Stimmt!
Prof. Wolters hat einige Forschungen darüber erstellt, dass die „coin-drift“, also das Eindringen stadtrömischer bzw. Münzen aus südgallischen Prägestätten, etliche Jahre und sogar Jahrzehnte in Anspruch nehmen konnte. Mit anderen Worten, die Münzen der Lugdunum-II-Serie von 12 n.Chr. müssen nicht zwingend schon 15 n.Chr. in der tiefsten germanischen Provinz aufgetreten sein.
Prof. Wolters weist darauf hin, dass der Münzspiegel des Varusheeres (9 n.Chr.) und der des Germanicusheeres (14-16 n.Chr.) durchaus identisch sein können. Dieses wird sogar von Frank Berger nicht bestritten.
Zur in Kalkriese gefundenen Schliesse eines römischen Kettenhemdes möchte ich noch folgendes anmerken:
Die gepunzte Inschrift lautet:
M AIVS I FABRICI
die geritzte Inschrift:M AII I FAB
Die Kalkriese Ausgräber deuten dieses als:
Eigentum/Besitz des Marcus Aius aus der 1. Cohorte (einer unbekannten Legion) und der Hundertschaft unter Führung des Fabricius
Ich hatte bereits darauf hingewiesen, dass es wenig Sinn macht, sein Eigentum mit dem Namen seines Zenturios zu kennzeichnen, da es durchaus vorkam, dass Unteroffiziere in der Schlacht zu Tode kamen. Der Zenturio wäre ersetzt worden, die Inschrift auf der Schliesse danach sinnlos.
Tacitus berichtet jedoch von der Schlacht an den "pontis longi" 15 n.Chr., dass Legionäre der LEG I von Caecina beauftragt wurden, einen Wall zum Schutz des die Engstelle passierenden Trosses zu errichten. Es ist sehr wahrscheinlich, dass der in Kalkriese entdeckte Grasssodenwall Reste jenes Werkes sind. Unter diesem Grasssodenwall wurde auch besagte Schliesse des römischen Kettenhemdes gefunden.
Da mit "fabri" die Pioniertruppen einer Legion bezeichnet wurden (die übrigens hohes Ansehen genossen), halte ich es für möglich, dass die Übersetzung auf der Schliesse wie folgt lautet:
M.AIVS, Angehöriger der LEG I, Pioniereinheiten
Die "I" würde somit die Legion I meinen (die unter Caecina kämpfte), und nicht die Kohorte I einer unbekannten Legion (wie man in Kalkriese meint).
Eine Abbildung findet sich auf:
http://www.geschichte.uni-osnabrueck.de/ausstell/sektion7/sektion7.html