Paul von Lettow-Vorbeck - Held mit kleinen Fehlern?

Albatros schrieb:
Hat das jemand behauptet? Wobei es sachlich nicht ganz unrichtig ist, angesichts der Freikorps-Karriere L-Vs und vieler seiner Mannen.

Stop - nicht alles in einen Topf werfen. Monarchistische Freikorps von 1919 hatten wenig mit der SA der frühen 20er Jahre zu tun...
 
Albatros schrieb:
Vielleicht schreibst du auch fairerweise, dass Boell selbst Hauptmann in der Schutztruppe war.
Ich habe in der Quellenangabe angegeben, daß es sich um ein Buch aus dem Selbstverlag der ehemaligen Ostafrikaner handelt - also Berichte aus erster Hand. Das Buch bietet eine Fülle von Detailinformationen, die vor 1951 zusammengetragen wurden, als die Zeitzeugen langsam weniger wurden. Für den Historiker ein Datenschatz. Übrigens selten und teuer, aber das interessiert hier weniger.

Albatros schrieb:
Weil ein Schutztruppler das sagt?
Macht ihn das für dich unglaubwürdig? Für mich ist es eine wichtige Quelle von unmittelbar Beteiligten. Warum sollten die Angaben falsch sein? Damals waren gerade die Ostafrikaner hoch geachtet. Die brauchten nichts beschönigen. So etwas ist für mich mehr wert, als Wischi-Waschi-Schätzungen 90 Jahre später.
 
Arne schrieb:
Stop - nicht alles in einen Topf werfen. Monarchistische Freikorps von 1919 hatten wenig mit der SA der frühen 20er Jahre zu tun...

Interessant! Die monarchistischen vielleicht nicht. Aber wahrscheinlich hast du auch eine Erklärung, warum so viele ehemalige Freikorpsler später bei SA, SS etc. gelandet sind.

Allein für drei der Angehörigen von Lettow-Vorbecks Freiwilligen-Division läßt sich ein direkter Bezug herstellen.

Leo Petri, später Gruppenführer im SS-Führungshauptamt
Friedrich Übelhör, später für die Judenpolitik im Warthegau zuständig.
Wilhelm Werner, später beim Stab RFSS

Zufall?
 
Albatros schrieb:
Leo Petri, später Gruppenführer im SS-Führungshauptamt
Friedrich Übelhör, später für die Judenpolitik im Warthegau zuständig.
Wilhelm Werner, später beim Stab RFSS

Zufall?

1) Du hast von Lettow-Vorbecks Freikorps-Karriere geschrieben.
2) Welcher von den drei da oben war Schutztruppler?
Selbst wenn du einen findest: Die Taten einzelner sprechen nicht eine ganze Einheit.

Dein "Problem" bei Diskussionen scheint mir zu sein, daß du glaubst, wenn du moralisch auf der richtigen Seite bist, auch sachlich Recht zu haben. Das macht es schwierig mit dir zu debattieren.
 
Arne schrieb:
Macht ihn das für dich unglaubwürdig?

Per se nicht. Aber ich meine, der Adjudant der Schutztruppe in Ostafrika sollte schon eine ungefähre Vorstellung davon haben, wieviele seiner Hilfstruppen ins Gras beißen mußten. Und keine Wischi-Waschi-Schätzungen präsentieren.

Für mich ist es eine wichtige Quelle von unmittelbar Beteiligten.

An die man genauso kritisch herangehen sollte, wie an alle anderen Quellen. Wer schreibt, was, für wen, mit welcher Absicht.

Warum sollten die Angaben falsch sein? Damals waren gerade die Ostafrikaner hoch geachtet. Die brauchten nichts beschönigen. So etwas ist für mich mehr wert, als Wischi-Waschi-Schätzungen 90 Jahre später.

Da implizierst du einiges. Warum sollte Boells Schätzungen zutreffend sein? Er sagt selbst (zumindest entnehme ich das deinem o.g. Beitrag), dass es entweder keine Zahlen gebe oder die vorhandenen Zahlen unvollständig seien. Wie kann er dann mit Bestimmtheit von 6-7000 Toten sprechen, wenn gleichzeitig Unterlagen existieren, die eine wesentlich höhere Verlustquote nahelegen?
 
Arne schrieb:
1) Du hast von Lettow-Vorbecks Freikorps-Karriere geschrieben.
2) Welcher von den drei da oben war Schutztruppler?
Selbst wenn du einen findest: Die Taten einzelner sprechen nicht eine ganze Einheit.

Dein "Problem" bei Diskussionen scheint mir zu sein, daß du glaubst, wenn du moralisch auf der richtigen Seite bist, auch sachlich Recht zu haben. Das macht es schwierig mit dir zu debattieren.

1. Niemand will die Schutztruppe als solche für den Holocaust verantwortlich machen. Nur weil irgendjemand etwas gegen Deine Helden sagt, brauchst Du Dich nicht angegriffen zu fühlen.

2. Wenn Du ein persönliches Problem mit mir hast, bitte per PN.
 
Albatros schrieb:
Warum sollte Boells Schätzungen zutreffend sein? Er sagt selbst (zumindest entnehme ich das deinem o.g. Beitrag), dass es entweder keine Zahlen gebe oder die vorhandenen Zahlen unvollständig seien. Wie kann er dann mit Bestimmtheit von 6-7000 Toten sprechen,...

In dem Buch werden die Berichte der beteiligten Militärs recht zeitnah zusammengefasst. Daraus ergeben sich m.E. recht qualifizierte Schätzungen.

wenn gleichzeitig Unterlagen existieren, die eine wesentlich höhere Verlustquote nahelegen?
Was gibt es für Unterlagen? Mir sind bisher keine bekannt. :confused:
 
Arne schrieb:
In dem Buch werden die Berichte der beteiligten Militärs recht zeitnah zusammengefasst. Daraus ergeben sich m.E. recht qualifizierte Schätzungen.

Oberregierungsrat in der Kriegsgeschichtlichen Forschungsstelle des Heeres.

Wenn man die Geschichte des Reichsarchivs etc. kennt, dann kann man eigentlich nur mißtrauisch werden ...


Was gibt es für Unterlagen? Mir sind bisher keine bekannt. :confused:

siehe #12
 
Da implizierst du einiges. Warum sollte Boells Schätzungen zutreffend sein? Er sagt selbst (zumindest entnehme ich das deinem o.g. Beitrag), dass es entweder keine Zahlen gebe oder die vorhandenen Zahlen unvollständig seien. Wie kann er dann mit Bestimmtheit von 6-7000 Toten sprechen, wenn gleichzeitig Unterlagen existieren, die eine wesentlich höhere Verlustquote nahelegen?
Ich denke mal, dass sich Boells Verlustangaben auf die kämpfenden Teile der Ostafrika-Schutztruppe beziehen, die auch einigermaßen mit deren Größe (meist so knapp 10 000 Mann) korrespondieren. Dies wird dadurch erhärtet, dass Boell laut Arne keine Informationen "über die Verluste an Hilfskriegern, Trägern und Boys" hatte. Ist insofern plausibel, als dass die Träger häufig ausgewechselt wurden. Die Tatsache, dass er selbst der Schutztruppe angehörte, würde ich nicht als einzigen Grund für eine Unzuverlässigkeit seiner Zahlen annehmen. Häufig sind die eigenen Kampfstärke bzw. Verlustangaben viel zuverlässiger als die Schätzungen des Feindes.
Um auf Martenstein zurückzukommen: ich halte es für wenig plausibel, dass die viel kleinere Schutztruppe genauso hohe Trägerverluste gehabt soll wie die im Thread erwähnten der britischen Armee.

Zum Thema Freikorps/Nationalsozialismus: es ist schwierig, von einer "monarchistischen" oder "nationalsozialistischen" Ausrichtung bestimmter Freikorps zu sprechen. Die Korps waren ja nicht in erster Linie politische Zusammenschlüsse, sondern mehr oder weniger Söldnereinheiten. Tatsache ist aber auch, dass schon bald in den Korps viele Republikfeinde zu finden waren, die auch gezielt gegen den Staat arbeiteten.
Nur denke ich, dass die SA nicht deswegen so enge Verknüpfungen zu den Korps hatte, weil diese voller fertiger Nazis steckten.
Vielmehr dürfte es eher umgekehrt gewesen sein: In einer Zeit, als die Freikorps langsam überflüssig wurden, konnte die SA mit ihrem paramilitärischen Gepräge als Auffangbecken für viele Freikorpskämpfer dienen.
Überhaupt keine Frage ist für mich hingegen, dass ihre Erlebnisse die Männer in den Freikorps sehr empfänglich für die nationalsozialistische Ideologie machten, gerade in der Hinsicht, dass sie in der NS-Zeit an Gewalt und Terror partizipierten. Interessant in diesem Zusammenhang ist der Sammelband "Karrieren der Gewalt," hrsg. von Mallmann.
 
Zuletzt bearbeitet:
Albatros schrieb:

Ach du meinst die englischen Zahlen. Hmm, die würde ich erstmal nur als Notbehelf nehmen, solange nicht Genaues von deutschen Verhältnissen vorliegt.

Aber selbst wenn wir diese Verlustquoten anlegen, also ca. 10%, kommen wir bei ca. 7000 Gefallenen und an Krankheiten Verstorbener auf eine m.E. nach plausible Trägerzahl von ca. 70.000.
(@ Ashigaru: Im Buch von Boell wird ja gerade die Verlustzahl der Hilfskrieger, Träger, Boys etc. so geschätzt.)
Da die Truppe im Verlaufe des Krieges ständig schrumpfte, würde ich so eine Zahl für möglich halten.

Also, selbst wenn ich das Pferd von dieser Seite aufzäume, komme ich auch nicht auf 100.000 tote Träger.

PS: Danke für die überaus "witzige" rote Bewertung. Ich diskutiere erstmal lieber hier...
 
Zuletzt bearbeitet:
Rechnen wir doch mal anders:

Bei einer Truppenstärke von 15.000 Mann werden 60.000 benötigt. Durch Krankheit, Mangelernährung und Erschöpfung fallen monatlich 10% der Träger aus. Über einen Zeitraum von 52 Monaten ergibt das insgesamt 312.000 Ausfälle. Angenommen es stirbt nur jeder Dritte der Zurückgelassenen, kommt man locker auf 100.000 Tote.
 
Bei Wikipedia ist von ca. 300.000 Trägern auf deutscher Seite die Rede. Das heißt bei (englischer) 10% Verlustquote, 30.000....
Erinnert an Stochern im Trüben... :( Ich habe nichts Genaueres als den Boell.
 
Albatros schrieb:
Rechnen wir doch mal anders:

Bei einer Truppenstärke von 15.000 Mann werden 60.000 benötigt. Durch Krankheit, Mangelernährung und Erschöpfung fallen monatlich 10% der Träger aus. Über einen Zeitraum von 52 Monaten ergibt das insgesamt 312.000 Ausfälle. Angenommen es stirbt nur jeder Dritte der Zurückgelassenen, kommt man locker auf 100.000 Tote.


Wieso 10% multiplikativ jeden Monat? Deine englische Quelle nennt doch 10% insgesamt?
Nee, ich denke diese Rechenkünste bringen nichts Konkretes...lassen wir das.
 
Arne schrieb:
Wieso 10% multiplikativ jeden Monat? Deine englische Quelle nennt doch 10% insgesamt?
Nee, ich denke diese Rechenkünste bringen nichts Konkretes...lassen wir das.

Unter der Voraussetzung, daß die Träger monatlich ausgetauscht wurden, muß man von 10% monatlich ausgehen.

Die Frage ist also, in welchem Intervall tatsächlich die Träger ausgetauscht wurden.
Kann man das anhand der Entfernungen, die Lettow-Vorbecks Truppe zurücklegte, in etwa abschätzen?
 
hyokkose schrieb:
Unter der Voraussetzung, daß die Träger monatlich ausgetauscht wurden, muß man von 10% monatlich ausgehen.

Aber Albatros´Quelle nennt 100.000 Tote bei 1 Million insgesamt. Das ist doch ein einfaches Gesamtverhältnis...

"Hodges, "African manpower statistics for the British forces in East Africa, 1914-1918", Journal of African History, XIX (1978), 115 kommt bei etwa einer Million Träger auf über 100000 Tote auf britischer Seite ("nur" 10%). "

Nein, ich habe bei solchen Rumrechnereien kein gutes Gefühl. Da rechnet jeder solange herum, bis es zu den Argumentationen passt.

Eine Berechnung in welchen Abständen, wieviele Träger gewechselt wurden halte ich für unmöglich. Zu Beginn des Krieges war die Truppe in den Orten stark und brauchte wenig Träger. Später im Bewegungskampf mehr Träger, aber eine stetig schrumpfende Soldatenzahl. Am Ende waren es 155 Europäer, 1168 Askaris und rund 3000 Träger (Quelle: Lettow-Vorbeck "Heia Safari" Leipzig, 1920)
 
Zuletzt bearbeitet:
Und noch ein paar Variablen: wo tauschten sie wie viele aus? Brauchten sie überhaupt einen solchen Troß wie die Briten, da sie ja ohnehin keine Versorgungsgüter über dem nötigsten mit sich führten?
Konnte der Bedarf gedeckt werden, blieb man von Anfang bis Ende bei einem gleichen Bedarf oder wechselte der nach Lage oder Kombatantenbestand...
Griff das gleiche System wie bei den Briten, also war der Bedarf von vorneherein genauso hoch...

Nichts für ungut, aber SOWAS habe ich in diesem Forum bislang nur in Theorien zu irgendwelchen blonden Urmenschen gelesen....
Es gibt eine Quelle, die muß quellenkritisch betrachtet und bearbeitet werden, aber sich selbst was zusammen zu rechnen...
 
Arne schrieb:
Wieso 10% multiplikativ jeden Monat? Deine englische Quelle nennt doch 10% insgesamt?
Nee, ich denke diese Rechenkünste bringen nichts Konkretes...lassen wir das.

Du mußt natürlich die Gesamtzahl der Träger zugrunde legen. Der Verlust erfolgt stetig, quasi Abnutzung. Dieser Verlust wird laufend ausgeglichen. Bei den Briten ergibt sich daraus ein Faktor von 10% pro Monat an Totalausfällen, während der Bedarf an Ersatzträgern jedoch bei 20-30% liegt.

Kurz: 10% sterben, 20-30% müssen ersetzt werden. Jeden Monat, viereinhalb Jahre lang.

Dass darüber niemand Buch führt, ist nicht verwunderlich.
 
Albatros schrieb:
Du mußt natürlich die Gesamtzahl der Träger zugrunde legen. Der Verlust erfolgt stetig, quasi Abnutzung. Dieser Verlust wird laufend ausgeglichen. Bei den Briten ergibt sich daraus ein Faktor von 10% pro Monat an Totalausfällen, während der Bedarf an Ersatzträgern jedoch bei 20-30% liegt.

Kurz: 10% sterben, 20-30% müssen ersetzt werden. Jeden Monat, viereinhalb Jahre lang.

Wie jetzt? Nach deiner Quelle wird doch angeblich eine Gesamtzahl genannt. Jetzt waren auf einmal 1 Million Träger gleichzeitig unterwegs, oder was?
Diese Rechnerei ist, wie Tib schon richtig anführt, Schwachsinn. Das mache ich nicht mit.
 
Beinah übersehen, pardon...
Albatros schrieb:
Hat das jemand behauptet? Wobei es sachlich nicht ganz unrichtig ist, angesichts der Freikorps-Karriere L-Vs und vieler seiner Mannen.
Wie Arne richtig sagte, Kolonialtruppe ist eben nicht gleich Freikorps, und Freikorps ist eben nicht gleich SA.
Solch eine Brücke zu bauen öffnet auch Tore für Vergleiche ganz anderer Art (wo sind denn nun die meisten SS Männer nach dem Krieg untergekommen?... heißt das etwa... nur ein Beispiel)



Man sollte die Dinge aber auch nicht schönfärben. Röhm war z.B. kein Nazi-Gegner, nur weil er von der SS ermordet wurde. Und persönliche Animositäten sind noch kein Widerstand.
Das Röhm ein Nazi war steht außer Frage, er war Mitglied, hohes Tier, fast höchstes Tier, hetzte in aller Öffentlichkeit, bereicherte sich usw usf
Wenn ich also sage: Das Nashorn ist kein Käfer, es würde diesen sogar zertreten und du konterst mit: der Hirschkäfer kämpft ja auch gegen Käfer und hat ein Horn, ist er deshalb weniger ein Käfer würde niemand diesen Vergleich mehr Beachtung schenken, als seine rhetorische Kunstfertigkeit verdiente...


Gute Absichten schützen eben nicht vor schlechter Recherche. Wobei sich das leicht nachprüfen läßt. Schwierig wird es, wenn man erst gar nicht nachprüft, damit das Weltbild keinen Schaden nimmt.
Nichts anderes versuchte Arne hier klar zu machen, denn ein Weltbild kann in jede Richtung gebaut sein...
 
Zurück
Oben