Das scheint mir nicht unplausibel, wobei wir zumindest auch in Betracht ziehen müssen, dass jemand sich über die eigenen Möglichkeiten täuschte oder sich selbst zu wichtig nahm.
Das sich da jemand zu wichtig nahm/überschätzte, würde ich am ehesten noch Hugenberg zutrauen, weil das ein ganzes Stück weit zu seinem Verhalten passt.
Neben dem recht schnellen Austritt aus dem Kabinett Hitler, auch zu dem Umstand, dass Sondierungen über eine Zusammenarbeit zwischen NSDAP und DNVP sich in 1932 schon einmal mitunter daran zerschlagen hatten, dass Hugenberg Hitlers Führungsanspruch nicht anerkennen und selbst maßgebliche Figur sein wollte.
Das erscheint einerseits Angesichts dessen, dass Hugenberg als Chef einer > 10%-Partei war etwas absurd, andererseits hatte Hindenburg ja auch im Hinblick auf Papen und dann später Schleicher, auf den parlametarischen Rückhalt der von ihm ausgsuchten Kanzler keinerlei Rücksicht genommen und schon Persönlichkeiten zu Kanzlern ernannt, die noch deutlich weniger Unterstützung hatten.
Bei Papen sehe ich das aber weniger, weil er anders als Hugenberg überhaupt keinen politischen Rückhalt außer Hindenburg hatte und weil er durch sein eigenes Scheitern als Kanzler eigentlich schon einmal die Erfarung gemacht hatte, dass es er selbst ohne irgendeine Form von Rückhalt politisch machtlos war, selbst als formaler Inhaber des zweithöchsten Staatsamtes.
Papen mochte sich vielleicht einreden, in einem von nationalkonservativen Gesinnungsfreunden dominierten Kabinett der eigentlich starke Mann zu bleiben, zumal man - wie Andreassolar schon sagte - durchaus auf das Scheitern Hitlers angesichts der beträchtlichen Probleme und der Unerfahrenheit fast aller NS-Leute in Regierungs- und Wirtschaftsfragen hoffen konnte.
Welches tatsächliche Interesse hätten die Beteiligten am Scheitern Hitlers haben sollen?
Papen, der politisch vollständig von Hindenburg abhing, musste sich unter Zeitdruck sehen, sich eine neue Unterstützungsbasis zu suchen, wenn er über Hindenburgs Ausscheiden hinaus im Geschäft bleiben wollte.
Durch ein Scheitern Hitlers hätte Papen in dieser Hinsicht lediglich Zeit verloren und unter Umständen auch seine eigene Person für Allianzen mit anderen politischen Kräften kompromittiert.
Hugenberg hätte ein Interesse haben können, dass Hitler scheitert, wenn er sich und seine DNVP nicht in eine Koalition mit Hitler geführt hätte, denn dann hätten er und seine Partei von einem Scheitern Hitlers profitieren können.
Nachdem diese Allianz aber einmal geschlossen war, bedeutete ein Scheitern Hitlers auch ein Scheitern Hugenbergs (und ob er dass nach den bisherigen politischen Fehlschlägen parteiintern überstanden hätte, wäre zu hintergfragen), in ähnlichem Maße auch ein Scheitern Papens gewesen.
Ich weiß nicht, wie man sich in hochkonservativen Kreisen die Wahl nach Hindenburgs Tod vorstellte.
Eben das ist der Knackpunkt. Wie wollte man auf der einen Seite mit Hitler regieren und die Opposition von Links ausschalten, gleichzeitig aber gegen einen kommenden Reichspräsidenten Hitler vorbauen?
Wenn die Regierung Hitler erfolg hatte, musste das in erster Linie Hitlers popularität steigern und seine Chancen ins höchste Staatsamt gewählt zu werden erhöhen, was ihm das Ausbrechen aus allen Schranken ermöglichen würde.
Wenn die Regierung Hitler scheiterte scheiterten die v. Papens und Hugenbergs mit ihr und angesichts des Umstands, dass die Hausmacht, die beide mitbrachten ohnehin kriselte, konnte das ihr Sturz in die politische Bedeutungslosigkeit sein.
Insofern konnten aus peersönlichen Gründen keiner von beiden interessiert daran sein, dass Hitler schnell scheiterte. Je länger das "Experiment Hitler" aber dauern würde, desto wahrscheinlicher musste angesichts des Alters ein Ausfallen Hindenburgs werden, dass das gesamte System stürzen konnte.
Im Nachbarland Österreich gelang dies Engelbert Dollfuß im Winter 1932/33, indem er sich als Ordnungsstifter gegen Bedrohungen von rechts, links und aus dem Ausland präsentierte und durch geschickte Winkelzüge Parlament und Verfassungsgericht aushebelte.
Im Gegensatz zu Papen und Hugenberg hatte Dollfuß allerdings ein Maß an Zustimmung, dass eine einigermaßen solide Grundlage für einen solchen faktischen Staatsstreich darstellte, außerdem war die Gesetzeslage in Österreich nicht ohne weitere auf Deuschland übertragbar.
Papen hatte politisch niemanden außer Hindenbrg hinter sich und Hugenberg stand in Form der NSDAP einem viermal stärkeren politischen Partner gegenüber.
Aus dieser Position heraus musste ihnen eigentlich klar sein, dass wenn jemand einen Staatsstreich betreiben würde, das Hitler sein würde und nicht sie.