Machtergreifung 1933


So schreibt Brüning im Brief, abgedruckt in Morsey, ErmG, S. 73 f., u.a.:

Als das Ermächtigungsgesetz vom März 1933 im Reichstag eingebracht wurde, war die Alternative zu seiner Annahme nicht die Wiederherstellung normaler verfassungsmäßiger Zustände. Durch den am 28. Februar unmittelbar nach dem Reichstagsbrand veröffentlichten Erlaß hatte Hitler schon die Macht, jede politische Partei zu unterdrücken und alle bürgerlichen Freiheiten aufzuheben. [.. .] Der Erlaß vom 28. Februar war so formuliert und ausgelegt, daß Hitler mit ihm nicht nur jede Aktion, die später durch das Ermächtigungsgesetz autorisiert wurde, unternehmen, sondern daß er weit darüber hinausgehen konnte. Deshalb mußte jeder Versuch gemacht werden, den Reichstag zu erhalten und die förmliche Auflösung der Oppositionsparteien durch die Regierung zu vermeiden.
[...]
Aber es soll zusätzlich gesagt sein, daß der tatsächliche Text des Ermächtigungsgesetzes, beeinflußt von der DNVP, oberflächliche Garantien für die Handlungsfreiheit des Reichspräsidenten, des Reichstages und des Reichsrates bot und keine Grundlage für die Verletzung der bürgerlichen und politischen Rechte vorsah. Ich war außerordentlich skeptisch hierbei, denn jede Garantie war bedeutungslos, wenn nicht der Reichspräsident und Reichskanzler den Reichstagsbrand-Erlaß vom 28. Februar aufheben würden, und es war klar, daß der Text zum Teil formuliert war, um damit Hindenburgs Skrupeln als Hüter der Verfassung Genüge zu leisten.
Zurecht darf die "Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat" vom 28. Februar 1933, anscheinend bis Ende des NS-Regimes nicht aufgehoben (sie hatte keine 'Laufzeit'), als das eine verfassungsrechtliche Fundament der NS-Diktatur bezeichnet werden.
 
Wenn sich gestandene Politiker mit mündlichen Mitteilungen von Leuten zufrieden geben, die schon zuvor mit Jagden auf kommunistische und sozialdemokratische Abgeordnete bewiesen haben, dass ihnen Recht und Gesetz egal sind, dann waren Hopfen und Malz verloren.

Und du bist also der Meinung, dass eine schriftliche Zusicherung von einen kommenden, äußerst gewaltätigen Diktator mehr wert seien als Mündliche?

Wo sieht sie bzw. wo sahen diese Politiker in dem Ermächtigungsgesetz nur eine begrenzte Vollmacht“? Wo doch Brüning in der Fraktionssitzung des Zentrums Folgendes sagte – Zitat:

"Sicherheiten für die Erfüllung der Zusagen der Regierung seien nicht gegeben worden. (…) Das Ermächtigungsgesetz sei das Ungeheuerlichste, was je von einem Parlamente gefordert worden wäre. (…) Nun beständen die größten Gefahren für die gesamte Verfassung, besonders da sich Hindenburg mit dem Ermächtigungsgesetz abgefunden habe."

Das "Ermächtigungsgesetz" war mindestens insofern eine begrenzte Vollmacht, als dass, wenn ich mich nicht täusche, seine Dauer auf 4 Jahre befristet war (zumindest theoretisch).

Damit könnte man argumentieren, dass man eine potentiell unbefristete Diktatur de jure in eine zeitlich begrenzte umgewandelt hätte.
So wird man grundsätzlich argumentieren können, auch wenn natürlich äußerst fraglich erscheinen musste, ob es bei Ablauf dieses Gesetzes zu einer realen Neuverhandlung der Machtverhältnisse gekommen wäre.

Dem steht auch Brünings Einlassung, dass inhaltlich keine entscheidenden Zugeständnisse und Sicherheiten gegeben wurden nicht entgegen.

Klar: Weil die anderen Parteien zustimmen werden, kommt es auf uns, Zentrum, nicht mehr an – also stimmen wir auch zu. Toll!

Nicht besonders heldenhaft, aber rational.

Auch eine Nichtannahme des Ermächtigungsgesetzes würde diese Entpersönlichung schaffen.
Nichtannahme stand aber nicht mehr zur Debatte, als sich abzeichnete dass eine Annahme auch ohne die Stimmen des Zentrums zustande kommen würde.

ich habe es satt, hier den Störrischen zu geben, der einfach nicht einsehen will, dass das Zentrum leider, leider nicht anders konnte, als dem Ermächtigungsgesetz zuzustimmen;
Es hat niemand behauptet, dass das Zentrum nicht anders gekonnt hätte.
Du hast nur noch niemandem erklären können, was genau das geändert hätte und warum sich das Zentrum und seine Abgeordneten deswegen mit ihrer Zustimmung im besonderen Maße schuldig gemacht haben sollen.

und für das Desaster namens III. Reich sind sie demnach auch nicht verantwortlich, denn das waren ... Moment … wie hast du sie genannt? ... ach, ja: die 'Mittelparteien'.
Nun, man könnte in der Tat hinterfragen, warum du die Verantwortung explizit beim Zentrum sehen möchtest, während andere Parteien, die genau so handelten in deinem Verantwortungsdiskurs nicht vorkommen und warum deren Vorangehen bei der Erklärung für das Ermächtigungsgesetz da nicht Eingang finden sollte.
 
Habe ich schon gestern gelesen. Was Irene Strenge da zusammenschreibt, ist nichts als ein Rechtfertigungsversuch, die bürgerlichen Parteien vor dem Vorwurf reinzuwaschen, sie haben die Republik verraten
Du behauptest einen Text "gelesen" zu haben und beweist mit Deinem Geschreibsel sogleich, dass Du nicht einmal verstanden hast, worum es überhaupt in dem Text geht.

Wir hatten das neulich schon mal, vgl. https://www.geschichtsforum.de/thema/ueber-das-gegensatzpaar-links-und-rechts.61475/#post-866836.
 
Was leicht verwunderlich erscheint: Vielfach wird behauptet, für die erfolgreiche Annahme des ErmG wären bei der Endabstimmung am 23. März 1933 auch die Stimmen der Zentrums-Abgeordneten nötig gewesen, um 'die 2/3'-Stimmenmehrheit zu erreichen.

Das waren sie keineswegs. Das ErmG galt als verfassungsändernd und setzte eine sogenannte doppelte 2/3-Mehrheit voraus.
  1. Die Anwesenheit von mindestens 2/3 der gesetzlichen Mitgliederzahl des Reichstages war notwendig für eine gültige Abstimmung über ein verfassungsänderndes Gesetz: Da die Sitze der Kommunisten auf Basis der Reichstagsbrandverordnung vorher annulliert worden waren, betrug die gesetzliche Mitgliederzahl 566. 2/3 davon mussten mindestens bei Abstimmung anwesend sein, das waren daher mindestens 378 Abgeordnete.
  2. von diesen 378 Abgeordneten mussten wiederum mindestens 2/3 der Vorlage des ErmG zustimmen. 2/3 von 378 = 252 Abgeordnete.
  3. Dafür gestimmt haben am 23. März lt. Protokoll 444 Abgeordnete, davon 72 Stimmen vom Zentrum. Ohne Zentrum hätte das ErmG immer noch eine satte Mehrheit von 372 Stimmen erhalten, bei dem MindestQuorum von 252 Stimmen.
  4. Allein die NSDAP hatte schon 288 anwesende Abgeordnete bei Abstimmung, die alle für die ErmG-Vorlage votierten.
Siehe die zutreffenden Verlautbarungen/Erläuterungen von Reichstagspräsident Göring bei Verlesung des Abstimmungsergebnisses.

Entsprechende Bemerkungen machte Brüning im bei Morsey, ErmG, S. 72-75 in Auszügen abgedruckten Brief. Zutreffend, wie sich überrascherweise zeigt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Du behauptest einen Text "gelesen" zu haben und beweist mit Deinem Geschreibsel sogleich, dass Du nicht einmal verstanden hast, worum es überhaupt in dem Text geht.
Die kraftvolle, nahezu reine Subjektivität kreist in wirren Linien um das eigene (moralische) Empfinden und Befinden.....es scheint, vergeblich war, ist und wird bleiben alle wissenschaftliche, systematische und rationale Müh'....;)
 
Die anderen Parteien hatten nur verschwindend geringe Sitze im Reichstag und spielten insofern keine Rolle bei der Abstimmung über das sogenannte "Ermächtigungsgesetz". Entscheidend waren hier die Nazis, die SPD, eigentlich die KPD, deren Abgeordnete nicht an der Sitzung teilnehmen konnten, Zentrum/BVP und die DNVP.
 
Da die Sitze der Kommunisten auf Basis der Reichstagsbrandverordnung vorher annulliert worden waren, betrug die gesetzliche Mitgliederzahl 566.

Die willkürliche Annullierung der KPD-Sitze, eigentlich natürlich rechtswidrig aufgrund der Abgeordneten-Immunität, mit der Reichstagsbrand-Verordnung durchgedrückt, kostete 81 Sitze. Gesamt hatte der Reichstag tatsächlich 647 Abgeordnete.

Auf Basis der ursprünglichen Abgeordnetenzahl von 647 Personen berechnet, wäre das Mindest-Quorum für die Annahme der Vorlage des ErmG am 23. März 288 Stimmen gewesen.
Und genauso viele Abgeordnete und damit Stimmen hatte allein schon die NSDAP-Reichstagsfraktion, ohne ihren Koalitionspartner DNVP.

Daher hätte die NS-Partei auch ganz allein und m i t allen KPD-Abgeordneten im Plenum, bei insgesamt 647 Abgeordneten, das ErmG verabschieden können.
 
Zuletzt bearbeitet:
Irene Strenge: Das Ermächtigungsgesetz vom 24. März 1933, in: Journal der Juristischen Zeitgeschichte, 1/2013, S. 1-14, hier S. 6 u.a.: [Kroll-Oper: Versammlungsort Reichstag, da Reichstagsgebäude durch den Brand v. 27. Februar beschädigt, Anm. von mir]

Die Abstimmung über das ErmG erfolgte keineswegs frei, die Abgeordneten waren nicht nur ihrem Gewissen unterworfen, wie Art. 21 WV fordert52. Nicht genug damit, dass SA-Männer vor der Kroll-Oper Parolen skandierten53, waren im Plenum zahlreiche SA- und SS-Männer in Uniform zugegen, die einen immer engeren Kordon um die Sitze der SPD zogen. Wels, der so mutig gegen das ErmG gesprochen hatte, soll sich bei einem Zentrumsabgeordneten für die Annahme des ErmG bedankt haben, denn „sonst wären wir dort nicht mehr herausgekommen“54.
[…]
Hitler verstärkte den Druck, als er seine Erklärung mit den Worten schloss: „Mögen Sie, meine Herren, nunmehr selbst die Entscheidung treffen über Frieden oder Krieg“. Der Völkische Beobachter hatte am Morgen des 23. März 1933 noch rechtzeitig vor der Sitzung erläutert, wie der „Krieg“ aussehen könnte:
Die Parteien vor der Entscheidung! Es geht nicht um das Schicksal der Regierung Hitler, sondern um das Schicksal der Volksvertretung“,
so die Überschrift. Im Text hieß es weiter:
„[…] Wenn der Reichstag […] der Regierung Hitler nicht mit der erforderlichen Mehrheit das Mandat zur ungestörten Aufbauarbeit bestätigen will, dann werden die unausbleiblichen Folgen solchen parlamentarischen Rückfalls von denjenigen Parteien selbst verantwortet werden müssen, die die Zeichen der Zeit noch nicht verstanden haben. […] Die Parteien mögen sich keiner Täuschung darüber hingeben, dass die Nichtannahme des Ermächtigungsgesetzes eine Kampfansage bedeuten würde, die von der Regierung aufgenommen wird.“56

Druck auf die Abgeordneten übte auch die Verordnung „zur Abwehr heimtückischer Angriffe gegen die Regierung der nationalen Erhebung“ (RGBl. 1933 I S. 135) aus, die Justizstaatssekretär Schlegelberger noch schnell am 21. März 1933 durchgesetzt hatte. Er hatte den Verordnungsentwurf am 20. März 1933 der Ministerrunde vorgelegt und in seinem Begleitschreiben betont, nach der heutigen Ministerbesprechung sei höchste Eile geboten57. Kernpunkt dieser Verordnung ist dessen § 3. Er droht Gefängnis- bzw. Zuchthausstrafe an für eine vorsätzliche unwahre oder gröblich entstellende Behauptung tatsächlicher Art, „die geeignet ist, das Wohl des Reichs oder eines Landes oder das Ansehen der Reichsregierung […] schwer zu schädigen“.
 
Und du bist also der Meinung, dass eine schriftliche Zusicherung von einen kommenden, äußerst gewaltätigen Diktator mehr wert seien als Mündliche?

Es gibt vermutlich schon Gründe, aus denen Hitler den versprochenen Brief dann eben doch nicht verfasste, denn ein Wortbruch ist nochmals etwas leichter als der Bruch einer niedergeschriebenen Zusage. Man kann aber zumindest konstatieren, dass selbst internationale Verträge Hitler und das NS-Regime nie daran hinderten, ihre Politik zu verfolgen. Notfalls erfand man halt einen Grund, aus dem eigentlich das Gegenüber vertragsbrüchig geworden sei. Du hast also vermutlich recht, eine schriftliche Zusicherung hätte dem Zentrum oder den anderen bürgerlichen Parteien im Sommer 1933 wohl auch nicht mehr geholfen.

Hitler und die NS-Führung spielten ja ohnehin auf zwei Hochzeiten, indem sie sich einerseits als bürgerliche Verteidiger der Ordnung gegen das "marxistische Chaos" inszenierten und zugleich eine nationalrevolutionäre Bewegung beschworen, in der frühere Klassengegensätze aufgehoben sein sollten. Diese Kombination war offenbar bis weit in gutbürgerliche Kreise und sogar bis in die Arbeiterschaft hinein populär, so dass Minister der Regierungen Papen und Schleicher wie Neurath, Schwerin von Krosigk, Gürtner und Eltz-Rübenach bis weit in die NS-Zeit hinein im Amt blieben.
 
Von Stachura wird eine retrospektive Gesamtschau der Entwicklung des historischen Diskurses geliefert. Er nimmt m.E. sinnvolle Einordnungen vor.

Stachura, Peter D. (2016): Die Nazi Machtergreifung. London: Routledge (Routledge library editions. Nazi Germany and the Holocaust).

Der Titel, Stachura ist Herausgeber von The Nazi Machtergreifung, ist bereits 1983 erschienen (unveränderte Neuauflage 2016) und Stachura referiert in der Introduction u.a. die Entwicklung des historischen Diskurs der 1950er, 1960 und 1970er Jahre. Für eine 'Gesamtschau' fehlen die Jahrzehnte bis zur Gegenwart und den Abschnitten in der Introduction wohl etwas an Umfang, scheint mir ;)...
 
Nach der 1. und 2. Lesung/Beratung wurde anscheinend deutlich, dass der ErmG-Antrag auch ohne Zentrum-Zustimmung genug Stimmen haben würde. Dank Stimmen aus den 'Mittelparteien' und fehlenden Abgeordneten, die Kommunisten sowieso, aber auch genug SPDler, z.T. eben schon in 'Schutzhaft', teils krank (geschlagen).

Ziel von H. und den NS-Vertretern war wahrscheinlich vor allem die nach der Reichstagswahl vom 5. März 1933 schnellst mögliche Demonstration von größtmöglicher Geschlossen- und Einheitlichkeit der Parteien im Reichstag für die NS- bzw. Regierungsvorhaben, hier in Form der Zustimmung zum ErmG der Reichstagsabgeordneten, natürlich ohne Sozialdemokraten und Kommunisten. Vor allem darum scheint es gegangen zu sein, und das Zentrum stellte die mit weitem Abstand bedeutendste Fraktion und Partei dar von jenen Partei-Fraktionen jenseits der Koalitionspartner NSDAP-DNVP.
Um die diversen anderen, kleineren und kleinen Fraktionen haben sich H. und die NS-Akteure anscheinend in keiner Weise direkt, etwa durch Gesprächsangebote und Treffen usw., gekümmert, und diese Fraktionen scheinen auch nicht von sich aus darum nachgesucht zu haben. Und diese haben allesamt ähnlich 'geräuschlos' dem ErmG zugestimmt, schon ihre Stimmen reichten problemlos aus.

Ich sehe nicht, dass die NS-Akteure irgendwelche Bedenken hatten, das oder ein ErmG nicht durchzukriegen; sie hatten alle Mittel in der Hand, um ggf. eine Woche oder einen Monat später einen entsprechend weiter 'frisierten' oder bearbeiteten Reichstag zur Zustimmung zu bringen, für was auch immer. Die Regierungskoalition hatte schon die absolute Mehrheit mit 340 Reichstagsabgeordneten von 566 für die gewöhnliche Gesetzgebung (bei Fortdauer der Reichstagsbrand-Verordnung), mit Kommunisten 647 Abgeordneten.
 
Auf Basis der ursprünglichen Abgeordnetenzahl von 647 Personen berechnet, wäre das Mindest-Quorum für die Annahme der Vorlage des ErmG am 23. März 288 Stimmen gewesen.

Und genauso viele Abgeordnete und damit Stimmen hatte allein schon die NSDAP-Reichstagsfraktion, ohne ihren Koalitionspartner DNVP.

Daher hätte die NS-Partei auch ganz allein und m i t allen KPD-Abgeordneten im Plenum, bei insgesamt 647 Abgeordneten, das ErmG verabschieden können.
Nein, 288 Stimmen wären nicht genug gewesen, denn das Gesetz benötigte zwei Mal die Zweidrittelmehrheit. Es müssten 2/3 der Parlamentarier (von 647) anwesend sein, und davon müssten wiederrum 2/3 zustimmen. Das ging nur durch die Änderung der Geschäftsordnung, die Nichtanwesende als anwesend erklärte. Zitat aus Wikipedia (Fettschreibung durch mich):
Zur Verabschiedung des Gesetzentwurfes bedürfte es einer doppelten Zweidrittelmehrheit: Zwei Drittel der anwesenden Abgeordneten mussten zustimmen, und zwei Drittel der gesetzlichen Mitglieder des Reichstages bei der Abstimmung mussten anwesend sein.[5] Von den 647 Abgeordneten mussten also 432 anwesend sein. SPD und KPD verfügten über 201 Abgeordnete. Um die Gültigkeit der Abstimmung zu verhindern, hätten also neben diesen 201 Abgeordneten lediglich 15 weitere Abgeordnete der Abstimmung fern bleiben müssen (647−216 = 431). Um das zu verhindern, beantragte die Reichsregierung eine Änderung der Geschäftsordnung. Danach sollten auch diejenigen Abgeordneten, die ohne Entschuldigung einer Reichstagssitzung fernblieben, als anwesend gelten.[6] Zu diesen „unentschuldigt“ Fehlenden zählten auch die vorher in „Schutzhaft“ genommenen oder vertriebenen Abgeordneten. Obwohl die SPD ausdrücklich auf die Gefahr des Missbrauchs hinwies, stimmten außer ihr alle Parteien dieser Änderung der Geschäftsordnung zu.
Aber betrachten wir die Abstimmung im einzeln: Die NSDAP und die DNVP, die zusammen über 342 Stimmen verfügten, haben das Ermächtigungsgesetz eingebracht, deswegen wäre es völlig abwegig zu erwarten, dass sie gegen das Gesetz stimmen würden, d.h. die Stimmen dieser beiden Parteien standen fest, die der anderen Parteien noch nicht. Deswegen kam es auf die Stimmen von Zentrum an, der nach NSDAP und SPD drittstärksten Kraft im Parlament, weil ja die Kommunisten gar nicht da sein konnten und trotzdem als anwesend gezählt wurden, was zuvor alle Parteien außer der SPD okay fanden.

Und Zentrum (72 Stimmen) hätte in der entscheidenden Sitzung des Reichstages am 23. März 1933 ab 18 Uhr wie die SPD (von insgesamt 120 Abgeordneten habe es nur noch 94 geschafft, ins Parlament zu kommen) gegen die Zustimmung reden können, dann wären die kleineren Parteien vielleicht auch umgeschwenkt. Aber nach der Regierungserklärung Hitlers, der Rede Wels von SPD, und der Antwort von Hitler, sagte Dr. Kaas u.a. Folgendes:

„Im Angesichte der brennenden Not, in der Volk und Staat gegenwärtig stehen … reichen wir von der deutschen Zentrumspartei in dieser Stunde allen, auch früheren Gegnern, die Hand … gibt die deutsche Zentrumspartei dem Ermächtigungsgesetz ihre Zustimmung.“

Danach redete noch Ritter von Lex von der Bayerischen Volkspartei (19 Stimmen), dem es auch zuerst um „die Freiheit und Selbständigkeit der christlichen Religionsgesellschaften“ ging, aber durch die Zusicherung des Reichskanzlers in seiner Regierungserklärung hätte die Partei ihre Bedenken gemildert, deshalb würden sie dem Gesetz zustimmen.

Danach sicherte auch Dr. Maier von der Deutschen Staatspartei (5 Stimmen) die Zustimmung, ebenso wie danach der Abgeordneter Simpfendörfer vom Christlich-Soziale Volksdienst (2 Stimmen).

Danach redete niemand mehr und damit war die Sache gelaufen, denn bei der zweiten und dritten Lesung meldete sich niemand zu Wort.
 
Es gibt vermutlich schon Gründe, aus denen Hitler den versprochenen Brief dann eben doch nicht verfasste, denn ein Wortbruch ist nochmals etwas leichter als der Bruch einer niedergeschriebenen Zusage.

Eine niedergeschriebene Zusage ist nur dann etwas wert, wenn es noch entsprechende Schiedsinstanzen gibt, vor denen diese eingefordert werden könnte.
Wer hätte das sein sollen?
Wie du richtig bemerkst, Hitler hatte nicht einmal Skrupel Verträge, die er mit Großbritannien, Frankreich und der Sowjetunion geschlossen hatte, ganz offen zu verletzen, mit den brutalstmöglichen Konsequenzen.
Die Vorstellung, dass er also Skrupel gehabt hätte eine dem Prälaten Kaas gegebene Zusicherung zu brechen, halte ich für keinen guten Erklärungsansatz.

Diese Kombination war offenbar bis weit in gutbürgerliche Kreise und sogar bis in die Arbeiterschaft hinein populär, so dass Minister der Regierungen Papen und Schleicher wie Neurath, Schwerin von Krosigk, Gürtner und Eltz-Rübenach bis weit in die NS-Zeit hinein im Amt blieben.

Naja, die tatsächliche Popularität dieser Projektion ist natürlich nach dem Aufbau der Diktatur durch die systematische Unterdrückung abweichender Meinungen schwer nachzuvollziehen.
So weit es die Wahlanalysen Falters für die weimarer Zeit ergeben, lässt sich festhalten, dass jedenfalls bis zum Beginn der Diktatur die Arbeiterschaft sich relativ wenig dafür begeistern konnte.
Ist natürlich nicht auszuschließen, dass sich das im Verlauf der Diktatur änderte, allerdings mit der Zerschlagung der Gewerkschaften und dem staatlich verordneten Lohnstopp sehe ich auch ein paar Gründe, die plausibel dagegen sprechen könnten, während was das Regime den Arbeitern bot, eher symbolischen Charakter hatte (1. Mail als Feiertag), nur einem verschwindend kleinen Teil der Arbeiterschaft tatsächlich zu gute kam oder aber den Arbeitern im Wesentlichen nur die gleichen Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung bot, die sie in ihrem vorherigen Vereinswesen auch schon hatten, nur eben gleichgeschalet und politisch überwacht.

Insofern gibt es, denke ich plausible Gründe die Popularität des Regimes in den Arbeitermillieus anzuzweifen, auch wenn das nach 1933 kaum quellentechnisch zu fassen/nachzweisen sein wird.

Ich würde das Verbleiben von Ministern, die eher den nationalkonservativen Lager, als der NS-Bewegung, zuzuordnen waren, nicht unbedingt als Zeichen der Popularität beim Bürgertum (wobei das letztendlich, wenn man der Analyse des Wahlverhaltens bei Falter folgt, die Hauptunterstützergruppe der NSDAP jedenfalls vor Beginn der Diktatur war) werten wollen.
Ich sehe darin eher zunächst eine Konzession gegenüber Hindenburg um für diesen die Fassade der Beteiligung von dessen politishen Freunden aus dem nationalkonservativen Lager an der politischen Macht aufrecht zu erhalten und im weiteren Verlauf auch einfach die Abnahme der Bedeutung dieser Positionen, durch die zunhemende Degeneration des Staatsapparates und die den zunehmenden Machttteansfer von staatlichen Stellen zu Parteistrukturen, die die Schlüsselpositionen im System von den staatlichen Behörden zunehmend weg zur NSDAP hin verschob.
 
Nein, 288 Stimmen wären nicht genug gewesen, denn das Gesetz benötigte zwei Mal die Zweidrittelmehrheit. Es müssten 2/3 der Parlamentarier (von 647) anwesend sein, und davon müssten wiederrum 2/3 zustimmen.

Nachgerechnet hast Du offensichtlich nicht.

Zwei Drittel von 647 Parlamtenariern sind 432 Parlamentarier.
Und zwei Drittel von 432 Parlamtenariern sind 288 Parlamtenarier.

Das ging nur durch die Änderung der Geschäftsordnung, die Nichtanwesende als anwesend erklärte.
Das habe ich oben schon erklärt, die Änderung der Geschäftsordnung war eine reine Vorsichtsmaßnahme, sie wurde am 23. März dann doch nicht gebraucht, es waren ja genügend SPD-Abgeordnete anwesend.

Die Änderung der Geschäftsordnung, nach der auch (z. B. in Folge einer willkürlichen Verhaftung) abwesende Abgeordnete als anwesend gezählt werden konnten, war eine weitere Vorsichtsmaßnahme, denn durch Abwesenheit hätten die Abgeordneten der SPD und des Zentrums die Beschlussfähigkeit torpedieren und damit eine Abstimmung verhindern können.
 
Zuletzt bearbeitet:
Eine niedergeschriebene Zusage ist nur dann etwas wert, wenn es noch entsprechende Schiedsinstanzen gibt, vor denen diese eingefordert werden könnte.
Wer hätte das sein sollen?
Wie du richtig bemerkst, Hitler hatte nicht einmal Skrupel Verträge, die er mit Großbritannien, Frankreich und der Sowjetunion geschlossen hatte, ganz offen zu verletzen, mit den brutalstmöglichen Konsequenzen.
Die Vorstellung, dass er also Skrupel gehabt hätte eine dem Prälaten Kaas gegebene Zusicherung zu brechen, halte ich für keinen guten Erklärungsansatz.
Um auf das Ermächtigungsgesetz zurückzukommen: Die Zusagen, die Hitler vor dem Reichstag gemacht hat, wurden ja protokolliert und waren damit "niedergeschrieben". Wie ich in meinem ersten Beitrag schrieb, versicherte Hitler z. B., die Existenz des Reichsrats sei nicht bedroht. Am 14. Februar 1934 erließ Hitler ein neues Gesetz, dessen § 1 Satz 1 lautete: "Der Reichsrat wird aufgehoben". Ein Federstrich, futsch war der Reichsrat.
 
Und Zentrum (72 Stimmen) hätte in der entscheidenden Sitzung des Reichstages am 23. März 1933 ab 18 Uhr wie die SPD (von insgesamt 120 Abgeordneten habe es nur noch 94 geschafft, ins Parlament zu kommen) gegen die Zustimmung reden können, dann wären die kleineren Parteien vielleicht auch umgeschwenkt.

Mal von den bereits von @Sepiola vorgetragenen Einwänden abgesehen:

1. Aus welchem Grund bist du der Meinung, eine ablehnende Rede eines Zenrumsabgeordneten hätte entscheidende Zustimmung für eine Ablehnung (über die sich die Nazis jederzeit hinwegsetzen konnten) mobilisiert?
Diese Position hatte die SPD vorgetragen, sie hat nicht verfangen.
Warum hätte sie verfangen sollen, wenn sie vom Zentrum vorgebracht worden wäre?

2. Da du bisher die Rolle der verbliebenen Kleinparteien wohlwollend ignoriert hast, wundert mich jetzt doch, dass du mit angeblichem Einfluss des Zentrums auf dieselben daher kommst um Versäumnisse des Zentrums zu markieren.
Da stellt sich mir die Frage, wie verhält es sie zu einander?
Abgesehen davon, dass du sachlich schleicht von falschen Prämissen ausgehst, fällt dir nicht auf, wie wenig deine eigene Argumentation zu einander passt und wie sehr die einzelnen von dir vorgebrachten Postulate einander widersprechen?
 
Um die Gültigkeit der Abstimmung zu verhindern, hätten also neben diesen 201 Abgeordneten lediglich 15 weitere Abgeordnete der Abstimmung fern bleiben müssen (647−216 = 431). Um das zu verhindern, beantragte die Reichsregierung eine Änderung der Geschäftsordnung. Danach sollten auch diejenigen Abgeordneten, die ohne Entschuldigung einer Reichstagssitzung fernblieben, als anwesend gelten.[6] Zu diesen „unentschuldigt“ Fehlenden zählten auch die vorher in „Schutzhaft“ genommenen oder vertriebenen Abgeordneten.

Tante Wiki schlägt sich tapfer in moralisch gewiss einwandfreien Lösungsvorschlägen und nicht zutreffenden Schlussfolgerungen.
Da das Ermächtigungsgesetz sowieso - streng juristisch bzw. entlang der GO des Reichstages - schon wg. Formfehlern theoretisch ungültig war, machen nachträglich abstrakte Lösungsvorschläge eher wenig Sinn.

Besonders wenn man den ganzen Kontext der Zeit, des Tages, des Ortes, der Situation ausblendet.
Das Klammern an der Idee, ohne ErmG wäre alles besser und anders gelaufen, war in jener Situation schlicht falsch.
In Wien ließ Kanzler Dollfuß am 15. März 1933 einfach das Parlament mit Polizei abriegeln, um einen gültigen Wieder-Zusammentritt des Parlaments für längere Zeit zu verhindern.

Das ErmG verhalf dem Regime zu einem nützlichen Scheinlegalismus. Und ohne Zweifel waren in der turbulenten, teils instrumentell aufgeputschten zeitgeschichtlichen Situation und Lage, vor allem ab 1931/1932 wesentliche Akteure, erhebliche Teil der 'Öffentlichkeit', der Wähler usw. an einer Verteidigung eines liberal-demokratisch organisierten Parlamentarismus als Zentrum der Entscheidungsfindung, Entscheidungsdurchsetzung und -ausführung und Regierungskontrolle weniger bis kaum interessiert.

Nicht zutreffend ist die Behauptung von Tante Wiki, die in Schutzhaft befindlichen oder vertriebenen oder wg. Misshandlung = Krankheit nicht anwesenden Reichstagsabgeordneten, beispielsweise der SPD, hätten ebenfalls aufgrund der Änderung der Geschäftsordnung als anwesend gezählt.

Das haben sie nicht. Nur die tatsächlich anwesenden Abgeordneten - siehe namentliche Abstimmungs-Liste, welche auch die nicht anwesenden, kranken usw. Abgeordneten aufführt, ohne Stimmen-Votum - wurden als anwesend gezählt. Lässt sich problemlos nachzählen.
Die Geschäftsordnungs-Änderung sollte verhindern, dass anwesende Abgeordnete vor der Einleitung des Abstimmungsprocedere den Saal verlassen und somit die Abstimmung nicht statt finden kann, weil aktuell dann insgesamt nicht genug Abgeordnete sich im Saal vorhanden sind, um das Procedere einleiten zu können. Das ist der Hintergrund, so war das in den 1920er Jahren immer wieder geschehen.

Und an diesem hochstilisierten, aufgeladenen Entscheidungstag, der Tag von Potsdam lag gerade zwei Tage zurück, wollte keine der Reichstagsfraktionen mit den leidlich bekannten Obstruktionstricks der ganz rechten und ganz linken Reichstagsparteien aus den 1920ern arbeiten bzw. der Entscheidung und Verantwortung ausweichen.

Die Rechenwege für die eine gültige Abstimmungsmehrheit werden übrigens durchweg falsch in der wissenschaftlichen Lit. dargestellt und auch meine obige stimmt nicht.

538 Abgeordnete waren beim Abstimmungsprocedere anwesend, 2/3 davon = 359 Stimmen für die Annahme notwendig.
Die Regierungskoalition allein hatte schon 341 Stimmen, zu keinem Zeitpunkt war fraglich, ob das ErmG von den anderen Fraktionen noch 18 Stimmen bekommen würde. Nur im Brüning-Brief wird das annähernd zutreffend abgebildet.

Danach redete niemand mehr und damit war die Sache gelaufen, denn bei der zweiten und dritten Lesung meldete sich niemand zu Wort.
Bei dem wiederholt und nun schon vielfach primär moralisch unterlegten Ausflug im Verein mit einer verengten, ganz punktuellen Betrachtung/Verurteilung eines konkreten Vorgangs der bedauerlichen jüngeren Geschichte - ein bisschen mehr eigenes systematisches, methodisches und kontextbezogenes, detaillierteres Erarbeiten schadet nach wie vor nix.

Lt. Geschäftsordnung d. Reichstages war das Durchpeitschen des ErmG mit 3 Lesungen an einem Tag nur möglich, wenn keiner der Abgeordneten Widerspruch dagegen einlegte. Und der Ablauf wurde ja vorab bei der Feststellung der Tagesordnung abgestimmt bzw. bekannt gegeben.

Noch ein Rechenexempel:
Bei 647 Abgeordneten hätten mindestens 432 bei Einleitung des Abstimmungsprocedere anwesend sein müssen.
Es waren 538 anwesend.
 
Die Rechenwege für die eine gültige Abstimmungsmehrheit werden übrigens durchweg falsch in der wissenschaftlichen Lit. dargestellt und auch meine obige stimmt nicht.

Rechnerisch stimmt sie schon. Es mussten mindestens 2/3 der 647 Abgeordneten anwesend sein, von den Anwesenden hätten mindestens 2/3 für das Gesetz stimmen müssen.

Es wurde aber nicht so gerechnet. Die gewählten KPD-Abgeordneten wurden einfach nicht gezählt, auf welcher gesetzlichen Grundlage, weiß ich nicht.* "Die gesetzliche Mitgliederzahl des Hauses beträgt 566. Davon sind zwei Drittel 378, davon wiederum zwei Drittel 252", gab Reichstagspräsident Göring zu Protokoll:
Verhandlungen des Deutschen Reichstags

* Irene Strenge schreibt u. a.: "Gemäß § 4 GORt hätte ein Wahlprüfungsgericht, – das natürlich nicht eingesetzt wurde, – über die KPD-Mandate entscheiden müssen. Von dieser Entscheidung hätte abgehangen, ob die KPD-Abgeordneten einzuladen seien oder nicht. Denn die Frage, ob ein Gewählter einzuladen ist, ist eine Frage des Abgeordnetenstatus." Der sogenannte Reichstag war demnach "nicht ordnungsgemäß geladen".
 
Rechnerisch stimmt sie schon.
Nicht im konkreten Fall und Ergebnis.

Keine mir bekannt Lit. berechnet die notwendige 2/3-Stimmenmehrheit von den bei Abstimmung Anwesenden, den 538 Abgeordneten. Wenn, dann wird von den 'gesetzlichen' 566 Abgeordneten ausgegangen. Eine Ursache für dieses Phänomen könnte sein, dass man irgendwie die Geschäftsordnungsänderung nicht ausreichend verstanden hat und glaubt(e), damit seien die abwesenden Abgeordneten (Schutzhaft, krank wg. Misshandlungen usw.) als anwesend eingestuft worden - siehe Tante Wiki. Hätte aber auffallen müssen, wenn man die Liste der namentlichen Abstimmung durchgegangen wäre bzw. gezählt hätte, samt festgestelltem Endergebnis.

Es wurde aber nicht so gerechnet. Die gewählten KPD-Abgeordneten wurden einfach nicht gezählt, auf welcher gesetzlichen Grundlage, weiß ich nicht.* "Die gesetzliche Mitgliederzahl des Hauses beträgt 566. Davon sind zwei Drittel 378, davon wiederum zwei Drittel 252", gab Reichstagspräsident Göring zu Protokoll:
Verhandlungen des Deutschen Reichstags

Siehe Beitrag # 65.....
  1. Die Anwesenheit von mindestens 2/3 der gesetzlichen Mitgliederzahl des Reichstages war notwendig für eine gültige Abstimmung über ein verfassungsänderndes Gesetz: Da die Sitze der Kommunisten auf Basis der Reichstagsbrandverordnung vorher annulliert worden waren, betrug die gesetzliche Mitgliederzahl 566. 2/3 davon mussten mindestens bei Abstimmung anwesend sein, das waren daher mindestens 378 Abgeordnete.
  2. von diesen 378 Abgeordneten mussten wiederum mindestens 2/3 der Vorlage des ErmG zustimmen. 2/3 von 378 = 252 Abgeordnete.
  3. Dafür gestimmt haben am 23. März lt. Protokoll 444 Abgeordnete, davon 72 Stimmen vom Zentrum. Ohne Zentrum hätte das ErmG immer noch eine satte Mehrheit von 372 Stimmen erhalten, bei dem MindestQuorum von 252 Stimmen.
  4. Allein die NSDAP hatte schon 288 anwesende Abgeordnete bei Abstimmung, die alle für die ErmG-Vorlage votierten.
Siehe die zutreffenden Verlautbarungen/Erläuterungen von Reichstagspräsident Göring bei Verlesung des Abstimmungsergebnisses.

Göring rechnete falsch, und diese Zahlen hatte ich nach Prüfung und missverstandenen Äußerungen im Brüning-Brief, siehe Morsey, ErmG S. 72-75, übernommen.

Irene Strenge schreibt u. a.: "Gemäß § 4 GORt hätte ein Wahlprüfungsgericht, – das natürlich nicht eingesetzt wurde, – über die KPD-Mandate entscheiden müssen. Von dieser Entscheidung hätte abgehangen, ob die KPD-Abgeordneten einzuladen seien oder nicht. Denn die Frage, ob ein Gewählter einzuladen ist, ist eine Frage des Abgeordnetenstatus." Der sogenannte Reichstag war demnach "nicht ordnungsgemäß geladen".

Selbstverständlich nicht. Und vieles mehr, siehe wieder bei Strenge, ErmG. Schon die Feststellungen Görings zur Abstimmungsfähigkeit waren formal nicht gültig.
Irene Strenge: Das Ermächtigungsgesetz vom 24. März 1933, in: Journal der Juristischen Zeitgeschichte, 1/2013, S. 1-14,
 
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