Verständnisfrage: Wäre eine Entspannungspolitik denn überhaupt möglich gewesen?
War der französische Revanchismus denn nicht in der unmittelbaren Vorkriegszeit auf einem Allzeithoch?
Berechtigte Frage, aber falscher Ansatz, würde ich meinen.
Revanchismus wäre das falsche Argument.
Insofern Frankreich mit Großbritannien und Russland verbündet war, musste es natürlich auch deren Positionen gegenüber dem Dreibund im Allgemeinen und Deutschland im Spezifischen Rechnung tragen.
Angesichts des deutsch-britische Flottenwettrüstens und der notorischen Querelen Russlands mit Österreich-Ungarn hätte ein französischer Alleingang, sich mit Deutschland zu einigen in London und St. Petersburg den denkbar schlechtesten Eindruck gemacht und von diesen beiden Seiten her hätte man die Vereinbarungen mit Frankreich hinterfragen müssen, dass ist schonmal das erste Problem.
Für eine tatsächliche Verständigung mit Deutschland, hätte man auch auf das russische Bündnis verzichten müssen, weil nur dann die Einkriesungsobsessionen, die die Berliner Politik umtrieben ein Ende hätten haben können.
Das aber hätte Frankreich angesichts des wesentlich stärkeren Wachstums Deutschlands und dessen Potentialen außerstande gesetzt, im Ernstfall die eigene Landesverteidigung erfolgreich zu bestreiten.
Ohne Festlandverbündeten (und wegen des Dreibunds blieb nur Russland als einzige relevante Macht) war Frankreich nicht in der Lage eine militärische Konfrontation mit Deutschland durchzuhalten und hätte sich also auf Gedeih und Verderb der Annahme ausliefern müssen, dass Deutschland schon keinen Konflikt suchen würde (mit der Erinnerung an das unseelige Säbelgerassel der deutschen Diplomatie in der Bülow-Ära im Gedächtnis und dem deutsch-britischen Flottenwettrüsten vor Augen).
Ich würde argumentieren wollen, eine aktive Verständigungspolitik war Frankreich unter diesen Umständen nicht zuzumuten.
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Die sinnvollste Lösung der bündnispolitisch vertrackten Situation hätte meines Erachtens in Gesprächen zwischen Berlin und St. Petersburg bestanden.
Wenn sich diese beiden Akteure darauf verständigt hätten beide Bündnisblöcke aufzulösen, um aus der Rüstungsspirale und den extremen Interessengegensätzen heraus zu kommen, dass hätte was werden können.
Frankreich als mindermächtigem Akteur, der bei Eingehen auf die deutschen Wünsche sicherheitspolitisch blank gewesen wäre vorzuwerfen nicht einseitig die Verständigung gesucht zu haben, halte ich persönlich für wenig sinnvoll.