Liegt der Sagenfigur Siegfried eine historische Gestalt zu Grunde?

@Trajan

Also fand in Kalefeld eine Schlacht zwischen frühen Franken (ehemals Cherusker) und Römern statt. Kann man das jetzt schon aussagen? Ich meine, die Forschungen dazu sind doch noch am Anfang.

Selbst wenn die Forschungen abgeschlossen sind, kann man so etwas nie sagen. Die Franken kann man archäologisch nicht von den anderen germanischen "Stämmen" trennen. Außerdem ist es absolut unsinnig von Franken zu reden, da sie zu dieser Zeit noch nicht einmal erwähnt worden waren. Wegen der erstmaligen Erwähnung im Zusammenhang der größeren Invasionen scheint es mir auch unlogisch, dass sich die unterschiedlichen Stämme schon in Germanien als Franken verstanden und sich nicht erst beim Angriff konsolidierten.


Weder Cassius Dio noch Herodianus schreibt von Franken. Also scheinst du die Beweiskraft von Kalefeld für deine Theorie eindeutig zu überschätzen. Als Zeugnis für den Kriegszug des Antoninus (Caracalla) kann das Schlachtfeld wohl auch nicht dienen, da es dann am Main liegen müsste. Außerdem übertrat er den Limes von Rätien aus und richtete nicht wie Alexander ein Lager bei Mainz ein, welches dann von Maximinus benutzt wurde.

Hier noch die Quelle die sich wohl am ehesten mit der Schlacht von Kalefeld vereinbaren lässt:
Nach den oben erwähnten Anordnungen zog Maximinus mit dem ganzen Heer furchtlos über die Brücke und schickte sich an zum Kampf gegen die Germanen. Eine große Menge, und zwar fast die ganze Streitmacht der Römer führte er mit sich, eine riesige Anzahl von maurusischen Speerwerfern und von osroenischen und armenischen Bogenschützen, die teils unterworfen, teils befreundet und verbündet waren; auch einige Parther, die durch Geld gewonnen und übergelaufen waren oder im Krieg gefangengenommen worden waren, dienten den Römern. (2) Diese Heeresmassen waren schon zuvor von Alexander gesammelt worden, dann von Maximinus noch vermehrt und zum Kriegsdienst gedrillt worden. Vor allem die Speerwerfer und Bogenschützen erweisen sich als geeignet zum Kampf gegen die Germanen, indem sie behende auf sie zulaufen, wenn sie es nicht erwarten, und leicht wieder zurückweichen. (3) Als Maximinus ins Feindesland gekommen war, zog er weit hinein, ohne daß jemand ihm Widerstand leistete; die Barbaren waren zurückgewichen. Er verheerte das ganze Gebiet, als das Getreide gerade ganz reif war, zündete die Dörfer an und überließ sie den Truppen zum Plündern. Sehr leicht nämlich verbreitet sich das Feuer über die Städte, die sie bewohnen, und überhaupt über alle Behausungen. (4) Denn an Steinen und gebrannten Ziegeln ist bei ihnen Mangel, aber Wälder voller Bäume gibt es, daher sie Holz die Hülle und Fülle haben, und dies fügen sie zusammen, bearbeiten es und schlagen so ihre Hütten auf. Maximinus also drang weit vor, tat wie oben gesagt und schleppte Beute weg, gab auch den Soldaten die Herden, die man antraf. (5) Die Germanen aber waren vom ebenen Land und den baumlosen Gebieten, die es da etwa gab, zurückgewichen, sie versteckten sich in den Wäldern und hielten sich rings um die Sümpfe auf, in der Absicht, dort ihre Kämpfe und Angriffe durchzuführen, da die zusammenhängenden Gewächse die Geschosse und Speere der Feinde in sich festhalten und die Tiefe der Sümpfe für die Römer, wegen deren Unkenntnis der Gegend, gefährlich sein werde; ihnen selbst aber, die sie aus Erfahrung ihr Land kennen und daher wissen, welche Stellen unzugänglich sind und welche dem Fuß halt geben, werde es, auch wenn sie bis zum Knie naß würden, leicht sein durchzukommen.
(6) Sie sind auch geübt zu schwimmen, da sie ja als einziges Bad die Flüsse haben. In jenen Gegenden nun vor allem geschahen die Zusammenstöße. Dort begann der Kaiser selbst aufs tapferste den Kampf. Da war ein riesiger Sumpf, in den die Germanen auf der Flucht zurückwichen, den zur Verfolgung zu betreten die Römer zögerten; Maximinus drang als erster auf seinem Pferde in den Sumpf ein, wenngleich das Pferd bis über den Bauch naß wurde, er tötete die Barbaren, die Widerstand leisteten, (7) so daß das übrige Soldatenvolk sich schämte, den für sie kämpfenden Kaiser im Stich zu lassen, Mut faßte und in die Sümpfe eindrang; auf beiden Seiten fielen eine Menge, von den Römern . . . , von den Barbaren fast die ganze vorhandene Streitmacht; Maximinus zeichnete sich aus durch Tapferkeit, so daß die Tümpel voller Leichen waren, das mit Blut gemischte Sumpfwasser den zu Fuß kämpfenden Truppen den Anblick einer Seeschlacht bot. (8) Diese Schlacht und seine Tapferkeit verkündete Maximinus nicht nur durch Briefe dem Senat und dem Volk, sondern er ließ dies auch auf gewaltigen Gemälden darstellen, die er vor dem Senatsgebäude anbringen ließ; damit die Römer von den großen Ereignissen nicht nur hören, sondern sie auch sehen konnten. . .
(9) Maximinus hatte viele Gefangene bei den Germanen in seine Hand bekommen und Beute weggeschleppt; nun brach schon der Winter ein und er zog zurück nach Paionien; er hielt sich in Sirmium auf, der größten Stadt dort, und rüstete für den Zug auf das Frühjahr. Er drohte - und war auch im Begriff es auszuführen- er werde die barbarischen Völker der Germanen bis zum Ozean ausrotten und unterwerfen.

Auch Aurelius Victor nennt die Gegner des Maximinus schlicht Germanen, obwohl er später von Franken berichtet und zuvor bereits die Alemannen als Gegner des Caracalla nennt.
Die Platzerung der Alemannen in deiner Karte so weit im Norden ist also absolut haltlos.





Dieser Beitrag scheint mir in diesem Thread allerdings deutlich Offtopic. Könnte evtl. ein Mod diesen interessanten Diskussionszweig in ein eigenes Thema kopieren?
 
Zuletzt bearbeitet:
Ave Witege,


@Witege:“..Selbst wenn die Forschungen abgeschlossen sind, kann man so etwas nie sagen. Die Franken kann man archäologisch nicht von den anderen germanischen "Stämmen" trennen. ...“

Yep, für die Römer waren es ertsmal nur Germanen oder Barbaren. Als sie dann endlich in den 250er Jahren Gallien überrannten bekamen sie Namen, wobei nach Aussage des Reallexikons nicht wirklich zwischen Franken und Alemannen unterschieden wurde. Erst sehr viel später wurde das ausdifferenziert, im 7.Jhd. schreibt das Reallexikon sinngemäss, dass die Franken die Oberschicht, die Alemannen die Unterschicht des neuen Volkes darstellten.

@Witege:“.Außerdem ist es absolut unsinnig von Franken zu reden, da sie zu dieser Zeit noch nicht einmal erwähnt worden waren. ..“

Nun, Namen sind Schall und Rauch. Das sie erstmals von Römern(!) um 250 so benannt wurden, besagt eben nichts zur tatsächlichen Genese des Volkes, das wir später auch Franken nannten.

@Witege:“..Wegen der erstmaligen Erwähnung im Zusammenhang der größeren Invasionen scheint es mir auch unlogisch, dass sich die unterschiedlichen Stämme schon in Germanien als Franken verstanden und sich nicht erst beim Angriff konsolidierten...“

Dieser Satz ist mir etwas unverständlich, den muss ich jetzt mal interpretieren. Nun, als was sich die Stämme anfangs verstanden ist schwer zu sagen, die weitere Geschichte zeigt ja, dass sich sehr viel später(!) etliche Fraktionen der ursprünglich von den Römern so bezeichneten franci gegenseitig um die Vormachtstellung stritten, seien es nun Rheinfranken, Salfranken, Alemannen, Sachsen, usw. Ursprünglich, im 2. Jhd. dürfte sich im zentral Mitteldeutschen „Melting Pot“ des ehemaligen Cheruskerlandes ein noch lockerer Verband gebildet haben, zwar gefestigt genug um den Römern schon gehörig Angst zu machen, aber noch nicht stark genug als neues Königreich zu überleben.

Zumal die ja dann alle eine erhebliche West-Süd-Drift entfalteten, hin zu den römischen Fleischtöpfen. Zumindest die Franken und Alemannen. Die sich herausbildenden Sachsen dagegen scheinen mir eine andere Existenznische genutzt zu haben: Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte, die Sachsen konnten das Vakuum das die fortziehenden Franken und Alemannen, oder wie sie sonst noch hiessen, hinterließen, für den Aufbau ihrer neuen Machtbasis nutzen. Die waren halt etwas bescheidener.


@Witege:“..Weder Cassius Dio noch Herodianus schreibt von Franken. Also scheinst du die Beweiskraft von Kalefeld für deine Theorie eindeutig zu überschätzen. ...“

Franken waren nun mal in erster Linie Germanen und Barbaren, die plündernd Gallien gefährdeten. Als Volk mit König wurden sie erst im 5. Jhd. wahrgenommen, Chilperich 463 wenn ich nicht irre. Ob es davor schon einen gab? Gut möglich.

Nun überschätzen kann man den Fund von Kalefeld eigentlich kaum, er wird ja noch lange unterschätzt. Oder stelle Dir vor, du hättest vor zwei Jahren hier so eine These wie Kalefeld gebracht. Auweia, das hätte gehagelt.


@Witege:“..Als Zeugnis für den Kriegszug des Antoninus (Caracalla) kann das Schlachtfeld wohl auch nicht dienen, da es dann am Main liegen müsste. Außerdem übertrat er den Limes von Rätien aus und richtete nicht wie Alexander ein Lager bei Mainz ein, welches dann von Maximinus benutzt wurde...“

Da wirst Du schon Recht haben, den Caracalla habe ich nur der Vollständigkeit halber eingetragen. Denn die „Kalefelder“ sind sich da ja noch nicht einig, aber alles spricht natürlich für Thrax in 235.

@Witege:“..Hier noch die Quelle die sich wohl am ehesten mit der Schlacht von Kalefeld vereinbaren lässt:..“

Danke für die Quelle!

@Witege:“....Auch Aurelius Victor nennt die Gegner des Maximinus schlicht Germanen, obwohl er später von Franken berichtet und zuvor bereits die Alemannen als Gegner des Caracalla nennt. ...“

Nun er spricht sogar von Barbaren: „....Maximinus drang als erster auf seinem Pferde in den Sumpf ein, wenngleich das Pferd bis über den Bauch naß wurde, er tötete die Barbaren, die Widerstand leisteten,...“

Solange sie nicht auf römischen Boden kamen, wurden sie nicht ernst genommen, namenlose Barbaren eben.


@Witege:“....Die Platzierung der Alemannen in deiner Karte so weit im Norden ist also absolut haltlos....“


Na wir sollten eher von Proto-Alemannen und Proto-Franken oder Proto-Sachsen sprechen, dass würde der Verwirrung um Namen und Namensgebung (wann, von wem, warum? usw.) eine Ende bereiten.


@Witege:“....Dieser Beitrag scheint mir in diesem Thread allerdings deutlich Offtopic. Könnte evtl. ein Mod diesen interessanten Diskussionszweig in ein eigenes Thema kopieren?...“

Jein, würde ich sagen. Du hast natürlich recht, die Implikationen durch Kalefeld sind gewaltig, Kalefeld hat genauso einen eigenen Thread verdient, wie die Varusschlacht. Ihre Bedeutung ist für die Geschichte „der Deutschen“ genauso bedeutsam, wie das Varusschlachtfeld. Nur eben bei weitem nicht so in römischer Literatur vertreten und damit bis vor kurzem nie wahrgenommen worden.

Zu den Implikation zählen aber auch die franci nebulones, und die ganze Nibelungengenese.

Beste Grüsse, Trajan.
 
wobei nach Aussage des Reallexikons nicht wirklich zwischen Franken und Alemannen unterschieden wurde.
Das stimmt allerdings nicht. Es gab eine deutliche Unterscheidung, wie ich schon bei Aurelius Victor gezeigt habe. Aber die Unterscheidung wurde wohl eher nach geographischen als nach ethnischen Gesichtspunkten gemacht.

Erst sehr viel später wurde das ausdifferenziert, im 7.Jhd. schreibt das Reallexikon sinngemäss, dass die Franken die Oberschicht, die Alemannen die Unterschicht des neuen Volkes darstellten.
Das ist quatsch. Die Alemannen stellten keine Unterschicht dar. Alle duces in "Alemannien" waren "Alemannen", obwohl sie natürlich nicht mit dem merowingischem König gleich gestellt waren. Auch in den Italienkriegen wurde das fränkische Heer von alemannischen Heerführern geführt.

Nun, Namen sind Schall und Rauch. Das sie erstmals von Römern(!) um 250 so benannt wurden, besagt eben nichts zur tatsächlichen Genese des Volkes, das wir später auch Franken nannten.
Klar. Aber aber alles untere ist eben unbelegbares Herumspekulieren, wobei man viele Theorien aufstellen kann.

etliche Fraktionen der ursprünglich von den Römern so bezeichneten franci gegenseitig um die Vormachtstellung stritten, seien es nun Rheinfranken, Salfranken, Alemannen, Sachsen, usw. Ursprünglich, im 2. Jhd. dürfte sich im zentral Mitteldeutschen „Melting Pot“ des ehemaligen Cheruskerlandes ein noch lockerer Verband gebildet haben, zwar gefestigt genug um den Römern schon gehörig Angst zu machen, aber noch nicht stark genug als neues Königreich zu überleben.
Sachsen und Alemannen waren nie Franken. Oder warum sollten die Alemannen sonst schon von der ersten Erwähnung der Franken von ihnen unterschieden worden sein. Außerdem waren sie zum Großteil Elbgermanen/Sueben und keine Rhein-Weser-Germanen. Warum sollten jetzt auch alle westgermanischen Stammesverbände auf die Cherusker zurückzuführen sein???

@Witege:“....Auch Aurelius Victor nennt die Gegner des Maximinus schlicht Germanen, obwohl er später von Franken berichtet und zuvor bereits die Alemannen als Gegner des Caracalla nennt. ...“
Nun er spricht sogar von Barbaren: „....Maximinus drang als erster auf seinem Pferde in den Sumpf ein, wenngleich das Pferd bis über den Bauch naß wurde, er tötete die Barbaren, die Widerstand leisteten,...“
Nein, dies schrieb Herodianus, wie ich angegeben hatte. Aurelius Victor schrieb:
liber de Caesaribus 26 schrieb:
Sie (sc. Gaius Julius Maximinus und sein Sohn) hatten zwei Jahre die Macht in der Hand und kämpften nicht ohne Erfolg gegen die Germanen...
Aber natürlich verwendete er für die Germanen in seinem weiteren Text auch mal den Begriff "Barbaren", was sie natürlich für alle Römer waren.
Aber trotzdem unterschied er die Alemannen (schon 21,2) von den Franken (erst ab 33,3 zur Zeit des Galienus und im Zusammenhang mit Plünderungen).

Solange sie nicht auf römischen Boden kamen, wurden sie nicht ernst genommen, namenlose Barbaren eben.
Ja namenlos! Also stelle ich mal die These auf, dass die Schlacht bei Kalefeld gegen die Thüringer ging. Diese tauchen zwar erst gegen Ende des 4. Jahrhunderts auf, aber bestimmt kämpften dort auch Proto-Thüringer...


Na wir sollten eher von Proto-Alemannen und Proto-Franken oder Proto-Sachsen sprechen, dass würde der Verwirrung um Namen und Namensgebung (wann, von wem, warum? usw.) eine Ende bereiten.
Das Problem ist eben, das ein Volk keine feste Einheit ist, die sich nicht verändert. Vielmehr bezeichnet es eben einen sich ständig wandelnden Begriff, der immer nur zu einem bestimmten Zeitpunkt eine bestimmte Bedeutung haben kann.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ave Witege,

@Witege:"...Das stimmt allerdings nicht. ...Das ist quatsch. ..."

Naja, wie du meinst, aber so schreibt es sinngemäß das Reallexikon.

@Witege:"...Sachsen und Alemannen waren nie Franken. Oder warum sollten die Alemannen sonst schon von der ersten Erwähnung der Franken von ihnen unterschieden worden sein. Außerdem waren sie zum Großteil Elbgermanen/Sueben und keine Rhein-Weser-Germanen. Warum sollten jetzt auch alle westgermanischen Stammesverbände auf die Cherusker zurückzuführen sein??? ..."

Das behauptet ja auch keiner! Sie kamen lediglich aus demselben Melting-Pot. Das ist was anderes!

@Witege:"...Ja namenlos! Also stelle ich mal die These auf, dass die Schlacht bei Kalefeld gegen die Thüringer ging. Diese tauchen zwar erst gegen Ende des 4. Jahrhunderts auf, aber bestimmt kämpften dort auch Proto-Thüringer..."

Ob die Proto-Thüringer mitkämpften wissen wir nicht, aber ganz klar liegt Kalefeld bereits deutlich nördlich der Hermunduren bzw. Proto-Thüringer. Und(!) die Römer waren auf dem Rückzug. Also ohne jeden Zweifel kamen sie aus dem ehemaligen Cheruskerland.

Es ist ganz offensichtlich, dass sie mit bekommen hatten, dass sich dort erneut gefährliches Unheil zusammenbraute. Das waren ganz bestimmt keine Remember-Varus-Tourist-Tours. Auch praktisch undenkbar, dass sich die Gefahr der (wenig späteren) Franken direkt am Rhein, in Sichtweite der römischen Lager, zusammenbraute, angeblich unbemerkt, während sich die Römer auf Abenteuerreise in deren östlichen Hinterland aufhielten.

Natürlich kann man winkelzügige Interpretationen für Kalefeld basteln, aber der Zusammenhang mit den kurz bevorstehenden Frankeneinfällen nach Gallien ist absolut evident. Es liegt auf der Hand, dass man in den nächsten Jahrzehnten einiges an der (lexikalischen) Genese u.a. der Franken ändern muss, und wird.


Beste Grüße, Trajan.
 
Naja, wie du meinst, aber so schreibt es sinngemäß das Reallexikon.
Aha. Dann lügen wohl die Quellen...
Aber wenn du die "Herzöge" zur Unterschicht zählst, dann hast du natürlich recht...

Aber du könntest auch mal sagen, welchen Artikel im RGA du meinst oder ein entsprechendes "sinngemäßes" Zitat machen...

Es liegt auf der Hand, dass man in den nächsten Jahrzehnten einiges an der (lexikalischen) Genese u.a. der Franken ändern muss, und wird.
Lexikalisch??? Schon mal in die aktuellen Forschungen geschaut? Scheint mir nicht so, wenn du mir derartige Vorwürfe machst...
 
Zuletzt bearbeitet:
Ave Witege,

das Reallexikonzitat findest Du in Beitrag 476.


Und die Quelle zu Kalefeld: Neue Münzfunde auf antikem Schlachtfeld +++ derNewsticker.de +++
Auszug:"...wurden zur Regierungszeit des römischen Kaisers Severus Alexander zwischen 226 und 226 geprägt. Mit diesem Wissen können die damaligen Kampfhandlungen zeitlich nun genauer als bislang eingeordnet werden.
.....Beim Absuchen des Waldbodens und einer ersten Probegrabung seien nun weitere Waffenteile wie Katapultspitzen, Reste von Wagenrädern und Ausrüstungsgegenstände gefunden worden, berichtete der Berliner Archäologie-Professor Michael Meyer. Erstmals ließen sich gefundene Waffen auch eindeutig germanischen Kämpfern zuschreiben. .....Zunächst hätten die Germanen auf dem Harzhorn gerastet und einen Hinterhalt vorbereitet, dann seien sie von den aus dem Norden anrückenden Römern beschossen worden, schließlich hätten diese den Hügel gestürmt und erobert. An dem Angriff könnten 1000 römische Soldaten beteiligt gewesen sein, sagte Meyer. «Das ist aber nur eine erste Schätzung.» Aufseiten der Römer kämpften vermutlich auch syrische Bogenschützen - sie verwendeten damals dreiflügelige Pfeilspitzen, die ebenfalls in dem Wald bei Kalefeld gefunden wurden...."
(Der Newsticker enthält einen Fehler: Severus Alexander war Kaiser 222-235.)

Ergo: Tatsächlich Römer gegen Germanen, Rückzug aus noch nördlicheren Gebieten, und die Datierung auf den 235er Feldzug o.k., ganz sicher also nicht der 213er von Caracalla.

Ähem, wie ich gerade sehe änderst du deine Postings schneller als man lesen kann... also jetzt noch das "Lexikalisch": Steht doch in Klammern, oder nicht? Soll lediglich bedeuten, nicht alles was seit hundert Jahren ständig wiederholt wird, muss im nächsten Jahrhundert so noch stimmen.

Also dann Schönes Wochenende, Trajan.
 
das Reallexikonzitat findest Du in Beitrag 476.
Das hatte ich gesehen, aber: Wer schrieb das? Wann? In der Studienausgabe "Die Germanen" steht es schon einmal nicht auf S. 192.

Außerdem lies es dir selber noch einmal durch. Behauptest du dann immer noch, dass die Alemannen die Unterschicht bildete? Regionale Identität ist nämlich was anderes...
Die alemannischen Adligen verschwanden nie aus der Oberschicht ihrer Region, nicht einmal nach der Einführung der Grafschaftsverordnung, und verband sich im 8./9. Jahrhundert mit den Franken zur neuen Führungsschicht des Herzogtums Schwaben...


Ähem, wie ich gerade sehe änderst du deine Postings schneller als man lesen kann...
Ähm naja, hatte es sofort wieder geändert, weil ich gemerkt hatte, dass du dich natürlich nicht auf die historische Quelle bezogen hattest, sondern eben auf das archäologische Schlachtfeld...


also jetzt noch das "Lexikalisch": Steht doch in Klammern, oder nicht? Soll lediglich bedeuten, nicht alles was seit hundert Jahren ständig wiederholt wird, muss im nächsten Jahrhundert so noch stimmen.
Da hast du natürlich Recht. Aber meiner Meinung nach zählt eben die ständige Bezeichnung von Proto-Völkern zu diesen immer wieder abgeschriebenen Wiederholungen.
 
Link: Reallexikon der germanischen ... - Google Bcher

S. 192 ff, Seite 194 finde ich auch ziemlich prickelnd...

So long, Trajan.

Seite 194 deines Links bezeugt für die Alemanen als Grabbeigaben,im Gegensatz zu denen der Franken,Saxse und und Spaten.
könnte es nicht sein,dass aus den Alemanen später die Sachsen wurden
in deinem Link heißt es ja auch weiter die Alemanen beteten noch zu den alten Göttern(so von mir interpretiert wegen den heiligen Hainen und Bächen)
ist aber nur ein Gedangenspiel von mir
 
Link: Reallexikon der germanischen ... - Google Bcher

S. 192 ff, Seite 194 finde ich auch ziemlich prickelnd...

So long, Trajan.

Ähm ok, danke. Aus dem Buch "Ethnische Interpretationen in der frühgeschichtlichen Archäologie" meines Archäologieprofessors also...

Dass man die Franken archäologisch nicht von den Alemannen unterscheiden kann bzw. dass man durch die archäologischen Quellenlage keine ethnische Interpretation vornehmen kann, hat er in diesem Buch klar gezeigt.

Die Franken stellten eben die Oberschicht in den fränkischen Kernlanden da, aber eben nicht in den Randgebieten wie Alemannien, obwohl hier bestimmt auch Franken zur Oberschicht zählten, aber eben nicht alleine.
 
Zuletzt bearbeitet:
@ElQuijote:"...Dazu hätte ich einige Fragen:
Wie kommst Du auf ein Dreieck? Wann war Bad Salzuflen jemals ein Wallfahrtsort? Wie kommst Du überhaupt darauf, dass die Dörfer Kilian(der) und Horus/Herus Wallfahrtsorte gewesen sein sollen? Das gibt der Text nicht her. ..."

Kilianderkirchen gab es zu der Zeit häufiger, so auch in Bad Salzuflen. Wikipedia: Evangelisch-reformierte Kilianskirche, erste Kirche um 800 n. Chr., Urpfarrei und Muttergemeinde für viele Ortschaften des Umlandes, in Bad Salzuflen-Schötmar. Herford selbst konnte von Nikulas Bergsson praktisch nicht umgangen werden. Einerseits führten die Hauptwege auf der angegebenen Strecke sowieso via Porta Westfalica an Herford vorbei nach Paderborn und andererseits war in dieser Zeit Herford ein ganz wichtiger Wallfahrtsort.

Hast Du ein anderes Wikipedia als ich? Bei mir steht erstmalige Erwähnung "Uflons" im 11. Jahrhundert und unter Schötmar wird eine Vermutung angestellt, dass die Kilianskirche seit dem 9. Jahrhundert (836) bestehe, gleichzeitig wird aber betont, dass die erste urkundliche Erwähnung erst im 13. Jahrhundert bestehe und bloß aufgrund des Umstands, dass die Kirche dem Kilian geweiht sei, die Annahme nahe läge, die Gründung stamme aus dem 9. Jahrhundert. Lassen wir das mal so stehen. Ein weiterer Kandidat für Kiliander wäre im Übrigen Caldern, was aus dem 9. Jahrhundert als Calantra überliefert ist (diese Idee stammt im Übrigen nicht von mir).

Wikipedia: "....Bis zur Reformation war Herford („Heeresfurt") ein bedeutender Sammelpunkt der Jakobspilger auf dem Weg nach Santiago de Compostela. Die Stadt lag verkehrsgünstig am Kreuzungspunkt der Handelsstraßen von Mainz nach Lübeck und von Hameln nach Osnabrück. ....Gegen Ende des Mittellalters waren in Herford mehr als 20 Sakrale Bauwerke verzeichnet. Die Zahl der Stifte und Klöster übertraf die der benachbarten Bischofsstädte Osnabrück, Minden und Paderborn bei weitem. In Quellen ist die Rede vom heiligen Herford; „Sancta Herfordia" und dem „Hilligen Hervede"...."

Ja, und isländisch ist es leider nicht Herus/Horus. Es ist natürlich denkbar bis wahrscheinlich, dass Nikulas auf seinen Reisen Herford besuchte. Nur ist Horus/Herus ganz offensichtlich nicht Herford, denn der Name Herford ist in zeitgenössischen isländischen Texten als Herfurðu (Íslendingabók, 12. Jhdt.) bzw. Herfurða (Hungrvaka, nach 1206, Landnámabók 13. Jhdt.) belegt. Das sind nun schon drei Gründe, die gegen die Interpretation des Ortsnamens Herus als Herford sprechen:
a) es liegt südlich Paderborns
b) es ist ein þorp, keine ummauerte Stadt, wie Herford
c) der Name Herfurða/Herfurðu ist in den isländischen Quellen belegt.
Nehmen wir trotzdem einfach mal an, dass hier tatsächlich ein Zuordnungsfehler einer Textpassage vorliegt: Wie ist es zu erklären, dass eine wichtige Stadt wie Herford, die den Isländern der damaligen Zeit bekannt war – hier wurde immerhin der Sohn des isländischen Bischofs Isleif Gizursson – Gizur Isleifsson erzogen -, zu einem þorp mutiert?

@ElQuijote:"...Wieso sollten Verbündete wie Flavus und Italicus mit Spitznamen zwecks Demütigung belegt werden, Leute, deren Bündnistreue aber eher zweifelhaft war, wie Segestes und Segimundus, mit ihrem normalen Namen benannt werden? ..."

Na, es war doch genau umgekehrt, jedenfalls nachdem das Kind (Varus) in den Brunnen gefallen war: Segestes und Segimundus rehabilitierten sich, Segimundus erhielt sogar seinen Posten als hoher Priester in Köln zurück, Segestes einen Ehrenplatz auf der Tribüne im Triumphzug von 17. Arminius dagegen war der schlimmste aller denkbaren Verräter, und seine möglichen Thronfolger erstmal keinen Deut besser.

Hallo? Von Flavus haben wir die eindeutige Romtreue belegt, sein Sohn Italicus wird zum König über die Cherusker eingesetzt, über Segestes lesen wir dagegen seltsame Sätze wie "Obwohl Segestes durch des Volkes Einigkeit in den Krieg hineingezogen wurde, blieb er mit ihm uneinig [das lateinische Wort discors müsste man eigentlich mit Goethe übersetzen: Segestes hatte zwei Herzen in seiner Brust!]." Segestes Seitenwechsel (ja eigentlich sogar Unterwerfung - dediti!) zu den Römern ist durch seine Feindschaft mit Arminius, nicht durch Romtreue motiviert: "Es vermehrten sich sein Hassgefühle, weil Arminius seine mit einem anderen verlobte Tochter geraubt hatte." Und Segimundus kehrt zuerst den Römern den Rücken, als er von der Niederlage des Varus hört, um dann, sechs Jahre später, zu ihnen zurückzukehren. Und dann kommen am Hof des Segestes auch noch Rüstungen aus der Varusschlacht zum Vorschein. Komisch. Das war eine Familie, die ihre Fahne nach dem Wind drehte. Hierauf kommt sicher der Einwand, Segestes habe doch Varus vor Arminius gewarnt. Quelle? Segestes, testis illa nox – nur jene Nacht war Zeuge! Was macht man da als römischer Feldherr? Man sagt sich "parte et impera!" und behält wider besseren Wissens den Bären, den Segestes einem aufbindet, auf dem Rücken. Lieber 1/2 des Cheruskerstammes bekämpfen, als 3/4.
Segimundus wird dann nach dem Zeugnis des Tacitus nach freundlicher Aufnahme durch die Römer in Haft (praesidio) genommen, nach Strabo gehört Segimundus dann zu denjenigen, die im Triumphzug vorgeführt wurden. Selbst Strabo kann sich der ironischen Spitze gegen Segestes nicht enthalten: "Jetzt wohnte er, hochgeehrt, dem Triumphzug über seine nächsten Verwandten bei."


 
Zuletzt bearbeitet:
@ElQuijote:"...Du hast meinen Beitrag zu Sigibert I. bei Gregor von Tours nicht gelesen, nicht wahr? Sigiberts Frau: Brünhilde, die laut Zeitgenossen Gregor "cum magnis thesauris" aus [H]Is[pania]land zu Sigibert kommt. ..."

Natürlich hatte ich den gelesen, [...] Nur habe ich mich schon damals gefragt, wie jemand der so elegant sprachliche Haare spalten kann wie Du, dann solche abstrusen Kombination anhängen kann, um eine extrem wackelige Interpretation rüber zu bringen. Das passt irgendwie nicht.

Sicherlich ist es bei weitem nicht so abstrus den mit magnis theasuris versehenen Sigibert mit seiner Westgotenprinzessin Brünhilde für Siegfried mit seiner Verlobten Brünhilde zu halten, wie Marbod für Theoderich, wo es einen passenden historischen Theoderich gibt. Auch der Hunnenkontext ist gegeben, aber dazu unten mehr.

Nur so ein paar Beispiele:
@ElQuijote:"...dass es einige Parallelen zwischen Siegfried und Sigibert gibt, die über die Namen der Ehefrauen von Sigibert I. und III. hinaus gehen.“

Na ja, es gibt eben reichlich solche Sigis und Brünis und Kriemlis, dass muss dir doch zu denken geben.

Ja wooooo denn?


@ElQuijote:"...Der berühmte Nibelungenhort, der so gerne als die Beute des Arminius aus der Varusschlacht gedeutet wird, könnte nämlich genauso gut die Mitgift der Brunichilde sein: Zunächst schickt Sigibert mit Geschenken nach Hispanien, um um die Hand der Brunichilde anzuhalten, er erhält aber Schätze zurück:“

Der Nibelungenhort ist aber keine Mitgift, es ist der hart erkämpfte Drachenhort, mythologisch etwas völlig anderes. Auch die Größe war anders: Der Nibelungenschatz fasste 144 Wagen, er war im zeitgenössischen Zusammenhang unendlich groß: Es heisst da etwa sinngemäß „...und hätte man Tausende täglich damit beschenkt, er wäre um keine Mark kleiner geworden..“. Also kein besseres Schmückkästchen. 144 Wagen sind natürlich 12 mal 12 und nicht ganz ernst zu nehmen, aber wir reden damit etwa von einer Größenordnung von mindestens 50 Tonnen Gold und Silber.
Ich denke auch Du wirst nicht nach 144 Wagenladungen (warum eigentlich 144? Im Nibelungenlied steht hundert ganze wagene (A), hvndert chanz wægene (B), hundert chantzwægene (C), bei der Rheinversenkung ist von nur noch zwölf Wagen die Rede, die je vier Touren machen sollen (macht 48), die in zwei HSS (A und B) drei Stunden und in C neun Stunden dauern) augusteischen Silbers suchen; deshalb verstehe ich nicht , warum Du versuchst die magnis thesauris zu bagatellisieren. Magnis thesauris ist das absolute Gegenteil von Peanuts. Stattdessen die Wagenanzahl im Nibelungenlied beinahe wörtlich zu nehmen und daraus gleich eine Mengenangabe zu machen ist - vorsichtig ausgedrückt – Schwachsinn. C: swaz zwelf kanzwægene meiste mohten tragen/viere tage lange von dem berge dan/ovch mvos ir ieslicher des tages nivn stvnden gan // A: swaz zuelf kanzwegene meist mohten tragen/in vier tagen vñ naht von dem berge dan/ovch muos ir islicher des tages dristvnde gan // B: swaz zwelf chanzwagene meiste mohten tragen/in vier tagen vnd nahten von dem berge dan/ovch mvose ir ietslicher des tages dristvnt gan.


@@ElQuijote:"...Brunichilde wird als elegantes Fräulein geschildert von lieblichem Aussehen und guter Erziehung, intelligent im Ratschlag und sanfter Rede. Brunchilde ist Arianerin, die sich dann aber dem katholischen Glauben anschließt. Bei Gregor wird der Arianismus nicht weiter beschrieben, der anonyme Verfasser der Liber Historiae Francorum aber hält ihn für heidnisch... Somit ist es kein Wunder, dass die weithergereiste Brunichilde zur nur oberflächlich christianisierten Heidin wird, der man anstelle christlicher Nächstenliebe leicht die Niederträchtigkeit der Nibelungenbrünhilde, die einen Meuchelmord an Siegfried veranlasst, andichten kann. Dies entspricht nur der literarischen Gattung, die es mit der historischen Wahrheit nicht ganz so genau nehmen muss: Es ist einfacher zu verstehen, wenn die Heidin mit dem kriegerischen Namen (Brünhilde, darin steckt das Wort Brünne, 'Waffenrock') den strahlenden Helden umbringen lässt, als wenn sie die zurückbleibende trauernde Witwe ist. ...“

Und da stört es dich jetzt gar nicht, dass die Mörderin nun Fredegunde hiess, und ein Hagen auch nicht dazu gehörte usw. usf. Da muss man es nun nach deinen eigenen Worten „es mit der historischen Wahrheit nicht ganz so genau nehmen“.
Du vergisst, dass wir es hier mit einem Epos zu tun haben und nicht mit einem historiographischen Bericht. Da passt die im Waffenrock steckende Halbheidin ganz gut in die Rolle der Mörderin. Vergleichen wir doch mal Epen mitbewiesenhistorischem Hintergrund mit der historischen Realität:
Das Rolandslied
Realität: Karl der Große kommt dem muslimischen Wali von Zaragoza gegen den Emir von Córdoba zu Hilfe. Unterwegs plündert er das christliche Pamplona, Hauptstadt der Basken. Auf dem Rückzug überfallen die Basken die Nachhut, dabei wird der Markgraf der Bretagne Hruodland getötet.
Epos: Karl der Große zieht mit seinem Heer gegen die Mauren. Bei der Belagerung der Stadt Zaragoza kommt es zum Streit zwischen Roland und Ganelon über ein Friedensangebot der Mauren. Ganelon paktiert mit dem maurischen König, der die Nachhut angreift und überwältigt. Roland fällt. Karl der Große kehrt zurück und vernichtet die Mauren.

Das Epos vom Cid
Realität: Der Cid ist ein kleiner Adeliger, der aufgrund seiner Geschicklichkeit zum engsten Vertrauten und zum Campi doctor also zum Beherrscher des Feldes = Oberbefehlshaber des kastilischen Thronfolgers Sancho wird. Nach dem Tod von Vater Ferdinand bekriegen sich aber die drei Brüder Sancho, Alfonso und García , welche drei Teilkönigreiche geerbt haben. Zunächst ist Sancho erfolgreich und vertreibt seine Brüder ins maurische Spanien (Alfonso nach Toledo, García nach Sevilla. Dann aber wird Sancho ermordet, Alfonso erbt die drei Königreiche. Der Cid wird dadurch zum Lehnsmann Alfonson und verliert damit natürlich seine herausragende Stellung, die er unter Sancho gehabt hat, denn Alfonso hat ja seinen eigenen Hofstaat. Alfonso verheiratet den Cid und setzt ihn, wie andere Noble auch, für diverse Aufgaben mit militärischem und diplomatischem Charakter ein. In diesem Zusammenhang wird der Cid nach Sevilla geschickt, um Tribute einzufordern, ein anderer Höfling, García Ordóñez, erhält den gleichen Auftrag für Granada. Nun liegen Sevilla und Granada seit gut fünf Jahrzehnten miteinander im Krieg und beide Königreiche wenden sich nun an die Kastilier und Leonesen und stellen eine Erhöhung der Tribute in Aussicht, sollte man ihnen helfen, den Feind endlich empfindlich zu schwächen. Also ziehen zwei muslimisch-christliche Heere unter Führung von al-Mu'tamid und dem Cid auf der einen und 'Abdallāh ibn Buluggīn und García Ordóñez auf der anderen Seite gegeneinander in den Krieg und treffen sich bei Cabra. Der Cid besiegt seine Gegner und nimmt García Ordóñez gefangen. Großer Fehler, denn García Ordóñez, der im Übrigen sein Trauzeuge war, steht Alfonso sehr viel näher als der Cid, der jetzt erst mal auf Eis gelegt wird. Nun begeht der Haudegen seinen nächsten Fehler: Er plündert das Königreich Toledo, dem sein König Alfons noch aus der Zeit des Bürgerkrieges verpflichtet ist. Nun folgt die Verbannung. Er geht nach Zaragoza, was trotz seiner nördlichen Lage noch immer Maurengebiet ist und er verteidigt diesen Staat gegen die Kastilier, die Aragonesen und die Katalanen, und gegen den Bruder des Emir, Herrscher über Lérida und Denia, der seinerseits mit Katalanen und Aragonesen verbündet war. Es gibt zwar nachher noch einige Kontakte zwischen Alfonso und dem Cid, aber zu einer echten Versöhnung kommt es nie. Als der Cid 1099 stirbt und 1102 die Almoraviden das von ihm eroberte Valencia bedrohen, deckt Alfonso den Rückzug seiner Witwe Jiména, aber er ist nicht bereit die Eroberung zu halten, offensichtlich war Alfonsos Streitmacht stark genug, denn die Almoraviden trauten sich nicht, ihn anzugreifen (ein äußerst symbolischer Akt, das Vermächtnis des Cid so einfach verfallen zu lassen; Valencia sollte erst 136 Jahre später wieder christlich werden).
Der Epos: Es wird angenommen, dass der Epos ursprünglich mit der Schlacht von Cabra einsetzte, denn an seinem Ende nimmt er auf die Schlacht wieder Bezug. Der erhaltene Teil des Epos setzt mit der Verbannung des Cid aus Kastilien ein, nur das klar ist, dass der Cid vollkommen ohne eigene Schuld in die Verbannung gehen muss. Mit wenigen Getreuen zieht er nun ins Maurenland und erobert eine Burg. Als treuer Untertan, der zu Unrecht verbannt ist, schickt er seinen Anteil der Beute, eine Menge Pferde und Schwerter nach Kastilien zu Alfonso. So geht das von Schlacht zu Schlacht und jedes Mal sind es mehr Feinde, die der Cid und seine Mannen erschlagen (sie kämpfen natürlich immer in der Unterzahl). Schließlich erobert der Cid Valencia und verteidigt es im nächsten Augenblick gegen die Almoraviden. Spätestens jetzt hat er genug gezeigt und kann nach Toledo zu seinem Lehnsherren zurückkehren. Das Epos ist hier zwar bei weitem noch nicht zu Ende, erst einmal müssen die Töchter des Cid mit den Condes de Carrión verheiratet werden und von diesen mehr tot als lebendig im Eichenwald von Corpes zurückgelassen und schließlich die gesamte anticidianische Partei vor dem König als intrigant entlarvt werden, doch verlässt er hier dann vollkommen die historische Folie.

Ähnliches sehen wir bei Störtebeker: Aus einem zweitrangigen Piratenkapitän des ausgehenden Mittelalters macht die Legende einen Fuchs, der nur durch Verrat gestellt werden kann, der soviel Gold hat, dass er es unter die Leute verteilen kann und der der Kirche von Marienhave zwei verschiedenfarbige Dächer bezahlt, welche dem Eingeweihten bei der Navigation helfen. Und natürliche der berühmte Mast von Gold.


Was ist hieraus zu lernen? Der Epos spielt mit den Motiven, er reißt Personen aus ihrem historischen Kontext und fügt sie in einen anderen historischen Kontext ein, verkehrt dabei mitunter ihre Rollen in ihr glattes Gegenteil.

 
@ElQuijote:"..Gerade auf dem Höhepunkt seiner Macht - die Hunnen kommen nicht mehr wieder und die Brüder sind im Bruderkrieg besiegt - wird Sigibert von zwei gedungenen Meuchelmördern der Fredegunde ins Jenseits befördert (Gregor IV, 51). Auch Siegfried wird genau da umgebracht, als er eigentlich alles erreicht hat....“

Der Sagensiegfried besiegt aber nicht seine Brüder, und das nur ein paar Hunnen wegbleiben, ist auch nicht wirklich ein großer Sieg. Das ein Fürst auf dem Höhepunkt seiner Macht umgebracht wird ist dagegen ja nichts seltenes, sondern wohl eher die Regel.


Schon wieder bagatellisierst Du. Die Hunnen sind die Gefahr für das römische Reich und seine Nachfolgerreiche während der Völkerwanderungszeit, ihre Erinnerung lebt in den Magyaren nach, die daher in der lateinischen Überlieferung den Namen (H)ungarn erhalten haben. Und die Ungarn bleiben eine Gefahr bis zur Schlacht auf dem Lechfeld 955. Und Oberhunne ist Attila, Etzel, denn Mythen sterben nie (wie der Priesterkönig Johannes ja auch im kollektiven Gedächtnis vom 12. bis zum 17. Jahrhundert fortwirkte). Daher sind auch kleinere Anachronismen kein großes Problem. Die Umkehrung Fredegunde – Brunhild dürfte, wie ich schon geschildert habe, darauf zurückgehen, dass die Paganin (wir erinnern uns, Arianer wurden von ihren Gegnern als Paganen bezeichnet) Brunhilde viel einfacher zur intriganten Bösewichtin umgeformt werden konnte, als ihre katholische Konkurrentin. Das ist bei weitem nicht so abstrus, wie einen Lintrachen für eine Dreilegionenkolonne zu halten. Schwäger sind im Mittelalter als Verwandte angesehen worden, wenn also die Schwägerin des historischen Sigurd diesen umbringen lässt weil sie und ihr Mann gedemütigt sind und der epische Siegfried von seiner Schwägerin umgebracht wird, weil sie und ihr Mann gedemütigt sind, dann sehe ich da wenig Probleme.

Das ein Fürst auf dem Höhepunkt seiner Macht umgebracht wird ist dagegen ja nichts seltenes, sondern wohl eher die Regel.
Was zu beweisen wäre. Die meisten Beispiele, die mir einfallen verkünden eher das Gegenteil. Aber das wäre eine andere Diskussion, in einem eigenen Thread.

@ElQuijote:"..Sigebert von Gembloux, Verfasser der Vita brevior Sigiberti Regis, in der es um Sigibert III. geht, den Mann der Chimnechild/Chriemhild, greift bezeichnenderweise diese Stelle der Liber Historiae Francorum wieder auf, bevor er die Geschicke seines Protagonisten erzählt.“

Und schon wieder zwei neue Sigeberte...

Warum auch nicht? Wenn es sich tatsächlich um eine Volksüberlieferung handelt – was streckenweise eigentlich sogar anzuzweifeln ist – dann wird das Volk auch irgendwann den Überblick verloren haben und mehrere Könige gleichen Namens unter eine Person subsumiert haben, schließlich kamen die Ordnungszahlen erst recht spät zur Unterscheidung auf. Und vor allem ist es bezeichnend, dass Sigibert III. 500 Jahre nach seinem Tod für würdig befunden wurde, eine eigene Vita zu erhalten, die außerdem noch den Gründungsmythos der Franken aufgreift, der Troja an den Niederrhein verlagert, die Colonia Ulpia Trajana oder auch ze Santen (im Nibelungenlied) oder Xanten.

Wenn ich wollte, könnte ich jetzt noch die französischen Einflüsse des Nibelungenliedes, die wir bei den, dem Nibelungenlied zeitgenössischen Liedern ja auch haben (Rolandslied, Parzival, Erec, Iwein, Willehalm sind ja alles zunächst französische Versromane, bevor sie deutsche Epen werden) aufführen. Wenn wir nun schon bei Sigibert III. sind und seiner Verehrung in Metz, dann komme ich auch ganz schnell auf Clemens von Metz, der die Stadt von einem Drachen Graoully befreit haben soll: Hier wie im Nibelungenlied symbolisiert der Drache das heidnische alte, was durch das Christentum besiegt wird. Diese Herleitung wäre gut begründbar (Verschmelzung eines quasikanonisierten Königs (lokale Heiligenverehrung) mit einem offiziell kanonisierten Heiligen) und doch unseriös, sie wäre aber mindestens genauso berechtigt, wie den Theoderich zum Marbod zu machen und den Lintrachen zum Varusheer.

Ich kann aber gerne einen weiteren Kandidaten für Siegfried präsentieren, den Burgunder Sigismund über dessen Ende es in der Passio Sancti Sigismundi Regis heißt: "Ibique puteum ab antiquis constructum invenientes, ut vesaniae suae perfidia saciarent, capitali sententia adiudicato, capite deorsum dimerso, una cum coniuge et filiis suis in puteum iactaverunt."
Im Klartext: Sigismund wurde mitsamt Frau und Söhnen kopfüber in einen Brunnen geworfen. Im Nibelungenlied heißt es:
Der brunne was kuele lůter vñ guot / Gvnther si do neigte nider zů der vlůt / als er hete getrvnken do rihtete er sic von dan / alsam het ovch gerne der kuene Sifrit getan / Do engalt er siner zvhte den bogen vnd daz swert / daz trůch allez Hagne von im danwert / vñ spranch da hin widere da er den gere vant / er sach nach einem bilde an des kuenen gewant / Do der herre Sifrit ob dem brunnen tranch /er schoz im durch daz crivze daz von der wnden spranc / daz blůt von dem herzen vaste an Hagnen wat / solher missewende ein helt nv nimmer begat
Sowohl der historische Sigismund, als auch der epische Siegfried sterben also mit dem Kopf über im Brunnen. Die Verwandten des Sigismund? Gundobad (Vater, Gunter), Godegisel (Onkel, Giselher), Godomar (Bruder). Godomar steht im Verdacht, dem Frankenkönig Theuderich gegen seinen Bruder geholfen zu haben. Auch hier wieder: relativ eindeutiges Namenmaterial (nicht ganz so eindeutig, wie bei Brunhildis, aber immerhin) und Verrat von Verwandten. Widerruf: Ich bin nicht der Meinung, dass der Hl. Sigismund die historische Folie für Siegfried ist, zumindest sehe ich seinen Brunnentod nicht wirklich als den historischen Vorläufer für den Tod des Siegfried an - was lediglich deutlich gemacht werden soll, ist das es einige sehr viel wahrscheinlichere Hypothesen für das historische Vorbild des Sagensiegfried gibt, als ausgerechnet Arminius.
 
Der heilige Sigmund ist ja hochverdächtig. Dass er ein Burgunde war, kann sowohl als Po- als auch Contra-Argument ausgelegt werden.:D
Allerdings war ja Siegfried bekanntlich von Xanten. El Quitote hat ja schon ausführlich dargestellt, dass es sich Santen handelt. genauer gesagt um Sant-Viktor.
Der heilige Viktor von Xanten erlitt sein "Martyrium" im spät antiken Xanten also Ulpia Trajana. Er wurde in den "umliegenden Sümpfen" ertränkt. Schon im frühen Mittelalter entstand dort der Viktorstift, nachdem Xanten benannt wurde.
Sein lateinischer Name Victor bedeutet auf deutsch schlicht Sieger.
Zu allem Überflüß schreibt die Legende auch dem heiligen Victor (wie auch zahlreichen anderen Heiligen) eine Drachentötung zu.

Bisher nicht beachtet wurden übrigens, der im Nibelungenlied beschriebene Kriegszug Siegfrieds gegen Sachsen und Dänen. Die Kombination von Sachsen und Dänen als Feinde nebulöser Franken und Burgunden klingt entfernt karolingisch.:pfeif:
 
Zuletzt bearbeitet:
Ave El Quijote,


@ElQuijote: „..Ich denke auch Du wirst nicht nach 144 Wagenladungen (warum eigentlich 144? Im Nibelungenlied steht hundert ganze wagene (A), hvndert chanz wægene (B), hundert chantzwægene (C), bei der Rheinversenkung ist von nur noch zwölf Wagen die Rede, die je vier Touren machen sollen (macht 48), die in zwei HSS (A und B) drei Stunden und in C neun Stunden dauern) augusteischen Silbers suchen; ...“

Es sind zwölf Wagen die an vier Tagen je dreimal fahren müssen, ergo 144 Wagen voll. Ein weithin bekannte Zahl, kannst Du als Sprachwissenschaftler u.a. im Wörterbuch von Reichert nachlesen:

http://www2.hs-augsburg.de/~harsch/germanica/Chronologie/12Jh/Nibelungen/reichert_nhd.pdf
S. 248 1119,2: 12x4x3=144

Und natürlich kann man danach suchen, denn das Arminius den Schatz versteckt hatte, lässt sich aus der statistischen Analyse der augusteschen Funde im damaligen Germanien herauslesen.

@ElQuijote: „..Stattdessen die Wagenanzahl im Nibelungenlied beinahe wörtlich zu nehmen und daraus gleich eine Mengenangabe zu machen ist - vorsichtig ausgedrückt – Schwachsinn....“

Lieber ElQuichote, als was sollte ich denn - vorsichtig ausgedrückt – dann deine Wackelkonstruktionen bezeichnen? Als Ausbruch von Intelligenz? Auch wenn das von mir Vorgebrachte nicht deinem Weltbild entspricht, Mäßigung täte gut.

@ElQuijote: „..Du vergisst, dass wir es hier mit einem Epos zu tun haben und nicht mit einem historiographischen Bericht. Da passt die im Waffenrock steckende Halbheidin ganz gut in die Rolle der Mörderin. .....Was ist hieraus zu lernen? Der Epos spielt mit den Motiven, er reißt Personen aus ihrem historischen Kontext und fügt sie in einen anderen historischen Kontext ein, verkehrt dabei mitunter ihre Rollen in ihr glattes Gegenteil. ...“

Yep, natürlich, so werden Markomannen zu Burgunder oder Ungarn. Aus dem einfachen Grunde, weil die Franken, als sich die Sage ab dem 5. Jhd. verfestigte, es nicht mehr so genau wussten, außer eben dass ein Teil der Geschichte dort im Osten spielte, zumal rund um die Donau.


@ElQuijote: „..denn Mythen sterben nie ... Daher sind auch kleinere Anachronismen kein großes Problem. ....“

Natürlich, Mythen sterben nie, schon gar nicht die von Arminius/Segifrit und Marbod/Thidrek. Selbstverständlich ist es auch gerechtfertigt, hier und da die Fünfe gerade sein zu lassen. Aber eben nicht alle Fünfe. Und Du lässt viel zu viele Fünfe gerade sein. Was mich dabei aber am meisten stört ist nicht diese Tatsache, sondern dass Du immer dann wenn es sich um deine eigenen Vorstellungen handelt, dass mühelos durchgehen lässt, bei anderen dasselbe aber scharf verurteilst.

Letztendlich geht es aber darum, den gesamten Nibelungenkomplex mit seinen Vorgänger- bzw. Teilsagen und seiner Verbreitungsgeschichte im Ganzen möglichst Widerspruchsfrei zu erklären. Ergo, die Wahrscheinlichste aller möglichen Erklärungen zu finden.

Während die Siegfriedsage schon sehr früh mit Arminius verknüpft wurde, war die Sage um Theoderich aber immer ein Rätsel geblieben. Denn die offensichtliche Namensähnlichkeiten vom Volkskönig Thidrek/Dietrch/Theoderich mit Theoderich dem Großen, aber auch Etzel/Attila verführen, trotz der historischen Unmöglichkeit sowie der charakterlichen Unstimmigkeit, dazu diese als ernsten Hintergrund zu betrachten.


So stimmt zwar etwa:
@ElQuijote: „..Warum auch nicht? Wenn es sich tatsächlich um eine Volksüberlieferung handelt – was streckenweise eigentlich sogar anzuzweifeln ist – dann wird das Volk auch irgendwann den Überblick verloren haben und mehrere Könige gleichen Namens unter eine Person subsumiert haben, schließlich kamen die Ordnungszahlen erst recht spät zur Unterscheidung auf....“
aber es macht ein mehrfach winkelige Interpretation nicht glaubhafter als eine, die mit weit weniger Unsäglichkeiten auskommt.

Dann führst Du aber aus:
@ElQuijote: „.... die außerdem noch den Gründungsmythos der Franken aufgreift, der Troja an den Niederrhein verlagert, die Colonia Ulpia Trajana oder auch ze Santen (im Nibelungenlied) oder Xanten. ...“

Und der Gründungsmythos ergibt sich nun ganz ohne Verbiegung aus der mit Kalefeld bewiesenen Verbindung zwischen Cheruskern und Franken franci nebulones und dem Aufenthalt von Arminius in Xanten/Castra Vetera.

@ElQuijote: „....Ich kann aber gerne einen weiteren Kandidaten für Siegfried präsentieren, den Burgunder Sigismund über dessen Ende ....Im Klartext: Sigismund wurde mitsamt Frau und Söhnen kopfüber in einen Brunnen geworfen. Im Nibelungenlied heißt es:
.../ Do der herre Sifrit ob dem brunnen tranch /er schoz im durch daz crivze daz von der wnden spranc / daz blůt von dem herzen vaste an Hagnen wat / solher missewende ein helt nv nimmer begat... Sowohl der historische Sigismund, als auch der epische Siegfried sterben also mit dem Kopf über im Brunnen.“

Die Sage berichtet lediglich, das Siegfried am Brunnen (bzw. Quelle) getrunken hat, niedersinken tut er dann aber nicht im Brunnen, sondern in den folgenden Strophen in den Blumen! Keine Übereinstimmung also. Dagegen wieder einer von den so vielen Sigis, von denen es aufgrund der Nibelungentradition bei den Franken wimmelt.

Zur Dietrichepik lesen wir doch einfach mal bei Heinzle nach, sicherlich einer der bekanntesten Vertreter der Merowingerinterpretation:

(http://books.google.de/books?id=4Sz4f9YS53EC&printsec=frontcover&dq=heinzle+theoderich Einführung in die mittelhochdeutsche Dietrichepik, Joachim Heinzle, 1999)


S.4:“..Aus der Sicht der modernen Geschichtswissenschaft erscheinen die skizzierten historischen Ereignisse in der Dietrichsage eigentümlich verdunkelt und verzerrt...“

S.6:“..Rätselhaft bleibt indes die Hauptsache: wie es zur Verwandlung der historischen Eroberung durch Theoderich in die Vertreibung Dietrichs aus Italien kommen konnte. Man hat u.a. diskutiert, ob hier ein Versuch vorliegt, die Gotenherrschaft in Italien als ursprünglich und daher rechtmäßig hinzustellen, ob im Schicksal des „armen Dietrich“ (wie er sich selbst wiederholt nennt) die Vernichtung des Ostgotenreichs durch Byzanz reflektiert wird....Letzlich bleiben aber alle Erklärungsversuche unverbindlich, und man kann nur grundsätzlich feststellen, dass sich die Umformulierung des historischen Geschehens zur Fluchtsage an einem „Situationsschema“ orientierte, das –mit einem mehr oder weniger festen Motivinventar ausgestattet – aus älterer Erzähltradition geläufig war.“

Auch Heinzle ist klar, dass Theoderich der Große einfach nicht zum Dietrich der Sage passt.

Er zitiert im Rahmen dieser Merkwürdigkeit auch zwei Runeninschriften aus Skandinavien:

S.15:“..Es herrschte, ThiodrikR, der kühngemute,
der Fürst der Krieger, über den Strand des Hreidmeeres.
. Jetzt sitzt er gerüstet, auf seinem gotischen Roß,
den Schild auf der Schulter, der Held der Märige.“

S.16:“..Deodric besaß dreißig Winter lang Maerinaburg (die Stadt der Maeringe?), dass war vielen bekannt.“

Mit Marbod/Thidrek ist Märige/Märinge als Mähren (Böhmen) nun leicht zu übersetzen!

Und Dietrich ist eben kein erfolgreicher Eroberer, im Gegenteil, er ist der „arme Dietrich“ ohne Land:

S.24:“...Als dieser Dietrich die Nachricht überbringt, bricht dieser in Klage aus, es fällt das Wort vom armen Dietrich, und Dietrich fragt verzweifelt, wer ihm nun helfen solle in der Amelunge lant zurückzukehren.“

Denn alles dreht sich um die Fluchtsage, seinem Verlust des Landes und seinem (Marbods) Exil in Ravenna, in Folge des Krieges gegen Arminius/Segifrit:

S.32:“...Gegenstand der historischen Dietrichepik ist die Fluchtsage...Die Exilsituation der Fluchtsage bildet den Handlungsrahmen...“

Und genauso wie die Siegfriedsage ist sie auch von germanisch „internationaler“ Bedeutung:

S.36:“...Die Dietrichsage ist im 13. Jahrhundert nicht nur in Deutschland, sondern –überraschender Weise- auch im skandinavischen Morden zu Pergament gekommen..“

Und wir erinnern uns: Bevor Arminius den Marbod vertreiben konnte, waren es die Römer unter Tiberius, die es wegen dem Ausbrechen des pannonischen Krieges (im heutigen (H)Ungarn) beim Versuch liessen:

S.38:“..Den Kern der Thidrekssaga bildet die Lebensgeschichte Thidreks/Dietrichs. Der Bericht beginnt mit den Taten ... Dann kommt das Hauptstück der Erzählung, die Fluchtsage: Vertreibung durch den Onkel Ermanerik, Exil bei Attila, Heldentaten in dessen Dienst, erfolglose Rückkehrschlacht mit Tod der Attila-Söhne, Verwicklung in den Untergang der Niflungen (Nibelungen), Heimkehr nach Bern und Wiedergewinn der Herrschaft dort.“

Zu Ermenrichs Tod: S.55:“Interessant ist eine Variante von B in V. 1,2: statt „den“ (Ermenrich) will der Berner vertreiben, wie in A heißt es da:“der wollte den Berner vertreiben“. Damit kann eine Variante von Dietrichs Vertreibung angezeigt sein, in der es beim Versuch blieb;...Die Forschung hat viel Mühe darauf verwendet, die Genese des Liedes zu erhellen: Quellen, Einflußwege und Vorstufen zu ermitteln und zu rekonstruieren. Alle diese Versuche sind gescheitert.“

Nun in Ermenrich oder Ermanerik kann man (G)ermanicus erkennen. Zwar war der Herrführer im römischen Versuch dessen Onkel Tiberius, aber Germanicus blieb hier, vor allem wegen des 15/16er Krieges besser in Erinnerung. Wenn nun Germanicus als Onkel Thidreks/Marbods erscheint, dann ist auch das nicht verwunderlich: Denn Marbod war ja nun ein römischer Mitläufer, sein Reich nach römischen Muster geformt, und sein Exil unter Roms Gnaden. Das dann später noch Etzel/Attila mit Pannonien in Verbindung gebracht wurde, liegt für die Völkerwanderunsgzeit auf der Hand. Zumal Pannonien nicht nur das spätere Hunnenland war, sondern zu Marbods Zeiten das neuralgische Einfallstor in die Poebene (hier auch: Ravenna; und last but not least, Arminius dieses Einfallstor kannte, was im weiteren noch interessant sein könnte).

Beste Grüße, Trajan.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ja, und isländisch ist es leider nicht Herus/Horus. Es ist natürlich denkbar bis wahrscheinlich, dass Nikulas auf seinen Reisen Herford besuchte. Nur ist Horus/Herus ganz offensichtlich nicht Herford, denn der Name Herford ist in zeitgenössischen isländischen Texten als Herfurðu (Íslendingabók, 12. Jhdt.) bzw. Herfurða (Hungrvaka, nach 1206, Landnámabók 13. Jhdt.) belegt. Das sind nun schon drei Gründe, die gegen die Interpretation des Ortsnamens Herus als Herford sprechen:
a) es liegt südlich Paderborns
b) es ist ein þorp, keine ummauerte Stadt, wie Herford
c) der Name Herfurða/Herfurðu ist in den isländischen Quellen belegt.

Auch Giesebrecht verwies schon 1837 darauf, dass es sich bei Herus/Horus offensichtlich nicht um Herford oder Herborn handelt, sondern wahrscheinlich um Horhusen, das heutige Marsberg.

Der Bezug "Gnitaheide" zur "Knetterheide" (bei Schöttmar) stammt meines Wissens erst von Höfler. Das ist allerdings abzulehnen, da die Knetterheide nördlich von Paderborn liegt.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Der Bezug "Gnitaheide" zur "Knetterheide" (bei Schöttmar) stammt meines Wissens erst von Höfler. ..

Ave Nicole,

nun die Gnitaheide sei mal dahin gestellt, ist ja auch nicht so wichtig.

Aber Heinzle S15/16: Da steht auf den Runensteinen ->Thidrek war der Held der Märinga und besaß dreissig Jahre Maeringa Burg <- (oben beim Zitat war ein Tippfehler, siehe Heinzle).

Die Runensteine waren mir bis heute morgen auch noch nicht bekannt, aber da stehts ja nun allzu deutlich: Er kam aus Mähren, wo er dreissig Jahre sass (ca. 10 v.Chr bis 19 n.Chr).

Beste Grüße, Trajan.
 
Hallo Trajan,

der Brückenschlag zwischen den Cheruskern- über das Schlachtfeld Kalefeld- hin zu den Franken und die damit zu erklärende Sagen- und Namenstradition ist in der Tat frappierend.
Auch die Thidrek-Marbod-These hat mit dem Runenstein ein sehr wichtiges Indiz erhalten. Es ist schon interessant, wie sich allmählich alle Teile zu einem großen Ganzen formen.

LG Nicole
 
(...) was lediglich deutlich gemacht werden soll, ist das es einige sehr viel wahrscheinlichere Hypothesen für das historische Vorbild des Sagensiegfried gibt, als ausgerechnet Arminius.

Ausgerechnet Arminius?
Arminius ist DER herausragende Germane überhaupt. Seine Leistung, die Befreiung Germaniens aus der römischen Herrschaft und die Abwehr der riesigen Heere des Germanicus, wird bei den germanischen Stämmen einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen haben (im Laufe der Zeit werden die Gesänge bis nach Skandinavien und Island gelangt sein).
Dagegen erscheinen die Taten irgendeines Sigibert III. usw. als geradezu lächerlich.
Sigurd/Siegfried wird, zumindest was den frühen Teil der Edda/des Nibelungenliedes betrifft, als DER herausragende Held dargestellt, der alles kann und dem alles gelingt. Diese Eigenschaften können nur einem Mann zugeschrieben werden, der Epochales geleistet hat: Arminius.

Wenn Sigibert oder sonst jemand durch höhere Tributzahlungen erreicht haben, dass die Hunnen einige Jahre nicht kamen, so wird das einen Isländer im 10.Jhd. weinig beeindruckt haben. Die große Schlacht gegen das schier unbesiegbare römische Heer (des Varus) dagegen war für die Germanen etwas Außergewöhnliches und hat einen bleibenden Eindruck hinterlassen (zumindest 90 Jahre sind bezeugt).

Arminius bzw. Sigurd verdanken ihren Aufstieg und Ruhm der Vernichtung des Varusheeres bzw. der Tötung des Drachens. Gerade Deine angeführten Beispiele von historischen bzw. epischen Ereignissen zeigen die Verfremdungen der Details, die im Laufe der Jahrhunderte stattgefunden haben.

Es ist so, wie es Giesebrecht schon 1837 (!) festgestellt hat:
Hinter dem Siegfried des Nibelungensliedes verbirgt sich nicht eine EINZIGE historische Person, sondern MEHRERE.
Es ist sinnlos, nach einer einzigen historischen Person zu suchen, auf die alle Eigenschaften und Ereignisse passen.

Sowohl Sigibert III. als auch Victor von Xanten sind im Siegfried enthalten. Der einleitende Teil der Geschichte aber, d.h. die frühen Jahre des Sigurd/Siegfried und die Tötung des Drachens, lassen sich auf Arminius zurückführen.

LG Nicole
 
Ausgerechnet Arminius?
Arminius ist DER herausragende Germane überhaupt. Seine Leistung, die Befreiung Germaniens aus der römischen Herrschaft und die Abwehr der riesigen Heere des Germanicus, wird bei den germanischen Stämmen einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen haben (im Laufe der Zeit werden die Gesänge bis nach Skandinavien und Island gelangt sein).
Dagegen erscheinen die Taten irgendeines Sigibert III. usw. als geradezu lächerlich.
:red::pfeif::rotwerd:
Tja, das ist woran ich immer verzweifle….
Der Held, in Liedern besungen etc, bis auf Tacitus der sagt das sie Helden besingen gibt es dort doch nichts, es heißt nicht einmal das Arminius besungen wird…
Im Gegenteil Besungen wird er doch erst seit der Wiederentdeckung der Schriften in der Neuzeit und durch Herrn Wagner zu tun.
Wie und Wo kann man die Traditionslinie aus den ersten beiden Jahrzehnten des erstens Jahrhunderts zur Entstehung des mythischen Siegfrieds ziehen? Das sind alles recht wackelige Thesen…
 
Zurück
Oben