellt
c) bei darauffolgenden Konfrontationen mit Arminius zogen die Römer mit acht Legionen gegen die Germanen, die sie manchmal in zwei Heeressäulen zu vier Legionen aufteilten. Diesen acht Legionen stellte sich Arminius 15 nicht (aber vieren auf dem Rückmarsch -> pontes longi), 16 aber schon (Idistaviso, Anrgivarierwall).
d) die Vergleich mit Lollius und Crassus

c) zeigt, dass man Arminius und die durch ihn mobilisierbaren Truppen als Gegner sehr ernst nahm und nehmen musste (Idistaviso, Angrivarierwall), a) und b) zeigen, dass nicht etwa nur ein paar Kohorten verloren gegangen sein können, sondern dass die Legionen wirklich annähernd vernichtet worden sind, so sehr, dass ihre Nummern als böses Omen für Legionen gesehen wurden und daher nicht mehr vergeben wurden. Es gab zwar Überlebende, die waren aber mengenmäßig weit entfernt davon, auch nur annähernd so etwas wie den Kern einer Legion zu bilden.
 
Du glaubst doch nicht im Ernst, dass der Umstand eines weitaus besseren Weges den Römern nicht bekannt war. Er lag ihnen quasi vor Augen.

Tja, dann sind sie ihn wohl nicht gezogen, weil sie ihn nicht benutzen konnten. Denn die archäologischen Fakten sprechen wohl für sich, oder?
Um es mal mit Boris Dreyer zu sagen: "In jedem Fall haben im Engpass die Römer den Weg auf den Hangsanden gewählt."
 
Tja, dann sind sie ihn wohl nicht gezogen, weil sie ihn nicht benutzen konnten. Denn die archäologischen Fakten sprechen wohl für sich, oder?
Um es mal mit Boris Dreyer zu sagen: "In jedem Fall haben im Engpass die Römer den Weg auf den Hangsanden gewählt."


Welche Fakten sprechen gegen eine Benutzung des Flugsandrückens?
 
@ Maelonn. Ich möchte mich hier selbst zitieren:


Ich möchte noch einmal betonen, dass ich es sehr befremdlich finde erst aus einer Veröffentlichung von 2011 auf die Geschossbolzen aufmerksam gemacht worden zu sein.
Irritierend. Leider liegt mir der Band nicht vor. Kannst Du daraus zitieren? Ist dort detaillierter beschrieben, um was für Geschossspitzen es sich handelte und wo sie gefunden wurden?

Ich schrieb dass nach dieser Fundlage ein vollkommen intaktes römisches Heer in der Kalkrieser Senke gekämpft haben muss. Damit meine ich, dass sämtliche Truppenteile die eine römische Armee umfasste in Kalkriese zugegen waren und dass hier nach klar strukturiertem Schema, mit einer ebensolchen Befehlsgewalt der Kampf angenommen wurde. Also keine Spur einer in Panik geratenen Armee die ihr Heil nur in der überstürzten Flucht suchte.
Das kann ich nicht nachvollziehen. Selbst die Kritiker aus dem Bereich der Wissenschaft interpretieren die Fundlage am Oberesch so, dass zwischen Wall und Sumpf eine römische Truppe gekämpft hat und anschließend zahlreiche Gefallene zur Plünderung liegenlassen musste. Nach "Sieg" oder planvollem Vorgehen einer intakten römischen Armee sieht das nicht aus. Jedenfalls steht es in krassem Widerspruch zu dem, was den Quellen zufolge am Angrivarierwall geschehen ist.

maleon, glaub mir, mit diesen Pfeilgeschützen kann man über die Köpfe von ~160cm langen Römern germanen auf einem Wall bekämpfen. Wenn man gut bzw brutual genug ist, sogar , wenn die zwei direkt voreinander stehen. Und sollte eben doch mal ein Kurzschuß passieren, gut, friendly Fire kann schon mal vorkommen.
Dass die brutale militärische Logik eigene Verluste durch Waffeneinsatz einkalkuliert (zum Teil in beträchtlichem Ausmaß), ist mir klar. Römische Torsionsgeschütze in der von Dir beschriebenen Weise einzusetzen, wäre aber immer noch eine Verzweifelungstat. Ich habe einmal Nachbauten solcher Torsionswaffen im "Einsatz" gesehen. Die Geschosse fliegen in sehr flachen Bahnen. Damit hatten solche Waffen damals eine Funktion, die nicht der heutigen Artillerie entspricht, sondern eher der schwerer Infanteriewaffen. Solche Waffen setzt man flankierend ein und schießt nicht über eigene Kräfte hinweg. Anderenfalls wäre "friendly fire" nämlich kein "Unfall", sondern geradezu vorprogrammiert. Dies gilt umso mehr, wenn zwischen der eigenen Artillerie und dem Feind nicht nur kleinwüchsige Infanteristen rumspringen sondern - wie hier ebenfalls schon angedeutet wurde - auch noch Reitermanöver ablaufen und darüber hinaus auch noch der Tross beim Durchzug den "Feuerbereich" der Geschütze durchqueren muss. Das ist ja der grundlegende Befund der Ausgräber: Am Wall wurde ein durchziehendes Heer in Kämpfe verwickelt.

Wenn Geschütze in Stellung gebracht wurden, dann sinnvollerweise nicht frontal vor dem Wall, sondern eher so, dass sie den Wall von der Seite beschießen konnten, die Geschosse also parallel zu den durchziehenden eigenen Truppen flogen. Sie hätten dann in einiger Entfernung vom Wallende zwischen Marschweg und Hang gestanden, was sie natürlich ziemlich anfällig für mögliche Angriffe vom Hang aus gemacht haben müsste. Denkbar wäre sowas trotzdem. Allerdings hätte man so nicht genug Geschütze aufstellen können um einen so massiven Beschuss zu ermöglichen, wie er für die Schlacht am Angrivarierwall beschrieben wird.

Aber ich denke, allen Varusschlachttheorien liegt ein ganz großer Fehler zu grunde. Varus zog aus dem Sommerlager ins Winterlager und wollte einen "kleineren Aufstand" unterwegs niederschlagen. Er hatte also wahrscheinlich nur die wirklich kampfkräftigen dabei. Also keine Legionen in voller Stärke,-18000 -, sondern sehr deutlich weniger. Sonst hätte Arminius ja nicht noch Hilfstruppen anwerben müssen. (Die ja dann gegen Varus kämpften).
Wieviel Leute wohnten denn in der Gegend, mit wieviel Kriegern hatte Varus zu rechnen?
Von den Zahlenangaben, die im nationalen reichsdeutschen oder kaiselzeitlichen Taumel in die Diskussion gebracht wurden, hat man sich doch heute längst verabschiedet. Keiner der modernen Historiker, deren Werke mir untergekommen sind, geht von drei Legionen in voller Stärke aus. Heute redet man nicht mehr von 30.000 oder mehr, sondern von höchstens 12-15.000. Trotzdem muss man die Schriftquellen im Auge behalten, die vom völligen Verlust von drei Legionen berichten. Trotzdem muss man im Auge behalten, dass der Verlust für die Römer "traumatisch" genug war, um die Nummern der vernichteten Legionen nie wieder zu vergeben.

Dass die Niederlage den Römern nur von abtrünnigen Hilfstruppen und ortsansässigen Kriegern zugefügt wurde, ist ebenfalls unwahrscheinlich. Im gesamten Kriegsverlauf war kein Stamm in der Lage gewesen, allein in offener Schlacht ein römisches Heer zu besiegen. Selbst Lollius scheint mehr übertölpelt als besiegt worden zu sein. Du erinnerst Dich: "...mehr Schande als Schaden...". Welche Stämme an der Varusschlacht beteiligt waren, lässt sich schon daran erkennen, wem Germanicus im Laufe der Rachefeldzüge seine "feindselige Aufmerksamkeit" widmete und wo die erbeuteten Feldzeichen gefunden wurden. Die Krieger dieser Stämme ließen sich mit damals verfügbaren Kommunikationsmitteln nicht spontan zusammentrommeln. Die Schlacht war geplant und von langer Hand vorbereitet.

MfG
 
Wie wird eigendlich von den Kritikern der Varusschlacht-These die Existenz der Kochengruben erklärt?

Wer soll mehrere Jahre nach dem vermeindlichen Kampf am Angrivarierwall für die Beerdigung gesorgt haben? Die Germanen in einem Anflug von schlechtem Gewissen?

Dagegen haben wir einen klaren Bericht über die Begräbnisaktion unter Germanicus 16 n. Chr.!

Xander, findest du es nicht auch faszinierend, dass maelo zum einen mit bewundernswerter Ausdauer seine Argumente wiederholt und uns einzureden versucht, dass alles zu 100% mit Angrivarierwall und Kalkriese passt. Zum anderen aber mit großer Penetranz alle Bemerkungen ignoriert, bei denen es absolut offenkundig ist, dass es eben überhaupt nicht passt!
 
Xander, findest du es nicht auch faszinierend, dass maelo zum einen mit bewundernswerter Ausdauer seine Argumente wiederholt und uns einzureden versucht, dass alles zu 100% mit Angrivarierwall und Kalkriese passt. Zum anderen aber mit großer Penetranz alle Bemerkungen ignoriert, bei denen es absolut offenkundig ist, dass es eben überhaupt nicht passt!

Na, wollen wir mal nicht drängeln! Es wird sicher mit noch mit Hochtouren an einer Erklärung gearbeitet!!! ;)
 
zum Thema Ballista, das im Film gezeigte kann mit deutlich höherer Erhöhung schießen, dazu kommt noch, das durch unterlegen die "Libelle",-das ist die Grunderhöhung-, erhöht werden kann. Dadurch ist durchaus eine Erhöhung von 40-45° zu erreichen. Das führt zu einer Kampfentfernung für das gezeigte Geschütz von deutlich über 100m und mehr und erlaubt , wie das Bogenschießen auch, eine Art indirekten Beschuß.
Sowas ist bei der geringen Schußfrequenz und der Schwerfälligkeit so eines Geschützes auch sinnvoll. Wäre das nicht möglich, wäre die Geschützbesatzung ja auch nach 3 Schuß in Nahkampf verwickelt.
 
allgemein möchte ich noch bemerken zu Kalkriese als Schlacht:
Bisher sagen die Funde nichts über den Anmarschweg der beteiligten Truppen aus. Auch der Abmarschweg der Sieger ist nicht durch Funde nachvollziehbar. Wäre Kalkriese ein Schlachtfeld, das später noch einmal von einem größeren !!! Kontingent Römer besucht worden ist, müßten sich idealer Weise ein römischer Abmarschweg und 2 Anmarschwege durch Sohlennägel und anderes nachweisen lassen. Oder eben ein doppelter Anmarschweg. Bisher wurde aber in der Beziehung noch nichts ergraben. Oder täusche ich mich?
Fest steht aber nach den Funden, es wurden Römer Jahre nach ihrem Tod begraben, also ist anzunehmen, das Römer Jahre nach der Schlacht das Schlachtfeld besuchten.

Das wiederum deutet an, das das Schlachtfeld den Römern bekannt war, was vermuten lässt, das schriftliche Berichte darüber vorgelegen haben könnten. Die wiederum könnte Tacitus literarisch verarbeitet haben. So könnte also das Schlachtfeld von Kalkriese den Endpunkt des Zuges des Varus darstellen.

Die wenigen gefundenen Geschosse müssen nicht zwangsläufig während der eigentlichen Schlacht abgeschossen worden sein, sie könnten auch auf "Kundschafter/Beobachter" der Begräbnisaktion abgeschossen worden sein. Ich kann mir jedenfalls eine solche Aktion "Begraben/bergen" von Gefallenen im Feindesland nicht ohne Bedeckung durch Fernwaffen vorstellen. Und ich kann mir auch nicht vorstellen, das die umliegend wohnenden Germanen diese Aktion nicht genauestens beobachteten.
 
Man schreibt sich [...] auf über dreitausend Beiträge die Finger wund auf der Basis eines unvollständig publizierten Ausgrabungsergebnisses, wohlwissend das dieser Befund Kalkriese in einem neuen Licht erscheinen lässt.

Dir ist aber schon klar, dass Archäologen sehr selten die Gelegenheit haben, Funde und Befunde nicht nur zu sichern, sondern auch auszuwerten und zu publizieren? Dass die Finanzierung von Kalkriese ein seltener Glücksfall ist? Dir ist weiterhin klar, dass die Ausgrabungen seit über 20 Jahren laufen und immer noch nicht abgeschlossen sind?

Hier einmal OT. Ich betrachte es fast als Unverschämtheit letztendlich erst 2011 im Katalog auf die große Menge der Geschossspitzen hinzuweisen. In keiner vorhergehenden Literatur zu den Ausgrabungsergebnissen war von diesem Befund die Rede.

Ich möchte noch einmal betonen, dass ich es sehr befremdlich finde erst aus einer Veröffentlichung von 2011 auf die Geschossbolzen aufmerksam gemacht worden zu sein. In keiner der sehr umfangreichen Literatur über Kalkriese und die Varusschlacht war bis dorthin von diesem Befund die Rede. Ich werde das Gefühl nicht los, dass hierzu erst der ganze Hype im Jubiläumsjahr 2009 abgewartet wurde um bloß nicht die Varusschlachttheorie zu diesem Zeitpunkt ins Wanken zu bringen.

Sind 16 Katapultgeschosse wenig nach zweitausend Jahren, nachdem das Schlachtfeld abgesucht wurde, sich der Wall verlagerte und landwirtschaftlich bearbeitet wurde? Von den Eisenspitzen mal abgesehen die im Laufe der Zeit gänzlich korrodiert sind.

16 Geschosse sind nicht gerade viel, zumal gar nicht so klar ist, wo genau sie gefunden wurden. Aber das wirst du uns sicher verraten.
Was nicht stimmt ist, dass sie vorher nie erwähnt wurden. Sie werden sowohl in Rainer Wiegels Die Varusschlacht. Wendepunkt der Geschichte? Stuttgart 2007, im Beitrag Kalkriese - Ort der Varusschlacht von Moosbauer/Wilbers-Rost (S.23 - 36) erwähnt, als auch im Ausstellungskatalog, 2000 Jahre Varusschlacht, Bd. II: Konflikt. Stuttgart 2009, im Beitrag Kalkriese und die Varusschlacht. Multidisziplinäre Forschungen zu einem militärischen Konflikt, S. 56 - 67, ebenfalls von Moosbauer/Wilbers-Rost erwähnt. Jeweils mit Abbildung.
 
Bisher sagen die Funde nichts über den Anmarschweg der beteiligten Truppen aus. Auch der Abmarschweg der Sieger ist nicht durch Funde nachvollziehbar. Wäre Kalkriese ein Schlachtfeld, das später noch einmal von einem größeren !!! Kontingent Römer besucht worden ist, müßten sich idealer Weise ein römischer Abmarschweg und 2 Anmarschwege durch Sohlennägel und anderes nachweisen lassen. Oder eben ein doppelter Anmarschweg. Bisher wurde aber in der Beziehung noch nichts ergraben. Oder täusche ich mich?

Mich irritiert - wieder einmal - deine Erwartungshaltung. Was glaubst du denn, geht an Sohlennägeln verloren? Sollen die Archäologen á la Hänsel und Gretel nach Brotkrumen, nach Sohlennägeln suchen?
Man stelle sich vor, die Römer kamen auf ihren Märschen nicht vorwärts, weil die Legionäre alle zwei Meilen ihre Sandalen reparieren mussten.

Fest steht aber nach den Funden, es wurden Römer Jahre nach ihrem Tod begraben, also ist anzunehmen, dass Römer Jahre nach der Schlacht das Schlachtfeld besuchten.

Das wiederum deutet an, dass das Schlachtfeld den Römern bekannt war, was vermuten lässt, dass schriftliche Berichte darüber vorgelegen haben könnten. Die wiederum könnte Tacitus literarisch verarbeitet haben. So könnte also das Schlachtfeld von Kalkriese den Endpunkt des Zuges des Varus darstellen.

Lies doch einfach mal, anstatt über die Inhalte der Quellen zu spekulieren, nach, was in den Quellen drin steht.
 
Zurück
Oben